Der Tote hatte keinen Namen. Und damit keine Identität.
Wie eine Überprüfung seiner Fingerabdrücke in der zentralen Datenbank der portugiesischen Polizei ergab, war er erkennungsdienstlich noch nicht in Erscheinung getreten – weil er bisher noch nie straffällig geworden war oder man ihn noch nicht erwischt hatte. Die Datenbank-Abfrage seiner DNA -Sequenz war ebenso ergebnislos geblieben.
»Die Kugel hat ihn im Bauch getroffen«, berichtete Doutora Oliveira nach der Autopsie, »er ist innerhalb von ein oder zwei Minuten verblutet, es ging schnell.«
Das Projektil stammte, wie die ballistische Überprüfung bei Isadora ergab, aus dem Lauf der Dienstwaffe von Rafaela Romão. Die Kugel wiederum, die ihren Kollegen Gabriel Alves verletzt hatte, war aus einem der G36-Sturmgewehre verschossen worden. Die Waffe war allerdings bislang, ebenso wie der namenlose Tote, nie in Erscheinung getreten.
Es gab, wie Carlos ins Feld führte, die Möglichkeit einer Öffentlichkeitsfahndung. Man konnte das Gesicht des Toten in den Nachrichten und im Internet zeigen. Irgendjemand musste ihn schließlich kennen.
Graciana hatte dieses Vorgehen aber bereits verworfen: Ihre Strategie war es, die anderen Täter über jeden noch so kleinen Schritt der Polícia Judiciária im Unklaren zu lassen.
Sie sollten nicht mal wissen, welche Spur sie gerade verfolgten.
Graciana wollte noch einmal mit dem Chef des Sicherheitsunternehmens Frederic Bilt sprechen und bat Carlos, Leander Lost im Fall Riemann zum Golfresort zu begleiten.
»Ich will gar nicht in der Wunde stochern«, sagte Isadora, als sie Graciana auf dem Gang abpasste, nachdem die beiden Männer das Gebäude verlassen hatten, »aber damals sind auch Sturmgewehre verwendet worden. Und Motorräder.«
Graciana war stehen geblieben und hatte die Kriminaltechnikerin kurz gemustert, um dann zu nicken: »Ist mir bekannt. Aber alles andere stimmt nicht überein. Hat Mãe denn was über die Seriennummern herausgefunden?«
Isadora nickte: »Ja, sie lautet 12/08/09OZ .«
Graciana tippte die Ziffern- und Buchstabenfolge in eine Notiz auf ihrem Smartphone.
»Der Hersteller ist Heckler & Koch.«
»Ja, das wusste ich schon.«
»Ich könnte mal nachfragen, wohin und an wen die das Gewehr geliefert haben«, bot Isadora an, aber Graciana schüttelte den Kopf.
»Ich danke dir, aber das übernehm ich selbst.«
Damit hatte sie sie stehen gelassen und war in ihrem Büro im ersten Stock verschwunden. Sie hatte die Tür hinter sich geschlossen und sich vor den Rechner gesetzt. Dann zögerte sie. Ihr Vater hatte das Konvolut aus Berichten der Rechtsmedizin, Zeugenaussagen und vielerlei mehr ganz sicher dutzendfach aufgerufen, studiert, analysiert – sie hatten nie darüber gesprochen. Aber in ihrer Vorstellung hatte er das getan. Und jetzt saß sie davor, vor dieser familiären Büchse der Pandora. Und öffnete sie.
Der 23.06.
Graciana wollte nichts übersehen, nichts überlesen, weil ihr möglicherweise die Tränen kamen, weil sie emotional mitgenommen war statt nüchtern und unbeteiligt, und so bemühte sie sich, Antonio und Elias Rosado zu zwei GNR -Männern zu machen, die sie nicht kannte.
Es waren Personen, und zufällig trugen sie den gleichen Nachnamen wie sie und … es funktionierte nicht. Sie musste über sich selbst den Kopf schütteln: Was hatte sie denn bloß geglaubt? Also atmete Graciana tief durch und begann zu lesen. Es waren ihr Vater und ihr Bruder. Aber es würde nichts bringen, wenn sie nicht analytisch las. Mit gebührendem Abstand. Nur dann hatte es einen Sinn. Auch für die beiden. Und jetzt … jetzt klappte es, zumindest auf den ersten Metern.
Auch was Karen Riemann anging hatte die Doutora ihnen neue Informationen mit an die Hand gegeben. Die Kopfverletzung, die eine tödliche Blutung im Gehirn ausgelöst hatte, war nicht durch einen Golfball entstanden. Dagegen sprachen mikroskopisch feine Metallsplitter im Hautgewebe des Hämatoms. Bei der Tatwaffe handelte es sich also um einen metallischen Gegenstand. Vielleicht ein Werkzeug, vielleicht ein Utensil aus der Küche.
Wichtiger aber: Auf ihrem linken Unterarm hatte sie zwei vermeintliche Blutergüsse als Brandwunden identifiziert. Die mikroskopische Untersuchung der Wunden selbst bestätigte Oliveiras Vermutung. Es waren glühende Zigarettenspitzen gewesen, mit denen jemand sie malträtiert hatte.
Wozu?
»Ihr Mörder wollte eine Information von ihr erzwingen«, kombinierte Lost, »die freiwillig herauszugeben sie nicht bereit war. Wir können davon ausgehen, dass er sie ermordet hat, nachdem sie unter Folter preisgegeben hatte, was er wissen wollte.« Er dachte nach. »Was war also so wertvoll – und geheim –, dass sie aus Sicht des Täters keinesfalls weiterleben durfte?«
Isadora Jordão hatte auch ein paar Details beizusteuern, was den Tod der Alemã betraf.
»Sie kam am 22. September gegen halb elf ins Büro in Cabanas. Um halb eins hat sie es verlassen und war in der Pizzeria Atlantis essen, das ist direkt an der Promenade.«
»Die haben gute Pizza«, sagte Carlos.
»Um zwei war sie zurück im Büro«, ignorierte Isadora den Einwurf, »um drei ist sie in die Villa Ria im Monte Rainha gefahren. Um halb fünf war sie zurück in Cabanas. Um halb fünf dann dasselbe Spiel – zurück ins Monte Rainha. In der Villa Ria ist sie um Punkt 17 Uhr angekommen. Um 17:14 Uhr bricht das Signal des Smartphones ab.« Die Kriminaltechnikerin sah zu den beiden auf: »Jemand hat es abgeschaltet.«
»Ihr Mörder«, folgerte Leander, »denn wir haben bei ihr keines gefunden.«
»Und in der Villa Ria war auch keines«, ergänzte Isadora, »ebenso wenig wie in ihrem Auto.«
Das Azur in dieser Gegend um Fuseta war – nun ja, das war hinreichend bekannt – unvergleichlich. Trotzdem musste das hin und wieder erwähnt werden, damit es nicht zur unbeachteten Selbstverständlichkeit verkam. Dieses Azur also gab es nur hier, und an diesem Vormittag, an dem Carlos Esteves und Leander Lost sich auf den Weg machten, zeigte es sich in seiner ganzen Pracht. Intensiv und satt.
Die Sonne war schon jetzt um halb elf angenehm kräftig. Sie lag wie ein warmer Film auf Carlos’ linkem Unterarm, den er bei offenem Fenster auf die Fahrertür gelegt hatte, während er seinen alten Mercedes über die N 125 dirigierte. Die Sonnenbrille im Haar, im Radio Riders on the Storm, den intensiven Geschmack von Tabak und Rauch auf den Lippen – brauchte es mehr?
Er musste unwillkürlich lächeln.
Sie passierten die Kreuzung, die die zweite Möglichkeit bereithielt, nach Fuseta abzubiegen. Links die Repsol-Tankstelle, rechts der Laden, in dem man alles bekam: Madeira & Madeira.
Lost neben ihm hatte sich zumindest seines Jacketts entledigt und auch die weißen Hemdsärmel hochgekrempelt. Er machte ebenfalls einen entspannten Eindruck.
»Kennen Sie schon das Invisível? «
»Não. «
»Es ist schon bald elf, meinen Sie, wir könnten dort für ein kurzes Frühstück halten?«
»Sicher«, antwortete Leander, »das ist physikalisch möglich.«
Carlos blies die Wangen auf: »Ich meinte, ob es okay für Sie ist, wenn wir das tun.«
»Das ist okay für mich.«
»Bingo.«
Kurz hinter der Kreuzung gab es in Höhe einer Abzweigung ein Möbelgeschäft, dahinter eine Ruine, vor der ein Mann um die sechzig Orangen und anderes Obst verkaufte.
Auf die Ruine hinter ihm hatte jemand einen Kopf mit Hut gemalt und drüber auf der ganzen Gebäudebreite Far West Style geschrieben.
Hier jedenfalls ging es nach links Richtung Poço da Areia ins Landesinnere ab. Umgehend wurde die Straße wesentlich schmaler und verfügte über keine Leitlinie mehr. Links und rechts wurde sie von einem schmalen Band kleiner Pflastersteine flankiert. Es folgten auf die nächsten zwei Kilometer zu beiden Seiten vereinzelt Häuser, dann wieder Felder mit Anpflanzungen, abgewechselt durch von der Sonne versengte Äcker und Wiesen. Die Masten der Stromleitungen wechselten einmal von links nach rechts und zurück, um dann unvermittelt ganz von der Straße in die Landschaft abzuzweigen.
Nach zwei Kilometern bog Carlos rechts in eine kaum einsehbare Einfahrt ab und landete auf einem Sandparkplatz. Dahinter das Invisível. Ein echter Geheimtipp, der sich weigerte, im Netz aufzutauchen. Ein kleines Haus mit einer umso größeren Terrasse, gesäumt von Schatten spendenden Palmen. Massive Holztische und Stühle, hier und da ein Sonnenschirm.
Das Gebäude bot seinen Gästen an der einen Stirnseite einen Arkadengang, der offenbarte, mit welch wuchtigen Mauern das Haus ausgestattet war. Hier setzten sie sich und mussten keine Minute warten, bis eine Frau Ende zwanzig erschien, deren hellgraue Augen vor Lebensfreude strahlten. Ein Strahlen, das nirgends ohne Wirkung blieb. Egal, an welchen Tisch sie trat, hob sich mit ihrem Erscheinen die Laune der Gäste. Das dunkelblonde Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden, ein Halsband aus Leder, ein paar Armbänder, die leise klimperten, wenn sie Getränke auf dem Tisch abstellte. Schwarzes Shirt, weiße Schürze über der Bluejeans: Raica.
»Bom dia, Senhores. Was möchtet ihr trinken?«
»Eine Bica für mich, por favor «, antwortete Leander.
»Für mich auch, und ein Imperial dazu.«
»Ein Imperial?«, fragte Leander. »Sie sind im Dienst, Senhor Esteves.«
Raica merkte sichtlich auf.
»Aber das weiß das Imperial ja nicht«, erwiderte Carlos vergnügt.
»Im Dienst? Sind Sie bei der GNR ?«
»Wäre das von Nachteil?«
Er warf ihr einen offenen Blick zu und lächelte dabei ganz unschuldig. Man sah Raica an, dass so etwas bei ihr nicht verfangen sollte und es trotzdem ein wenig tat und sie über ihn schmunzeln musste, weil ihm das gelungen war.
»Wir arbeiten für die Polícia Judiciária«, stellte Leander klar.
»Ach, sogar für die PJ , wow, ich habe nämlich ein Problem«, ließ sie Carlos wissen, »ich liebe das Gesetz, ehrlich, aber neulich Nacht kam von links ein Reh auf die Straße gelaufen, und da dachte ich, ich schaff es nicht mehr zu bremsen, aber ich wollte das Tier ja nicht umfahren, da hab ich Vollgas gegeben. Und da …«
»Sind Sie geblitzt worden«, vollendete Carlos.
»Ja. Ich heiße übrigens Raica«, stellte sie sich vor.
»Carlos. Es ist mir eine Freude.«
Sie wandte sich an Lost: »Und du bist?«
»Leander Lost.«
Sie musterte ihn kurz: Der schwarze Anzug, die Lederkrawatte, PJ … »Sie sind der Alemão, richtig?« Sie lächelte. »Ich hab von Ihnen gehört.«
»Einer von 83,16 Millionen.«
Jetzt musste Raica lachen: »Sie sind ja witzig – und verziehen dabei nicht mal eine Miene. Cool. Ja, also, jedenfalls bin ich geblitzt worden, weil ich das Reh retten wollte.«
»Aaaah, das ist ja zu blöd«, sagte Carlos, »da rettet man ein Leben und soll bestraft werden.«
»Ich hätt’s nicht schöner sagen können.«
»Die ganze Geschichte ist von vorne bis hinten gelogen«, stellte Leander sachlich fest.
»Ach. Wie kommen Sie darauf?«
»Ich kann es Ihnen ansehen.«
Raica sah zu Carlos, der nun seufzte und nickte.
»Im Ernst?«, fragte sie Esteves. »Ihr Kollege sieht das?«
»Ja.«
Als Carlos fünf Minuten später mit Losts Bica und seinem Imperial in den Händen zum Tisch zurückkam, saß Raica auf seinem Platz. Ihre Augen leuchteten, sie sah Leander an wie einen seltenen Schatz, den sie gerade an Tisch 12 gehoben hatte.
»Meine Mutter heißt Matilda.«
»Nein.«
»Apolonia.«
»Nein.«
»Isabel.«
»Ja.«
»Das ist ja irre. Ich wohne in der Rua Teófila Braga 12.«
»Nein.«
»In Olhão.«
»Nein.«
»In der Henrique Galvão 5.«
»Das ist wahr.«
»Und meine Handynummer ist 01512306249.«
»Ja.«
»Ich habe einen Freund.«
»Nein.«
Carlos stellte die Tasse und das Glas auf dem Tisch ab. Raica blickte auf wie jemand, der gerade aus einem Traum erwacht war und nun realisierte, wo sie sich befand.
»Ah, Sie haben die Getränke geholt, ich … danke, ist mir etwas peinlich«, sagte sie und stand schnell auf, um den Platz zu räumen.
»Kein Problem, gerne«, sagte Carlos.
»Möchtet ihr auch was essen?«
Carlos entschied sich für ein Schnitzel mit Spiegelei, Lost – nach der Empfehlung von Raica – für Atum do Invisível: rohe Thunfischstreifen in Sushi-Qualität, mariniert in einer speziellen Soße aus Olivenöl, darin karamellisierten roten Zwiebeln plus einer Schalotte, einem Schuss Essig, Knoblauch und Orangenschale.
Währenddessen – und im Zuge eines zweiten Imperials – schaute Carlos bei Gelegenheit Raica hinterher, und zweimal ertappte sie ihn dabei.
»Wo wohnt sie noch gleich?«
»Sie meinen die Kellnerin?«
»Nein, Jennifer Aniston. Natürlich meine ich Rai … die Kellnerin. Sie hat Ihnen doch gerade ihre Adresse genannt.«
»Das stimmt. Das hätte ich assoziieren können. Die Adresse kann ich Ihnen nicht geben, Senhor Esteves, die ist für unsere Ermittlungen nicht zwingend und fällt damit unter die Datenschutzrichtlinie Paragraf 11, Absatz 4 und 5.«
»Ich könnte die doch gehört haben.«
»Haben Sie aber nicht, sonst würden Sie sich ja nicht bei mir erkundigen.«
Carlos legte die Gabel mit dem Stück Schnitzel, das er sich gerade in den Mund schieben wollte, wieder auf dem Teller ab. Leander hatte per Empirie herausgefunden, dass es nur wenige Dinge gab, denen Carlos Esteves den Vorzug vor dem Essen gab.
Carlos beugte sich konspirativ vor: »Ich würde sie gerne mal privat treffen, verstehen Sie? Einfach nur so.«
»Sie wissen doch, wo Senhora Raica arbeitet. Sie können Sie hier treffen. Einfach nur so. «
Carlos streckte die Waffen.
Und das tat auch Graciana im Büro der PJ . Sie schloss die Datei mit den Berichten und Aussagen und öffnete das Fenster. Unten flanierten Passanten und Touristen vorbei, aus einer nicht allzu weit entfernten Bar wehte Fadomusik herüber.
Nein, es gab keine Hinweise auf die Täter. Damals ebenso wenig wie heute. Bis jetzt jedenfalls.
Und natürlich hatte ihr Vater Antonio Rosado beim x-fachen Studium der Berichte mit Sicherheit nichts übersehen. Aber er hatte es eben nicht besser gewusst. Im Gegensatz zu ihr. Gerade hatte eine deutsche Dienststelle ihrem Ersuchen um Amtshilfe entsprochen und sie darüber informiert, dass eine Produktionsserie der G36-Sturmgewehre im Zuge der deutschen Beteiligung an der Operation Oqab in Afghanistan abhandengekommen war. Dazu zählte auch das Gewehr mit der Seriennummer 12/08/09OZ . Die in Afghanistan verschwundene Marge, deren Einzelstücke in den Folgejahren rund um den Globus auf dem internationalen Markt des illegalen Waffenhandels auftauchten, reichte von 01OZ bis 21OZ . Es handelte sich also um 21 Exemplare des Sturmgewehres.
Und jetzt hatte Graciana in den alten Berichten die Exemplare 13OZ und 17OZ entdeckt. Diejenigen, die neben den Schwerkriminellen gefunden worden waren, die den Geldtransporter 2011 überfallen hatten. Diejenigen, die Elias Rosado erschossen hatten. Ein winzig kleiner Zufall konnte natürlich dafür gesorgt haben, dass das Gewehr des gestrigen Überfalls nichts mit dem von 2011 zu tun hatte. Vielleicht. Aber es sprach in Gracianas Augen viel mehr dafür, dass die überlebenden Flüchtigen von gestern auch die von damals waren.
Was allerdings immer noch keinen Hinweis auf deren Identität lieferte.
Also ging sie zu ihrem Schreibtisch und nahm das Foto des Toten an sich, bevor sie das Gebäude verließ.
»Wir können gerne mal wieder ins Invisível «, sagte Leander, als sie mit dem Mercedes vom Parkplatz fuhren.
Carlos brummte etwas, was »ja«, »nein«, »vielleicht«, »nie im Leben«, »nicht mit Ihnen« und einiges mehr bedeuten konnte. Leander war stets aufs Neue verblüfft, mit welcher intuitiven Präzision Graciana jedes Brummen ihres Kollegen korrekt zu deuten fähig war. Für ihn war das schlichtweg unmöglich.
»Was wollen Sie damit ausdrücken?«, fragte er deshalb interessiert.
»Ja, sicher. Können wir. Irgendwann mal.«
Sie nahmen auf der N 125 wieder Kurs nach Osten. Sie ließen Luz de Tavira hinter sich, dessen Häuser sich mehr oder minder um die Durchgangsstraße gruppiert hatten.
Zwischen dort und Tavira erkundigte Carlos sich nach Toninho.
»Soraia hat ihm gesagt, dass der Schuldige an Senhor Duartes Zustand der Mann ist, der auf uns alle geschossen und ihn getroffen hat, sonst niemand. Aber Toninho fühlt sich trotzdem immer noch mitschuldig, wie sie sagt. Wenn sich die Erkenntnis bei ihm durchsetzt, dass die Schuld eigentlich woanders liegt, wird ihm das viel von der Last nehmen.«
Carlos musste schmunzeln. Es war so schön zu sehen, wie es einfach passte zwischen den beiden, zwischen Leander Lost und Soraia. Die Art und Weise, wie Lost Soraias Einschätzungen wiedergab, ließ keinen Zweifel daran, dass er ihr jedes Wort glaubte. Er vertraute ihr vollkommen.
Und das wärmte ihn mitten im Kreisverkehr nach Cabanas das Herz.
»Außerdem haben wir ihm und Zara eine Beschäftigung gegeben«, sagte Lost. »Wir haben ihnen die Inneneinrichtung des zweiten Casinhas überlassen. Sie wissen, dass es für Senhor Duarte bestimmt ist und er sich dort wohlfühlen soll. Damit haben sie den ganzen Tag zu tun.«
Kurz bevor Carlos einige Kilometer weiter nach Cabanas zur Küste abbog, erreichte ihn der Anruf von Maja Witt, der Kollegin von Karen Riemann.
»Senhor Esteves?«
»Sim. Wir sind in fünf Minuten bei Ihnen.«
»Ah, tut mir leid, ich musste kurz raus. Ich hab eine Besichtigung in einem Haus. Können wir uns da treffen?«
»Wo ist das?«
»Hinter Manta Rota, vor Altura, schwer zu erklären …«
»Gibt es da eine Bar oder ein Restaurant?«
»Oh ja, das Pangaio. «
»Ist mir bekannt.« Es gab keine Bar oder Restaurant oder Bistro an der Algarve, das er nicht von innen gesehen hatte.
»Danach links abbiegen …«
»Richtung Portela.«
»Genau. Sie kennen sich aus. Dann auf der rechten Seite nach etwa hundert Metern. Da steht ein roter Porsche Macan, das ist meiner. Wenn ich nicht da bin, bin ich gerade mit den Kunden im Haus Nummer 4. Wenn es Ihnen zu heiß ist, können Sie in die Nummer 3 und da warten. Da lassen wir gerade renovieren.«
Manta Rota war ein ehemaliges Fischerdorf, in dem im Sommer Massen an Touristen einfielen. Denn hier endete die Ria Formosa, und der Strand grenzte direkt am Atlantik. Ein langer, breiter Sandstreifen, der auch Kite-Surfer anlockte und Partygänger. Vorgelagerte Inseln gab es hier nicht.
Rings um den alten Ortskern waren viele neue Häuser und ganze Straßenzüge entstanden, die sich alle ähnlich sahen und über dieselben grünen Rasenflächen und Auffahrten und Carports und Minipools verfügten. Und bei genauerem Hinsehen ähnelten sich auch ihre Besitzer. Auch jetzt noch, im späten September, bildeten sich kleine Blechlawinen aus den Mietautos der Touristen. Es kamen auch viele Spanier, die mit Kind und Kegel übers Wochenende vorbeischauten – die Grenze lag nur einen Katzensprung entfernt. Auf den Autos waren Surfbretter und Kajaks montiert, manche hatten sogar Anhänger mit Jet-Skis.
Hinter dem Pangaio, einem Restaurant, das mit seiner Außenwand direkt an der N 125 angrenzte, bog Carlos ab und erreichte tatsächlich gut 100 Meter weiter den knallroten Macan. Er parkte seinen alten Mercedes direkt daneben, und sie stiegen aus.
Sie befanden sich an einer losen Ansammlung von Häusern, sechs, sieben, acht vielleicht. Manchmal war schwer auseinanderzuhalten, was eine Behausung und was ein Unterstand oder Schuppen war. Die Hälfte davon wirkte ziemlich in die Jahre gekommen, Farbe und Putz bröckelten ab, die Wäschespinnen hatten Rost angesetzt, Unkraut wucherte zwischen den Bodenplatten der Auffahrten. Was ein paar Kinder nicht daran hinderte, jauchzend mit einen Plastikball zu bolzen.
Ein Jugendlicher reparierte sein Moped und drehte immer mal wieder den Gashahn auf, woraufhin eine bläulich-blasse Wolke vom Auspuff aufstieg. Nebenan stand ein Hund auf der Dachterrasse neben der Satellitenschüssel und beobachtete sie misstrauisch.
Die Nummer 3 und Nummer 4 befanden sich recht eng beieinander. Offensichtlich hatte man aus einem Haus auf einem Grundstück jeweils zwei gemacht. Die so entstandenen Grundstücke waren klein, aber das war vielen nur recht, denn man musste sich nur noch um die Hälfte der Quadratmeter kümmern.
Leander und Carlos sahen im Garten von Nummer 4 eine Frau um die fünfzig, vollschlank, ein rot-schwarzes Sommerkleid, die Haare auch in einem dezenten Rot gefärbt. Sonnenbrille, modische, kleine Handtasche und in der einen Hand eine schmale Mappe mit Unterlagen.
Sie deutete auf die Landschaft.
Ein paar Wortfetzen trug ihnen der Wind zu: »… naturbelassen … verkehrsgünstig gelegen. «
Das konnte man wohl sagen. Das Rauschen der N 125 war hier definitiv Tag und Nacht zu hören.
Das Paar, mit dem sie sprach, machte einen britischen Eindruck. Beide blässlich. Sie dürr, er ein wenig aufgedunsen.
»Hunde? Nein … hören Sie welche?«
Maja Witt lachte, es klang aufgekratzt.
»Feuchtigkeit, nein … «
Sie schüttelte vehement den Kopf.
»… die trockenste Gegend …«
Dann verschwand das Trio in Nummer 4.
Als sie im Haus Nummer 3 vorbeischauten, trafen sie auf einen älteren Portugiesen, dem ein paar Zähne fehlten und der eine Schirmmütze trug, damit ihm die weiße Farbe, mit der er die Wand strich, nicht in die krausen, grauen Haare tropfte.
Er trug eine graue Leinenhose, an der eine Hintertasche fehlte, und ein blau-weißes Shirt mit langen Ärmeln. Carlos schätzte ihn auf Anfang siebzig, aber tatsächlich war Juan gerade 63 geworden. Die Haut war wettergegerbt, der ganze Mann mager. Er lächelte freundlich, als er sie bemerkte.
»Bom dia, Dona Maja hat uns angeboten, dass wir hier auf sie warten können«, sagte Carlos und zündete sich eine Zigarette an.
»Ich bin gleich fertig«, sagte Juan, »dann haben Sie hier alles für sich.«
Die klapprige Gestalt des Mannes, seine Art, sich für seine Anwesenheit bei ihnen zu entschuldigen, sein Bemühen, ihnen nicht zu lange in die Augen zu schauen, all das erinnerte Carlos an einen getretenen Hund, der alles tat, um dem nächsten Tritt zu entgehen.
Leander trat näher, um die Wand zu inspizieren, die Juan überpinselte.
Er entdeckte daumengroße, schwarze Flecken.
»Das ist Schimmel«, stellte er fest.
»Genau«, bestätigte Juan, »den muss ich übermalen.«
»Aber … dann sieht der Kaufinteressent den Mangel ja nicht.«
»Genau«, sagte Juan und deutete hinüber zu Nummer 4, »da oben ist im Bad an der Decke die Farbe noch nicht trocken.«
»Ah, die Herren von der Polizei«, begrüßte Maja Witt sie freundlich und dabei knetete eine Hand die andere, »ich verabschiede nur schnell die Kundschaft, dann bin ich bei Ihnen.«
Damit trat sie wieder hinaus.
»Schimmel ist gefährlich. Sie müssen Handschuhe tragen und eine Atemmaske und natürlich eine Schutzbrille«, erklärte Leander.
»Kommen Sie, Senhor Lost«, forderte Carlos ihn auf, denn er wusste, dass Juan in den nächsten Häusern weiterpinseln würde. Und der Mann sich nicht die Tortur antun würde, sich bei den Temperaturen eine Atemschutzmaske aufzusetzen.
»Aber das ist gegen die Vorschriften«, wandte Leander Lost ein, als er Carlos draußen einholte.
Maja Witt winkte dem Paar hinterher, das mit einem Cabrio in Richtung N 125 davonfuhr und ebenfalls winkte.
»Ich bin sicher«, entgegnete Carlos Esteves, »dass Juan ohnehin schwarz arbeitet und daher nicht versichert ist.«
»Ganz so ist das nicht«, erklärte Witt, die sich jetzt zu ihnen umdrehte und jemand in ihrem Rücken zu sich winkte, »Juan ist nicht versichert, denn er ist ein guter Freund. Er macht das unentgeltlich.«
Sie schenkte ihnen ein verbindliches Lächeln und zog einen 20-Euro-Schein aus ihrer Handtasche sowie zwei 1-Euro-Münzen.
»Maja Witt«, stellte sie sich vor und reichte ihnen die Hand, die sie schüttelten.
»Sub-Inspektor Lost.«
»Carlos Esteves.«
»Ah, wir hatten telefoniert«, merkte sie an und stutzte kurz wegen Losts Espadrilles.
Ein Junge und ein Mädchen kamen zu ihnen gelaufen – zwei von der Meute, die mit dem Plastikball gespielt hatten – und sahen Witt erwartungsvoll an. Die reichte ihnen erst den 20-Euro-Schein: »Für euren Papa«, und dann jeweils die 1-Euro-Münze, »für João und für Josefina.«
»Obrigado «, sagte der Junge und schoss los.
»Die machen mich arm«, sagte die Frau mit einem Seufzen, aber sie hatte ein nachgiebiges Lächeln aufgesetzt. »Ich könnte eine Kleinigkeit zu essen vertragen …«
»Für eine Kleinigkeit ist immer irgendwo Platz«, sagte Carlos.
»Eigentlich haben wir nur ein paar Fragen«, wandte Leander ein.
»Stellen Sie die mir doch im Pangaio «, schlug Maja Witt vor. Sie wartete keine Reaktion ab, sondern machte sich auf den Weg zu ihrem Porsche.
Leander warf noch einen Blick über die Schulter, während er Carlos zu dessen Auto folgte.
Der Junge gab die 20 Euro seinem Vater, der daraufhin eine Tür öffnete. An die acht Hunde unterschiedlicher Größe rannten hinaus und tollten herum. Ein vielstimmiges Gebell erhob sich.
Das Pangaio warb auf einem Schild hoch über dem eigentlichen Gebäude mit Grelhados no carvão. Und tatsächlich befand sich im überdachten, gemütlichen Innenhof ein stattlicher Grill, auf dem ein kräftig gebauter Mann mit Glatze, dem der Schweiß auf der Stirn stand, Fisch und Fleisch grillte. Seine Bewegungen waren routiniert und geschmeidig – offenbar seit Jahren. Ein paar Stellen an seinen Unterarmen, an denen keine Haare mehr wuchsen, sondern sich kleine, längliche Brandnarben gebildet hatten, erzählten von seinen ungelenken Anfängen.
Sein Name war Roberto. Er stammte aus Pisa und war wegen der Liebe hierhergekommen und wegen des Surfens geblieben. Er trug ein Muskelshirt und eine knallenge grüne Hose, über der eine fleckige Schürze hing, auf der mal etwas gestanden hatte, was man lesen konnte.
Im Gegensatz zu anderen Lokalen an der N 125 bestanden die Stühle und Tische im Pangaio nicht aus Plastik. Die Tische waren eingedeckt. Eine halbhohe Mauer und ein paar Pflanzen in Kübeln hielten die Nationalstraße, die keine zwei Meter weiter verlief, zumindest optisch auf Distanz.
Frau Witt, die die Kellnerin offensichtlich kannte – auch Roberto am Grill nickte ihr kurz zu –, nahm mit ihren beiden Begleitern an einem Tisch weiter hinten Platz, wo sie ungestört waren. Und während sie am Couvert aus Käse, eingelegten Karotten mit Koriander und Oliven knabberten, sprachen sie über Karen Riemann.
»Schlimm ist das«, sagte Witt, »ganz schlimm. Ich hab an dem Morgen noch mit ihr gesprochen, und dann …«
Die menschliche Schwierigkeit, den plötzlichen Einbruch des Todes ins Leben rational zu fassen, rief meist Sprachlosigkeit hervor.
»Ich versteh das auch gar nicht mit dem See. Ist sie denn ertrunken?«
»Wir arbeiten noch an der Klärung«, ließ Carlos Esteves sie abperlen, und Leander beobachtete recht genau seine Miene beim Lügen. »Erzählen Sie mal ein bisschen was über Frau Riemann. Und was es mit der Villa Ria auf sich hat. Sie beide haben sich Heavenly Homes geteilt?«
»Ja, das kann man so sagen, wir haben uns vor einem halben Jahr im Kingsman in Quelfes getroffen, dieser hübschen Bar.«
Carlos nickte.
»Ich bin Immobilienmaklerin, Karen verwaltet Ferienhäuser. Ich meine: hat verwaltet … jedenfalls dachten wir, dass sich das ganz gut ergänzt. Wenn ein Besitzer sein Ferienhaus verkaufen wollte, bekam sie das zuerst mit. Und dann habe ich Kontakt mit ihm aufgenommen und ihn exklusiv vertreten. Und andersrum, wenn Kunden sich bei mir für den Kauf eines Hauses entschieden haben, dann sind es zu fünfzig Prozent Ausländer, die das Haus an Gäste vermieten wollen, wenn sie es selbst nicht nutzen. Da kam dann wiederum Karen ins Spiel. Sie hat ihnen alles abgenommen, die Buchung, die Reinigung, die Abrechnung, Beschwerdebriefe, wenn nötig – die Dusche funktioniert nicht, der Pool ist zu klein, huch, hier gibt es ja abends Mücken –, all das hat sie denen abgenommen. Es war eine Win-win-Situation. Der einzige Haken: Es kam nicht besonders oft dazu. In letzter Zeit wollten nur wenige Leute ihre Ferienhäuser verkaufen, und ich habe die letzten drei an Portugiesen und einen Spanier verkauft, die nicht vorhatten, ihr Haus zu vermieten.«
»Ihr Geschäftskonzept ging nicht auf?«, fragte Leander.
»Ich würde eher von einer Flaute sprechen. Es hat fürs Leben gereicht, aber eben nicht für große Sprünge. Wir haben auf bessere Zeiten gehofft.«
Sie bestellte eine Bica mit Schuss und einen Salat. Carlos Esteves schloss sich mit einem Imperial und einer Dorade vom Grill an, während Leander mit einem Glas Wasser vorliebnahm.
»Was ist mit der Familie von Frau Riemann? Ist die hier? In Deutschland? Wir wissen, dass sie nicht verheiratet war. Aber hatte sie einen Freund? Eine Freundin?«
»Mir hat sie erzählt, dass in Deutschland niemand mehr auf sie wartet. Ihre Eltern sind bereits vor Jahren verstorben, und sie war Einzelkind. Und einen Freund … nein, soweit ich weiß, nicht.«
»Was hat Frau Riemann am 22. September in der Villa Ria im Monte Rainha gemacht?«, fragte Leander.
»Die Wäsche gewechselt, die Betten frisch bezogen, Handtücher getauscht. Was so anfällt. Bei normalen Ferienhäusern passiert es eigentlich nur einmal wöchentlich. Aber die Kundschaft im Golfresort ist etwas anspruchsvoller. Bei der Ankunft können die Gäste wählen, ob sie den Service alle drei Tage oder einmal die Woche in Anspruch nehmen möchten. Bei der Villa Ria hat Karen das schon mehrfach vergessen und ist sicherheitshalber dann alle drei Tage hingefahren. Das war auch am 23. September so.«
»Und dann hatten Sie beide keinen Kontakt mehr?«, fragte Leander. Über ihm verirrte sich ein Fliegenpärchen in eine elektrische Insektenfalle und wurde gebritzelt.
»Doch, doch, sie hatte nämlich ihren Schlüssel liegen gelassen. Man soll nichts Schlechtes sagen über Tote, aber Karen hatte ein Gedächtnis wie ein Sieb.«
»Langsam, bitte«, sagte Carlos. »Sie hatte die Schlüssel liegen lassen. Das hat sie Ihnen gesagt? Sie haben noch mal telefoniert?«
Maja Witt deutete ein Kopfschütteln an: »Nein, sie hat es natürlich erst gemerkt, als sie wieder zurück im Büro war. Zu ihrer Entschuldigung muss ich sagen, dass sie etwas durcheinander war wegen der Ameisen.«
»Krümel«, vermutete Leander, und Carlos nickte.
Es war gewissermaßen ein Naturgesetz: Wenn man an der Algarve ein paar Krümel auf dem Tisch oder dem Boden liegen ließ, markierte man damit den Endpunkt einer Ameisenstraße und konnte sich auf eine lange Freundschaft einrichten. Die kleinen Kundschafter der Ameisenvölker schienen überall zu sein, keine Winzigkeit blieb ihnen verborgen.
»Ja, ganz genau«, bestätigte Witt. »Man kann es den Gästen hundert Mal sagen, sie achten nicht darauf, nach dem Essen alles abzuwischen. Ist ja auch schwer, wenn Kinder mit dabei sind. Aber hinterher beschweren sie sich eben über all die Ameisen im Haus. Sie hat sie fotografiert und ein paar Ameisenfallen aufgestellt.«
»Sie hat sie fotografiert?«, hakte Leander Lost nach.
»Ja.«
»Aus Interesse? Hat Senhora Riemann sich für Ameisenvölker interessiert?«
Die Immobilienmaklerin sah ihn an, als hätte Leander ihr ein unmoralisches Angebot gemacht.
»Natürlich nicht, sie hatte vielleicht ein schlechtes Gedächtnis, aber sie war nicht pervers«, ließ Witt ihn wissen. »Als Beweis natürlich. Samt Krümel. Die hat sie natürlich weggewischt. Aber die Gäste sagen später immer, sie haben nichts hinterlassen an Essbarem. Und dann kann man ihnen ganz freundlich das Foto zeigen.«
»Um welche Uhrzeit war das, bitte?«, fragte Leander.
»Das kann ich Ihnen ziemlich genau sagen, ich war nämlich auf dem Sprung, sie sollte eigentlich mitkommen, wir hatten einen Besichtigungstermin oben in Castro Marim. Das hätte auf keinen Fall gereicht. Sie hätte ja bis zum Monte Rainha und von dort wieder bis fast an die Grenze gemusst. Jedenfalls, das war genau um halb fünf am Nachmittag.«
»Dann haben Sie Senhora Riemann da das letzte Mal gesehen?«, sagte Carlos.
Sie wollte nicken, hielt aber mittendrin inne und schüttelte leicht den Kopf, weil genau dieser Umstand nach wie vor irrational anmutete.
»Ja«, sagte sie, »das muss genau da gewesen sein.«
»Wer war der Mieter?«
»Von der Villa Ria?«
Carlos Esteves nickte.
Sie zückte ihr Smartphone und sah nach: »Villa Ria, Villa Ria … da.«
Maja Witt streckte den beiden Männern das Handy entgegen, damit sie den Eintrag mit eigenen Augen sahen.
»Senhor Mario Guerra aus Tomar«, las Carlos, während Leander die Zeilen aus den Kontakten bereits abgespeichert hatte.
Endlich kam das Essen.