Nur zur Information: Es gibt in Washington und Umgebung genau sieben Hooters-Filialen, darunter auch die in der Seventh Street im nordwestlichen Teil des Stadtgebiets.
An einem verregneten Juniabend zeigten Sampson und ich dem Geschäftsführer ein Bild von Kissy, aber er sagte, er habe sie noch nie zuvor gesehen. Daraufhin baten wir ihn, in sämtlichen Hooters-Filialen nach ihr zu suchen, doch er meinte, dass wir das mit der Zentrale in Atlanta klären müssten.
Es war beinahe 19.00 Uhr und somit höchst unwahrscheinlich, dass die Erbsenzähler bei Hooters immer noch an ihren Schreibtischen saßen. Darum beschlossen wir, die Filialen in Laurel, Maryland, und Fairfax, Virginia, aufzusuchen, wo jeweils eines der Opfer mit Sicherheit gearbeitet hatte.
Alice Fox, die Geschäftsführerin in Laurel, konnte sich sofort an Samantha Bell erinnern. »Na klar«, sagte sie. »Sie hatte ein kleines Kind. War immer fleißig. Worum geht’s?«
Sampson erwiderte: »Sie wurde ermordet. In Florida.«
»Ermordet?« Sie klang entsetzt. »Mein Gott. Man kann nie wissen, stimmt’s?«
»Stimmt, Madam«, sagte ich. »Warum hat sie bei Ihnen gekündigt?«
Fox erwiderte mit gerunzelter Stirn. »Ich glaube, sie hatte Probleme.«
»Mit ihrem Freund?«
»Schon ein paar Wochen vor der Kündigung wollte sie nach Feierabend immer zu ihrem Auto begleitet werden. Sie hat geglaubt, dass sie verfolgt wird. Von einem Mann.«
»Was war das für ein Mann? Ein Kunde?«
Erneut legte sie die Stirn in Falten, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Dann hätte sie doch bestimmt was gesagt, oder nicht?«
»Müsste man meinen.«
»Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann«, sagte sie.
»Sie haben uns schon geholfen«, entgegnete ich.
Auf dem Weg nach Fairfax überlegten wir, wie die Chancen standen, dass auch in Althea Marks’ Leben ein »ekliger Typ« oder ein Stalker aufgetaucht war. Sampson schätzte drei zu zwei.
Aber als wir durch die Eingangstür des Hooters traten und sich dasselbe Bild bot wie in Washington und in Laurel – wohl proportionierte junge Frauen in engen Shorts und weißen T-Shirts bewirteten junge, stieläugige Männer mit Speisen und Getränken – landete ich eher bei fünf zu eins.
Sehr gut denkbar, dass ein ekliger Typ hier jungen Frauen nachstellt , dachte ich, während Sampson um ein Gespräch mit dem Geschäftsführer bat. Er hieß Peter Mason und entschuldigte sich bei uns, nachdem er weder Kissy Raider noch Althea Marks auf den Fotos erkannt hatte.
Sampson sagte: »Miss Marks hat hier gearbeitet. Das steht jedenfalls in einer ihrer Bewerbungen.«
Mason runzelte die Stirn. »Wie lange ist das her?«
»Drei Jahre und ein paar Monate.«
Er überlegte kurz, dann lichtete sich seine Miene. »Um die Zeit war ich damals zehn Wochen lang in Erziehungsurlaub. Ich frage mal Stella. Sie ist schon genauso lange hier wie ich.«
Stella, die stellvertretende Leiterin der Nachtschicht, konnte sich zwar an den Namen Althea Marks nicht erinnern, aber als sie einen Blick auf das Foto geworfen hatte, sagte sie: »Aly. Ja klar, sie hat hier gearbeitet, vielleicht sechs Wochen lang. Eine gute Kellnerin.«
»Hat sie gesagt, warum sie wieder gekündigt hat?«, wollte Sampson wissen.
Die Frage schien Stella nervös zu machen. »Worum geht es eigentlich? Geht es ihr gut?«
»Nein«, gab ich zur Antwort. »Sie wurde ermordet, in Newport Beach, Kalifornien. Vor zwei Jahren.«
»Ermordet?« Die Verwirrung war ihr deutlich anzuhören. »Oh mein Gott. Dann hat sie also recht gehabt.«
»Aly hat recht gehabt?«, fragte ich nach.
»Ich hätte sie eigentlich gerne höhergestuft oder ihr zumindest mehr Schichten gegeben. Aber dann ist sie eines Tages aus heiterem Himmel zu mir gekommen und hat gesagt, dass sie sich hier nicht mehr sicher fühlt, und ihr Sohn auch nicht, und dass sie kündigen will. Ich sollte ihren letzten Gehaltsscheck an ein Postfach in Kalifornien schicken.«
»Was war denn der Grund dafür, dass sie sich nicht mehr sicher gefühlt hat? Einer der Gäste vielleicht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Glaube ich zumindest nicht. Sie hatte nie irgendwelche Probleme mit den Gästen. Aber sie wissen ja, wie es ist – das Leben ist kompliziert. Besonders für eine junge alleinerziehende Mutter.«
Als wir uns verabschiedeten, ging es bereits auf 22.00 Uhr zu, und Sampson hätte am liebsten Feierabend gemacht.
»Nein«, sagte ich. »Alle drei Opfer haben sich unsicher oder verfolgt gefühlt. Wir müssen jetzt einfach rauskriegen, wo Kissy gearbeitet hat.«
»Du willst heute Abend noch alle vier Hooters auf der Liste abklappern?«
»Nur noch einen«, sagte ich. »Den in Chantilly. Dann machen wir Schluss.«
John war nicht gerade erfreut darüber, aber er sagte: »Abgemacht.«
Das Glück war auf unserer Seite.
Carol Patrick, die Geschäftsführerin des Hooters in Chantilly, erkannte Kissy Raider schon beim ersten Blick auf das Foto.
Sämtliche Farbe wich aus ihrem Gesicht, und sie sagte: »Geht es ihr gut? Bitte, sagen Sie mir, dass dieser wundervollen Seele nichts zugestoßen ist.«