Apotheke digital – das Medikament im Briefkasten

Egal, ob nach einem Arztbesuch, nach einem Krankenhausaufenthalt, ob bei akuten oder chronischen Beschwerden. Nicht mehr alle Menschen kaufen ihre Medikamente in einer klassischen Apotheke. So auch Mia, die ihre Arzneimittel neuerdings online bestellt, aber es dennoch schätzt, dass es eine Apotheke nebenan gibt für Notfälle und eine ausführliche Beratung. Denn mit zunehmender Digitalisierung verändern sich die Möglichkeiten im Gesundheits-, Informations- und Kaufverhalten von Verbrauchern. Zudem wird die Digitalisierungswelle durch die Politik mit „E-Initiativen“ wie dem elektronischen Rezept gefördert, wenngleich alles nur schleppend vorangeht. Derzeit werden von den über 400 Millionen Rezepten in Deutschland pro Jahr nur sehr wenige digital ausgestellt, aber immerhin nimmt diese Zahl exponentiell zu.

Durch neue (Online-)Anbieter auf dem Gesundheitsmarkt wird die analoge Welt der Apotheken verändert. Spätestens seit der Marktausdehnung der Versandapotheke DocMorris und der Übernahme der Versandapotheke Pillpack durch Amazon sind auch die deutschen Apotheken erwacht. Sicherlich schätzt du als Kunde auch noch die altehrwürdigen Apotheken mit den teilweise immer noch einfachen Schubladenschränken, Lochkarten und befüllten Standgefäßen. Aber ist das der Zeit entsprechend? Die klassische Vor-Ort-Apotheke wird sich den Bedürfnissen der online-affinen Kunden anpassen. Damit ist nicht eine komplette Umstellung gemeint, sondern eine professionelle Balance zwischen Online-Sichtbarkeit, Verkaufs- und Beratungs- bzw. Betreuungsfunktion. So gehen mittlerweile immer mehr niedergelassene Apotheken auch ins Netz und ermöglichen dir damit von zu Hause aus, dich über Produkte zu informieren, zu vergleichen und zu kaufen. Eine zunehmende Zahl an Kunden nimmt die Möglichkeit an, in Online-Apotheken einzukaufen. Wahrscheinlich denkt auch ein Teil von euch darüber nach, wie viel Zeit und Aufwand hierdurch eingespart werden könnte oder dass man das eine oder andere Mal einfach an der Parkplatzsuche scheitert. Der rasche Klick im Internet ermöglicht Vorbestellungen und entlastet von Abhängigkeiten durch Öffnungszeiten oder Bevorratung von Medikamenten. Eine solche Vorgehensweise erspart weiterhin doppelte Wege, falls Lieferengpässe bestehen. Lieferengpässe kennst du sicherlich, wenn du ein besonderes Medikament aufgrund z. B. von Unverträglichkeiten benötigst, die Schulferien anstehen oder du in einem Urlaubsort auf einer Insel bist. Oder du bist Chroniker und benötigst ein bestimmtes verschreibungspflichtiges Medikament regelmäßig. Dann bist du vielleicht schon das eine oder andere Mal von Apotheke A zu Apotheke B gelaufen. In der dynamischen Zeit, wo manch ein Terminkalender übervoll ist, ist genau das keine angenehme Situation. Digitalisierung möchte genau diesen Zugang vereinfachen und dir maximale Leichtigkeit anbieten. Mit der Digitalisierung der Apotheken ist aber weitaus mehr gemeint als nur die Onlinebestellung, die dann in deine Stammapotheke geliefert werden kann. Beispielsweise ermöglicht ein Rezeptscanner oder die Bezahlung per Smartwatch einen schnelleren Ablauf. Eine weitere Erleichterung durch die Digitalisierung ist eine Apotheken-App. Über diese kannst du neben Informationen, Verfügbarkeitsstatus, Kundenbewertungen auch direkt Medikamente bestellen.

Stell dir vor, du müsstest nicht mehr vor die Tür und könntest 24h auf ein Medikament zugreifen, wie wäre das? Für eine etwaige Notfallversorgung wird es wahrscheinlich irgendwann eine zusätzliche digitale Entlastung geben. Die Drohnenübermittlung ist in Pilotprojekten gestartet, z. B. um im Notfall einen schnelleren Transport von Blutkonserven zu gewährleisten. Auch die Notfallversorgung auf den Inseln, die kurzfristig Medikamente oder ähnliches benötigen, kann durch den Einsatz von Drohnen verbessert werden. Die reguläre Paketzustellung kann in einem Notfall nicht die Geschwindigkeit einer Drohne erreichen. Ein nächster Vorteil ist, dass nicht wenige Menschen mit speziellen Krankheiten wie z. B. Geschlechtskrankheiten ein Schamgefühl beim Gang in die Apotheke haben und dieses gerne umgehen würden. Hier gewährleistet die Online-Apotheke Anonymität. Um eine flächendeckende Abdeckung der Auslieferung zu erreichen, dürften irgendwann auch autonome Lufttaxis zum Einsatz kommen. Du als Kunde kannst dann von zu Hause aus rund um die Uhr das benötigte Medikament bestellen. Im Lager des Versandhändlers wird die Drohne mit dem Arzneimittel beladen und zur Routenbestimmung der Flugcomputer mit den Koordinaten des Bestellers programmiert. Sind die Koordinaten gespeichert, sucht sich die Drohne selbstständig den schnellsten Weg zu dir und wirft das Päckchen mit dem Arzneimittel vor deiner Haustür ab. Vor der Drohne und den Lufttaxis sollten wir im Hinterkopf haben, dass Medikamente auch von anderen unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen mitgenommen werden. Lieferdienste wie Amazon oder auch Uber-Fahrer werden bestimmte Strecken mitbedienen.

Aber Achtung, das Internet stellt dir bei der Suche nach Online-Apotheken nicht nur seriöse Apotheken vor, sondern auch „Wundermittelversender“ aus anderen Ländern, die vielleicht keine geprüften Arzneimittel anbieten, sondern eigene Herstellungen. Um dieses Risiko für dich zu reduzieren und dir einen besseren Überblick zu verschaffen, gibt es ein EU-Sicherheitslogo und ein Versandapothekenregister. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfARM) warnt davor, verschreibungspflichtige Medikamente über das Internet ohne Rezept zu bestellen, weil diese entweder gefälscht und gesundheitsgefährdend sein oder sogar tödlichen Schaden anrichten könnten.

Zusammengefasst kannst du Kosten und Zeit sparen, wenn du online Arzneimittel bestellst, die dann in Zukunft beispielsweise mit einer Drohne in deinem Vorgarten landen oder von Lieferdiensten zugestellt werden. Deine Diskretion wird online mehr gewahrt als in der klassischen Apotheke, sofern der Datenschutz eingehalten wird. Außerdem kannst du bei einer Online-Bestellung auch eine persönliche Kundenberatung per E-Mail oder Telefon in Anspruch nehmen. Dennoch solltest du Obacht geben vor angebotenen Medikamenten im Internet. Nicht alle Anbieter sind seriös. Es ist denkbar, dass sich auch Apotheken in ihrem Aufgabenspektrum verändern, nicht nur beratend und verkaufend, sondern mehr und mehr auf analoge und digitale Zusatzservices setzen. Was spricht dagegen, wenn bestimmte diagnostische Laborleistungen auch in Apotheken vollzogen werden oder wenn dort wie in verschiedenen Teilen Europas geimpft würde. Natürlich haben auch solche Ansätze zu heftigen Diskussionen mit Nachbarprofessionen wie der Ärzteschaft geführt. Der durch Digitalisierung angestoßene und ablaufende Veränderungsprozess von Berufsbildern steht erst am Anfang. Schließlich sollte ein spezieller Aspekt zur noch längerfristigen Notwendigkeit klassischer Apotheken nicht außer Acht geraten: der wichtige soziale Aspekt, besonders für chronisch Kranke und Alte, die in der Apotheke auf Vertrauenspersonen treffen, die mit Namen angesprochen werden und denen Fragen beantwortet werden, die vielleicht gar nichts mit der abgeholten Medikation zu tun hat. Zudem haben die wenigen Studien in Apotheken gezeigt, dass sich die Therapietreue (z. B. das Medikament wird wie empfohlen bis zum Ende eingenommen) verbessert, wenn es unter anderem motivierende Worte des Apothekers gibt – der Apotheker ist quasi selbst ein Wirkstoff. Und derzeit sind die Notfallversorgung und das eigene Zubereiten von Rezepturen die Domäne der Vor-Ort-Apotheke. Das ist auch gut so. Es geht schließlich nicht um einen primitiven Wettbewerb zwischen analog und digital, sondern um eine sinnvolle Ergänzung. Und so sieht es auch Mia, die gerade das Nebeneinander der stationären Apotheke und der Versandapotheken schätzt, da sie beides aus beiden Welten haben möchte und situationsbedingt beide Apothekenformen in Betracht zieht.

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Solltest du regelmäßig Medikamente einnehmen und die dafür notwendigen Rezepte einlösen müssen, kannst du heute überlegen, ob du den Gang zur Apotheke zum Erhalt eines Medikamentes absolvieren möchtest. Die Online-Apotheke bietet dir und auch deinen Angehörigen vor allem bei Mobilitätseinschränkungen mitunter bemerkenswerte Vorteile. Vergiss nur nicht: Alles neu Einzunehmende sollte durch eine fachliche Beratung erfolgen. Gerne auch in der nächsten Apotheke. Die Zeit solltest du dir nehmen, bevor du irgendein Medikament aus dem Internet bestellst, bei dem du nicht einschätzen kannst, ob es dir hilft oder vielleicht auch schadet. Möglicherweise werden sich auch Apotheken in ihrem Aufgabenspektrum verändern. So werden bereits heute Diagnostikverfahren oder Impfungen diskutiert. Für noch einige Zeit werden klassische Apotheken gerade für chronisch Kranke und Alte wichtige Funktionen übernehmen, die über den reinen Medikamentenbezug hinausgehen.

Literatur:

Matusiewicz, M., Pfeifer, J., Lux, G. (2017). Verbesserung der Therapietreue in Apotheken – eine verhaltensökonomische Studie, in: Matusiewicz, D., Cassens, M. (Hrsg.): ifgs Schriftenreihe der FOM Hochschule, Band 7, Essen: MA Akademie Verlags- und Druck-Gesellschaft mbH, ISSN 2367-3176.

PwC (2019). Zwei Drittel der Deutschen kaufen ihre Medikamente im Internet. URL: https://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2019/zwei-drittel-der-deutschenkaufen-ihre-medikamente-im-internet.html, Abruf 01/2023.

Weinert, I. (2019). Aktionismus fehl am Platz. Digitale Apotheke. URL: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/aktionismus-fehl-am-platz/., Abruf 01/2023.