IM KONTEXT
SCHAUPLATZ
Tschad
FRÜHER
4. Jh. v. Chr Die Sao lassen sich am Tschadsee nieder. Um 700 v. Chr. erlebt die Sao-Kultur ihre Blütezeit.
Um 800 n. Chr. Mai Dugu, Angehöriger der Duguwa-Dynastie, wird erster König von Kanem.
SPÄTER
14. Jh. Die Bulala fallen in Kanem ein und zwingen die Sefuwa, nach Bornu zu ziehen.
1571 Idris Alauma wird König von Kanem-Bornu. Unter seiner Herrschaft erlebt das Reich seinen Höhepunkt.
19. Jh. Das Kanem-Bornu-Reich befindet sich im Niedergang und die Sefuwa-Dynastie wird ausgelöscht.
1902 Großbritannien, Frankreich und Deutschland kolonialisieren Bornu.
Das Kanem-Reich herrschte über das nordöstliche Nigeria, das nordöstliche Kamerun, den östlichen Niger, den westlichen Tschad und das südliche Libyen. Nachdem es im 11. Jahrhundert den Islam als offizielle Religion einführte, dominierte Kanem die Handelsrouten durch die Sahara und trug wesentlich zur Verbreitung des Islam in Afrika bei.
Kanems Geschichte wurde insbesondere durch zwei Dynastien geprägt: die Dugawa und die Sefuwa. Die Dugawa herrschten ab etwa 800 n. Chr. Ihr Leben war schlicht – die Menschen bauten Hütten aus Getreidehalmen und sie waren Nomaden. Im 10. Jahrhundert entstanden mit zunehmendem Wohlstand Städte wie Manan und Tarazaki. Die Gebäude wurden dort in traditioneller Lehm-Architektur errichtet.
Die meisten Dugawa-Herrscher waren »göttliche Könige« (Mai), die eine traditionelle afrikanische Religion vertraten. Dies begann sich zu ändern, als Mai Arku Mitte des 11. Jahrhunderts in der Sahara-Region Gebiete eroberte, die von Arabern auf der Flucht vor dem politischen Druck in ihrer Heimat besetzt worden waren. Ihre Religion, der Islam, fand bald Anklang am Königshof. Königin Hawwa, die 1067 die Nachfolge von Arku antrat, war Kanems erste muslimische Herrscherin. Auch die Anführer der Sefuwa-Dynastie, die 1075 an die Macht kam, folgten dem Islam. Um 1085 verbreitete sich die Religion rasch in ganz Kanem und wurde von allen Schichten angenommen.
Mitte des 13. Jahrhunderts wuchs Kanem unter Mai Dunama II. zu einer großen regionalen Macht heran, mit Njimi als Hauptstadt. Er führte mit 30 000 Kamelreitern und einer großen Infanterie einen Feldzug in der Wüste an, wodurch Kanem die Kontrolle über die Region Fessan im Süden Libyens erlangte und die Grenzen des Reichs nach Osten und Norden ausdehnte. Militärs übernahmen die Führung der eroberten Gebiete, und besiegte Völker mussten Abgaben an die Kanem-Herrscher leisten, in der Regel in Form von Versklavten.
Die Vorherrschaft über die Transsahara-Handelsrouten brachte zusammen mit der Kriegsbeute hohe Staatseinnahmen. Pferde, Metallwaren und Salz kamen aus Ägypten, Elfenbein aus dem Westen und Baumwollwaren aus dem Süden – auch der Sklavenhandel war für das Reich lukrativ. Über die Handelswege verbreiteten sich zudem Ideen und es wurden kulturelle Kontakte mit der Außenwelt geknüpft. So gründeten Reisende aus Kanem in Kairo eine Schule, und der Kanem-Dichter Abu Ishaq Ibrahim al-Kanemi arbeitete am Königshof im maurischen Spanien.
Trotz ihrer Erfolge auf und abseits des Schlachtfelds zwangen interne und externe Konflikte die Sefuwa-Herrscher schließlich dazu, Njimi aufzugeben und am westlichen Rand des Tschadsees, in Bornu, ein neues Reich zu gründen. Dort behaupteten sich die Sefuwa bis ins 19. Jahrhundert und waren damit die langlebigste Dynastie des Kontinents.
Kamelkarawanen transportierten Gold und Kolanüsse sowie Versklavte durch die Sahara in das Reich Kanem und zurück. Viele dieser Routen werden auch heute noch genutzt.
Der Zug nach Bornu
Die Sefuwa herrschten im 16. Jh. erneut über Kanem und gründeten das spätere Reich Kanem-Bornu. Hier ist der Königshof um 1870 zu sehen.
Im 14. Jh. geriet die durch interne Kämpfe geschwächte Sefuwa-Dynastie in Konflikt mit den Bulala, die im Osten des Kanem-Reichs, im heutigen Tschad, siedelten. Der Bulala-König Jil ibn Sikuma zwang die Sefuwa-Herrscher nach Bornu im Westen zu ziehen, sodass die Bulala die Herrschaft über Kanem antraten.
Ali ibn Dunama, ein späterer Sefuwa-Herrscher, errichtete im Jahr 1484 eine neue Hauptstadt in Ngazargamu in der Nähe des Flusses Yobe, die 250 000 Menschen beherbergte. Vier riesige Moscheen, die jeweils 12 000 Gläubige aufnehmen konnten, dienten dem religiösen Leben, und die Stadt wurde durch einen gewaltigen Wall mit fünf Eingängen geschützt. Handelskarawanen versorgten das Reich weiterhin mit Waren, und die Bornu tauschten die von ihnen hergestellten Leder- und Töpferwaren gegen in Europa hergestellte Objekte und Parfüms ein. Wie Kanem zuvor florierte auch Bornu als Zentrum islamischer Gelehrsamkeit.