Kapitel 9

Es war noch dunkel, als ich geweckt wurde. Nicht vom Smartphone, das ich stumm schaltete, seit ich gemerkt hatte, wie selten meine New Yorker Freunde imstande waren, die Zeitzone der Westküste und mein Schönheitsschlafbedürfnis in Korrelation zu bringen. Nein, jemand klopfte an die Tür. Ich wälzte mich aus dem Bett, schob den schweren Vorhang beiseite und sah nur noch mehr Regen, der auf die Fensterscheibe prasselte. Theoretisch war dahinter aber irgendwo Tag und nicht mehr Nacht.

Ich krächzte ein paar hinhaltende Laute und schlüpfte in Klamotten, die ich am Trampelpfad vom Bad zum Bett fallen gelassen hatte. Wenn mich keiner sah, regredierte ich im Nu auf die Vernachlässigung eines Wohnheims.

Charles Heist stand im Hotelkorridor, sein schwarzer Kunststoffponcho glänzte vom Regen. Das Haar hatte er unter einer durchgeweichten Dodgers-Mütze zurückgestrichen.

»Wie wär’s mit ein paar Hausbesuchen? Dabei könnte ich Sie brauchen.«

Hausbesuchen? War er jetzt ein wilder Arzt? »Klar, sofort. Kann ich bloß kurz –« Ich deutete ins Zimmer hinter mir. Ich war barfuß und kniff gegen das Licht im Korridor noch die Augen zusammen.

»Haben Sie Gummistiefel?«

»Ich bin in Wintersachen zum Flughafen.«

»Die werden Sie brauchen.«

Ich wusste nicht, ob ich ihn in seinen tropfnassen Arbeitsschuhen hereinbitten oder ihm die Tür vor der Nase zuschlagen sollte. Also machte ich halbe-halbe, ließ sie angelehnt und ging ins Bad, putzte mir die Zähne, zog Stiefel und Mantel an, nahm Handy und Handtasche – Pfefferspray! Presslufthupe! – und ging zu ihm hinaus.

»Soll ich Ihnen hinterherfahren?«

Heist schüttelte den Kopf. Wir durchquerten das Foyer, wo ich einen Schirm aus dem Hotelangebot zog und der jungen Frau an der Rezeption einen finsteren Blick zuwarf, weil sie auf den Trick reingefallen war, mit dem Heist ihr meine Zimmernummer aus der Nase gezogen haben musste. Sie zuckte mit keiner Wimper. Ich stemmte mich gegen den Wind und den Sturzregen auf dem Parkplatz vor dem Hotel, wo Heist zu seinem Pick-up ging, mich die Beifahrertür aber selbst aufmachen ließ. So viel zur Galanterie eines Cowboys – er war so ungehobelt, mürrisch und in sich gekehrt wie ein Emo-Gitarrist, der nach einem schlecht besuchten Gig in einer Bar in Greenpoint sein Instrument einpackt. Das war meine einzige Vergleichsmöglichkeit für das Beifahrerdasein in einem abfallübersäten Pick-up.

Heist hatte den Motor angelassen, noch bevor ich Knie und Regenschirm im Inneren verstaut und die Tür rangezogen hatte. Das Vinyl der Sitzbezüge und das Plastik des Armaturenbretts waren rissig, und aus beiden quoll gelber Dämmschaum. Über die Windschutzscheibe zog sich von der Stelle auf der Beifahrerseite, wo ein Stein oder eine Kugel sie getroffen haben musste, ebenfalls ein Netz von Haarrissen. Die Scheibenwischer des Wagens glitten aber ungehindert hin und her und schnitzten immer wieder Löcher durch den Regen.

Ich musterte das Handschuhfach und fragte mich, ob da wohl ein Opossum drin war. Vielleicht ein kleineres Tier.

»Fahren wir den Berg hoch?« Die weißen Gipfel waren reine Theorie geworden und gediehen irgendwo hinter der grauen Sturmdecke.

»Noch nicht. Ich möchte Ihnen den Schwemmkegel zeigen.«

Ich versuchte, das nicht verdächtig zu finden. »Wer oder was ist der Schwemmkegel?«

»Der San Antonio Wash. Das ist der alluviale Fächer unter dem Mount Baldy oder was davon noch übrig ist.« Noch im Bann des Ausdrucks alluvialer Fächer aus seinem Mund hörte ich, wie Heist von unvergleichlichen Entfernungen zu träumen anfing und mich gar nicht mehr beachtete. Ich sollte mich an diesen Ton von ihm gewöhnen, diese ungezwungene Loslösung von Zeit und Raum, in der und dem wir uns gerade aufhielten, jetzt also diesem Führerhäuschen. Ich sollte mich sogar danach sehnen, auch wenn sie manchmal nicht nur mich, sondern auch ihn auszulöschen schien.

In diesem Fall konnte er sich ohne meine Hilfe befreien. »Sie sind wahrscheinlich dran vorbeigefahren, ohne es zu merken. Geht den meisten so. Der versteckt sich vor aller Augen.« Wir waren auf dem Foothill Boulevard nach Osten unterwegs und hatten die Bäume von Claremont hinter uns. »Das ist einer der Gründe, warum dieses Gebiet zwischen Upland und Claremont gemeindefrei genannt wird.«

»Gemeindefrei?«

»Gehört zu keiner Stadt, sondern liegt zwischen beiden.«

Ich erlitt einen Intuitionsschub. »Das Schotterbett, meinen Sie.«

»Am Nordende hat er ein Schotterbett, genau.«

»Und das nennt sich Schwemmkegel?«

»Die meisten Leute wissen nicht, dass es dafür eine Bezeichnung gibt.«

»Wissen Sie, ich bin ein Morgenmuffel, nach dem ersten Kaffee bin ich fitter.«

Er drehte sich zu mir und lenkte mit einer Hand wie die Leute im Film. Ich denk dann immer, dass sie gleich einen Unfall bauen, und sogar im Kino macht es mich wahnsinnig. »Wenn Sie zum Schwemmkegel nicht mitwollen, bring ich Sie zum Hotel zurück.«

Jetzt war Heist kein bisschen distanziert mehr, obwohl mir das vielleicht lieber gewesen wäre. Wir waren uns näher als auf den Stühlen an seinem Schreibtisch, und ich hatte das Gefühl, ich würde in die fraktalartigen Wirbel seiner Nasenlöcher und Lippen gestoßen, die löwenartigen Koteletten und Augenbrauen. Er sah aus wie ein atmender Holzschnitt. Seine Augen hatten aber einen sanften Ausdruck, und seine Stimme hatte nichts Bedrohliches.

»Im Gegenteil, ich hatte mich schon gefragt, wann Sie sich endlich melden.« Ich hatte mein Gejammer nicht ganz unter Kontrolle. Wieder musste ich einsehen, dass in meiner Angst Faszination lag. Ich wollte mir bestätigen, dass ich die dahintreibende Aufmerksamkeit dieses Manns verankern konnte. Bevor er Arabella fand, sollte er mich finden, sagte ich mir.

Solange ich ihn nicht mit meinem Pfefferspray schockte, stand mir nur mein nervöses Riffing zu Gebote. Nur: »What’s the Frequency, Kenneth? Zum Wandern ist mir das ein bisschen zu verregnet.«

»An eine Wandertour hab ich auch eher weniger gedacht. Die Leute im Schwemmkegel brauchen Hilfe. Angeblich regnet es noch drei Tage so weiter.«

»Was für Hilfe?«

»Wenn sie weiter in den Rohren schlafen, können sie ertrinken. Sie wissen nicht, dass sie gerettet werden müssen.«

»Da bin ich vielleicht Ihr erster Kunde. Ich weiß nicht, wie lange ich es in der Trockenheit vom Doubletree noch ausgehalten hätte.«

Den Eignungstest zum Lover auf Zeit hatte Heist schon damit bestanden, dass er mein reflexhaftes Sprücheklopfen einfach ignorierte. Aber seine nächste Bemerkung ließ mich erst mal verstummen.

»Außerdem gibt es im Schwemmkegel jemanden, der vielleicht was über Ihre Freundin weiß.«

»Jemand hat Arabella gesehen?«

»Eine junge Frau. Vielleicht lieg ich falsch, sie ist ziemlich abgedreht. Wenn ich recht habe, nennt Arabella sich jetzt anders. Vielleicht reden Sie mal mit ihr und machen sich selbst ein Bild.«

»Okay.« Dass er beim Fall Arabella vorangekommen sein könnte, rührte mich nicht gleich zu Tränen, machte mich aber einsilbig. »Sagen Sie mir einfach, was ich machen soll.«

»Versuchen Sie, nicht wie die Polizei aufzutreten, das ist das Wichtigste.«

»Das sollte zu schaffen sein.«

»Prima.« Mit der freien Hand schob er mir auf der Sitzbank zwischen uns etwas zu. Es war wie ein kleiner Stromschlag, als er den Abstand zwischen uns so beiläufig überbrückte, und dann war ich enttäuscht, als er den Blick wieder auf die Straße richtete. Ich griff nach dem, womit er mich ans Bein gestupst hatte – eine verbeulte Alu-Thermosflasche.

»Bedienen Sie sich.«

Der Kaffee war schwarz und heiß. Ich unterdrückte das Schlürfen gar nicht erst. Er war so belebend, dass ich die Traumaura abschütteln konnte, die sich seit dem Aufwachen hielt wie die Regentropfen an der Windschutzscheibe vom Pick-up. Der Kaffee war ein Scheibenwischerblatt am Fenster meines Gehirns. Ich wollte ihn fragen, wer auf das Beuteltier in der Schreibtischschublade und die Jugendliche im Kleiderschrank aufpasste, aber die Antwort war klar: Die beiden passten aufeinander auf.

Heist parkte auf der Südseite des Foothill Boulevard, gleich hinter dem Ortsausgangsschild von San Bernardino. Er blieb nicht auf dem Randstreifen stehen, sondern auf der schlammigen Schotterschicht direkt neben der Erdrinne, in der reißende Abwasserflüsschen schäumten; das war der von ihm so genannte Schwemmkegel. Als ich die ersten Male im Mietwagen an diesem Nichts vorbeigebraust war, hatte es beeindruckend riesig gewirkt, wenn auch alles andere als verlockend, kein Einstiegspunkt in egal was. Als ich aus Heists Pick-up stieg und den Fuß auf den Wüstenboden setzte, nahm ich mit dem Körper die wahren Größenverhältnisse auf. Die Bauten und Bäume in der Ferne schienen zurückzuweichen, als ich mich dem Erdboden ergab. Ich spannte den albernen Regenschirm auf.

Heist trat an die Ladefläche, die, wie ich jetzt sah, keine Hardtop-Abdeckung hatte, sondern eine zugeschnittene Plane, die an Heckklappe und Bordwandseiten festgeschnallt war. An der Ecke hinter dem Fahrersitz machte er sie los und wiederholte seinen irritierenden Zaubertrick, Tierleben zu offenbaren, wo ich keins vermutet hätte: drei Hundeschnauzen schoben sich aus der Lücke, die er erweiterte.

Er löste noch ein paar Riemen, und in einer gleitenden Bewegung wie Zugwaggons auf einem unsichtbaren Gleis sprangen die Hunde einer nach dem anderen aus der Ladewanne heraus. Bräunliche, an Huskys erinnernde Hunde mit Waschbäraugen, gerippten Flanken und gebogenen, bannerartig ausgestreckten Schwänzen. Witzig, dass ich meine Aufmerksamkeit ans Handschuhfach verschwendet hatte, während Heist hinter uns die ganze Zeit den Ruf der Scheißwildnis dabeihatte. Wenn es nicht so geregnet hätte, bilde ich mir ein, hätte ich ihr Winseln gehört oder ihr Fell gerochen. Aber vielleicht waren das keine winselnden oder fellmüffelnden Hunde, sondern geisterhaft saubere und stille Vorstehhunde. Sie liefen um den Pick-up herum, am Straßendamm entlang und in den Graben hinab, als wüssten sie schon, dass wir in den Schwemmkegel wollten.

Der Regen hatte so weit nachgelassen, dass ich nicht unter Berufung auf ihn kneifen konnte. Es war einen Tag her, seit ich einen Blitzschlag gesehen hatte. Während die Hunde um seine Stiefel herumwuselten, winkte Heist mich zu einer Wasserrinne hinunter, wo der Boden unter der Abzäunung so weit verschwunden war, dass man ohne Weiteres zum Schotterbett hinüberkam, das sich in meinem Sichtfeld ausweitete, als wollte es mich verschlingen. Ich musste den Regenschirm halb zusammenklappen, bevor ich mich unter dem Zaun hindurchbücken konnte. Heist wartete gerade mal so lange, bis ich durch war. Als er in seinem Poncho auf der Stufe stand und die Arme balancierend ausbreitete, erinnerte er an einen schwarzen Drachen, dem nach der Landung Arbeitsschuhe gewachsen waren.

Die Hand des sturmbeladenen Himmels drückte sich auf uns herab, als wir auf der anderen Seite des Zauns den Damm hinabgingen. Nach ein paar Schritten war Heists Pick-up jenseits der Kammseite nicht mehr zu sehen. Ich musste aber sowieso meine Füße im Auge behalten, um die reißenden Schlammbäche unter mir zu umgehen. Immer wieder tauchten am Rand meines Gesichtsfelds die Hunde auf. Einer schob sich an mich, ich hielt ihm zur Begrüßung die Hand hin, und er gewann meine Zuneigung, indem er sie mit seiner sandpapiernen Zunge einmal abschleckte und sein Spähen dann wieder aufnahm. Entweder waren die Hunde schon unter der Abdeckplane schlammverdreckt gewesen, oder sie hatten hier sofort Pfützen gefunden, in denen sie sich bis zu den Schultern suhlen konnten. Beidseits der Wölbung, auf der Heist mich entlangführte, sah ich jetzt die Abwasserflüsschen schäumen wie aus einem Rohrbruch.

»Heilige Scheiße«, sagte ich. »Das Ding füllt sich ja wie eine Badewanne.«

»So kann’s am Ende aussehen.«

»Sammelt sich hier das Wasser vom ganzen Berg?«

»Vor dem Berg wird es noch in einem Reservoir gestaut, sonst wären wir jetzt schon unter Wasser.«

Ich bahnte mir hinter ihm und den Hunden einen Weg und wankte mit meinem Regenschirm wie auf einem Hochseil. Meine Stadtstiefel rutschten auf dem glitschigen Schotter aus. Schnell schaute ich Heist aber ab, wie ich in den hohen Schilfgrassoden Halt suchen und die Hacken in ihre freiliegenden Wurzeln bohren konnte. Weiß der Kuckuck, wie ich vor den Bewohnern des Schwemmkegels dastehen würde, aber mit der Polizei konnte ich mich grade überhaupt nicht identifizieren, bestenfalls mit einer Politesse. Die Hunde sprangen uns voraus und verflochten sich wie ein DNS-Strang. Die poröse Böschung aus Schlamm, Eiskraut und nassem Schiefer stieg mit jedem Schritt an, und die hohe dünne Umzäunung war kaum noch zu sehen. Ich fragte mich, ob ich Brotkrumen, Granatapfelkerne oder Schmerztabletten streuen sollte, um den Rückweg zu finden. Prasselte der Regen jetzt heftiger auf meine Musspritze, oder war der Wind mit unserem Abstieg abgeflaut, sodass das Geräusch mir stärker auffiel?

Ich gab meinem Wunschdenken Ausdruck und rief zu Heist nach vorn: »Glauben Sie, es beruhigt sich?«

Er wartete, bis ich zu ihm aufgeschlossen hatte. »Dürfte noch deutlich schlimmer werden, was gut für uns wäre.«

»Warum?«

»Der Regen ist unser schlagkräftigstes Argument.«

»Sie glauben nicht an Wasser, das sie nicht sehen können?«

»Tut doch kein Kalifornier.« Heist lächelte mich kurz an, sein Zugeständnis an mein Flachsen und sein Versuch des Mitflachsens. Vielleicht war es eines. Heist wusste nicht nur, dass ich keine Kalifornierin war, vielleicht war auch er keiner. Aber wenn nicht, was war er dann?

Die Hunde hatten sich verwoben und schnupperten an einem Haufen Bruchsteinen, einem kartenhausartigen Spitzdach aus schartigen weißen Betonplatten, dessen stoppelige Ränder mit rostigen Armierungsstahlspitzen übersät waren. Man hatte vielleicht einen Bulldozer gebraucht, um sie zusammenzuschieben, aber die Ansammlung sah aus wie ein Unterstand oder Zelt, ein Unterschlupf auf Zeit. Dann tauchte im Dunkel auch tatsächlich eine Hand auf und wedelte die Hundeschnauzen vom dunklen Eingang zu der Plattenzuflucht weg.

Jetzt sah ich auch die durchgesägten Plastikkanister, in denen Regenwasser gesammelt wurde, eine erloschene Feuerstelle, zerbrochene Gegenstände, abgedrehte Autoradioantennen, herrenlose Einkaufswagen; all das scharte sich um den Eingang und deutete auf Gebrauchswert hin wie Steinbohrer und Ratschen in einer Vorstadtgarage. Heist war nicht stehen geblieben, damit ich aufholen konnte, sondern weil wir das erste Lager im Schwemmkegel erreicht hatten.

Die Hand, die die Schnauzen und Köpfe der Hunde wegschubste, war weiß und dreckbeschmiert und hatte schwarze Halbmondfingernägel. Die Hunde zogen sich zurück, krümmten die Rücken vor einer Erregung, in der Furcht mitschwang, als der Hand erst ein Arm und dann ein ganzer Körper wuchs, der sich aus dem Raum unter den Betonplatten herausfaltete und fast nackt im Regen aufrichtete. Der Körper war glatt, muskulös, unglaublich dreckig und steckte in einer schmutzig weißen Jogginghose, die an den Oberschenkeln abgeschnitten worden war und ausfranste. Als Windel betrachtet, musste sie gewechselt werden. Stattdessen war sie in kürzester Zeit völlig durchnässt.

Der Mann merkte das nicht, oder es war ihm egal. Auch sein Kopf war glatt, nein, nicht ganz, als ich genauer hinsah – er hatte sich irgendwann den Schädel geschoren und zeigte jetzt vielleicht Siebentagestoppeln. Heist war hochgewachsen, aber nichts im Vergleich zu dem halb nackten Hünen, der da aus dem Loch geglitten war. Klar, wir standen auf unebenem Boden, aber als ich zu ihm aufsah, fühlte ich mich wie einer der Hunde oder als stünde ich in einer Grube. Er war bestimmt 1,98 groß, wenn nicht mehr. Überall wiederholte Heist seinen Trick und zauberte Säugetiere unter Dielenbrettern oder aus Schutthaufen hervor. Aber vielleicht träumte ich auch, und das hier war mein weißes Kaninchen.

»Laird.«

»Hola, Charles.«

»Hast du noch dein Kurzwellenradio?«

»Ich probier ab und zu dran rum, aber es hat keinen Saft mehr.« Der Hüne kniete sich hin, umarmte alle drei Hunde auf einmal, und sie leckten ihm den Regen von Knien und angewinkelten Beinen.

»Du weißt schon, was ich sagen will. Sie senden Flutwarnungen.«

Laird tippte sich an den Kopf. »Warnungen hör ich auch ohne Radio jede Menge. Deswegen bin ich schließlich her.«

»Vielleicht brauchst du bald ein Floß.«

»Wer ist das da? Hat sie mir einen Regenschirm mitgebracht? Könnt ich verkehrt rum gebrauchen.«

»Phoebe sucht ein verschwundenes Mädchen.«

»Ich hab keins übrig.«

»Wir wollen mit Kate reden. Die Leute im Rohr müssen wenigstens weiter hochziehen.«

»Kate hat gestern alle einen Damm bauen lassen. Mich nennt sie Trecker.«

»Warum das wohl?«

»Sag ihr, ich bin nicht ihr Scheißtrecker.«

»Ich leg ein gutes Wort für dich ein.«

»Muss nicht wortwörtlich sein; sinngemäß reicht.«

Lairds Riesenkörper hatte mich ebenso sprachlos gemacht wie die Tatsache, dass aus diesem Körper eine Stimme drang, merkte ich. Ich malte mir aus, wie er sich wieder aufrichtete, die drei Hunde wie einen Blumenstrauß an die Brust gedrückt. Heists Ungezwungenheit dem Riesen gegenüber berührte mich aber noch mehr. Seine Erfahrenheit im Umgang mit den Tieren und den Menschtieren der Welt. Ich sehnte mich zunehmend danach, zu ihnen zu gehören und unter seiner Obhut zu sein.

Jetzt stand er tatsächlich auf, ließ die Hunde aber auf dem Boden. Sie schossen davon, als wüssten sie schon, dass wir an dieser grellen Schildwache vorbei tiefer in den Schwemmkegel vordringen würden.

»Bis denne«, sagte ich.

»Wir sehen uns beim Rückflug, Mary Poppins«, sagte Laird.