Operationsroboter – DaVinci ist kein Künstler

Der Protagonist in diesem Kapitel ist der DaVinci-Roboter selbst. Der Einsatz des Operationsroboters DaVinci gehört zu der präzisesten und innovativsten Medizintechnik innerhalb der modernen Chirurgie. Der im Jahr 1997 entwickelte und 1999 auf dem europäischen Markt zugelassene Operationsroboter „Lenny“ wurde – du wirst es geahnt haben – nach dem italienischen Künstler und Ingenieur Leonardo da Vinci benannt. Doch hättest du auch gedacht, dass der Name DaVinci-Operationssystem auch tatsächlich auf Leonardo da Vinci zurückzuführen ist? Dieser hat bereits im 15. Jahrhundert erste künstliche Ritter erfunden. Das DaVinci-Operationssystem ermöglicht bereits heute in rund 150 Krankenhäusern und Kliniken in Deutschland minimalinvasive Eingriffe im gynäkologischen, chirurgischen und urologischen Bereich. Wahrscheinlich wirst du davon ausgehen, dass DaVinci bald den Chirurgen ersetzen wird? Wozu sollte es diesen künftig auch noch brauchen, wenn DaVinci doch viel präziser und effektiver arbeitet? Doch da liegst du falsch! Denn DaVinci und der Chirurg sind aufeinander angewiesen und arbeiten als Operationseinheit.

Der Operationsroboter assistiert dem Chirurgen und erweitert dessen Fähigkeiten durch medizintechnischen Einsatz. DaVinci besteht aus einer steuernden Konsole, die von einem Chirurgen millimetergenau und in Echtzeit gelenkt wird. Kommt es zu ungewolltem Händezittern, so wird dieses vom System ausgeglichen. Der Chirurg steuert mit seinen Händen über einen Joystick vier Arme und ein Fußpedal, ähnlich wie bei einem Videospiel. Es gibt also keinen eigenständigen Automatismus, so wie es bei anderen medizinischen Maschinen der Fall ist. Durch die hohe Auflösung der integrierten Kamera und durch optimale Bildtechnik können minimalinvasive Eingriffe gemacht werden, sodass feine Strukturen wie beispielsweise Nerven und Gefäße präzise sichtbar werden. Diese Präzision wurde bislang durch die ruhigen Hände des Chirurgen sichergestellt und brachte ärztliches Können an seine Grenzen. Die neuen technologischen Errungenschaften ermöglichen eine bis zu zehnfache Bildvergrößerung, wodurch Risiken z. B. durch die Verletzung von Nerven minimiert werden können. DaVinci fungiert somit wie der verlängerte und optimierte Arm des Chirurgen, der präzise Arbeit ermöglicht.

Eine Studie der Martini-Klinik in Hamburg kommt zu dem Ergebnis, dass eine erfolgreiche OP nicht von der OP-Robotik abhängt, sondern die Erfahrung des Chirurgen entscheidend ist. Selbstverständlich ist die neue roboter-assistierte Operationstechnologie nicht gerade kostengünstig. Die immensen Kosten der modernen Technik und die Monopolstellung der Entwickler stehen in der Kritik. Auch die Handhabung der robotergestützten Systeme ist recht aufwendig und erfordert zum Teil umfangreiche Schulungen. Doch DaVinci hat im Vergleich zu konventionellen Eingriffen sowohl für den Chirurgen als auch für den smarten Patienten sehr viele Pluspunkte. Die hohe Präzision hat den Vorteil, dass das Risiko der Beschädigung von feinsten Gefäßen minimiert werden kann. Der Patient trägt durch den minimalinvasiven Eingriff weniger Operationsnarben davon und hat einen geringeren Blutverlust. Dadurch hat er in der Regel weniger Schmerzen, kann sich schneller von der OP erholen und das Krankenhaus schneller verlassen. Zum Teil muss er dieses auch gar nicht aufsuchen, da die Operationen zunehmend auch ambulant durchgeführt werden können. Gleichzeitig kann DaVinci den Chirurgen entlasten. Durch eine ergonomische Sitzmöglichkeit kann der Chirurg längere Operationen besser aushalten. DaVinci hat zudem das Potenzial, dass der Chirurg nicht zwingend vor Ort sein muss, sondern ferngesteuert operieren kann. Insgesamt zeigt die Studienlage, dass weitere Forschung notwendig ist, um den Einsatz von DaVinci-Operationssystemen weiter zu untersuchen. Es stellt jedoch ein positives Beispiel an der Schnittstelle zwischen Mensch und Technik dar. Der DaVinci-Roboter hat keinen Selbstzweck, er wird nicht müde, will nicht mehr Geld verdienen oder verlangt eine Gewerkschaft. Er hat es allerdings verdient, wertschätzend als Therapiemöglichkeit gesehen zu werden, denn es ist der Vorzeigeroboter in der Medizin.

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Durch den Einsatz des innovativen Operationsroboterassistenzsystems DaVinci können Chirurgen weltweit unabhängig vom Ort selbst die präzisesten Eingriffe durchführen. Die Operationseinheit zwischen Mensch und Technik ermöglicht minimalinvasive Eingriffe. Dadurch wird das Risiko minimiert, gesunde Gefäße und Organe zu beschädigen. DaVinci ist heute bereits in vielen Krankenhäusern im Einsatz, allerdings muss der Arzt sich derzeit noch im selben Raum wie DaVinci befinden, da die IT-Infrastruktur noch nicht ausgereift ist, obwohl erste Versuche im 5G-Umfeld bereits erfolgreich absolviert wurden.

Literatur:

Bodner, J., Wykypiel, H., Wetscher, G., Schmid, T. (2004). First experiences with the da Vinci™ operating robot in thoracic surgery, European Journal of Cardio-Thoracic Surgery, 25(5), pp. 844-851.

Ekrutt, J. (2019). Wenn der Roboter bei der OP assistiert, URL: https://www.martini-klinik.de/fileadmin/Dateien/PDFs/Presseartikel/2019/2019-02-18_HA_dV_Greafen.pdf, Abruf 01/2023.

Swiss Medical Board (2019). Roboterassistierte Laparoskopie versus offene Chirurgie bei radikaler Prostatektomie, URL: https://www.swissmedicalboard.ch/fileadmin/public/news/2018/appraisalbericht_smb_robot_assisted_surgery_kurz_2018.pdf, Abruf 01/2023.