Kapitel 14

Mein Gepäck lag im Kofferraum. Ich war reisefertig. Als ich in Heists Airstream aufgewacht war, schweißgebadet und in einer Zwangsjacke aus Hunden, hatte ich das Gesicht vor Scham gleich wieder im Kissen vergraben. Mein Mund war vom Alkohol und Sperma verquollen und kreidig. Heist war schon wach und hatte Kaffee gekocht, und ohne ein Wort nahm ich einen Becher entgegen. Als der Kaffee mein Gehirn auf Touren gebracht hatte und ich die Lippen auseinanderbekam, brach nur noch mehr Wut heraus. Ich sagte, er solle mich ins Doubletree zurückfahren und ich wolle den Berg hochfahren, um Arabella mit meinem eigenen Wagen zurückzuholen. Heist war still und kam meiner Bitte nach. Er sagte, er müsse sich um Jean das Opossum kümmern und noch ein paar Dinge erledigen. Es war mir egal, ob er damit sein Büro, die Ausreißerin Melinda oder noch mehr Leute aus dem Schwemmkegel meinte. Er sagte, er würde ein paar Stunden später zum Hotel kommen und mir den Weg den Baldy hoch zeigen.

Als ich geduscht, ein paar Liter Wasser getrunken und ein Hefeteilchen mit noch mehr schwarzem Kaffee runtergespült hatte, inspizierte ich meinen Kerker und fing mechanisch an, Kulturbeutel und Koffer zu packen. Egal wie es weiterging, mit diesem Zimmer war ich fertig. Arabella war oben auf dem Berg, und Google Earth und menschliche Logik sagten mir, dass sie dort so festsaß wie eine Katze im Baumwipfel. Es gab nur eine Straße nach Baldy Village und zum Zendo hoch, und deren Ausläufer führten nur zu ein paar Wanderwegen und ganz am Ende zum Skilift. Wenn sie nicht per Helikopter oder Astralkörper entschwebte, würde ich sie finden. Sollte ich die Suche am nächsten Tag fortsetzen müssen, konnte ich in einer der Berghütten übernachten, auch wenn ich lieber davon ausging, sie heute schon vom Berg runterholen und in Los Angeles in einen Nachtflug an die Ostküste setzen zu können. Am besten Virgin Atlantic, da saßen in der Businessclass jede Menge liebenswert gehässige Manhattaner. Bei meiner Rückkehr hätte ich ein paar Geschichten aus Kalifornien im Gepäck. Nee, tut mir leid, den Pazifik oder die hollywood-Buchstaben hab ich nicht zu Gesicht bekommen, aber hab ich euch schon von der mobilen Toilettenkabine im Damm erzählt? Vom Blowjob im Trailerpark? Als Betthäschen bring ich jeden alten Rammler zum Hoppeln! Ich sah schon vor mir, wie ich das bei einem späten Lunch im Elephant & Castle zum Besten gab. Also hatte ich meine Sachen im Mietwagen verstaut und ausgecheckt.

Jetzt bestellte ich in der Lodge einen Kaffee und ließ mich nicht von den großen Gläsern Merlot in Versuchung führen, hinter denen schon die ersten Bergbewohner kauerten, obwohl es kaum Mittag war. Im Zendo hatte ich allzu ausführlich über die Leere im Zentrum meiner Pläne, meiner Persönlichkeit und meiner Eitelkeit als Retterin meditiert. Mein Handy hatte kein Netz – Heist hatte mich schon vom Radar verschwinden lassen, ohne dass ich es auch nur gemerkt hatte. Ich war ihm wieder auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, saß genauso auf dem Baumwipfel dieses Bergs fest wie Arabella, da konnte mein Koffer im Kofferraum noch so sehr für ein Gepäckförderband im Flughafen von Los Angeles bestimmt sein. Durch das Verwischen meiner Spuren im vorstädtischen Doubletree hatte ich meine Entführung geradezu vorbereitet – ob nun zu Arabellas Aufenthalt oder dorthin, wo Heist mich haben wollte.