Menschenalarm!

Alle Krumpflinge rannten herbei, um Egon auszulachen. Oma Krumpfling walkte ihn einmal kräftig durch, um sich zu überzeugen, dass alle Knochen heil geblieben waren.

Dann lobte sie Schorschi und Zwurz: „Hahaha, zum Brüllaffen komisch! Das gibt eine Extraportion Krumpftee für euch zwei fiesen Trickwitzler!“ Sie pfiff durch die Krallen, um die gackernde Sippe zum Schweigen zu bringen. „Happihappizeit, ihr Krumpflinge! Weil heute Ferienbeginn und Opa-Krumpflings-Propellerflug-Tag ist, spendiere ich euch einen Stink-Täubling und rohes Hefestockbrot!“

Die Sippenmitglieder jubelten. Neben Krumpftee als Lieblingsgetränk waren Pilze in jeder Form schließlich ihr Leibgericht! Jedem von ihnen wurde ein Stückchen Stink-Täubling, eine Pfote voll Teig und einen Schaschlikstab für das Stockbrot zugeteilt. Weil Egon höflich abwartete und nicht drängelte, kam er wie immer als Letzter an die Reihe. Da hatte Wobbel schon die Teigschüssel leergeschleckt. Und vom Pilz war eine einzige Lamelle für Egon übrig geblieben. Damit hockte er sich zu seinen Mitschülern ans Lagerfeuer, einem rot glühenden LED-Fahrrad-Rücklicht. Um im trockenen Speicher keinen Brand zu riskieren, erlaubte Professor Honigschwamm nämlich kein offenes Feuer.

Eine Zeit lang hörte man nur das genüssliche Schmatzen der Krumpflinge. Schließlich fasste sich Egon ein Herz. „Was machen wir eigentlich, wenn jemand auf den Speicher kommt?“, wollte er wissen. Er hatte sich alles genau überlegt. Auch die nächste Frage gehörte zu seinem Plan: „Sind wir hier überhaupt sicher vor Menschen? Ich fürchte mich ein bisschen.“

Sofort glucksten seine Klassenkameraden los.

„Unser Fusselherzi hat die Pelzhosen voll!“, witzelte Lutschki. „Angstnase, Salzhase, Pipivase!“

Doch Professor Honigschwamm meinte: „Egons Frage ist ausnahmsweise nicht dumm, Lutschki, nicht dumm. Ein Krumpfling muss immer gewappnet sein. Im Falle des Auftauchens einer Gefahr durch Mensch, Hund oder unvorhersehbare Umstän ...“

Oma Krumpfling piekte Professor Honigschwamm mit ihrem Schaschlikstab in die Seite: „Machen wir es kurz: Abhauen und verstecken ist die Devise.“ Sie tippte sich selbstgefällig auf ihre geblümte Kittelschürze. „Wenn ich mit euch unterwegs bin, droht natürlich keine Gefahr. Seit Opa Krumpfling mit einem Pupspropeller in die Luft geflogen ist, habe ich auf diesem lurchlangweiligen Speicher noch niemals auch nur eine Menschenzehe gesehen.“

„Dann bin ich ja beruhigt!“, meinte Egon lächelnd.

Er wusste es natürlich besser. Diesmal würde ein Mensch das gemütliche Beisammensein der Krumpflinge stören! Gleich war es Zeit für Albis großen Auftritt! Egons feine Löffelöhrchen hörten bereits leise Schritte auf der Speichertreppe ...

Die kräftige Netti stimmte gerade das Lied „Aus den grauen Kellern kommen wir“ an. Da rumpelte es an der Tür und sie wurde aufgerissen. Albi trampelte herein! Die Krumpflinge hielten für eine Schrecksekunde die Luft an.

Professor Honigschwamm überblickte die Lage als Erster. „Menschenalarm!“, schrie er panisch. „Abhauen und verstecken!“

Er riss die verdatterte Oma Krumpfling auf die Füße und zog sie hinter sich her. 48 weitere Krumpflinge sprengten fiepend auseinander. Egon sprang ebenfalls auf und lief los. Alles war genau abgesprochen. Albi würde ihm ausreichend Zeit lassen, um in die Zelthülle zu kriechen. Aber was sollte das denn? Professor Honigschwamm, der Oma Krumpfling immer noch im Schlepptau hatte, steuerte auch auf Egons Ziel zu! Die Chefin japste und trug inzwischen nur noch einen Pantoffel. Ein schrecklicher Gedanke durchblitzte Egon. Was, wenn der Lehrer nun ausgerechnet Herrn Artichs Zelt als Versteck auswählte? Dann würde Albi auch die beiden mit in den Urlaub nehmen ... etwas Gruselgraulicheres konnte Egon sich nicht vorstellen! Er überholte, quetschte sich gleich darauf in die Zelthülle und zog die Schnur fester zu. Mit klopfendem Herzen linste er durch die kleine Öffnung nach draußen. Keiner folgte ihm. Professor Honigschwamm und Oma Krumpfling ließen das Zelt links liegen. Egon atmete auf. Jetzt durfte Albi kommen! Der Junge schlenderte scheinbar suchend durch den Speicher. Als er bei ihm angekommen war, sagte er laut und deutlich: „Hier ist ja Papas Zelt! Das nehme ich jetzt mit in die Ferien. Hoffentlich ist alles dabei?“ Er beugte sich nach unten und schielte in die Öffnung.

Egon grinste ihm breit entgegen und hielt die Daumenkralle hoch. „Ja, das Wichtigste scheint dabei zu sein“, stellte Albi fest und hob das Zelt behutsam auf.

Dabei bemerkte er gar nicht, dass sein Vater ebenfalls in den Speicher gekommen war und nun direkt hinter ihm stand.