Ein Steinbruch im fränkischen Altmühltal. Hier wurde er einst gefunden: ein 150 Millionen Jahre alter versteinerter Archaeopteryx, eines von weltweit nur zehn bekannten Exemplaren des „Urvogels“. Dann verschwand das Fossil plötzlich, und dieses Verschwinden gibt seither ein Rätsel auf. Einige Männer wollen es lösen, jeder auf seine Weise. Es ist viel Dunkelheit in diesem Fall, und es geht um sehr viel Geld
Ontario, Kanada, Herbst 2009
Wolf Opitsch ist zufrieden mit seinem Leben. Als Steuerberater hat er so viel Geld verdient, dass er sich mit 60 Jahren in der Wildnis Kanadas ein Blockhaus bauen und zur Ruhe setzen konnte. Seit neun Jahren lebt er dort, jagt, fischt und vermietet Hütten an Menschen, die die Einsamkeit suchen wie er. Er sieht jung aus mit seinen vollen grauen Haaren und der schlanken Figur, er lacht oft und spricht ein leichtes Fränkisch.
Es könnte Wolf Opitsch sogar noch besser gehen – wenn ihm nicht ein Millionenbesitz abhandengekommen wäre. An jenen Tag, als er den Diebstahl entdeckte, erinnert er sich, als ob es gestern gewesen wäre. Es ist seine Version eines Krimis. Ob sie stimmt, weiß niemand.
Aber sie weckt im Herbst 2009, zwei Jahrzehnte nach dem mysteriösen Verlust, den Jagdinstinkt zweier Männer, die mit dem Aufspüren und Verkaufen einer besonderen Ware viel Geld verdienen.
Zwei Jahre werden sie suchen. Werden Mittelsmännern mit Gedächtnisschwund begegnen, hilflosen Forschern, Wolf Opitschs ahnungslos wirkendem Sohn und einem Onkel, der immer schon alles wusste. Diese Suche wird für alle Beteiligten mit einer Überraschung enden. Und für die Wissenschaft mit einer kleinen Sensation. Es ist die Suche nach einer Ikone der Evolutionstheorie: dem verschollenen Archaeopteryx.
Pappenheim, Altmühltal, Winter 1991
Am 20. Februar 1991 bindet sich der Steinbruchbesitzer Eduard Opitsch im Alter von 91 Jahren einen Sandsack an den Fuß und erhängt sich an einem Treppenpfosten. Eduard Opitsch hatte sehr bescheiden gelebt. Aber er besaß eine Kalksteinplatte, die er seit 17 Jahren vor der Öffentlichkeit verborgen hielt.
In ihr sind die knöchernen Überreste eines Archaeopteryx, auch „Urvogel“ genannt, erhalten: eines Zwitterwesens der Vorzeit, groß wie eine Krähe, ausgestattet mit Federn und Flügeln wie ein Vogel, aber auch mit einem Reptilienkopf und langem knöchernen Schwanz wie ein Saurier.
Das Maxberg-Exemplar, wie es die Fachwelt nennt, ist eines von nur zehn bekannten Fossilien des Urvogels. Sammler würden inzwischen mehrere Millionen Euro dafür zahlen.
Vier Wochen nach Eduard Opitschs Selbstmord erfährt dessen Neffe Wolf vom Nachlassgericht Weißenburg, dass er Alleinerbe ist. Am 22. März 1991 betritt er das Haus des Onkels. Alles dort, so wird er erzählen, sieht aus, als seien Diebe am Werk gewesen. Papiere liegen verstreut, der Tresor ist geöffnet und leer. Auch die Geldbörse des Toten fehlt.
Unter dem Bett soll der Alte seinen Urvogel über Jahre versteckt haben, besagen Gerüchte in der Fossilienszene. Dort aber liegt er nicht. Auch nicht in einem Geheimfach im Wandschrank, von dem nur wenige wissen. Wolf Opitsch durchstöbert Keller und Dachboden. Hat der Onkel das Fossil verkauft?
Ausgeschlossen für den Erben: „Ich brauche kein Geld“, habe der Alte einmal zu ihm gesagt. Der Neffe geht alle Kontoauszüge durch. Nie, sagt er später, sei dort ein größerer Betrag eingegangen.
Für Wolf Opitsch gibt es nur eine Erklärung: Diebstahl. Vor ihm waren viele Menschen im Haus des Verstorbenen, Ärzte, Polizisten, Sargträger, Verwandte.
Opitsch stellt Strafanzeige gegen unbekannt. Doch die Ermittlungen der Polizeidienststelle im nahe gelegenen Treuchtlingen laufen ins Leere. Der Alleinerbe erlebt einen desinteressierten Staatsanwalt, der nicht einmal alle Verdächtigen verhört. Das Verfahren wird eingestellt.
Ein Beamter, der in die Ermittlungen eingebunden ist, wird später dieses sagen: „Wir haben es immer auch für möglich gehalten, dass das Stück in der Familie Opitsch geblieben ist.“ Weiter wolle er sich nicht äußern.
Auch im Bayerischen Kultusministerium scheint niemand an die Diebstahlversion zu glauben. Mehr als drei Jahre nach dem Tod des Onkels wird Opitsch in einem Schreiben der Landesregierung über das „Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung“ belehrt, welches ab sofort Anwendung auch für den Archaeopteryx der Opitschs finde. Und das bedeute: Der Urvogel dürfe nicht ins Ausland verkauft werden.
Das Maxberg-Exemplar aber bleibt verschollen. Und alle Fragen bleiben offen. Gab es einen Dieb? Hat es der alte Steinbruchbesitzer Eduard Opitsch doch schon zu Lebzeiten verkauft? Oder hat es Wolf Opitsch, der Alleinerbe, entgegen seiner Aussage gefunden und hält es nun versteckt, um es später, anonym und steuerfrei, zu verscherbeln?
München, Bayerische Staatssammlung, 28. Oktober 2009
Vor einer Dachkammer in der Bayerischen Staatssammlung haben drei Wachleute Stellung bezogen. Hinter der verschlossenen Tür: sechs versteinerte Urvögel, Versicherungssumme 14 Millionen Euro. Ein ganzes Jahr hat der Chef der Münchner Mineralientage, Christoph Keilmann, auf diesen Tag hingearbeitet. Er will eine Sensation für seine Messe, die in zwei Tagen eröffnen wird. Und er hat sie: Die Weltelite der Archaeopteryx-Forscher hat sich versammelt, denn unter den sechs Fossilien ist auch das nach seiner Fundstelle, einem Dorf im bayerischen Landkreis Donau-Ries, benannte Daiting-Exemplar. Keiner der anwesenden Wissenschaftler hatte es jemals zu Gesicht bekommen, es kursierte nur das Foto einer Kopie.
Ein Fossilienhändler namens Raimund Albersdörfer hat den Urvogel aufgestöbert. Die Wissenschaftler dürfen den Archaeopteryx nun begutachten, was aber der Händler später mit ihm vorhat, hat er noch nicht entschieden.
Für den Konservator Oliver Rauhut fühlt sich dieser Moment so an, „als wäre ein unbekanntes Gemälde von Leonardo da Vinci aufgetaucht“.
Ein rätselhaftes dazu: Denn die Urvögel stellen die Wissenschaft noch immer vor viele Fragen. Vor 150 Millionen Jahren bevölkerte der Archaeopteryx die Erde. Alle zehn bekannten Exemplare wurden in Jurakalk-Steinbrüchen im Altmühltal nahe Nürnberg gefunden, das damals vom Urmeer Tethys bedeckt war. Warum nur dort, dafür gibt es bislang keine Erklärung. Atollartige Inseln ragten damals aus dem Wasser auf. Monsunstürme könnten die Urvögel von dort aufs Meer hinausgetragen haben, wo sie ertranken, vermuten die Forscher. Denn der Archaeopteryx konnte allenfalls kurze Strecken fliegen: Ihm fehlte das knöcherne Brustbein, an dem die Flugmuskeln der Vögel ansetzen. Bis heute rätseln Forscher auch darüber, welche Größe die Urvögel erreichten. Vermutlich wuchsen sie ihr Leben lang, wie Krokodile.
Als vor 150 Jahren, im Sommer 1861, das erste „Skelet eines mit Federn bedeckten Thiers“ im fränkischen Pappenheim auftauchte, erschütterte die Nachricht die gottesfürchtigen Wissenschaftler jener Zeit. Gerade zwei Jahre zuvor hatte Charles Darwin sein epochales Werk „Die Entstehung der Arten“ veröffentlicht. Viele stemmten sich gegen die neue Theorie, die erklärte, wie aus Lebewesen im Laufe von Hunderttausenden von Jahren neue Arten entstehen können. Sie schien kaum mit der Schöpfungsgeschichte der Bibel vereinbar zu sein.
Der Archaeopteryx galt bald als einer der wichtigsten Beweise für die Richtigkeit der Evolutionstheorie. Dabei war er vermutlich gar nicht der Vorfahr der Vögel. Ihr ältester flugfähiger Urahn muss 20 bis 30 Millionen Jahre früher gelebt haben und ist bis heute nicht entdeckt.
Das Daiting-Exemplar, das die Archaeopteryx-Forscher nun in der Dachkammer der Münchner Staatssammlung erstmals in Augenschein nehmen, ist wohl eine Million Jahre jünger, als es die anderen Urvögel sind. Erstmals könne man so eine evolutionäre Entwicklung innerhalb dieser Spezies nachvollziehen, sagt der Münchner Paläontologe Peter Wellnhofer und blickt durchs Mikroskop. Er sagt: „Vielleicht ist das ja sogar schon eine neue Art.“
Neben Wellnhofer liegt aufgeschlagen sein Lebenswerk, das einzige deutschsprachige Standardwerk über den Urvogel, veröffentlicht mit „großzügiger Unterstützung“ der Albersdörfer Fossilien GmbH.
Alle in der Dachkammer kennen diesen Namen, aber nur einer will einen Kommentar abgeben: Der Museumskonservator Rauhut erinnert sich, dass Raimund Albersdörfer schon einmal seine Finger im Spiel hatte, als ein verschollener Archaeopteryx auftauchte.
„Er ist verschwiegen“, sagt Rauhut. „Damals hat er seine Kontaktleute nicht genannt, heute auch nicht.“
Eine Internetsuche führt zu Albersdörfers Website. Dort ist zu lesen, er habe in Erlangen Paläontologie studiert. Jetzt betreibt er Ausgrabungsstätten in den USA. Unter dem Link „dinosaurs for sale“ finden sich: Brontosaurus, Allosaurus, Diplodocus – nur wenige Museen besitzen eines dieser Skelette. Bei Albersdörfer scheint man sie im Dutzend kaufen zu können.
Diesen Mann muss wohl ansprechen, wer einen Archaeopteryx sucht. Oder wer vorhat, einen zu verkaufen.
Ontario, Kanada, 29. Oktober 2009
Die Zeitungsberichte über das Auftauchen des Daiting-Exemplars dringen bis in das kanadische Blockhaus zum Ruheständler Wolf Opitsch. Er denkt an seinen toten Onkel, die verwüstete Wohnung. Das Leben dieses Onkels hatte sich verändert, nachdem 1958 ein Geologe in einem vergessenen Stapel Natursteinplatten den Archaeopteryx entdeckt hatte. Zu Anfang wollte Eduard Opitsch verkaufen, aber die Verhandlungen mit der Münchner Staatssammlung zogen sich hin. Dabei ging es nur um nach heutigen Maßstäben lächerliche 40 000 Mark. Wie einen dummen Bauern hätten ihn die Forscher behandelt, klagt Eduard Opitsch damals.
Den größten Zorn hegt er gegen den Leiter des Maxberg-Museums in Solnhofen. Dankbar hätte der sein müssen, weil er ihm den Urvogel als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt hat. Stattdessen wurden von anderer Stelle unerlaubt Abgüsse angefertigt und diese an andere Museen verteilt. Eduard Opitsch holt die Steinplatte daraufhin zu sich nach Hause zurück und lässt fortan jeden Wissenschaftler abblitzen.
Dann stirbt er einsam, kinderlos, zerstritten mit seinen Brüdern. Nach seinem Tod fallen Journalisten und Experten über ihn her: „Kauzig“ sei er gewesen. Wilde Theorien werden über den Verbleib des Maxberg-Exemplars verbreitet. Vermutlich habe der Alte das Fossil vergraben oder es gar aus Wut gegen die Welt in Stücke geschlagen.
Rufmord sei das, findet sein Neffe in Kanada bis heute. Und „nach allem, was da passiert ist, sollte der Urvogel fairerweise sogar ‚Opitsch-Exemplar‘ heißen“.
In seinem Haus in Kanada wählt Opitsch eine Nummer mit deutscher Vorwahl. Wer genau ist dieser Fossilienhändler Raimund Albersdörfer, will er wissen – dieser Mann, der die Urvögel auftreibt und das nötige Kleingeld besitzt, sie auch anzukaufen. Das Telefonat endet mit einem Auftrag: „Nimm Kontakt zu Albersdörfer auf.“
Die Suche nach dem Maxberg-Exemplar, dem letzten verschollenen der zehn Urvogel-Fossilien, hat begonnen.
München, Mineralientage, 30. Oktober 2009
Seit zehn Uhr morgens schieben sich Besucher durch Messegassen: Fossilienfanatiker, denen 1200 Händler ihre Steine und versteinerten Überreste jener Kreaturen anbieten, die irgendwann unseren Planeten bevölkert haben. Gefachsimpelt wird auf Fränkisch, Schwäbisch, Japanisch, Englisch, Arabisch.
Für ein paar Euro kann man Ammoniten kaufen – oder auch Koprolithen, versteinerten Kot von Urzeittieren. Der Zahn eines Tyrannosaurus kostet 5000 Euro. Filigrane Skelette von Flugechsen erzielen Preise von 100.000 Euro und mehr.
Raimund Albersdörfers Stand hat einen privilegierten Platz: gegenüber dem Fossilpark, aufwendig angelegt mit Teichen und Pflanzengrün. Albersdörfer kann den Besuchern zusehen, wie sie an den Vitrinen vorbeiziehen, in denen sechs Urvögel ausgestellt sind – wie Pilger in Santiago de Compostela an den Gebeinen des heiligen Apostels.
Schieferplatten hängen an den Wänden seines Standes, angestrahlt von Halogenscheinwerfern: perfekt präparierte Fische, Schildkröten, Krokodile, eine zwei Meter hohe Platte mit einer urzeitlichen Seelilie. Der Blickfang aber ist das Skelett eines Stegosaurus. Fünf Meter lang, 2,50 Meter hoch.
„Einer meiner bedeutendsten Funde“, sagt Albersdörfer. „Er lag verkeilt neben einem Raubsaurier, einem Allosaurus, womit bewiesen ist, dass die beiden zur gleichen Zeit an den gleichen Orten gelebt haben müssen.“
Die Augen des Händlers blitzen vor Energie. „Fossilien erzählen Geschichten. Man muss sie nur lesen können.“
Er spricht melodiöses Badisch. Ein Mittvierziger mit der Ausstrahlung eines leutseligen Biobauern, Röhrenjeans, Turnschuhe, ausgeleierter Fleece-Pulli, das dichte braune Haar so aus der Form geraten, als könnte er sich keinen Friseur leisten. Es ist schwer zu glauben, dass dieser Mann routinemäßig Millionengeschäfte abwickelt.
„Fossiliensammler sind sehr öffentlichkeitsscheu, ganz anders als die extrovertierten Menschen im Kunsthandel“, sagt Albersdörfer. Vielen genüge es, ihre Sammlung im Stillen zu betrachten. Oft werde er nur anonym über Mittelsmänner angesprochen, wenn er einen Handel einfädeln solle.
München, Messegelände, 31. Oktober 2009
19 Uhr, der zweite Messetag ist zu Ende. Messechef Christoph Keilmann bemüht sich ins Büro, um seine E-Mails abzurufen. Ein Mann Mitte 30, Designerjeans, trendiger Haarschnitt. Noch ein Tag Stress, dann kann er ausspannen. An der Bürotür klebt ein gelbes Post-it: „Rufen Sie mich an. B. Opitsch.“ Und eine Telefonnummer.
Fassungslos starrt Keilmann auf den Zettel. Sein Herz rast. Opitsch. Das Maxberg-Exemplar. Er tippt den Namen und die Initiale in eine Suchmaschine: Benedikt Opitsch, Text und Konzeption, ein Werbefachmann in München. Keilmann zückt sein Telefon.
Er wählt Albersdörfers Nummer.
München, Vorstadtcafé, 4. Dezember 2009
„Manche bezeichnen uns Fossilienhändler pauschal als unmoralisch“, sagt Raimund Albersdörfer. „Vielleicht hilft dagegen ein wenig Öffentlichkeit.“ Nur deshalb dürfe ihn GEO bei dem Treffen mit Keilmann und bei der Suche nach dem verschollenen Maxberg-Exemplar begleiten.
„Nur eines: Wenn wir den Eigentümer finden und der auf Diskretion besteht, dann werde ich schweigen wie ein Grab.“
Keilmann erzählt von seinem Treffen mit Benedikt Opitsch noch auf der Messe. Der habe sich als Sohn des in Kanada lebenden Erben des Maxberg-Exemplars entpuppt. „Ein cooler Typ, unser Alter. Er hat sich die Urvögel angeschaut und viele Fragen gestellt. Wie viel sie kosten, wie Deals eingefädelt werden. Aber von Fossilien versteht er eher wenig“, sagt Keilmann nach dem Treffen.
Einen genauen Grund für die Kontaktaufnahme habe der junge Opitsch nicht genannt. Warum könnte seine Familie Keilmann und Albersdörfer kennenlernen wollen?
Albersdörfer: „Entweder die haben das Maxberg-Exemplar selbst und wissen nicht, wie sie es sauber auf den Markt bringen sollen. Oder es gab damals wirklich diesen Diebstahl – und sie glauben, dass ich weiß, wo es heute ist.“
Was also weiß Albersdörfer über das Maxberg-Exemplar?
Keilmann: „Komm, sag es ...“
Albersdörfer: „Na gut ... Es ist mir vor drei Jahren schon einmal angeboten worden! Von einem Mittelsmann, den ich gut kenne.“ Damals habe sich der geheimnisvolle Eigentümer plötzlich zurückgezogen. „So etwas passiert oft, zum Beispiel wenn jemand stirbt und die Erben streiten. Dann warte ich ein paar Jahre, irgendwann kommen die meisten wieder auf mich zu.“
Könnten die Opitschs selbst hinter dem Angebot gesteckt haben? Albersdörfer: „Gut möglich! Für einen Archaeopteryx fällt hohe Erbschaftssteuer an. Vielleicht sucht der Neffe jetzt nach einem Weg, den Urvogel anonym auf den Markt zu bringen.“
Als nächsten Schritt planen Albersdörfer und Keilmann, Benedikt Opitsch gemeinsam zu treffen. Albersdörfer kann dabei nur gewinnen. Wenn die Opitschs tatsächlich auf der Suche sind, kann er vielleicht von neuen Spuren erfahren. Wenn sie aber das Maxberg-Exemplar abstoßen wollen, kann er einen Käufer vermitteln und Provision kassieren.
Und was, wenn das Maxberg-Exemplar auftauchen würde? Würde Albersdörfer es auch ins Ausland verkaufen? „Ganz klar“, sagt er, „ich würde einen Fund, der für die Wissenschaft so unersetzlich ist, zuerst einem deutschen Museum anbieten. Und wenn es den Preis nicht sofort bezahlen könnte, kein Problem, dann würde ich ihm zehn Jahre Zeit dafür geben.“
Berlin, Museum für Naturkunde, 6. November 2009
Der Generaldirektor Reinhold Leinfelder redet nicht mit Menschen wie Raimund Albersdörfer. „Dass so einer das Maxberg-Exemplar einem deutschen Museum verkaufen würde, glaube ich erst, wenn ich es sehe!“
Leinfelder ist einer der einflussreichsten Paläontologen in Deutschland und das, was man sich unter einem Frauentyp vorstellt: hochgewachsen, Künstlerfrisur aus weißgrauen Haaren, die in eigenwilligem Kontrast zu seinem jung aussehenden Gesicht stehen. Er rollt das R auf bayerisch-schwäbische Art und kann Gesprächspartner mit umwerfendem Charme umgarnen.
Doch wenn Leinfelder auf den Fossilienhandel zu sprechen kommt, kann er scharf werden: „Es ist in Ordnung, wenn jemand, der seine Wochenenden in Steinbrüchen verbringt, ein wenig Geld mit dem Verkauf von Fossilien macht. Fragwürdig finde ich es, wenn jemand seine ganze Geschäftsgrundlage darauf gründet und mit einzigartigen Fossilien ein Millionenvermögen scheffelt.“
Die Händler und die Forscher – schon lange pflegen sie ihre Feindschaft. Denn womit die einen Geschäfte machen, das ist für die anderen von unschätzbarem wissenschaftlichen Wert.
Und zwischen den Fronten steht das Heer der Hobbysammler. Die Wissenschaft ist auf sie angewiesen, denn sie leisten unbezahlbare Fleißarbeit: Ohne sie könnten viele Fossilien nicht gefunden, also auch nicht erforscht und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Längst sind in die Lücke, die die Wissenschaft wegen Geldmangels lassen muss, auch Autodidakten eingedrungen: fingerfertige Buchbinder oder pensionierte Lehrer, die Expertenwissen im Präparieren von Fossilien erworben haben. Sie investieren Hunderte Stunden in das Freilegen feinster Knochenstrukturen – Zeit, die kein Museum bezahlen könnte. Albersdörfer und der Münchner Messechef Keilmann sehen sich als Vermittler zwischen diesen Welten. Ein Forscher wie Leinfelder sieht sie eher als gierige Nutznießer.
Nur flüchtig erinnert sich der Professor an einen Brief Keilmanns, in dem dieser bat, das Berliner Archaeopteryx-Exemplar für seine Messe ausleihen zu dürfen. Leinfelder hat nie geantwortet, sondern in einem Blog gegen die Münchner Mineralientage gewettert. „Auf so einer esoterischen Heilsteinausstellung haben die Urvögel nichts zu suchen. Es sind keine handelbaren Objekte! Dass ein Römerschiff kulturelles und wissenschaftliches Gemeingut ist, muss man niemandem erläutern. Warum ist das bei Schätzen wie dem Archaeopteryx nicht klar?“
Leinfelder fordert ein bundesweites Fossilienschutzgesetz. Es soll den Finder eines wertvollen Fossils verpflichten, dieses der zuständigen Behörde als Kulturgut zu melden. Dann würde das Gesetz zum Schutz gegen Abwanderung greifen und der Eigentümer dürfte ein Fundstück zwar wie bisher behalten, müsste es aber der Wissenschaft zugänglich machen. Und dürfte es in keinem Fall ins Ausland verkaufen. Bislang darf er dies zumindest in Bayern, der Heimat aller Urvögel, ungestraft tun.
Andere Bundesländer, etwa Baden-Württemberg, verfügen über ein derartiges Gesetz. Es setzt aber immer noch auf die Ehrlichkeit der Finder – gegen illegalen Fossilienhandel biete es daher keine Handhabe, sagen Kritiker. Denn schon der rechtmäßige Eigentümer eines wertvollen Fundes, in der Regel der Steinbruchbesitzer, bekommt seine Preziose oft nie zu Gesicht. In den Steinbrüchen des Altmühltals sind manche der angestellten Steinbrecher, so der Verdacht, das erste Glied einer Schwarzmarktkette, die über Zwischenhändler zu den Sammlern führt.
Für Leinfelder ist Raimund Albersdörfer das hässliche Gesicht des Fossilienhandels. Der Professor kann nicht vergessen, wie der Händler 2005 dafür sorgte, dass einer der besterhaltenen Urvögel, das Thermopolis-Exemplar, den Weg zu einem Privatsammler in den USA fand. Nach dem Tod eines Schweizer Sammlers wurde es dem Senckenberg-Museum in Frankfurt angeboten. Das aber konnte den Preis von mutmaßlich zwei Millionen Euro nicht zahlen. Und so erwarb der Spross einer Kosmetik-Dynastie aus Wyoming das Fossil für seine Sammlung; Albersdörfer hatte den Deal vermittelt.
Langenaltheim, Altmühltal, 9. April 2010, 10 Uhr
Der Steinbruch, in dem 1958 ein Geologe das Maxberg-Exemplar in einem Stapel Kalksteinplatten fand, nachdem es dort zwei Jahre lang unentdeckt geblieben war, liegt an einer mit Schlaglöchern übersäten Straße im 2000-Seelen-Dorf Langenaltheim. Einige Gehöfte sind zu sehen, deren Putz schon bröckelt, staubige Fensterscheiben, graue Gardinen.
Hier, mitten im Altmühltal, der Heimat der zehn Urvögel, treffen sie zum ersten Mal zusammen: Messechef Keilmann, Fossilienhändler Albersdörfer und Benedikt Opitsch, der Sohn des Alleinerben. Es gibt keinen besseren Ort, um über das Maxberg-Exemplar ins Gespräch zu kommen. Nur keine zu direkten Fragen stellen, das ist Albersdörfers Plan. Nur nicht allzu interessiert wirken, das könnte den möglicherweise zu zahlenden Preis nach oben treiben.
Von einer Abbruchkante aus eröffnet sich den drei Männern ein weiter Blick über die zerklüftete Steinbruchlandschaft der Region. Kein Mensch ist zu sehen. Weißlich schimmert der Solnhofener Plattenkalk – der Schatz des Altmühltals, den die Menschen hier seit bald 2000 Jahren abbauen.
Wandfliesen, Boden- und Treppenbeläge aus Kalkstein waren einst deutsche Exportschlager. Heute liegt die Industrie danieder. Der Weg zur Fundstelle hinab führt vorbei an Hügeln aus Steinschutt.
Die Männer klettern über lose Brocken und quer liegende Balken zu den Überresten einer Arbeitshütte. Außer Atem blickt Albersdörfer um sich. „Hier war’s. Ihr müsst euch das mal vorstellen: In so einem Stapel lag die Platte zwei Jahre lang. Jeder hätte sie mitnehmen können für 50 Mark und einen Kasten Bier.“
Er blickt an der Kalksteinwand hinauf. „Und irgendwo hier drin steckt ein Exemplar Nummer elf – falls es nicht längst in den Händen eines Sammlers ist, ohne dass wir davon wissen!“
In der Wand liegen Erdschichten frei, die vor 150 Millionen Jahren im Jura-Zeitalter entstanden sind. Platten aus Kalkstein, mal wenige Millimeter dick, mal einige Zentimeter. Gebildet haben sie sich aus den Hartteilen von Kleinstlebewesen und Schlammpartikeln. In diesen Platten eingeschlossen finden sich die Überreste der heute begehrten Tierkadaver, die damals tot auf den Meeresgrund gesunken sind.
Für einen Moment scheinen Albersdörfer und Keilmann den Zweck ihres Besuchs zu vergessen. Greifen zu den rostigen Stemmeisen, die am Boden herumliegen, und spalten Steinplatten auf, meißeln, hämmern. Bald sieht es aus, als tauchten sie in die Welt ihrer Kindheit ab, die sie als Schatzsucher hier in den fränkischen Steinbrüchen verbracht haben. Nur Benedikt Opitsch macht nicht mit. „Ich habe schon früher nie etwas gefunden“, sagt er.
Langenaltheim, 9. April 2010, 12 Uhr
Die Suche nach dem verschwundenen Urvogel führt in die Abgründe der Familie Opitsch – zu einem weiteren alten Onkel zunächst. Einem Mann, der Benedikt Opitsch fremd ist. Albersdörfer aber kennt den Weg zum Haus dieses Mannes, nur zehn Gehminuten vom Steinbruch entfernt. Der Onkel habe nicht nur den Selbstmörder Eduard Opitsch gut gekannt, er sei auch ein Kenner der lokalen Szene, sagt Albersdörfer: „Es lohnt sich anzuhören, wo seiner Meinung nach das Maxberg-Exemplar steckt.“
Ein gebeugter Mann kommt den Besuchern entgegen, kleine Augen hinter einer Stahlrandbrille, unter seiner Schiebermütze quillt schlohweißes Haar hervor. Benedikt Opitsch reicht ihm förmlich die Hand. Und für einen Moment blitzt der alte Zwist auf, der die Familienzweige des einen und des anderen vor zwei Generationen einander entfremdet hat: Drei Brüder erbten damals einen Steinbruch und zerstritten sich über die Erbschaft. Am Ende erkämpfte sich Eduard Opitsch die Abbaurechte, die anderen gingen leer aus.
„Ich glaube, der Eduard hatte die Platte gar nicht mehr, als er starb“, sagt der Onkel. „Denn er hat sie schon Jahre vor seinem Tod niemandem mehr gezeigt.“ Und weiter: „Der Eduard hatte seinen Urvogel schon lange über und wollte ihn loswerden. Ich glaube, er hat ihn verschenkt!“
Benedikt Opitsch, nach einem Moment der Sprachlosigkeit: „Das kann nicht sein, warum sollte er so etwas tun? Ausgeschlossen!“
Und wenn es doch so wäre? Würde das Maxberg-Exemplar je gefunden, so ginge in diesem Fall der Erbe, Opitschs Vater in Kanada, leer aus.
Der Sohn hakt deshalb nach: „Und warum sollte dieser neue Eigentümer seinen Archaeopteryx verheimlichen? Das ist doch unlogisch!“ Keilmann wüsste eine Antwort: „Damit er keine Schenkungssteuer zahlen muss.“
Auf der Rückfahrt nach München blickt Opitsch schweigend aus dem Fenster. Die Suche nach dem Maxberg-Exemplar scheint für alle Beteiligten eine eigenartige Wendung zu nehmen.
München, Büro von Benedikt Opitsch, 23. April 2010
„Leute, eines muss klar sein: Wenn der Archaeopteryx auftaucht, gehört er unserer Familie und sonst niemandem“, sagt Benedikt Opitsch. „Darüber müssen wir uns einig sein. Sonst kommen wir nicht zusammen.“ – „Keiner will euch übers Ohr hauen“, antwortet Albersdörfer ruhig.
Was soll geschehen, wenn der Händler das Maxberg-Exemplar auftreiben könnte? Wer soll dann den Kaufpreis bezahlen? Und falls Albersdörfer die Summe vorstrecken würde und die Familie Opitsch anschließend ihr Eigentumsrecht geltend macht, wie wäre dann der Händler gesichert?
„Das Wort ‚Kaufpreis‘ ist absurd. Wir können ja nicht etwas kaufen, das schon uns gehört“, sagt Opitsch bei diesem Treffen. „Meinem Vater wäre ein Finderlohn lieb. 100.000 Euro!“ Ob Albersdörfer das vorstrecken könne? Oder ein Sponsor, den man noch suchen müsste? Auf jeden Fall solle Albersdörfer schon jetzt einen Vertrag unterschreiben, dass er „im Auftrag der Familie“ suche. Zehn Prozent des Finderlohns wären ihm sicher.
„So funktioniert das nicht. Mit 100.000 Euro und dem Wort ‚Finderlohn‘ holst du keinen, der einen Archaeopteryx hat, hinter dem Ofen hervor“, sagt Albersdörfer. Dann blickt er auf die Uhr und muss zum Zug. Später erklärt er, er habe sich kaum beherrschen können, in seinen Augen stellten die Opitschs unprofessionelle Forderungen. Trotzdem sei er zufrieden. Die Treffen hätten ihm klargemacht: „Die Familie Opitsch hat das Maxberg-Exemplar nicht.“ Ihr Verhalten passe nicht zu Leuten, die nach einem Weg suchten, ein Fossil auf den Markt zu bringen. Neue Spuren seien von den Opitschs auch nicht zu erwarten. Damit zerfällt das Suchbündnis zwischen dem Alleinerben, seinem Sohn, dem Fossilienhändler und dem Messechef.
München, Mineralientage, 30. Oktober 2010
Fossilienhändler Albersdörfer hat in diesem Jahr keinen eigenen Messestand. Er sagt, er habe die vielen Verkaufsgespräche satt. Er schlendert durch die Gassen, und wenn er stehen bleibt, bildet sich rasch eine kleine Traube von Menschen um ihn, die auf ihn einreden. Albersdörfer will sich nur noch mit den ganz großen Deals beschäftigen. Er ist hier, um Kontakte zu pflegen.
Christoph Keilmann erwartet den Händler an einem Biertisch in Halle C. Er will wissen, was dessen weitere Recherchen ergeben haben. „Ich habe alles versucht“, sagt Albersdörfer. Vergeblich. Auch jener Mittelsmann, der ihm schon einmal etwas angeboten hat, habe abgeblockt. „Wir haben viel Staub aufgewirbelt“, sagt Albersdörfer. Möglicherweise habe der Eigentümer von der Suche nach dem Maxberg-Exemplar gehört. „Viele ziehen sich gerade dann zurück.“ Aber Keilmann meint: „Die Zeit bringt alle Dinge an den Tag.“
München, Gasthaus Scheidegger, 14. März 2011
Wolf Opitsch, der die Suche nach dem Maxberg-Exemplar in Gang setzte, ist zu Besuch aus Kanada.
„Man könnte noch vielen Spuren nachgehen“, sagt er. Da sei ein früherer Museumsleiter, der es doch nie verwunden habe, sein wertvollstes Ausstellungsstück zu verlieren. Ein inzwischen schwer kranker Mann, nicht mehr zu befragen. Dann dieser Stammtischbruder des Eduard Opitsch, ein junger Mann damals, der sich in den letzten Lebensjahren des Alten dessen Vertrauen erschlichen habe. Aber vor einigen Jahren sei der verstorben.
Benedikt Opitsch sagt in diesem Moment: „Ich glaube, Albersdörfer weiß, wo es ist. Und nachdem er gesehen hat, dass es mit uns nicht so läuft, wie er dachte, dreht er jetzt allein sein Ding.“
Oberhaching, 19. Juli 2011, 12 Uhr
Manchmal sucht man etwas – und findet etwas anderes. Eine Sensation ist zu vermelden. Nur nicht die erwartete.
Während Messechef Keilmann noch immer hofft, er werde mit dem Händler Albersdörfer das Maxberg-Exemplar des Archaeopteryx auftreiben, ist aus dunklen Quellen ein bislang gänzlich unbekanntes Exemplar des Urvogels aufgetaucht. „Nummer 11“ heißt es. Inoffiziell, denn noch weiß die Fachwelt nichts von dessen Existenz.
Keilmann liegt bäuchlings vor der niedrigen Geheimkammer seines früheren Kinderzimmers, in seinem Elternhaus unter dem Dach. Nur seine Beine schauen heraus. Als er eine flache Kiste hervorgezerrt hat, ist er außer Atem, sein Kopf hochrot. „Das Ding hat nicht in unseren Tresor gepasst, da kam ich auf dieses Versteck aus meiner Kindheit.“
19 Jahre nach dem letzten bekannten Fund eines kompletten Urvogelskeletts ist jetzt Gewissheit, was viele in der internationalen Forscher- und Museumsdirektorenwelt schon lange glaubten: Es gibt einen elften heiß begehrten Star aus der Urwelt – möglicherweise sogar schon mehr. Nummer elf hat ein Sammler der Welt bis heute vorenthalten.
Hat Keilmann ihn gekauft? Er verneint. Der Eigentümer habe sich entschlossen, das Exemplar der Wissenschaft als Leihgabe zugänglich zu machen. Ohne Bezahlung.
München, Bayerische Staatssammlung, 19. Juli 2011, 14 Uhr
Keilmanns Kiste steht auf dem Sofatisch im Büro von Gert Wörheide, dem Leiter der Bayerischen Staatssammlung, der Kurator Oliver Rauhut dreht die Kreuzschrauben aus dem Deckel. Die Umstehenden halten den Atem an.
Fünf Eingeweihte sind zusammengekommen. Sie müssen das Geheimnis des elften Archaeopteryx noch Monate für sich bewahren, hat Keilmann gefordert – er möchte die Sensation zunächst auf seiner Messe im Oktober 2011 der Öffentlichkeit präsentieren.
Die Umstehenden staunen, als Rauhut den Deckel lüftet. Ein hervorragend präpariertes Fossil liegt vor ihnen. Mit einem viel besser erhaltenen Federkleid als bei fast allen bislang bekannten Exemplaren, wie Rauhut findet. In den folgenden Wochen soll er die wissenschaftliche Erstbeschreibung liefern.
Wo und wann der Urvogel gefunden wurde, will Gerhard Haszprunar, der Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns, wissen. Informationen über Fundort und Gesteinsschicht sind wichtig für die Forscher, um den Fund zu analysieren. Aber Keilmann bedauert. Er kenne den Eigentümer nicht. „Ich weiß nur, dass das Stück aus der Familie eines Steinbruchbesitzers kommt, deshalb darf ich auch den Fundort nicht verraten.“
Und gab es einen Mittelsmann? Keilmann bedauert erneut. War es Albersdörfer? Der sagt nur: „Ich gratuliere dem Christoph. Und der Wissenschaft.“
Höflich nehmen die Forscher zur Kenntnis, dass sie nichts über die Herkunft des elften Archaeopteryx erfahren werden. Immerhin: Wie aus dem Nichts ist ihre Sammlung um eines der begehrtesten Fossilien der Welt reicher geworden. Und sie müssen nicht einmal dafür bezahlen. Die Wissenschaft und der Fossilienkommerz, jene beiden so unterschiedlichen Welten: An diesem Tag in München versöhnen sie sich.
Das Geheimnis des Maxberg-Exemplars aber, die Frage, was mit ihm vor oder nach dem Selbstmord des Eduard Opitsch geschah, bleibt weiter im Dunkeln. Jener Urvogel, der seinen Eigentümer so unglücklich und einsam machte, ist und bleibt der letzte verschollene Archaeopteryx.
Aus GEO Nr. 11/2011