Kapitel 6

»Fädeln Sie sich auf die Route 10 nach Westen Richtung Los Angeles ein«, wies das GPS mich an, aber in seiner Roboterstimme klang es wie lost and jealous. Die Veränderung nach der vorstädtischen Wüstenlandschaft, die ich kilometerweit hatte durchqueren müssen, bevor zu meiner Rechten endlich die Skyline auftauchte, war unerklärlich. Während sich die Kilometer unter den Reifen abspulten, dachte ich an Arabella und die Entfernungen, die sie hatte zurücklegen müssen, um im Westen zu verschwinden – wie groß sie waren, konnte ich noch gar nicht ermessen.

Als ich Arabella das letzte Mal persönlich getroffen hatte, hatte sie an ihrer Suche nach Leonard Cohen herumgeknobelt, was ich damals für ihr Privatvergnügen gehalten hatte. »Geh bloß nicht trampen«, hatte ich gesagt. »Außer in deinem Herzen schreiben wir nicht mehr das Jahr 1972.«

»Keine Angst, mach ich schon nicht«, hatte sie mit der verdrießlichen Verbitterung des Teenagers gesagt. Ich hatte sie nicht gezwungen, es mir zu versprechen. Jetzt machten die Kilometer in mir ticktack, ein Metronom der Selbstvorwürfe. Hätte ich Arabella jetzt in die Hände bekommen, hätte ich ihr einen Peilsender in den Nacken eingepflanzt, wie man das mit Katzen und Hunden im Tierheim macht.