Kapitel 27

Ich habe eine Art Schwatzschalter wie so viele Einzelkinder durchgeknallter Psychotherapeuten, und unter bestimmten Umständen wird er umgelegt. Jetzt war das der Fall, als wäre die ganze Wüste ein Zimmer, dem meine Eltern mit ihrem ewigen Hickhack allen Sauerstoff entzogen hatten und dem ich mit reiner kindlicher Willenskraft neues Leben einhauchen wollte. Ich setzte zu einem Monolog an und erzählte Heist von Renee Lambert, die im ersten Studienjahr in der Thayer Hall, mitten im Yard, in meinem Dreierzimmer gewesen war.

Renee haute uns um, weil ihr das Studium vom ersten Augenblick an schnurzpiepegal war. Sie vollbrachte Wundertaten an unermüdlichen Marathonpartys, die von genauso episch durchschlafenen Tagen ausgeglichen wurden. Wenn wir aufstanden und zum Frühstück in den Gemeinschaftsraum kamen, trafen wir auf Renee, die immer noch wach war und sich aufrecht ans Sofa klammerte – man musste sie anherrschen, ins Bett zu gehen, als hätte sie verlernt, wie man das macht. Anders als Arabella am Reed hatte Renee ihr erstes Semester irgendwie überstanden. Als wir über die Winterferien nach New York zurückkehrten, lud sie mich zu einer Silvesterfete mit ihren Freunden von der Dalton ein, bei der ich sie aus den Augen verlor und erst wiederfand, als ich morgens um zwei oder drei ins hintere Schlafzimmer ging, um meinen Mantel zu holen. Da saß Renee zwischen all den Mänteln und Handtaschen. Sie starrte mit glasigem Blick und kosmisch entrückter Miene ins Leere, was ich erst verstand, als ich die Injektionsnadel in ihrer Hand sah. Sie hatte, wie jetzt Sparks Pistole, unter meiner Sichtlinie gelegen.

Es war nur dieses Echo, das bestürzende Aufreißen meiner Weltfremdheit, das mich an Renee erinnert hatte. Als ich die Verbindung aber einmal hergestellt hatte, hatte Spark plötzlich so viel mit Renee Lambert gemeinsam, dass ich mich kurz – und auch Heist gegenüber – fragte, ob die beiden ein und dieselbe Person sein konnten. Vielleicht war sie nach ihrem Studienabbruch in den Westen gegangen? Aber nein, das kam nicht hin, Renee wäre jetzt viel älter gewesen. In meinem Alter, und ich war alt.

Heist ließ mich reden. Auf die Weise, nach meinem eigenen Geplapper ziemlich durch den Wind, konnte ich weitermachen und den Anblick der Waffe ebenso hinter mir lassen wie, was vielleicht fragwürdiger war, die Tatsache, dass wir uns ohne Proviant vom Jeep weg in die Wüste bewegten. Na ja, notfalls konnten wir den Himmel trinken und meine ungesäuerte Naivität als Keks knabbern. Mit der war ich anscheinend immer noch mehr als ausreichend verproviantiert.

Ich fühlte mich Heist näher denn je. Als mein manischer Vergleich im Sande verlief, sagte er nichts, aber er hatte mir im Jeep ja auch schon genug gegeben. Wir brachten verschiedene Stile mit. Ich verschaffte mir in launischen Ausbrüchen Luft, er revanchierte sich mit Marathongrübeleien oder Schweigen. Er hatte mich in diese Wüste gebracht. Ich griff nach seinem Arm. Er ließ es zu.