Inzwischen ging es in der Hotelküche gar nicht mehr lustig zu. Küchenchef Monsieur Joseph war kurz davor, den Verstand zu verlieren. Warum lief plötzlich alles schief? Zuerst waren gestern beim Abendessen diese Tapser aus Bratensauce auf den weißen Trüffeltörtchen aufgetaucht. Die konnte er den Stechers, die sich natürlich als Erste beschwerten, noch als „Explosion für die Geschmacksknospen“ verkaufen. Seit dem Mittagessen heute war dann alles außer Kontrolle geraten.
Gerade jaulte die Rührmaschine auf und spritzte die Sahne bis an die Decke. Monsieur Joseph rannte darauf zu, dann roch er den Qualm und bog zum Ofen ab. Er stieß die Klappe auf und riss die Backform heraus. Sein aufwändiger Baumkuchen war zu einem kleinen schwarzen Klumpen verbrannt.
„Du dummgebrühter Misthaufenpiesler!“, schrie er aufgebracht seinen Lehrling August an. „Wieso stellst du denn das Backrohr auf volle Hitze?“
Wenige Meter daneben im Vorratsraum schnappte sich Oma Krumpfling geschickt den „dummgebrühten Misthaufenpiesler“ aus der Luft. Aus diesem wunderbaren Schimpfwort hätte sie für ihre Krumpflinge zu Hause eine große Kanne Krumpftee aufgießen können. Aber hier musste sie nicht knausern. Mit ein bisschen Nachhilfe hagelte es in dieser Küche Schimpfwörter im Überfluss! Sie rollte zu Professor Honigschwamm hinüber, der vollgefressen auf einem Reissack lag und ließ ihm die Leckerei direkt ins offene Maul gleiten. Der Lehrer der Krumpflinge wehrte sich halbherzig.
„Genug, meine Böseste, ich kann nicht mehr!“ Doch dann saugte er schmatzend das Wort ein und rieb sich den prall gefüllten Bauch unter dem Bademantel. „Das reinste Paradies ist das hier, das reinste Paradies. Ich fange an, mich daran zu gewöhnen.“
„Und wer hat auf den ersten Glupschaugenblick erkannt, dass wir zwei uns hier mal richtig entspannen können?“ Oma Krumpfling zupfte Professor Honigschwamm am Bart. „Heute habe ich übrigens noch etwas Besonderes mit Ihnen vor, Professörchen“, kündigte sie geheimnisvoll an.
Professor Honigschwamm verschluckte sich vor Schreck.
„Ach du wilde Krumpfnuss, du Wilde!“ Es kam ihm gerade recht, dass ihre Unterhaltung nun abrupt gestört wurde.
„Stell die Pilze für das Risotto ins Lager, August!“, wies Monsieur Joseph den Lehrling an. „Aber lass sie nicht wieder runterfallen, du Oberriesendepp!“
Oma Krumpfling und Professor Honigschwamm hechteten hinter den Reissack.
August trampelte kurz darauf in die Vorratskammer, stellte einen großen Korb mit frisch gepflückten Pilzen ins Regal, vergewisserte sich, dass er gut stand, und verschwand wieder.
Dem Duft von frischen Waldpilzen konnte natürlich kein Krumpfling widerstehen. Oma Krumpfling und Professor Honigschwamm stürzten sich auf den Korb und beschnupperten die Schätze.
„Pfifferlinge, Steinpilze, Parasol ...“, juchzte Oma Krumpfling.
Professor Honigschwamm grapschte nach einem schrumpeligen runden Pilz und hielt ihn hoch. „Und sogar kostbare Sommermorcheln sind dabei!“
„Wenn ich nur nicht so voll gefressen wäre! In meine Wampe passt keine einzige Pilzspore mehr“, jammerte Oma Krumpfling.
„Ich hätte da einen Vorschlag“, meinte Professor Honigschwamm. „Diese Pilze gäben ein wunderbares Mitbringsel für unsere Krumpflinge zu Hause, für unsere Krumpflinge.“
Oma Krumpfling nickte. „Sehr richtig! Diese Pilze ergäben ein wunderbares Mitbringsel! Allerdings für mich. Bevor sie hier verkocht werden, müssen wir sie schleunigst in den Koffer zu meinen anderen Schätzen schaffen.“
Auf ihre Anweisung lud Professor Honigschwamm alle Pilze auf einen alten Putzlappen. Von diesem Lappen griff sich jeder von ihnen zwei Ecken. So konnten sie ihre Beute durch die Gänge und das Treppenhaus hinauf in den dritten Stock zur Suite „Waldesruh“ schleifen. Dabei mussten sie natürlich höllisch gut aufpassen, dass ihnen niemand begegnete. Deswegen fiel es nicht einmal dem klugen Professor Honigschwamm auf, dass ihre Ladung unterwegs immer leichter wurde. Der Lappen, in dem sie sie beförderten, hatte nämlich ein Loch. Und durch dieses kullerte Pilz für Pilz heraus und blieb auf der Strecke liegen!