22

Sie kniff die Augen zu und stellte sich vor, bei jemand anderem zu sein – diesen Trick hatte sie schon als Kind angewendet, wenn ihr Geschrei und Widerstand Bear nur zum Lachen brachten und er sie mit seinem schieren Gewicht niederdrückte, während er in sie hineinstieß. Schneller, härter, sodass sein Schweiß auf ihre Haut, ihr Haar und die Erde, auf der sie lagen, tropfte. Damals sah sie erst das Schwarz auf den Innenseiten ihrer Augenlider, dann »blätterte« sie Bilder durch, die ihren Körper taub werden ließen: kleine Wellen auf der Wasseroberfläche eines Sees; Booger, den unleidlichen Nachbarshund, der vorbeifahrenden Autos nachbellte; Bibelstellen, die Versprechen gaben, deren Einlösung sie von Gott erwartete. Diese Bilder, die wie Fotos in einem Skizzenbuch waren, dienten ihr als Rüstung. Als sie dann mit Tommy zusammen war, wurden ihre inneren Bilder zum einen kreativer und verknüpften sich zum anderen mit Vorstellungen, die besser zur vorliegenden Aufgabe passten: Sie malte sich aus, Pam Grier zu sein, die rittlings auf Richard Roundtree saß, oder ein weiblicher Fan in der ersten Reihe, während Mick Jagger seinen Mikroständer streichelte und nur für sie sang. Irgendwann lernte sie, sich mit Tommy zu synchronisieren, den Moment mit ihm zusammen zu erleben. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wann genau das passiert war. Aber ab dann verstand sie die Tiefe von Tommys Liebe und war in der Lage, sie auf gleiche Weise zu erwidern. Er war der Klebstoff, der ihre Familie zusammenhielt, die aus vier verschiedenen Strömungen auf dem Meer menschlicher Trauer bestand. Er war ein guter Mann. Er war Liebe. Ihre Liebe. Und im Gegenzug für diese Liebe verschenkte sie sich ganz und gar. Sie schenkte sich ihrem Ehemann. Niemand sonst. Nicht einmal in ihrer Fantasie. Nicht mal in ihren Träumen. Und jetzt war da dieses Mädchen, das bei ihr zu Hause angerufen und den Betrug verkündet hatte. Ihre Blutsverwandtschaft verkündet hatte.

Keine zehn Minuten nachdem Tommys Tochter den Hörer aufgelegt hatte, ertönte das Rasseln der Kette am Garagentor. Wie der Glockenschlag zur ersten Runde. LoLos Herz war Jackie Joyner-Kersey, während sie durch das Zimmer fegte, Shirts, Jeans und BHs in ihren Koffer warf. Sie hörte Tommys schwere Schritte, als er, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinaufstapfte. Mit dem Gesicht zum Schrank schob sie hektisch Kleider auf der Stange zur Seite, weil sie ihr bestes schwarzes Kleid suchte, als Tommy ins Schlafzimmer stürmte. Er blieb so abrupt stehen, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Mit den Händen rieb er sich immer wieder die frisch geschorene Kopfhaut. »Ich hab ihr gesagt, sie soll nicht mehr hier anrufen«, sagte er. »Ich hab ihr gesagt, dass ich es dir selber sagen muss.«

Lolo schob weiter Kleider hin und her und wandte auch den Kopf nicht. Sie konnte Tommy nicht ansehen. »Tja, schlimm von ihr, was? Dass sie nicht auf dich gehört hat? Das war wirklich falsch von ihr, nicht wahr?«

»Yeah. Ich meine, es ist meine Story …«, begann er nervös. Und fuhr dann leiser fort: »Meine Story, die ich zu erzählen habe.«

»Also? Was ist passiert? Hat’s dir die Sprache verschlagen?«, fragte LoLo und erntete nur Schweigen. »Wie alt ist sie, Tommy? Sie klang erwachsen. Klang wie ein großes Mädchen an meinem Telefon. Unserem Telefon.«

»Siebenundzwanzig«, flüsterte Tommy.

Endlich kam LoLo aus dem begehbaren Schrank und verschränkte die Arme. »Was hast du gesagt? Red lauter – ich kann sonst diese Story, die du zu erzählen hast, nicht hören. Wie alt?«

»Sie ist siebenundzwanzig Jahre alt«, sagte Tommy eine Spur lauter.

»Und ihr Bruder?«

»Sechsundzwanzig.«

LoLo nahm ein paar Kleider aus dem Schrank und warf sie aufs Bett. »Ich bin keine Mathematikerin, aber wenn ich richtig gerechnet habe, dann muss sie ungefähr zu der Zeit geboren sein, als du mich gezwungen hast, unsere Zelte abzubrechen und nach Jersey zu ziehen.«

»Ich hab dich nicht gezwungen«, sagte Tommy mit einer Spur Entrüstung in seiner Stimme.

»Oh, ich hatte also eine Wahl?«, sagte LoLo. »Das ist mir neu. Und definitiv nicht das, woran ich mich erinnere.«

»Wir sind nach New Jersey gezogen, weil ich da Arbeit hatte.«

»Und hier offensichtlich ein Baby«, sagte LoLo, während sie ein Kleid vom Bügel riss und zusammenknüllte, bevor sie es in ihren Koffer stopfte.

»Whoa, whoa, was wird das denn?«, fragte Tommy, der erst jetzt den Koffer auf dem Bett bemerkt hatte.

Schweigen.

»LoLo, du kannst nicht gehen. Geh nicht, Baby.«

»Tommy, die Zeiten, in denen du mir gesagt hast, was ich kann oder nicht kann, sind vorbei.«

»Ich versuche ja gar nicht, dir zu sagen, was du tun sollst! Ich sage nur, dass das nicht wert ist, unsere Familie zu zerstören.«

»Familie?«, fragte LoLo. »Welche denn? Gibt es noch weitere, von denen ich wissen sollte? Wie viele Familien hast du denn genau?«

Tommy machte den Mund auf und wieder zu. Noch mal auf und wieder zu. Dann sagte er schließlich: »Du hast mich angelogen, LoLo.« Seine Stimme war fast nur noch ein Flüstern.

»Inwiefern hab ich dich angelogen, Tommy? Und welche Lüge könnte schwerer wiegen, als dass du zwei Babys mit einer anderen hattest, während wir verheiratet waren?«

»Du hast mir eingeredet, ich wäre derjenige, der keine Babys machen könne. Die ganze Zeit bist du rumgelaufen und hast rausposaunt, dass es an dir ja nicht liegen kann, weil du deine Periode kriegst und das beweist, dass du Kinder kriegen könntest und ich das Problem wäre. Aber es lag nicht an mir. Ich kann Kinder zeugen.«

»Also hast du aus Trotz nicht nur eins, sondern zwei Babys gezeugt?«

»Willst du einfach übergehen, was ich gerade gesagt habe?«

LoLo hörte auf, in den Kleidern im Schrank herumzuwühlen, und hielt sich an der Kleiderstange fest. In ihrem Kopf rauschte das Blut, sodass es in ihren Schläfen pochte und sie in der Nase kitzelte. Sie wollte nicht weinen – damit ihr Mann das nicht als ihre körperliche Reaktion auf sein »hab ich dich erwischt« oder selbst auf seine Untreue interpretierte. Denn so war es nicht. Sie musste Halt suchen, um die tiefsitzende Reaktion ihres Körpers auf die Erinnerung auszuhalten. Dieses Zurückversetzt-Werden in den Moment, in die vielen Momente, in denen sie unter Bears Gewicht kämpfte, und in die Momente, als sie sich nicht wehrte, sondern nur dalag und Gott bat, die Erde unter ihnen, unter den zwei Körpern, möge sich auftun. Wie sie sich so an die Kleiderstange klammerte, wurde sie daran erinnert, dass sie keine Kinder hatte bekommen können und warum das so war, da wollte sie sterben. Ihr Körper wollte einfach aufgeben und tot sein.

»Ich wurde vergewaltigt«, sagte LoLo endlich, wobei ihre Worte gegen die Rückwand des Kleiderschranks prallten.

»Was hast du da gerade gesagt?«, fragte Tommy.

»Ich konnte keine Babys kriegen, weil mein Onkel mich vergewaltigt hat.«

Tommy erstarrte.

»Er hatte mir ein Kind gemacht, das seine Frau abtreiben ließ. Und sie ließ mich sterilisieren, damit er mich nicht noch mal schwängern konnte«, sagte LoLo und drehte sich zu ihrem Mann um. »Deshalb konnte ich keine Babys bekommen.«

Die beiden standen da. Wie durch ein Meer getrennt. Keiner wusste, was er sagen sollte. Keiner emotional dazu in der Lage zu sagen, was gesagt werden musste. Als sie das Gefühl hatte, ihre Beine würden nicht mehr nachgeben, drehte LoLo sich zurück zum Schrank und holte noch mehr Kleidung heraus: eine Bluse, zwei Jeans, eine Kostümjacke – lauter Dinge, von denen sie meinte, sie zu brauchen, wenn sie ins Flugzeug stieg. Und zwar um zum Begräbnis des Mannes zu reisen, der ihr das Leben geschenkt und sich ihrer dann entledigt hatte, als wäre sie ein Stück Kautabak, das er nicht länger im Mund haben wollte.

»Geh nicht, LoLo. Ich liebe dich. Wir können das wieder hinkriegen«, sagte Tommy am Ende, während er seiner Frau dabei zusah, wie sie Kleidung in ihren Koffer warf. Er packte sie an den Handgelenken – wie um ihre volle Aufmerksamkeit zu haben. »Ich will das in Ordnung bringen. Ich will nicht sie. Ich will dich. Es ging immer um dich. Ich habe einen Fehler gemacht, aber es ist mir immer um dich gegangen.«

LoLo befreite ihre Hände aus Tommys Griff und richtete sich auf, um ihm ins Gesicht zu sehen. Ihre Augen betrachteten seine – die schwarzen Flecken in seinen dunkelbraunen Pupillen und rote Äderchen im Weiß, die seinen Schmerz, seine Furcht verrieten. In den Augenwinkeln begannen sich Fältchen zu bilden. Und darunter waren wie Schatten Schwellungen zu sehen. Die schienen inzwischen immer da zu sein, egal ob er müde oder munter, wütend oder ganz mit sich im Reinen war. Aber insgesamt sah er für sie aus wie derselbe Tommy. Doch er war es nicht mehr. Nichts zwischen ihnen ließe sich jemals wiederherstellen, so wie es zu Anfang war. Dafür hatten sie sich zu weit voneinander entfernt.

»Mein Vater ist gestorben«, sagte LoLo nüchtern. Dann knallte sie den Koffer zu. »Ich fahre nach South Carolina.«

***

LoLo sank auf die alte Couch. Der Schonbezug aus Plastik quietschte, als sie ihre langen Beine in den schmalen Raum zwischen der Polsterkante und dem Couchtisch aus Glas und Holz schob. Ihr Kopf pochte vor Schmerz im Rhythmus der Klimaanlage, die, obwohl voll aufgedreht, wenig Kühle im Raum erzeugte. Feuchtigkeit und Trauer hingen wie eine dunkle Rauchwolke schwer in der Luft. LoLos Blick war starr auf das kleine Stück aus dunkelblauem Flauschteppich gerichtet, der vor einem ramponierten Fernsehsessel mit kariertem Überzug lag. Darin hatte ihr Vater anscheinend die meiste Zeit gesessen. Dort auf dem Teppich hatte er seine letzten Atemzüge getan, nachdem er aus dem Sessel gestürzt war. Wie in irgendeinem Hollywoodfilm hatte er sich an die Brust gegriffen und noch versucht, ans Telefon zu kommen, um Hilfe zu rufen.

»Er ist genau da gestorben«, sagte LoLos Halbschwester Brenda und zeigte auf die Stelle, wo sie ihren Vater gefunden hatte. Mit den Innenseiten ihrer Handgelenke wischte sie sich die Tränen aus den Augen. Ein Stück weiter weg von dort, wo sie hinzeigte, näher an der Haustür, gab es einen großen Fleck, heller als der restliche Teppich. Der kam von Brendas Reaktion, nachdem sie mit zwei großen Bechern Kaffee bei ihm vorbeigekommen war. Mit Milch und deutlich zu viel Zucker, wenn man bedachte, dass sie und ihr Daddy beide Diabetes hatten. Sie hatte ihn gefunden. Er lag dort, die Augen an die Decke gerichtet, aber ohne etwas zu sehen. Brenda ließ an Ort und Stelle den Kaffee fallen, rannte schreiend zu ihm, schüttelte ihn, schlug ihm ins Gesicht, flehte ihn an aufzuwachen. Doch da war er bereits tot. Die Sanitäter waren noch nicht wieder aus der Einfahrt gerollt, als Brenda sich schon mit einem kleinen Schälchen Essig und Bleichmittel auf den Knien daranmachte, den Geruch von Milchkaffee aus dem Teppich zu bringen. In der drückenden Sommerhitze stank es immer noch danach. Auch wenn seit seinem Tod schon drei Tage vergangen waren, sie viel Gesellschaft und Schmorgerichte aus der Nachbarschaft bekommen hatte und sie sich in die Einzelheiten der Beerdigung ihres Vaters vertieft hatte – nichts half gegen ihr wehes Herz, das beträchtlich schwerer war als Freddys oder LoLos. Brenda, das Ergebnis der zweiten Ehe ihres Vaters, hatte einen anderen Daddy gekannt – eine liebevolle und zärtliche Version. Er war präsent gewesen. Einfache Dinge – dass er ihr morgens einen Kuss gegeben hatte, sonntags mit ihr in die Kirche gegangen war, bei ihrer Schulabschlussfeier dabei war, ein bisschen für ihre Collegeausbildung gespart hatte – all das legte sich wie ein Cape über seine Vergangenheit. Alles, was Brenda kannte – alles, was sie sehen wollte –, war ein liebevoller Ehemann, ein hingebungsvoller Vater, ein aufrechter baptistischer Diakon, fleißiger Arbeiter und schließlich ein Rentner gewesen. LoLo bemühte sich, ihr das zu lassen. Sie hatte ihre ganze Wut runtergeschluckt, als eine schluchzende Brenda ihr an der Haustür in die Arme gefallen war. Doch jetzt meinte LoLo, gleich zu ersticken.

»Mir, äh … ist nicht gut. Kann ich mir in der Küche ein Glas Wasser nehmen?«, fragte sie, während sie sich mühsam von der Couch erhob. Ihre Handflächen waren feucht und rutschten auf dem Plastiküberzug immer wieder weg.

»Oh, natürlich, natürlich«, sagte Brenda. »Sister, da musst du doch nicht fragen. Es ist doch genauso dein Haus wie das von irgendeinem von uns.«

LoLo nickte und rang sich ein halbes Lächeln ab. Ihr Blick glitt über die Wände, die Möbel, die Familienfotos, die Glück an einem Ort und zu einer Zeit festgehalten hatten, die sie vergessen hatte. Glück, das ihr nicht vergönnt gewesen war. Sie wollte über all das wütend sein – über Brendas Collegediplom an der Wand zwischen Küche und Wohnzimmer, die im Kaufhaus aufgenommenen Schwarz-Weiß-Fotos von ihr und ihren Eltern, deren Hände liebevoll auf Brendas Schultern lagen. Aber vor allem war LoLo traurig. Das hätte ihr Leben sein sollen, das da auf den blassgelben Wänden abgebildet war. Was hätte aus ihr werden können, hätte sie die Chance bekommen, aufs College zu gehen? Wenn sie, statt misshandelt zu werden, großgezogen und geliebt worden wäre?

LoLo nahm sich einen Kaffeebecher vom frisch gespülten Geschirr auf dem Abtropfgitter neben der Spüle und füllte ihn randvoll mit Wasser aus dem Hahn. Die Hälfte schüttete sie sofort in sich hinein und füllte den Becher dann noch mal, bevor sie damit ins Wohnzimmer zurückkehrte. In ihrer Brust stieg ein Rülpser auf, doch sie unterdrückte ihn. Sie wollte nicht unhöflich sein. Nicht an diesem Ort. Nicht vor Brenda und Freddy.

»Alles in Ordnung, Sis?«, fragte Freddy, der gerade von der Toilette ins Wohnzimmer zurückkam. LoLo rieb sich das Brustbein.

»Mir geht’s gut«, sagte LoLo knapp. Und dann zu Brenda: »Wer kommt sonst noch? Von den Kindern, meine ich.«

»Also, Charles hat gesagt, er kann sich den Flug von Texas nicht leisten, also wird er nicht da sein. Und Franklin und Lindon haben erklärt, dass sie nicht kommen.« Sie schnalzte missbilligend mit der Zunge, schüttelte den Kopf und seufzte.

»Sie haben ihre Gründe, Brenda«, blaffte LoLo sie an. »Es ist nicht an dir, über sie zu richten.«

»Oh, oh, okay – jetzt kommt das also. Da haben wir’s«, sagte Brenda und verzog den Mund.

»Also bitte, lasst uns das nicht tun!«, mischte Freddy sich ein und wedelte vor ihnen mit den Händen durch die Luft. »Das ist nicht der Zeitpunkt …«

»Wann genau wäre denn der Zeitpunkt dafür, Freddy?«, fragte LoLo. »Sag’s mir! Denn so wie Little Sis hier sitzt und sich ein Urteil über andere erlaubt, klingt es absolut danach, als sollte das jetzt auf den Tisch und als wäre es keine Sekunde zu früh!«

»Hör zu, ich will nicht streiten …«

»Ach?«, unterbrach LoLo sie. »Was denn? Du dachtest, du könntest hier sitzen und über meine Brüder seufzen, weil sie nicht zum Begräbnis dieses Versagers von einem Vater kommen? Und damit willst du keinen Streit anfangen? Hast du irgendeine Vorstellung davon, warum sie vielleicht nicht hier sein wollen? Hat dein Daddy dir erzählt, was für ein Daddy er für uns war?« LoLo räusperte sich. Ein paar Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn und Nase. »Hat er dir von all den Nächten erzählt, als er uns hier in diesem Haus hungrig und durstig zurückgelassen hat? Dass Freddy so schlimm nach der Ninny seiner Mama geschrien und geschrien hat, dass wir dachten, er kommt nicht durch? Oh, Moment, er konnte dir ja gar nichts davon erzählen, weil er nicht hier war, um es mitanzusehen. Er hat uns im Stich gelassen, Brenda. Damit wir verrecken sollten. Genau hier in diesem Haus, in dem er gestorben ist.«

»Ich will nicht so tun, als wüsste ich, was ihr alle durchgemacht habt …«

»Gut, dann lass es!«, sagte LoLo und versuchte, zu Atem zu kommen. Die Luft war dicker geworden. Sie kratzte sich an der Brust und versuchte, ihren schnellen Atem zu beruhigen.

»O mein Gott, was ist los?«, schrie Brenda, sprang auf und kam zum Sofa geeilt. Gerade rechtzeitig, um LoLo aufzufangen, als ihr Körper nach hinten kippte und ganz steif wurde. LoLo rang nach Atem. Es wollte ihr nicht gelingen.

»Ruf einen Krankenwagen!«, schrie Freddy, der sich neben seiner großen Schwester auf die Couch warf und ihr Gesicht zu sich heranzog. »LoLo, Baby, was ist los? Red mit mir. Was ist los? Atme, Sis. Atme!«

Sie wollte ihm sagen, dass es nicht ging. Sie wollte Freddy sagen, dass sie wütend war. Sie wollte den beiden sagen, dass sie ihren Mann und ihre Kinder liebte, aber dass sie nicht die Ehefrau und Mutter gewesen war, die sie hätte sein können. Sie wollte ihnen sagen, woran das lag. Sie wollte ihnen sagen, dass sie ihre Mama und ihren Daddy brauchte. Sie wollte ihnen sagen, dass Bear ihr wehgetan hatte. Sie wollte ihnen sagen, dass ihr Inneres leer war – dass sie dieser Welt nichts zu geben hatte. Sie wollte ihnen sagen, dass sie es trotzdem versucht hatte.

Sie wollte ihnen sagen, dass ihr Herz gebrochen war.