Eine Stimme hinter der Nr. 8 aus Messing rief »Ist offen«. Ich drückte die Tür auf. Das übliche Gesetz gleißenden Gegenlichts galt, und in dem Halbdunkel sah ich gar nichts. Es gab weder Diele noch Wartezimmer und schon gar keine Sekretärin, die seine Termine regelte. Ich war in der sogenannten Suite gelandet, einem großen vollgemüllten und unergründlichen Zimmer, das noch dunkler wurde, als die Stimme sagte »Tür zu« und ich gehorchte. In dem kurzen Augenblick, in dem ich Umrisse ausmachen konnte, sah ich den bootsgroßen Schreibtisch, die Gestalt dahinter, die Formen an den Wänden, allesamt leblos. Hier lag niemand im Hinterhalt, da war ich ziemlich sicher. Ich wäre wieder zur Tür hinaus, bevor er um seinen Tisch herum war. Ich hatte Pfefferspray und eine kleine Presslufthupe in der Handtasche. Beides hatte ich noch nie gebraucht, und die Hupe war vielleicht eh nur ein Witz.
»Phoebe Siegler?« Die einzige Lampe im Zimmer stand auf dem Tisch, und ich sah nur Jeans und Stiefel. Die einzige Gesellschaft der Lampe war ein Festnetztelefon, ein schwerer schwarzer Büroapparat. Kein Computer.
»Tut mir leid, dass ich so spät dran bin«, haspelte ich.
Er schwang die Füße vom Tisch, rollte mit dem Stuhl ein Stück vor, und jetzt hatten sich meine Augen so weit an die Lichtverhältnisse angepasst, dass ich seine abgewetzte rote Lederjacke sehen konnte, bis ins Detail wie ein Cowboyhemd geschnitten, mit weiß gesäumten Westentaschen und Manschetten. Das Leder war so steif und trocken, als hätte man ein Cowboyhemd in Bronze gegossen und dann mit Farbe besprüht. Eine alberne Jacke, aber irgendwann gehörte sie für mich einfach dazu. Mehr als das, sie wurde sein Markenzeichen. Ich habe nie wieder eine ähnliche Jacke gesehen.
Über der Jacke schob sich sein großer Kopf in den Lichtkegel. Seine Augen waren braun unter buschigen, verschmitzt gewölbten Brauen. Seine Haare strömten aus der breiten Stirn nach hinten, und auch seine Koteletten waren so breit und buschig, als strömten sie aus seinen Wangen. Als wäre sein ganzes Gesicht durch Lücken in einem Haarnetz gestopft worden, ging mir absurderweise durch den Kopf. Wo die Koteletten aufhörten, fingen Zweitagestoppeln an, mindestens. Er erinnerte an die Blattgesichter aus Ton, die man manchmal in den Schuppen von Möchtegerngärtnern sieht. Seine große Nase und die Lippen, die tiefe Kinnspalte und das Philtrum erinnerten an eine Pekannuss oder einen Penis. Ich muss gestehen, dass mich Männer mit Penisgesichtern manchmal anziehen, weswegen ich schon mal mit einem Kahlkopf zusammen war. Aber anfangs find ich sie immer abstoßend.
Diesmal war ich auch entsetzt und ließ mir das anmerken. Er sagte: »Ich bin Charles Heist« und schob sich weiter ins Licht, reichte mir aber nicht die Hand. Inzwischen konnte ich auch das Mobiliar erkennen. Links an der Wand stand ein schmales Eisenbett mit zerwühlten Bettdecken und Kissen entlang der Längsseite. Hoffentlich ging er nicht davon aus, dass ich das als Couch ansah. Rechts standen der angeschlagene schwarze Koffer einer Akustikgitarre, ein Aktenschrank mit zwei Schubladen und ein hoher Kleiderschrank aus Hellholz, der ein ziemlich protziges Stück dänische Moderne abgegeben hätte, wenn er nicht so ramponiert gewesen wäre. Aber das war nur mein Gehirn, das sich an Nebensächlichkeiten stieß wie eine Flipperkugel.
Er half mir auf die Sprünge. »Sie sagten am Telefon, Sie würden jemanden suchen.« Ich hatte am Vortag eine Nummer angerufen und war zurückgerufen worden – vielleicht von dem Telefon vor ihm auf dem Tisch.
»Genau, die Tochter einer Freundin.«
»Setzen Sie sich.« Er deutete auf einen Klappstuhl zwischen Akten- und Kleiderschrank. Er sah zu, wie ich ihn nahm und aufklappte, und schämte sich offenbar kein bisschen seines mangelnden Feingefühls. Ich war erst mal froh, dass der Schreibtisch zwischen uns stand, und vielleicht spürte er das, was ein tieferes Feingefühl verraten hätte.
»Sie haben meine Nummer von Jane Toth?«
»Ja.« Jane Toth war die Sozialarbeiterin, deren Namen die Ortspolizei herausrückte, nachdem sie mir die Hoffnung genommen hatte, bei der Suche nach Arabella Swados helfen zu können, deren letzte Spuren nach Upland wiesen. Achtzehnjährige Studienabbrecherinnen vom Reed College, die seit drei Monaten verschwunden waren, entsprachen nicht ihren Vorstellungen von Ausweitung ihrer Fallbelastung. Also hatte ich mich auf die Suche nach Ms. Toth gemacht, die sich vor Ort auf Bedürftige und Ausreißer spezialisiert hatte. Auch sie hatte mich erst mit einer Reihe von erwartungssenkenden Gesten traktiert, dann Heists Namen und Telefonnummer auf die Rückseite ihrer Visitenkarte gekritzelt und seinen merkwürdigen Spitznamen erwähnt. Sie hatte mich auch gewarnt, er neige zu unorthodoxen Methoden, produziere manchmal aber wunderbare Ergebnisse für Familien, bei denen die Spuren schon erkaltet waren wie bei Arabella.
»Haben Sie Dokumente mitgebracht?«
»Entschuldigung.« Das sollte ich mir abgewöhnen. Ich wühlte in der Handtasche nach Arabellas Pass, dessen Foto vor einem Jahr aufgenommen worden war. Da war sie siebzehn gewesen. »Das heißt dann wohl, in Mexiko müssen wir nicht suchen.«
»So nah ist Mexiko hier nun auch nicht, Ms. Siegler. Aber wenn man will, gibt es Stellen, wo man nur mit einem Führerschein rüberkommt.«
»Soweit ich weiß, hat sie keinen.«
»Benutzt sie Kreditkarten?«
»Sie hatte eine von ihrer Mutter, aber die benutzt sie nicht, das haben wir schon geprüft.«
»Sonst wären Sie nicht hier.«
Der Pass, den ich ihm auf den Tisch legte, war neu und sauber, und durch den festen Einband klappte er nicht auf, doch das merkte er nicht. Heist – ich sollte ihn Charles nennen, auch wenn er das da noch nicht für mich war – beachtete ihn gar nicht. Er starrte mich an. Ich hatte meinen Teil entkleidende Männerblicke abbekommen, aber das hier war existenziell schonungsloser, das Aufblitzen von Seelenverwandtschaft auf einer sonnigen Lichtung. Einen Augenblick lang wirkte er genauso schockiert wie ich, dass ich in sein Büro gekommen war.
»Ich nehme an, Sie arbeiten eher weniger in diese Richtung, oder? Mit Datenabgleich und so?« Au Backe. Ich haspelte wieder.
»Überhaupt nicht.«
»Als sie noch an der Highschool war, hat sie auf einem Biobauernhof in Vermont gejobbt.« Noch während ich das sagte, blitzten die Berge in mir auf, die öde Pampa, vor der ich mich gerade ins Haus verdrückt hatte. Das Blau. Arabella und ich waren verflixt weit weg von Vermonts ländlichen Dorfangeridyllen. »Ich glaube, da ist sie auf diese Idee gekommen, vom Radar zu verschwinden. Die hatte sie von privilegierten Jugendlichen, die genauso ahnungslos waren wie sie.«
»Muss ja nicht grundsätzlich ’ne schlechte Idee sein.« Das kam ohne eine Ablehnung meiner Einschätzung, obwohl ich dazu eingeladen hatte.
»Nein, klar, so hab ich’s auch nicht gemeint. Jedenfalls: Solche Sachen übernehmen Sie?«
»Ja.« Jetzt machte sein blaues Starren dasselbe wie der Himmel: Es brachte mich um. Vielleicht war es aus Gnade, dass er die Spannung löste, indem er eine Schreibtischschublade zu seiner Rechten aufzog. Natürlich würde er eine Waffe herausnehmen. Vielleicht war das auch die Stelle im Drehbuch, wo er eine Flasche und zwei Schnapsgläser auf den Tisch stellte. Vielleicht sah ich der Frau ähnlich, die ihm das Herz gebrochen hatte. Ich beugte mich ein wenig vor. Die Schublade war tief und rollte massiv aus dem Tisch heraus. Er schob den Arm weit hinein und holte einen pelzigen, grau gestreiften Football heraus, der eine kegelförmige weiße Schnauze und weiche rosa Krallen wie die Hände einer Kinderpuppe hatte. Ich war selbst überrascht, dass mir sofort die richtige Bezeichnung einfiel – ein Opossum.
Die Beine und der dicke unbehaarte Schwanz des Tiers hingen beidseits übers Heists Arm, aber es war nicht tot. Seine schwarzen Augen funkelten. Ich lehnte mich wieder zurück. Im Zimmer roch es warm und holzig, wie Strauchwerk, und jetzt schrieb ich das dem Tier zu, von dessen Versteck in der Schublade ich nichts geahnt hatte. Heist strich ihm mit einem stumpfen Finger von den katzenartigen Ohren das Rückgrat hinab und schien es fast zu hypnotisieren. Vielleicht wurde auch ich hypnotisiert.
»Ist das Ihr Bluthund?«, flachste ich. »Ich hab vergessen, ein bisschen Stoff mitzubringen.«
»Sie heißt Jean.« Er sprach ausdruckslos, ließ sich von meiner Schnoddrigkeit noch immer nicht aus der Ruhe bringen. »Sie erholt sich von einer Harnwegsinfektion, falls sie nicht daran stirbt.«
»Also einfach ein Haustier.«
»Es gibt Leute, die das dachten, aber die waren schief gewickelt. Ich hab sie ihnen abgenommen.«
»Verstehe. Und jetzt lebt sie in Ihrem Schreibtisch?«
»Vorläufig.«
»Und dann – wollen Sie sie auswildern?«
»Wenn sie überlebt. Wird sie aber kaum.«
Mir kam das alles ein bisschen selbstgerecht vor, aber für Haarspaltereien fehlten mir die zoologischen Kenntnisse. Nur wurde ich den Eindruck nicht los, dass Heist das Tier nicht um seiner selbst willen streichelte, auch nicht um mich zu beeindrucken, sondern um seine eigene Einsamkeit zu mildern. Vielleicht war es diesem Mann schon zu viel, von verschwundenen Mädchen nur zu hören. Ich hätte mich treten können, weil ich geglaubt hatte, er könnte eines finden.
»Was brauchen Sie, um loszulegen?«, fragte ich unbeholfen. »In Bezug auf Arabella, meine ich.«
»Ich werde mich umhören.« Er streichelte das Opossum, das mir zuzwinkerte.
»Brauchen Sie einen Vorschuss?«
»Mal sehen, was ich herausfinde, dann reden wir übers Honorar. Gibt es noch andere Namen?«
»Andere Namen?«
»Könnte sie sich als jemand anders ausgeben? Gibt es Namen, mit denen sie um sich geworfen hat, die in diesem Lebensabschnitt eine Rolle für sie spielen? Freundinnen, Lover, Feinde.«
»Ich glaube, sie hat aufgehört, mit Namen um sich zu werfen. Meldet sich auch überhaupt nicht mehr zu Hause. Aber ich frag ihre Mom mal.«
»Jedes bisschen hilft.«
»Einen Namen gäbe es, aber da zögere ich.«
Er und Jean warteten, ließen mich nicht aus den Augen.
»Leonard Cohen.«
»Weiter.«
»Sie war ziemlich versessen auf ihn, sollte ich vielleicht dazusagen. Schon vor seinem Tod, mein ich. Es könnte sein, dass sie ganz allgemein deswegen in den Westen gekommen ist.« Mal davon abgesehen, dass mir ums Verrecken kein anderer Grund einfiel, warum eine jugendliche Veganerin mit Hirn und Herz in diese gottverlassene Gegend ziehen würde, aber ich wollte einen Landstrich, den Charles Heist und seine kleine Freundin ihre Heimat nannten, nicht in den Dreck ziehen.
»Sie glauben, sie ist den Berg hochgepilgert.«
»Es ist jedenfalls ein auffälliger Zufall.« Genau so weit hatte mich meine eigene Detektivarbeit gebracht: Auf Mount Baldy, einem der Berge, zu deren Füßen sich Upland erstreckte, lag das Kloster, zu dessen buddhistischem Guru sich Leonard Cohen in den letzten zehn Jahren oder so zurückgezogen hatte. Bei einer Gegenüberstellung hätte ich nicht sagen können, welcher schneebedeckte Gipfel das war, aber dafür hatte ich ja das GPS des Mietwagens und jetzt vielleicht den Typ vor mir.
Die Aussichten beunruhigten ihn anscheinend, und es dauerte eine ganze Weile, bis er eine absolut unzureichende Antwort gab. »Okay, ich setz es mal auf die Liste.«
Ich hätte mir gewünscht, dass er tatsächlich eine Liste anlegte, wenigstens ein bisschen Gekrakel auf einem Post-it, aber es war zumindest schön, dass er das Wort in den Mund nahm. Aktionspunkte, Vorgehensweisen, Protokolle – alles lieber als diese menschliche Freakshow in roter Lederjacke, die ihr Kuschelopossum tröstete oder von ihm getröstet wurde.
Womit ich mal wieder die elitäre Voreingenommenheit des Acela-Korridors zur Schau stellte. Ich glaubte, meiner Blase entflohen zu sein, als ich nach Westen kam, aber in Wahrheit hatte ich sie huckepack dabei wie ein Schneckenhaus, eine Blase im Einpersonenformat. Als meine Angst abklang, stieg an ihrer Stelle Wut in mir auf, dass ich an diesen absurden Ort gekommen war, dass ich Arabella solchen Händen überlassen wollte. Oder dass Arabella mich ihnen überlassen hatte, so konnte man das ja auch sehen. Heist schien mich abermals zu durchschauen und ließ Jeans Ohren lange genug los, um den Pass in eine Innentasche seiner Jacke zu stecken. Jetzt konnte ich ihn nicht mehr an mich nehmen. Ich war eine Idiotin, weil ich ihm anstelle des Originals nicht eine Kopie überlassen hatte.
»Wo kann ich Sie erreichen?«, fragte er.
»Ich habe ein Zimmer im Doubletree, unten am Foothill –«
»Unter Ihrem eigenen Namen?«
»Ja, aber was ich fragen wollte: Kann ich nicht mit Ihnen mitkommen? Es wäre vielleicht ganz hilfreich, dass ich sie beschreiben kann –«
Ich verstummte, denn direkt hinter mir hörte ich so ein Scheppern und Rascheln, dass ich mir fast in die Hose machte. Das nächste Rettungstier? Die Fassade des Kleiderschranks schwang auf, und zwei nackte, dreckige Füße schoben sich seitwärts ins Zimmer, die Knöchel in grauen Leggins. Die Füße tasteten nach dem Boden, und der dazugehörige Mensch glitt heraus und kauerte sich zusammen wie das Tier, für das ich ihn gehalten hatte.
Ein Mädchen, vielleicht dreizehn oder vierzehn, schätzte ich. Das strähnige schwarze Haar fiel ihr auf die Schultern und sah aus, als wäre es mit dem Nagelclip gekürzt worden, dessen Verwendung für die abgeknabberten Fingernägel man ihr offenbar nie beigebracht hatte. Sie schlang die Arme um die Knie und warf mir Seitenblicke zu, ohne den mandelförmigen Kopf ganz in meine Richtung zu drehen. Über den Leggins trug sie ein schlauchartiges schwarzes Strandkleid. Die nackten Arme waren braun gebrannt und zeigten leichten sonnengebleichten Flaum, der vom Schwarzwuchs in den Achselhöhlen abstach.
»Schon okay«, sagte Heist. Er sprach an mir vorbei das Mädchen an. »Sie sucht nicht nach dir.«
Sie kauerte da, erschauerte leicht und zog einen Mundwinkel hoch.
»Sie hat gedacht, die Behörden könnten Sie geschickt haben«, erklärte er mir. Wahrscheinlich konnte ich froh sein, dass er das Gefühl hatte, mir Rechenschaft geben zu müssen. Ich war halb aufgestanden und setzte mich jetzt wieder.
»Mach ruhig«, sagte Heist.
Das Mädchen wieselte an mir vorbei zum Deckenwall auf dem niedrigen Bett. Sie kauerte sich darunter, schlang wieder die Arme um die Knie, und oben starrten mich die Augen wie von einem Ameisenhügel herab an.
Sollte das eine Botschaft sein? Sollte ich mich daran erinnern, dass manche Verlorenen nicht gefunden werden wollen?
Heist bettete Jean wieder sanft in ihre Schublade und schob sie zu. »Das ist Phoebe«, sagte er zu dem Mädchen. »Sie sucht jemand anders, jemand Verlorenen. Wir werden ihr helfen.«
Wir? Mir kamen gleich die Tränen. Ritt das Mädchen auf Jean, wenn sie sich zusammen auf die Suche machten? Nein, sie brauchte ein größeres Tier, einen Wolf oder eine Ziege. Vielleicht schleppte der Detektiv sie auch unter dem freien Arm mit, dem, der nicht das Opossum hielt.
»Ich melde mich bei Ihnen im Doubletree«, sagte er jetzt. Das war nicht schroff oder grob, aber ich war entlassen. Ich hatte das Gefühl, unter dem Stuhl hätte sich eine Falltür aufgetan.
»Ich kann wirklich nicht mitkommen?«, hörte ich mich fast schon betteln. »Ich möchte die Lage der Dinge kennenlernen. Ich bin nur aus einem Grund hier.«
»Vielleicht nach meinen ersten Erkundigungen.«
»Prima«, sagte ich und fügte dann noch lahm hinzu: »Dann versuch ich mal, mich bis dahin auf meine Weise nützlich zu machen.« Unser Wortwechsel hätte glaubwürdig geklungen, wenn er in einem glaubwürdigen Ambiente stattgefunden hätte. Hier klang er nach leiernd Aufgesagtem ohne Einfluss auf das, was gerade wirklich in diesem Zimmer verhandelt wurde, etwas, das ich nicht benennen konnte und in dem ich nur widerwillig mitspielte.
Ob ich ihn bitten konnte, mir den Pass zurückzugeben? Ich ließ es bleiben. Das Mädchen sah mir nach, als ich zur Tür ging und das blendende Gleißen hereinließ. Erst jetzt sah ich den Wassernapf und die Futterschüssel in der Ecke – Jeans Verpflegungsstation. Oder die des struppigen Mädchens. Mir fiel auf, dass Heist mir das Opossum namentlich vorgestellt hatte, das Mädchen aber nicht. Ich fühlte mich wie dement vor Verzweiflung, dass ich hergekommen war. Meine radikale Geste, aus meinem Privilegienkäfig auszubrechen und mich ins Abenteuer zu stürzen. Die Rolle der Retterin zu übernehmen. Es kam mir so vor, als wäre ich bewusst verkleinert worden, als stünde ich auf einer Stufe mit dem Opossum oder dem Mädchen unter der Bettdecke. Meine Mission war in der Standardeinstellung neuen Kuschens vor männlicher Autorität gelandet, ich befolgte das morsche Skript, nach dessen Pfeife die ganze Welt tanzte, vor der ich geflohen war. All die verlorenen Mädchen, die auf ihre Detektive warteten. Ich würde im Doubletree warten und all den Bequemlichkeiten nachtrauern, denen ich entsagt hatte. Dabei spürte ich die ganze Unzulänglichkeit der Autorität, unter deren Fittiche ich geflüchtet war, weil der Mann in seiner Schublade nicht mal eine Knarre, eine Flasche Whisky oder ein gebrochenes Herz aufbewahrte, sondern bloß ein Beuteltier mit einer Harnwegsinfektion. Ich war verwirrt, um es milde auszudrücken. Ich machte mich vom Acker.