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AFRIKA, DIE WIEGE DER MENSCHHEIT

DIE ERSTEN MENSCHEN (VOR 300 000 JAHREN)

IM KONTEXT

SCHAUPLATZ

Afrika

FRÜHER

Vor 6–7 Mio. Jahren Sahelanthropus tchadensis – der erste bekannte Hominin – taucht in Afrika auf.

Vor 4,4 Mio. Jahren Ardipithecus ramidus, ein früher Hominin, ist nachgewiesen.

Vor 1,4 Mio. Jahren In Kenia gefundene gebrannte Tonerde deutet auf Verwendung von Feuer durch H. erectus hin.

SPÄTER

1921 Ein Schädel, später als H. heidelbergensis bestimmt, wird in Sambia gefunden.

1929–1935 Relikte in Israel werden später als H. sapiens bestimmt und auf 80 000–120 000 Jahre datiert.

2019 Ein H.-sapiens-Schädel aus Griechenland wird auf die Zeit vor mehr als 210 000 Jahren datiert.

Im Jahr 1987 stützte eine bahnbrechende Studie die Theorie des britischen Naturforschers Charles Darwin aus dem Jahr 1871, dass die Abstammung aller Menschen (Homo sapiens) in Afrika wurzelt. Die amerikanischen Genetiker Rebecca Cann und Mark Stoneking sowie der neuseeländische Biochemiker Allan Wilson verglichen die mitochondriale DNA in verschiedenen Populationen auf der ganzen Welt. Sie entdeckten eine durchgängige Linie, die zu einer Frau führte, die vor etwa 200 000 Jahren in Afrika lebte. Sie wurde als mitochondriale »Eva« bezeichnet. Afrika ist die älteste und reichhaltigste Quelle für fossile Überreste der Hominini – des Stammes, zu dem der moderne Mensch und seine Vorfahren gehören, die sich vor etwa 7 Mio. Jahren von anderen Affen zu unterscheiden begannen.

Mehr als 20 Arten der Hominini entstanden, bevor der Homo sapiens um 300 000 v. Chr. auftauchte. Zu den ersten gehörten – etwa vor 4 Mio. Jahren – die affenähnlichen Australopithecinen, während der früheste bekannte Vertreter der Gattung Homo der Homo habilis (geschickter Mensch) war, der vor etwa 2,4 bis 1,6 Mio. Jahren lebte. Die erste Spezies mit körperlich vergleichbaren Proportionen war Homo erectus (aufrechter Mensch), der vor etwa 2 Mio. Jahren auftauchte und bis vor etwa 100 000 Jahren noch in Asien existierte. Unser unmittelbarer Vorfahre – Homo heidelbergensis – lebte vor 700 000 bis 300 000 Jahren.

Evolution des Menschen

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Australopithecus afarensis hatte einen großen Kiefer und ein kleines Gehirn.

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Homo erectus mit kleinerem Kiefer, aber größerem Gehirn.

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Homo neanderthalensis mit ausgeprägtem Überaugenwulst und großer Nase.

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Homo sapiens verfügt über ein großes Gehirn und ein kleines Gesicht.

Fortschritte der Menschen

Frühe Homininen entwickelten überlebensnotwendige Fähigkeiten. Steinwerkzeuge, in der Nähe des Turkana-Sees in Kenia gefunden (etwa 3,3 Mio. Jahre alt), wurden wahrscheinlich vom Kenyanthropus platyops hergestellt. Vor etwa 2,4 Mio. Jahren benutzte Homo habilis solche Werkzeuge, um Mark und Fleisch von Kadavern zu entfernen, während Homo heidelbergensis Steine zu Speerspitzen verarbeitete. Die Entwicklung des Homo sapiens vor etwa 300 000 Jahren aus afrikanischen Populationen von Homo heidelbergensis wird mit einer zunehmenden Zahl von Belegen für komplexe Verhaltensweisen in Verbindung gebracht wie z. B. die Verwendung natürlicher Pigmente, die in der Twin-Rivers-Höhle in Sambia nachgewiesen wurde. Die frühen Menschen schufen Faustkeile aus Steinen, mit denen sie Fleisch, Häute und Holz bearbeiten konnten. Feuer spendete ihnen Licht und Wärme und diente zum Kochen.

Mit der veränderten Ernährung passten sich auch Zähne und Aussehen an, und ihre Gehirngröße und ihre Fähigkeiten erweiterten sich. In der Blombos-Höhle in Südafrika wurden Knochenwerkzeuge, eine Werkstatt zur Verarbeitung von Ocker und die vielleicht älteste Zeichnung der Welt gefunden (etwa 70 000 Jahren alt). Die frühesten bekannten Minen in den Bergen von Swasiland wurden 43 200 Jahre vor unserer Zeitrechnung von den Einheimischen ausgehoben, in denen Hämatit für die Verwendung als Farbstoff abgebaut wurde.

Homo-sapiens-Fossilien

Im Jahr 2005 wurden zwei Schädelteile, die der kenianische Anthropologe Richard Leakey 1967 in Äthiopien entdeckte, auf ein Alter von 195 000 Jahren geschätzt. Im Jahr 2017 wurden jedoch Fossilien eines Schädels, Gesichts und Kieferknochens, die 315 000 Jahre alt sein sollen, aus Jebel Irhoud, Marokko, eindeutig als Homo sapiens identifiziert. Man geht nun davon aus, dass sich der Homo sapiens nicht in einem Gebiet, sondern auf dem ganzen Kontinent entwickelt hat. Der Paläoanthropologe Jean-Jacques Hublin erklärte: »Der Garten Eden in Afrika ist wahrscheinlich ganz Afrika – und es ist ein sehr großer, großer Garten.« image

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Die ersten Menschen könnten wie diese Rekonstruktion aus Homo-sapiens-Fossilien ausgesehen haben. Ursprünglich dachte man, dass sie von einem Neandertaler-Mensch-Hybrid stammen.

Evolutionstheorie vor Darwin

Jahrhunderte vor Charles Darwins Veröffentlichung von Die Entstehung der Arten (1859) und Die Abstammung des Menschen (1871) entwickelte ein mittelalterlicher Schwarzer Schriftsteller eine frühe Evolutionstheorie. Obwohl er in Arabisch schrieb und in Bagdad lebte, war Abu Uthman al-Jahiz (781–869) ostafrikanischer Abstammung. Zu seinen Werken gehört das Buch der Tiere, das zu einem großen Teil Volksüberlieferungen wiedergibt. Eine Passage jedoch ist besonders wichtig: Er erklärt, wie alle Lebewesen sich ernähren, fortpflanzen, sich schützen und neue Eigenschaften entwickeln, um so ihr Überleben zu sichern. Diese gewonnenen Eigenschaften werden an die Nachkommen weitergegeben, wodurch sich die Art im Laufe der Zeit verändert. Obwohl Al-Jahiz seine Ideen nicht zu einer umfassenden Theorie formulierte, waren sie für seine Zeit sehr fortschrittlich. Sein Buch war ein wichtiger Beitrag zum frühen Evolutionsverständnis.