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WIR SIND MENSCHEN DER WÜSTE

GHANA KONVERTIERT ZUM ISLAM (1076–UM 1103)

IM KONTEXT

SCHAUPLATZ

Westafrika

FRÜHER

4. Jh. Laut mündlicher Überlieferung entsteht das Ghana-Reich.

639–709 Nach der muslimischen Eroberung Ägyptens tragen weitere Siege in Nordafrika zur Ausbreitung des Islam bei.

9. Jh. Die Sanhadscha im Nordwesten Afrikas konvertieren zum Islam.

SPÄTER

1147 Das berberische Almohaden-Kalifat erobert Marrakesch, die Hauptstadt der Almoraviden.

1203 Die Sosso unter König Sumanguru erobern die ghanaische Hauptstadt Koumbi Saleh.

1240 Sundiata Keita zerstört Koumbi Saleh und integriert das restliche Reich in das Mali-Reich.

Vom 9. bis zum frühen 11. Jahrhundert befand sich das Ghana-Reich in Westafrika auf dem Höhepunkt seiner Macht. Sein immenser Reichtum basierte auf den Abgaben, die auf Gold aus den südlichen und westlichen Regionen erhoben wurden. Dieses wurde in der Hauptstadt Koumbi Saleh und anderswo gegen Waren eingetauscht, die von nordafrikanischen Karawanen nach Süden gebracht wurden. Die Handelsrouten durch die Sahara wurden von den Sanhadschas, einer nomadischen Berbergemeinschaft, zu der auch die Dschudala gehörten, gesteuert und gesichert. Um 1035 unternahm der Dschudala-Herrscher Yahya ibn Ibrahim eine Pilgerfahrt nach Mekka und stellte fest, dass die von seinen Untertanen praktizierte Form des Islam zu liberal war.

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Ein strengerer Islam

Um 1040 beauftragte ibn Ibrahim den eifrigen islamischen Gelehrten Abdallah ibn Yasin die Dschudala den wahren Islam zu lehren. Diese störten aber die auferlegten strengen islamischen Reformen und sie rebellierten, als ibn Ibrahim starb, woraufhin ibn Yasin mit seinen Anhängern fliehen musste. Er gründete das Almoraviden-Bündnis mit Yahya ibn Umar, dem Anführer der Lamtuna, dem mächtigsten Volk Nordwestafrikas, und gemeinsam vereinten sie die Sanhadscha. Die Almoraviden, inspiriert von einer militanten islamischen Ideologie, entwickelten sich bald zu einer gewaltigen Kampfdynastie, die Marokko eroberte, durch die Sahara nach Süden vordrang und auch Südspanien besetzte.

Herausforderung für Ghana

1054–1055 eroberten die Almoraviden zwei wichtige Städte an den Transsahara-Handelsrouten – Sijilmasa in Nordwestafrika und Audaghost im Norden des Ghana-Reichs. Als Yahya um 1056 im Kampf fiel, übernahm sein Bruder Abu Bakr. Nachdem er die nordwestliche Sahara unter seine Kontrolle gebarcht hatte, führte er seine Truppen in den Süden und griff die ghanaischen Vasallenstaaten an. Zudem soll Abu Bakr Ghanas Hauptstadt Koumbi Saleh im Jahr 1076 geplündert haben.

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Die Larabanga-Moschee im heutigen Ghana, eine der ältesten Moscheen Westafrikas und Wallfahrtsort, wurde 1421 aus verdichteter Erde und Holzbalken errichtet und später restauriert.

Einige Historiker bezweifeln, ob solche gewaltsamen Ereignisse zur Konvertierung beitrugen. Ghana hatte bereits eine bedeutende muslimische Bevölkerung und der König beschäftigte muslimische Schriftgelehrte und Verwaltungsbeamte. Viele ghanaische Kaufleute waren schon zum Islam konvertiert, um ihre Beziehung zu muslimischen Händlern zu fördern. Ob freiwillig oder nicht, als die Almoraviden die Kontrolle über die Handelsrouten der Sahara erlangten, nahm Ghana den islamischen Glauben um 1102–1103 an. Geplagt von Dürren und Konflikten, die den Handel in der Region lähmten und Unruhen schürten, verlor das Ghana-Reich immer mehr an Einfluss. Im 13. Jahrhundert nahm das Mali-Reich seinen Platz ein. image

Die Legende von Bida

Die mündliche Überlieferung aus Westafrika bedient sich einer Allegorie, um die Geschichte des Ghana-Reichs, das in den Berichten Wagadu genannt wird, zu erzählen. Dieses Reich, das der persische Gelehrte al-Fazari im 8. Jh. »das goldene Land« nannte, war enorm reich. Der Sage nach versorgte es eine schwarze Schlange namens Bida nicht nur mit Gold, sondern auch mit Regen, damit es fruchtbar blieb. Im Gegenzug musste Ghana jedes Jahr eine Jungfrau opfern. Als der siebte König von Ghana regierte, war das Mädchen, das geopfert werden sollte, verlobt. Ihr Zukünftiger wollte sie retten und tötete Bida, die im Sterben das Reich mit Dürre und Armut verfluchte. Das einst blühende und fruchtbare Land von Wagadu wurde unwirtlich, sodass die dort lebenden Soninke bald abwanderten. Studien zur geologischen Vergangenheit der Region haben bestätigt, dass die Savanne zunehmend austrocknete, was mit ziemlicher Sicherheit zum Niedergang des Ghana-Reichs beitrug.