1938/39

England, London,
Buckingham-Palast

Elizabeth schlang die Arme um die Knie. Wieder und wieder kamen ihr die Worte ihres Vaters in den Sinn.

»Ich habe nie ein Staatspapier in der Hand gehabt. Ich bin nur ein einfacher Marineoffizier. Das ist das Einzige, wovon ich etwas verstehe.«

Nachdenklich ließ sie den Kopf gegen das Betthaupt sinken. Sie verstand die Sorge ihres Vaters, als stotternder Monarch in die Geschichte einzugehen. Manchmal glaubte sie sogar, er fürchte sich davor, seiner Aufgabe als König grundsätzlich nicht gerecht werden zu können.

Seit er König war, schenkte Elizabeth ihm ihre ganze Aufmerksamkeit, um ihn spüren zu lassen, dass sie an ihn glaubte. Als sie ihm das Krönungstagebuch mit feierlicher Miene überreicht hatte, war er vor Rührung fast in Tränen ausgebrochen. Die Freude, die sie ihm hatte machen wollen, war gelungen.

Als König hörten die Aufgaben und Herausforderungen niemals auf, das erzählte er ihr immer wieder.

»König zu sein ist ein Fass ohne Boden«, hatte Elizabeth auch Crawfie kurz nach der Krönung zu einer Freundin sagen hören.

Elizabeth zog die Decke, die hinuntergerutscht war, über die Knie. Sie wusste inzwischen, dass ihr Onkel nur eine begrenzte Vorstellung davon gehabt hatte, was es bedeutete, König zu sein. Weshalb hatte Großpapa seinen ältesten Sohn nicht besser auf die große Aufgabe vorbereitet? War es angesichts dieser Überforderung nicht verständlich, dass ihr Onkel zurückgetreten war und nun ihr Vater seine Rolle einnehmen musste? Und würde es ihm besser ergehen? Elizabeth wusste keine Antworten auf die Fragen, was sie unruhig machte.

Seit der Krönung machte sie sich eine Menge Gedanken über das, was in Zukunft geschähe. Laut ihrer Mutter war es allein Mrs Simpson zuzuschreiben, dass mit Onkel David nicht mehr zu sprechen war. Sie sprach oft davon, dass diese Frau das Unglück der Familie zu verantworten hatte. Nachdem Onkel David mit Mrs Simpson die Flucht ergriffen hatte, wie Mummy es ausdrückte, hatte ihrer aller Leben sich für immer verändert. Leider keinesfalls zum Leichteren.

Elizabeth dachte gern an die unbeschwerte Zeit in Bognor zurück. Unvergessen waren auch die morgendlichen Besuche im Buckingham-Palast. Nie würde sie vergessen, wie lustig es gewesen war, wenn Charlotte den Frühstückstisch unsicher machte. Doch diese Zeiten waren ein für alle Mal vorbei …

Nun hörte Elizabeth die Stimme ihrer Mutter im Kopf. »Vergiss nie, Bertie, wir haben etwas, worauf wir uns immer verlassen können: Kontinuität.«

Mit diesen Worten der Aufmunterung hatte ihre Mutter erst gestern wieder versucht, den Vater zu trösten.

In letzter Zeit wirkte ihr Vater gar nicht mehr wie früher. Elizabeth blieben die Sorgenfalten in seinem Gesicht nicht verborgen.

Wenn Onkel David anrief, war er besonders aufgewühlt.

»Warum ruft David ständig an und bombardiert mich mit Ratschlägen, die niemand hören will? Zum Umgang mit Ministern, zum Thema Geld und Status. Weshalb ist er zurückgetreten, wenn er weitermachen will?«

Es kam vor, dass ihre Mutter den Vater nach diesen Telefonaten lange beruhigen musste.

Ihr Vater hatte es abgelehnt, ein Mitglied der königlichen Familie zur Hochzeit seines Bruders letzten Juni zu entsenden. Das Fest hatte in einem Chateau stattgefunden. Winston Churchills Sohn war unter den Gästen.

Wie nicht anders zu erwarten, hatte Margaret geschmollt, als sie erfuhr, dass sie nicht zu der Hochzeit Davids mit Mrs Simpson fuhren.

»Da passiert mal etwas Aufregendes, und wir sind nicht dabei.«

Elizabeth hatte sie getröstet. »Wir mussten ablehnen, Bud, weil Onkel David nicht nur die Familie enttäuscht hat, sondern ganz England«, hatte sie den Entschluss ihres Vaters verteidigt.

Auch Elizabeth hätte gern das ein oder andere über Mrs Simpson erfahren. Doch das durfte sie Margaret gegenüber nicht zugeben, sonst gäbe ihre Schwester keine Ruhe und würde sie vermutlich dazu anstiften, Onkel David einen Brief zu schreiben, damit er sie einlud, bei ihm und seiner Frau vorbeizuschauen. Margarets Fantasie kannte nun mal keine Grenzen.

Immerhin hatte die Tatsache, dass ihre Eltern nun König und Königin und sie in den Buckingham-Palast gezogen waren, nichts an den Wochenenden in der Royal Lodge geändert. Ihre Großmutter wohnte inzwischen im Marlborough House und hatte beim Umzug ihre Freude darüber ausgedrückt, dass ihr geliebtes altes Zuhause in so gute Hände kam und Bertie als neuer König die Tradition fortsetzen würde.

Elizabeth sah auf das Foto ihres Ponys auf der Kommode. Ponys spielten eine immer größere Rolle in ihrem Leben. Wenn es darum ging, was sie vorhatte, behauptete Margaret immer: »Fragt nicht mich. Fragt Owen. Er ist die oberste Instanz, wenn es um Lilibet und ihre Pläne geht.«

Als Stallbursche war Owen ständig um Elizabeth herum. Reiten war ihr nun mal das Liebste.

»Den Menschen gefällt es, dass ihre Prinzessin Elizabeth sich auf dem Rücken eines Pferds aufgehoben fühlt«, hatte Großpapa immer gesagt.

Elizabeth hörte unten das Telefon klingeln. Was jetzt wohl wieder wäre?

Ihr Vater war noch immer verärgert, weil er vom Rücktritt des Außenministers aus den Zeitungen erfahren hatte. Bei einem der letzten Telefonate war es anscheinend darum gegangen, dass Premierminister Chamberlain versagt hatte. Elizabeth hatte das Wort Kriegsgelüste und die Namen Adolf Hitler und Benito Mussolini aufgeschnappt und begriffen, dass jemand die Geduld verloren hatte. Weil sie nicht wusste, was das alles bedeutete, hatte sie ihren Vater danach gefragt. Er hatte von einer Kabinettsitzung erzählt, in der über alles, was gerade so schwierig war, gesprochen worden war. Allerdings hatte niemand es für nötig befunden, ihn davon in Kenntnis zu setzen.

»Dabei ist es mein Recht, umfassend über politische Krisen informiert zu werden«, hatte er geendet.

Immerhin ein Gutes hatte es. Ihr Vater erhielt von da an die Erstfassung des Protokolls jeder Kabinettssitzung. Es gab sogar Fotos, auf denen Elizabeth neben ihm stand und ihm über die Schulter schaute, während der König das Protokoll las.

Im Mai des nächsten Jahres sprach Bertie unter vier Augen mit Elizabeth.

»Es steht eine Reise nach Amerika für Mummy und mich an, Lilibet. Vermutlich wird es Krieg geben, und Premierminister Chamberlain hofft darauf, dass ich eine transatlantische Unterstützung auf zwei Ebenen befördern kann. Als König von Kanada kann ich hoffentlich eine engere persönliche Beziehung zum kanadischen Premierminister Mackenzie King aufbauen. Zudem könnte ich als König von Großbritannien einige der isolationistisch gesinnten Menschen jenseits der kanadischen Grenze, in den Vereinigten Staaten, für uns gewinnen.«

Elizabeth spitzte die Ohren, wenn ihr Vater über Politik mit ihr sprach, auch wenn sie noch nicht alles verstand. Doch bei dem Gedanken, so viele Wochen ohne ihre Eltern zu sein, war sie untröstlich.

»Ich will nicht, dass Mummy uns verlässt«, klagte Margaret, nachdem sie von der Reise erfahren hatte. Sie kroch in Elizabeth' Bett und schmiegte sich wie ein Äffchen an die Schwester.

»Kränk dich nicht.« Elizabeth streichelte ihr übers Haar. »Wir machen uns mit Crawfie eine schöne Zeit.«

Als Margaret am nächsten Tag im Beisein der Gouvernante ihre Sorge wiederholte, warf Elizabeth Crawfie einen flehenden Blick zu, den diese richtig interpretierte.

Marion Crawford setzte ein besonders fröhliches Lächeln auf und zog Margaret zu sich heran. »Wir könnten schwimmen gehen, Margaret. Was meinst du dazu?«

»Ach, das kennen wir doch schon. Ich finde, wir sollten etwas aushecken, das lustiger ist.« Der Gedanke erschien verlockend.

»Versprechen Sie uns, dass wir etwas tun, das wir noch nie getan haben, Crawfie? Wie damals, als wir zum ersten Mal U-Bahn gefahren sind.« Sie strahlte bei der Erinnerung an das Erlebnis. »Mummy und Papa werden schrecklich lange fort sein, und wenn man jemanden vermisst, hilft Ablenkung. Ich glaube, ich vermisse sie jetzt schon.«

Margaret zupfte an der Borte ihres Kleids. In ihrer Fantasie schien sie bereits Alternativen durchzugehen, auf die das Wort aushecken passte. Sie zählte eine Menge Möglichkeiten auf und schloss mit den Worten: »Wir müssen es Mummy und Papa ja nicht sagen.«

Margaret war schnell gekränkt oder traurig, doch sie beruhigte sich ebenso schnell wieder. Vorausgesetzt, man setzte ihr keinen Floh in Form eines Plans ins Ohr. Wenn das geschah, malte sie sich das Kommende in den buntesten Farben aus und ließ nicht locker. Elizabeth kannte das bereits.

Als der Tag kam und sie ihre Eltern am Pier verabschiedeten, war Großmutter Mary an ihrer Seite. Wie immer, hielt sie sich sehr gerade und schaute ernst drein.

»Seid stolz auf eure Eltern, Mädchen. Es ist das erste Mal, dass ein amtierender britischer Monarch US-amerikanischen Boden betritt. Wir bezeugen einen historischen Moment.«

»Ich bin stolz, Großmama. Deshalb werde ich winken, bis ich nicht mehr kann und mir der Arm abfällt«, hob Margaret entschlossen an. Sie schwenkte ihren Arm sogleich heftig.

»Eine Prinzessin winkt nicht, bis ihr der Arm abfällt. Den brauchst du noch bei verschiedenen Gelegenheiten«, erwiderte Mary trocken.

Das Schiff legte pünktlich um drei am Nachmittag ab.

»Was für ein schöner Anblick, nicht wahr, Kinder?« Mary schien das Schiff nicht aus den Augen lassen zu wollen.

Margaret zog ihr Taschentuch hervor. »Hier, ich habe meins dabei«, sagte sie zu ihrer Schwester.

Elizabeth legte den Arm beschützend um sie. »Aber doch nur zum Winken, nicht zum Weinen, nicht wahr!?«

Die Mädchen winkten lange, bis das Schiff fast außer Sicht war, und fuhren dann schweigend nach Hause.

Die nächste Aufregung ließ nicht lange auf sich warten. In der Daily Sketch vom 24. Mai wurde berichtet, dass Marys Wagen auf dem Rückweg von einem Besuch in Surrey einen Unfall hatte. Die Limousine war mit einem mit Strahlrohren beladenen LKW zusammengeprallt, doch Mary hatte Glück gehabt. Sie stieg seelenruhig aus den Trümmern des umgestürzten Daimlers, einen zerbrochenen Regenschirm in der Hand. So wandte sie sich dem verletzten Lord Hamilton zu, dem Vize-Kammerherrn des Haushaltes, und fragte, ob ihr Rock anständig saß. Die Details wurden unter den Dienstboten ausgetauscht, so hörte Elizabeth davon.

Dass ihre Großmutter sich am Rücken und an den Augen verletzt hatte, erfuhr sie erst später. Mary musste deswegen sogar einige Tage Bettruhe halten. Elizabeth besuchte sie und las ihr vor, um sie zu unterhalten.

Die Zeitungen berichteten über die Reise des Königspaars, und Elizabeth bestand darauf, alle durchzusehen. Jeden Tag blätterte sie Seite um Seite um, bis ihre Finger dunkel von Druckerschwärze waren. Ebenso Crawfie.

»Die britischen Souveräne haben Washington erobert, titelt die New York Times.« Crawfie sah die Mädchen über die Zeitung hinweg an.

Elizabeth strahlte. »Das klingt wundervoll.«

Crawfie las weiter. »… dabei haben sie einen besseren Eindruck hinterlassen, als selbst ihre zuversichtlichsten Berater es hätten erwarten können.« Die Gouvernante ließ die Zeitung sinken.

Elizabeth war rot vor Stolz geworden. »Lesen Sie weiter, Crawfie. Es ist so spannend«, verlangte sie, als Crawfie die nächste Zeitung aufschlug. Sie wollte alles wissen.

»Präsident Franklin D. Roosevelt und seine Gattin Eleanor haben sich nicht nur persönlich mit dem britischen Königspaar angefreundet, sondern sind auch beeindruckt von deren breiter Kenntnis über die US-amerikanische Innenpolitik«, las Crawfie vor.

»Es geht eben nicht nur darum, royalen Charme und Glanz zu verbreiten«, sagte Elizabeth. Sie dachte stets ernsthaft über Gehörtes oder Gelesenes nach, so auch jetzt. »Mummy sagt, Vertrauen ist von unschätzbarem Wert. Darum geht es bei solchen Reisen, nicht wahr, Crawfie?«

Crawfie sah auf und lobte Elizabeth. »Ganz recht, Lilibet. Vertrauen ist die Basis für vieles und von unschätzbarem Wert in der Welt der Diplomatie. Wenn es ein Problem gibt, ist Vertrauen die Voraussetzung dafür, es in den Griff zu bekommen oder einen Kompromiss zu finden.«

Am nächsten Tag rief das Königspaar zu Hause an. Es war das erste royale transatlantische Telefonat.

»Lilibet«, hörte Elizabeth die Stimme ihrer Mutter. »Kannst du mich verstehen?«

Elizabeth' Hände zitterten vor Aufregung. »Mummy«, rief sie in den Apparat. »Ich höre dich gut.« Sie sah zu Margaret, die die Hände nach dem Apparat ausstreckte. »Allerdings muss ich mich gegen Bud wehren. Sie will unbedingt mit dir sprechen.«

Nicht nur Margaret hüpfte um Elizabeth herum. Auch Dookie, der Corgi ihrer Mutter, ließ sich nicht abschütteln.

»Warte, Mummy«, schrie Margaret, als sie an der Reihe war. »Hier ist noch jemand, der dich sprechen will.« Sie beugte sich zu Dookie hinunter und kniff ihn ins Hinterteil. Sofort ließ der Hund ein energisches Bellen hören. »Mummy? Hörst du Dookie?«, vergewisserte sich Margaret. »Dookie sagt, mit Großmutter ist alles in Ordnung. Du musst dir keine Sorgen machen. Und mit uns auch. Crawfie und den anderen geht es auch gut.«

Sie plapperte munter drauflos und wollte gar nicht mehr aufhören. Schließlich holte die Königin ihren Mann dazu, der ebenfalls mit den Mädchen sprechen wollte.

Die Aufregung aller steigerte sich noch, als bald darauf ein Kriegsschiff der Royal Navy die Prinzessinnen an Bord nahm, damit sie ihren Eltern entgegenfuhren.

Elizabeth hielt die Nase in den Wind.

»Ist es nicht wunderbar, dass wir Mummy und Papa entgegenreisen?«, sagte sie zu Margaret und Crawfie, die neben ihr standen.

»Ich bin ganz deiner Meinung«, sagte Crawfie.

»Und ich sowieso«, bekräftigte Margaret.

Die Freude war grenzenlos, als die Familie wieder vereint war. Bertie war außer sich vor Erleichterung, als er seinen Töchtern entgegenlief.

»Ihr habt mir so gefehlt. Als ich dem amerikanischen Präsidenten von der Sehnsucht nach euch erzählte, standen nicht nur mir Tränen in den Augen, sondern auch ihm … Die nächste Schiffsreise machen wir gemeinsam«, versprach er und schloss die Mädchen endlich in die Arme.

»Das wird fein«, rief Margaret. »Wohin fahren wir denn, Papa? Bekomme ich neue Kleider für die Reise?«

Bertie tat sehr geheimnisvoll. »Was deine Reisegarderobe anbelangt, musst du dir keine Sorgen machen, Margaret. Und ansonsten … Lass dich überraschen«, raunte er ihr ins Ohr. »Und gib dir keine Mühe. Kitzeln hilft nicht. Diesmal ziehst du mich nicht auf deine Seite. Ich verrate kein Wort.«

Schon einen Monat später traten sie die gemeinsame Schiffsreise an. Auf der königlichen Jacht Victoria und Albert ging es entlang der englischen Südküste nach Dartmouth, zu einem Besuch des Britannia Royal Naval College, der Alma Mater des Königs.

Elizabeth erfuhr von ihrem Vater, dass sie Prinz Philip träfen. Sie war ihm bereits auf einigen Familienfeiern begegnet, doch jetzt würde sie ihm offiziell vorgestellt werden.

»Ich habe gehört, dass Philip inzwischen der Liebling der Frauen sein soll«, sagte die Königin zu ihrem Mann. »Man hört von einer gewissen Cobina Wright.«

»Wer soll das sein?«, erkundigte sich der König.

»Eine amerikanische Debütantin«, klärte seine gut informierte Frau ihn auf.

»Philip ist jung. Und nicht jeder hat das Glück, dass er gleich die Richtige findet. So wie ich, als ich dich sah.« Bertie nahm die Hand seiner Frau und sah ihr tief in die Augen.

Bei der Ankunft in Dartmouth erfuhren der König und die Königin von einem Ausbruch von Mumps und Masern, so wurde beschlossen, die Töchter nicht zu allen offiziellen Veranstaltungen auf dem College-Gelände mitzunehmen, um sie nicht dem hohen Infektionsrisiko auszusetzen.

»Ihr zwei seid herzlich in das Haus von Admiral Sir Frederick Dalrymple-Hamilton eingeladen«, kündigte Bertie an.

»Und was machen wir dort?«, wollte Margaret enttäuscht wissen. »Versauern?«

»Psst.« Elizabeth legte den Finger an den Mund. »Ich finde, wir sollten uns überraschen lassen. Das ist spannender, als alles im Vorhinein zu wissen.«

Das überzeugte die jüngere Schwester, die nichts lieber mochte, als Geheimnissen und Überraschungen auf den Grund zu gehen.

Unter jenen, die abgestellt wurden, um die jungen Prinzessinnen zu unterhalten, befand sich auch Kadett Prinz Philip von Dänemark.

»Er ist jetzt achtzehn«, wusste Elizabeth.

»Uralt«, sagte Margaret. »Was sollen wir mit ihm anfangen?«

»Er ist nur fünf Jahre älter als ich. Das ist nicht uralt«, stellte Elizabeth richtig.

Als sie Philip gegenüberstanden, staunte Elizabeth. Er hatte sich sehr verändert, war hochgewachsen und hatte strahlende Augen und blonde Haare.

»Er sieht aus wie ein Wikinger«, flüsterte sie Margaret zu.

»Und? Was flüstert ihr?«, fragte Philip rundheraus.

»Ach nichts.« Elizabeth lief puterrot an.

Nachdem sie sich gesetzt hatten, griff Philip nach einem Ingwerkeks und biss hinein, während Margaret ihre Limonade in einem Zug austrank. Elizabeth saß schweigend da. »Was machen wir jetzt?«, wollte sie schließlich wissen.

Philip überlegte. »Was haltet ihr davon, über die Netze am Tennisplatz zu springen?« Er steckte sich den letzten Bissen Keks in den Mund und ließ sich nicht zweimal bitten, sie zu bespaßen.

Am nächsten Tag sahen sie ihn wieder. Er war zum Lunch eingeladen.

Die Königin drängte den Prinzen zuzulangen. »Iss noch einmal eine ordentliche Mahlzeit, bevor du wieder mit den College-Portionen vorliebnehmen musst, Philip.«

»Danke für die Aufforderung, Königliche Hoheit«, antwortete Philip. Er langte tatsächlich ordentlich zu und schlang riesige Mengen Garnelen und einen Bananen-Split hinunter.

Elizabeth, die kaum einen Bissen zu sich nahm, konnte kaum glauben, wie viel er vertilgte.

»Jeder, der so viele Shrimps hinunterbringt, ist ein Held«, merkte Margaret kichernd an. »Findest du nicht auch, Lilibet?«

»Hmmm.« Elizabeth hörte nicht hin, was Margaret vor sich hin grummelte. Eine sanfte Röte hatte sich auf ihr Gesicht gelegt, während sie Philip beobachtete. Sie sah nur ihn.

Als die Rückfahrt nahte und die königliche Jacht aus dem Hafen fuhr, bestiegen die Kadetten Segel-, Ruder- und Motorboote.

»Sieht aus, als wollten sie uns zum Abschied bis zur Mündung des Dart River in den Ärmelkanal begleiten.«

Bertie gab schließlich die Anweisung, die Kadetten sollten das Signal zur Rückkehr erhalten.

Als das Signal ertönte, drehten alle um. Nur Philip fuhr in seinem Ruderboot weiter bis aufs offene Meer.

»Verfluchter Grünschnabel«, wetterte Bertie. »Er soll umdrehen. Sofort.«

Elizabeth stand an der Reling der Victoria und Albert, sah durch ein riesiges Fernglas auf das kleine Boot und lächelte selig.