74 

Ich betrachtete die Pistole, eine robuste Remington 1911, vermutlich Kaliber 45. In den richtigen Händen war sie höchstwahrscheinlich eine tödliche Waffe.

Aber Dr. Bombays Pistole zitterte genau wie seine Stimme, als er sagte: »Wer immer Sie sind, verschwinden Sie! Das ist Hausfriedensbruch.«

Ich hob die Hände und stand auf. »Ich will Ihnen keine illegale Operation anhängen, Herr Doktor. Ich brauche lediglich eine Bestätigung dafür, dass Sie Kyle Craig ein neues Gesicht verpasst haben.«

Er beugte sich über den Schreibtisch und fuchtelte mit der Pistole in meine Richtung. »Raus hier!«

»Immer mit der Ruhe.« Ich wandte mich bereits ab. »Ich gehe ja.«

Sobald ich sah, dass er die Waffe sinken ließ, wirbelte ich herum und versetzte der Innenseite seines Handgelenks einen so wuchtigen Schlag, dass er vor Schmerzen aufheulte. Die Pistole flog durch die Luft und landete unter lautem Klappern hinter ihm auf dem Boden.

»Arschloch«, stieß er hervor. Missmutig blickte er auf sein Handgelenk hinab, dann erschrocken zu mir hinauf, und dann ließ er sich hinter seinen Schreibtisch fallen.

Ich wusste, dass er sich die Waffe schnappen wollte, und lief um den Tisch herum, packte ihn am Hemdkragen und riss ihn auf die Beine. Dann drehte ich ihn um und rammte ihm meine rechte Faust in den Solarplexus.

Dr. Bombay klappte nach vorn. Die Augen traten ihm aus den Höhlen, und er gab eigenartige Würgelaute von sich. Ich schleifte ihn zu seinem Schreibtischstuhl, wandte mich noch einmal um und hob die Pistole auf, um sie zu entladen.

Als ich damit fertig war, konnte er fast schon wieder normal atmen.

»Ich brauche nur eine Antwort auf eine ganz einfache Frage«, sagte ich. »Haben Sie einem gewissen Kyle Craig ein neues Gesicht verpasst? Das Gesicht eines FBI-Agenten namens Max Siegel?«

Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Kann sein. Mein Fresse, Mann, wer immer Sie sind. Wir haben doch keine Namen verwendet. Ich wollte überhaupt keine Namen wissen. Sonst hätte ich die ja an Leute wie Sie verraten können. Genau darum, Regel Nummer eins: Keine Namen. Kapiert?«

Ich zeigte ihm das Standbild aus der Überwachungskamera des Gefängnisses. »Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?«

Dr. Bombay beugte sich nach vorn, betrachtete das Foto und schüttelte den Kopf. »Nein. Ich meine, vielleicht schon, aber an die Vorher-Gesichter kann ich mich kaum erinnern. Im Gegensatz zu den Nachher-Bildern.«

»Und? Kann es sein, dass wir so ein Nachher-Bild in Ihren alten Unterlagen finden? Ich weiß, wann die Operation ungefähr stattgefunden haben müsste.«

Er hob die Augenbrauen. »Theoretisch schon. Aber ich hatte meine alten Unterlagen in einem Mietspeicher in Tampa eingelagert, bis der letzte Wirbelsturm das ganze Ding in Stücke gerissen hat.«

»Dr. Bombay?«

Eine junge Frau mit lila Haaren stand in der Tür. Ihr Blick wanderte von mir zu der Pistole und den Patronen auf dem Schreibtisch und schließlich zum Doktor.

»Ja, Emma«, sagte er.

»Ihr Patient ist da.«

Er sah mich an. »Sie hören ja, die Pflicht ruft.«

In seiner Stimme lag eine solche Resignation, dass ich nickte.

Seufzend stemmte er sich auf seine nackten, geschwollenen Füße. »Wo sind meine Sandalen, Emma?«

Mit vor Widerwillen weit geblähten Nasenlöchern starrte Emma seine Füße an, bevor sie auf eine Zimmerecke deutete und beiseitetrat, damit ich das Zimmer verlassen konnte.