IM KONTEXT
SCHAUPLATZ
Liberia
FRÜHER
1462 Portugiesische Seefahrer landen an der Küste des heutigen Liberia und nennen sie Costa da Pimenta (Pfefferküste).
1819 Ein US-Gesetz genehmigt die Gründung einer afrikanischen Kolonie für ehemals versklavte Schwarze Amerikaner und stellt 100 000 Dollar für deren Finanzierung bereit.
SPÄTER
1951 Liberia hält seine ersten allgemeinen Wahlen ab. Zuvor durften nur männliche Nachkommen von Americo-Liberianern wählen.
1989–2003 Zwei Bürgerkriege spalten das Land.
2011 Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf erhält den Friedensnobelpreis für ihre Bemühungen um die Beteiligung von Frauen am Friedensprozess.
Am 31. Januar 1820 verließ die Elizabeth mit 88 Schwarzen Amerikanern auf der Suche nach einem besseren Leben in Afrika den Hafen von New York. Der Kontinent war ihnen als Heimat angepriesen worden, auch wenn die meisten von ihnen in Amerika in die Sklaverei hineingeboren worden waren. Einige hofften, dort Missionare zu werden. Bei ihrer Reise in das spätere Liberia legte die Elizabeth zunächst an der Sherbro-Insel vor der Küste der britischen Kolonie Sierra Leone an, wo ein Drittel der Passagiere an Malaria starb.
Die Reise war von der American Colonization Society (ACS) organisiert worden, einem Zusammenschluss von Quäkern und ehemaligen Sklavenhaltern. Sie sahen in der »Repatriierung« die Lösung für die wachsende freie Schwarze Bevölkerung, die ihrer Meinung nach in Amerika keine Gleichberechtigung erlangen würde. Doch die meisten Schwarzen empfanden das Vorgehen als Deportation. Einige organisierten Proteste, um Staatsbürgerschaft und Rechte in jenem Land zu fordern, das ihre Vorfahren versklavt hatte. Auch Schwarze Abolitionisten setzten sich gegen die Kolonisierungspläne ein.
Der Senat von Liberia, abgebildet in dieser Zeichnung von Robert K. Griffin aus dem Jahr 1856, ist das Oberhaus der liberianischen Zweikammer-Legislative, in Anlehnung an die US-Regierung.
Die liberianische Flagge ist der US-amerikanischen Flagge sehr ähnlich. Die elf Streifen stehen für die Unterzeichner der liberianischen Unabhängigkeitserklärung von 1847.
Es dauerte fast zwei Jahre, bis die ACS-Vertreter dem dortigen Herrscher Zola Duma (König Peter) im Tausch gegen Waren und Waffen einen Landstreifen an der westafrikanischen Küste bei Kap Mesurado abkaufen konnten. Die indigenen Völker der Dei und Bassa, die seit dem 15. Jahrhundert mit den Europäern Handel trieben, lehnten die Übergabe ihres Landes ab.
Im April 1822 landeten die Siedler schließlich am Kap und errichteten Monrovia als neue Hauptstadt des Landes, das sie 1824 nach dem lateinischen liber (frei) Liberia tauften. Die Beziehungen zur einheimischen Bevölkerung blieben feindselig, aber die Siedler wurden von der britischen und amerikanischen Marine geschützt.
Bis 1827 entstanden entlang der Küste immer mehr Kolonien. 1838 schlossen sich zwei davon mit Liberia zum Commonwealth of Liberia zusammen, weitere folgten in den nächsten Jahren.
Der wachsende Wohlstand Liberias basierte auf Zolleinnahmen, die ab den 1840er-Jahren von Seiten der Briten ausblieben und auch Amerika verweigerte nun die Unterstützung. 1846 entschieden sich die Siedler für die Selbstverwaltung, und ein Jahr später wurde Joseph Jenkins Roberts der erste Präsident Liberias.
Um 1867 hatten die ACS und andere Gesellschaften rund 16 000 Schwarze Amerikaner nach Liberia entsandt, wo auch immer mehr von Sklavenschiffen befreite Schwarze eintrafen. Die als Americo-Liberianer bezeichneten Kolonisten machten nur einen winzigen Teil der liberianischen Bevölkerung aus, waren aber bis 1980 politisch und wirtschaftlich dominant, als Samuel Doe von den indigenen Krahn einen erfolgreichen Militärputsch inszenierte. Nach zwei Bürgerkriegen wurde Ellen Johnson Sirleaf im Jahr 2005 das erste weibliche Staatsoberhaupt Afrikas.
»Ich liebe Afrika und würde es nicht gegen Amerika eintauschen.«
Rosabella Burke
Liberianische Kolonistin und ehemalige Sklavin, 1859
Martha Erskine Ricks
Martha, die 1817 im amerikanischen Bundesstaat Tennessee geboren wurde, reiste im Alter von 13 Jahren mit ihren Eltern und sechs ihrer Geschwister unter der Obhut der American Colonization Society nach Liberia, nachdem ihr Vater der Familie die Freiheit erkauft hatte. Die Erskines träumten von einem freien Leben, jedoch erlag der Großteil der Familie der Malaria. Nur Martha und ihr Bruder Hopkins erreichten das Erwachsenenalter.
Martha heiratete Zion Harris und, nach dessen Tod, Henry Ricks. Im Jahr 1848 begleitete sie den ersten Präsidenten von Liberia, Joseph Jenkins Roberts, in die USA und nach Großbritannien. Sie betrieb wie die anderen Siedler Ackerbau und Viehzucht, doch ist sie heute vor allem als begabte Näherin bekannt. 1892 reiste sie mit Hilfe von Edward Blyden, dem liberianischen Botschafter in Großbritannien, nach London, traf Königin Victoria und überreichte der Monarchin einen kunstvollen Quilt, der einen blühenden liberianischen Kaffeebaum darstellte. Martha starb im Jahr 1901 in Liberia.