K aum dass ich draußen bin , fühle ich mich besser. Das leise Summen in den Blumen um mich herum besänftigt meine Unruhe. Hier wachsen Nelken, Löwenmäulchen, Krokusse, Ringelblumen, Fuchsien und Butterblumen, aber auch Gänseblümchen im Gras. Und das sind nur die auf der Lichtung, auf der unser Häuschen steht. Wenn ich mich auf die Uferwiesen vorwage, nimmt das gute Gefühl zu, bis ich ganz aufgedreht bin.
Kyane steht vor mir, bevor ich noch einen weiteren Schritt in die Natur gehen kann. Ihre goldenen Augen suchen nach einem Hinweis auf mein Unbehagen, die rotbraune Haut um ihre Lider ist ein wenig knittrig, was nicht sein kann, weil Nymphen nicht sichtbar altern, aber offensichtlich habe ich ihr so viele Sorgen bereitet, dass sie Falten bekommt.
Ich will in ihren Armen heulen. Ich will, dass sie mich umarmt und sagt, dass alles gut wird. Wer weiß, wann ich diese Chance das nächste Mal bekomme? Was auch immer heute passiert, was auch immer ich für eine Entscheidung treffe, keine Option hält Trost bereit.
Stattdessen lächle ich. »Es geht mir gut.«
»Ich weiß, dass es schwer ist.« Kyane reibt mir den Arm.
»Lass uns hier weggehen.« Ich habe keine Lust, so zu tun, als könnte sie mich trösten, und so nah am Haus will ich nicht noch einmal Tränen riskieren. Mein ganzes Leben habe ich es zu klein gefunden, etwas von dem man weglaufen muss. Vor allem seit ich gesehen habe, wie unglaublich hoch die Gebäude auf dem Olymp sind, erbaut von Göttern des Handwerks und nicht von verzweifelten Nymphen, die einer schwangeren Göttin mitten in einem Krieg Unterschlupf bieten wollten. Auf dem Olymp sind sogar die Straßen aus Gold und unser Dach ist undicht. Aber jetzt … jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich liebe und hasse es in gleichem Maß.
Wir durchqueren den Hain und der Duft der Pinien und Eichen und Zypressen umweht mich. Ich lausche den summenden Insekten und den zwitschernden Vögeln. Ich sehe mich um, als könnte ich alles in mich aufnehmen, wenn ich nur genug hingucke, als könnte ich es mitnehmen, wohin auch immer ich gehe.
»Deine Mutter hat mit ihm gestritten, weißt du«, sagt Kyane. »Sie hat ihn um ein paar Jahre mehr angefleht. Er hat abgelehnt. Anscheinend gibt es ziemliche Konkurrenz um dich.«
»Na toll«, murmele ich.
»Die mythische Kore. Zuletzt gesehen, als sie noch ein Mädchen war, auf einer geheimnisvollen Insel großgezogen, damit sie ihre Keuschheit nicht verliert. Du bist eine Legende unter den Göttern, der größte Preis von allen.«
Ich glaub, mir wird schlecht.
»Das ist gut , Kore«, betont sie und sieht mich besorgt an. »Wenn alle um dich wetteifern, können deine Eltern den Besten der Besten auswählen. Du wirst einen guten Mann bekommen.«
Dafür ist das alles gut, ja? All meine häuslichen Fähigkeiten, mein Aussehen, das Luftanhalten und Mundhalten. Sei perfekt, sichere dir mehr Wahlmöglichkeiten, erhöhe deine Chancen auf einen netten und anständigen Ehemann.
Und dann sei weiter perfekt, damit er auch nett und anständig bleibt, nachdem du dich an ihn gebunden hast.
»Warum sagt Mutter mir nicht, dass sie das auch nicht wollte?«, bringe ich schließlich heraus, und das schlechte Gewissen zwickt mich im Magen. »Ich hätte nicht mit ihr gestritten.«
»Doch, hättest du«, entgegnet Kyane mit einem Blick auf das Haus. »Weil du mit Zeus schließlich nicht streiten kannst, oder?«
Nein, kann ich nicht.
Allein beim Gedanken, einen direkten Befehl vom König der Götter zu missachten, kriege ich noch mehr Magenschmerzen. Als würde sich in mir eine Kluft öffnen, in der ich liebend gern verschwinden würde.
»Vielleicht dachte Demeter, es wäre leichter für dich, wenn du glauben würdest, dass es ihre Idee war.«
»Nichts könnte –« Ich unterbreche mich. Wenn wir weiterreden, sage ich noch etwas, das alles kaputtmacht. Zum Glück treten wir jetzt aus dem Wäldchen heraus und kommen zum Fluss, wo Nymphen aufschreien und auf uns zulaufen.
Kyane ist auch eine Flussnymphe, eine Najade, aber Mutter hat sie gern. Im Allgemeinen mag Mutter die Nymphen nicht besonders. Deren Moralvorstellungen decken sich nicht mit ihren und das macht ihr Angst.
Aber sie haben ihr auch geholfen, als sie hier ankam, haben Holz gesammelt und mit ihr einen Unterschlupf gebaut. Sie haben aus dieser Insel ein Zuhause gemacht. Ich bezweifle, dass Mutter plante, nach dem Ende des Krieges, vor dem sie floh, noch hierzubleiben, aber ich bezweifle auch, dass sie damals eine Vorstellung hatte, was die Götter nach ihrem Sieg alles tun würden, wovor sie mich nur hier beschützen konnte.
Wahrscheinlich sieht sie meine Freundschaft mit den Nymphen als Opfer. Sie nimmt sie in Kauf, damit sie mich ohne andere Gesellschaft auf dieser Insel festhalten kann.
Eudokia und Myrrha sind zuerst bei mir, umarmen mich und schreien vor Freude.
»Kore«, sprudelt es aus Eudokia heraus. »Kannst du glauben, dass es endlich so weit ist?«
»Oh, ich kann es nicht erwarten, deinen Mann kennenzulernen«, sagt Myrrha. »Er wird bestimmt großartig aussehen, mit prächtigen Muskeln und glänzender Haut und lockigem Haar.«
»Ich hoffe einfach, dass er gütig ist«, antworte ich. Was kann ich sonst sagen? Sobald ich ihnen beipflichte, wird meine Mutter es erfahren, und ich muss mir noch eine Predigt über Begehren anhören.
»Komm schon, du solltest dir mehr erhoffen!«, sagt Eudokia und wickelt sich melancholisch die dünnen blonden Haare um den Finger. »Bestimmt hat er die wunderschönsten meerblauen Augen und Haare in der Farbe der Sonne.«
»Du denkst also, ich sollte Apollon heiraten?«, frage ich trocken. Eudokia redet von ihm, seit wir Kinder waren.
Die Nymphe zieht die sonnenverbrannte Nase kraus. »Das wäre schön, aber du kannst ja kein anderes Kind von Zeus heiraten.«
Früher hat das die Götter nicht abgehalten. Es gibt sogar Gerüchte, dass meine Eltern Geschwister sind, allerdings unbegründet. Mein Großvater Kronos hat seinen eigenen Vater gestürzt, um König der Titanen zu werden, und er hatte solche Angst, dass jemand anders aufwachsen und ihm die Krone wegnehmen könnte, dass er den anderen Titanen die Kinder geraubt und als Ganzes verschlungen hat. Dann bekam er selbst einen Sohn, Zeus, und beschloss, auch ihn zu fressen. Aber seine Frau Rhea konnte ihn täuschen und Zeus in Sicherheit bringen. Als der Junge älter wurde, brachte er Kronos durch eine List dazu, die anderen Götter zu erbrechen. Kronos hatte seine Macht eingesetzt, um die Kinder in der Zeit erstarren zu lassen, bevor er sie verschlang, und sie kamen perfekt erhalten wieder raus. Zuerst die kleine Hera, die die Königin der Götter werden würde. Monate später rangen meine Mutter und Poseidon, der König des Meeres, in ihren Bettchen um ihren ersten Atemzug. Und ich glaube, Hades und Hestia hatten sie schon aufgegeben, als die beiden Jahre später endlich schreiend erwachten. Damals waren die anderen Götter schon älter und kampfesmüde. Hades und Hestia dagegen waren noch Kinder, als der Krieg endete. Hades wurde zum König der Hölle gemacht und Hestia zur Göttin des Herdfeuers.
Ich mag Hestia, wirklich. Aber irgendwie kann ich sie auch nicht ausstehen.
Ich glaube, mein Vater hätte lieber sie zur Tochter als mich. Göttin des Herdfeuers und auch noch froh darüber – wahrscheinlich ist sie lieber zu Hause als woanders. Hestia hat meinen Vater um Erlaubnis gebeten, nicht heiraten zu müssen, und er war so schnell damit einverstanden, dass ich vor Wut eine Wiese verbrannt habe, als ich es erfuhr. Ich hatte gebettelt, ihn angefleht und nur ein Lachen zur Antwort bekommen sowie die Behauptung, er habe schon zwei Töchter an die ewige Jungfräulichkeit verloren – sein Hof würde toben, käme eine dritte dazu. Es brauchte all mein Talent für Blumen, um die toten, verkohlten Überreste der Wiese wiederzubeleben. Ich könnte eine Hestia sein, wenn ich meine Rolle in dieser Welt akzeptiert und mich nie daran gestört hätte. Wenn ich einfach perfekt wäre.
Und sie ist nicht dumm – sie kennt die Macht des Heims. Eine Macht, die Zeus übersehen hat. Xenia ist eine der mächtigsten Verpflichtungen in der Welt, gleich nach einem Eid beim Fluss Styx.
Hestia wollte Macht und fand sie in dem, was mein Vater ihr gegeben hat – nicht wie ich, die ich viel zu stur bin, um subtil vorzugehen.
»Wenigstens kannst du Apollon dann für mich übrig lassen«, sagt Eudokia, die gar nicht merkt, wie meine Gedanken kreisen.
»Damit du als zweite Daphne endest?«, frage ich. Die arme Daphne, die in einen Baum verwandelt wurde, um der Verfolgung des lüsternen Apollon zu entgehen. Man kann über meine Mutter sagen, was man will, aber die Bedrohungen, vor denen sie mich diese ganzen Jahre beschützt hat, sind real. Daphnes Geschichte wurde mir als Märchen erzählt – besser ein Baum sein als geschändet. So etwas zählt auf dem Olymp als Happy End.
Eudokia verzieht das Gesicht. »O bitte. Als würde irgendjemand Apollon abweisen.«
»Warum war Daphne überhaupt am Ufer, wenn sie nichts von Apollon wollte?«, fragt Myrrha. Mir dreht sich der Magen um.
»Jetzt kommt, es gibt so viel zu bereden! Du musst so aufgeregt sein«, sagt Amalthea. »Setz dich ein bisschen zu uns.«
Es ist ein schöner Tag, die Sonne ist so heiß, dass die Luft wabert, das Wasser und der Himmel sind von einem Blau, das ich nie in einer Blume nachbilden konnte. Die Brise fängt den Duft des Meeres ein, und wohin ich auch blicke, ist Leben. Die Göttin der Ernte und die Göttin der Blumen, gefangen auf einer Insel mit nichts als Naturgeistern als Gesellschaft. Es ist das Paradies.
Ich vermisse es jetzt schon.
Und ich will niemals zurückblicken.
»Weißt du, mit welchen Göttern sich deine Mutter trifft?«, fragt Amalthea.
Ich schüttele den Kopf. »Nein. Es steht mir nicht zu, das zu wissen.« Ein Satz, der Wort für Wort aus dem Mund meiner Mutter stammt, auch wenn er klingt, als hätte mein Vater ihn zu ihr gesagt. »Außerdem bin ich mir sicher, dass Mutter das fundierter beurteilen kann. Sie wird eine sehr viel vernünftigere Entscheidung treffen.« Der ist allein von Mutter.
»Vernünftige Entscheidung!«, johlt Eudokia. »Hör mir damit auf. Ich will wissen, wie heiß die Alternativen sind.«
Götter, ich bin diesen Mädchen immer so nah gewesen. Aber das war vorbei, als ich damit anfing, dass ich nie heiraten wollte, und sie darauf sagten: »Du machst dir nur Sorgen, dass Demeter dich mit einem dieser Uraltgötter verkuppelt. So darfst du nicht denken! Stell dir lieber all die süßen Typen vor, die du stattdessen abkriegen könntest, Eros zum Beispiel.« Als wäre es erträglicher, in einer Ehe gefangen zu sein, wenn der Mann, der mich beherrscht, schöne Wangenknochen hat.
Und: »Aus dir wird eine so gute Ehefrau werden! Und Mutter!« Als wollte ich nur nicht heiraten, weil ich glaubte, es mangelte mir an den Fähigkeiten, erfolgreich zu tun, was von mir erwartet wird. Wenn ich all das vor mir sehe, jeden Schritt meines Lebens durchgeplant – dann fühlt es sich schrecklich an. Eindeutig eine Falle.
Und: »Natürlich willst du heiraten!« Das ist einer ihrer Lieblingssätze, als könnten sie meine Meinung ändern, indem sie sie leugnen.
Keine Alternativen. Kein Verständnis. Gar nichts.
Und wo Mutter mich in Angst und Schrecken versetzt, verwirren sie mich. Sie sind alle so offensiv positiv, was Sex angeht, dass sie denken, man wäre irgendwie seltsam, wenn man keinen will, oder wenigstens verklemmt und prüde. Eine Welt, in der man Nein sagt und es auch so meint, können sie sich nicht vorstellen.
»Sieht sie sich nur auf dem Olymp um?«, fragt Myrrha.
»Nein«, spottet Eudokia sarkastisch. »Demeter steigt in den Hades hinab, um ein Lavamonster aus dem Feuerfluss zu holen. Denk dran, eine Aloe-vera-Nymphe zur Hochzeit mitzunehmen, Kore.«
»Offensichtlich habe ich nicht den Hades gemeint. Aber, um der Gerechtigkeit willen, ein paar der Götter da unten sind –«
»Furcht einflößend? Deprimierend? Würden eher mit einem Schwert in dich eindringen als mit ihrem –«
»Sie sucht nur auf dem Olymp«, unterbreche ich ihr Gezanke.
»Warum?«
Kyane springt ein. »Demeter sagte, es gebe so viele Interessenten, dass es leicht war, die Meeresgötter ganz rauszuhalten. Und … ich glaube, Zeus will sie im Auge behalten. Sie soll an seinem Hof bleiben.«
Ich würde über seine Kleinlichkeit lachen, wenn sie nicht mein Leben ruinieren würde. Ich stehe auf ewig unter Verdacht, weil ich als Kind zu viel wollte und seine Autorität bedroht habe. Ich habe ganz allein dafür gesorgt, dass ich beobachtet werde.
Zu wissen, dass sich nur Olympier um meine Hand bemühen, macht es nicht besser. Das Reich des Meeres war eine ständige Bedrohung für unsere Insel gewesen, Wellen schlagen ans Ufer, als wäre es nur eine Frage der Zeit, bis sie sie ganz verschlucken. Immer wenn ich mir vorstellte, dass eine von Mutters Horrorgeschichten wahr würde, war es ein Gott des Meeres, der mich raubt. Aber die Olympier sind genauso schlimm.
Sogar die Königin des Olymps, Hera, musste den Mann heiraten, der ihr Gewalt angetan hat – meinen Vater. Es ist nicht unbedingt eine glückliche Verbindung, aber sie ist die Göttin der Ehe, also kann er sich nicht von ihr scheiden lassen – allerdings kann er sie sehr wohl betrügen und schlagen, er hat sie an Ketten in den Himmel hängen lassen, als sie gegen ihn rebellierte, und sie bei Styx schwören lassen, dass sie sich nie wieder gegen ihn auflehnen würde.
Wenn ich Mutter darauf hinweise – dass die Sicherheit einer Ehe vielleicht doch nicht so viel wert sein könnte und es ebenso riskant ist, sich an einen Mann zu binden, um sich vor vielen zu schützen –, behauptet sie einfach, nur einer sei vorteilhafter, und sie würde mich außerdem mit jemandem verheiraten, der besser sei als mein Vater. Sie sagt, deshalb würde sie die Entscheidung treffen und nicht ich – weil sie in ihrer Jugend Fehler gemacht hat, womit sie unter anderem meinen Vater meint, und ich daraus lernen soll.
Aber trotz allem ist sie auch eifersüchtig auf Hera, weil Hera mit ihrer Hochzeit eine Krone bekommen hat. Nachdem die Götter die Titanen besiegt hatten, verfügten die Moiren, dass nur ein von Kronos erwählter regieren könne. Vater nahm nur die Drohungen der Jungen ernst und versuchte, Poseidon und Hades zu besänftigen, indem er die Welt dreiteilte und sie zu Königen ihrer eigenen Reiche machte, damit sie nie nach seiner eigenen Krone streben würden. Auch wenn Kronos sechs Kinder ausgesucht hat, von denen drei Mädchen waren.
Mutter war eins dieser Mädchen und hat diese Herabsetzung nie verziehen. Eigentlich ist sie auch eine Olympierin. Sie gehört sogar zum Rat der Zwölf, der den Hof überwacht. Aber die meiste Zeit bleibt sie hier bei mir. Sie sagt, es sei zu meiner Sicherheit, aber es liegt auch daran, dass sie als alleinerziehende, ledige Mutter zur gesellschaftlichen Außenseiterin wurde, als Hera und Zeus heirateten und die Göttin der Ehe zur Königin wurde. Von da an musste Mutter ihre Freundschaften verbergen – in leisem Geflüster und stillen Versöhnungen weit weg vom Olymp.
Sizilien ist wunderschön, aber es ist ein Gefängnis. Für uns beide.
Die Nymphen spekulieren immer noch über mögliche Heiratskandidaten, und ich blende sie aus, betrachte die Sonne, die auf dem Fluss tanzt, die Blumen, die jeden Zentimeter des Bodens bedecken. Dann will Vater also, dass ich auf dem Olymp bleibe, wenn er mich mit einem Olympier verheiraten will? Der Hof ist wunderschön – riesige Torbögen öffnen sich zu einer Stadt aus Palästen, goldene Straßen schlängeln sich zwischen ihnen hindurch, Ambrosia liegt so dicht in der Luft, dass man es schmecken kann. Musen singen auf der Straße, der Marmor glänzt weißer als die Wolken, und die Gebäude stehen auf Sockeln aus Bronze. Alles glänzt und strahlt und ist perfekt.
Und dann die Akropolis! Der ganze Hof befindet sich auf einem steilen Berg, aber wenn man höher kommt, fällt einem irgendwann auf, dass man nicht mehr auf Stein geht. Man hat die Sterne selbst unter den Füßen, und dort, am höchsten Punkt des Himmelsbogens, ist der Palast des Zeus. Ich bin praktisch hochgehüpft für meine Amphidromia, voller Ehrfurcht über all die Schönheit, die der Hof zu bieten hat.
Seitdem habe ich nicht viel an den Olymp gedacht; meine Erinnerungen verweilen immer bei der Namensgebungszeremonie.
Als ich jetzt versuche, mir vorzustellen, bei Hofe zu leben, mit Göttern an jeder Ecke, tut mir das Herz aus einem anderen Grund weh. Als Gefangene auf dieser Insel wollte ich immer die Welt sehen. Und ich dachte, vielleicht könnte das die Ehe erträglich machen: jemanden zu heiraten, der nah an schneebedeckten Bergen lebt, an so dichten Wäldern, dass man unmöglich hindurchsehen kann, oder in der Nähe einer Wüste oder einem Dschungel – an etwas anderem, etwas Neuem, das dieses Reich, das ich so liebe, ausmacht.
Der Olymp ist weit von dieser Welt entfernt.
Und ich kann mich nicht erinnern, dort auch nur eine einzige Blume gesehen zu haben.
»Sieh doch!«, stößt Myrrha hervor. Sie zeigt zum Himmel, und ich weiß, es ist zu spät. Ich weiß, sie kann nur eines meinen, bevor ich überhaupt aufblicke und seinen Streitwagen über uns hinwegrasen sehe, gezogen von vier Pferden, die durch die Luft galoppieren.
Mein Vater ist hier.