WARENKUNDE & REIFEVERFAHREN

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FLEISCHREIFUNG

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Wer mag es nicht: ein Stück Fleisch mit vollmundigem Geschmack und einem zarten, saftigen Biss. Wer diesen Genuss schon einmal erlebt hat, schwärmt mit großer Wahrscheinlichkeit von einem gereiften Stück Fleisch.

Bis vor ca. zehn Jahren war die Fleischreifung ein Thema, mit dem sich nur sehr wenige Menschen in Deutschland beschäftigten. In den deutschen Fleischverkaufstheken ging es ausschließlich um das Thema Frische, wollte man die Qualität des Fleisches hervorheben. Alleine die Risikominimierung einer Keimbelastung des Fleisches stand im Marketing – wenn eins betrieben wurde – im Fokus. Die industriellen Massen-Produktions- und Handelsstrukturen erlaubten keine unnötige und damit kostenverursachende Lagerung von Fleisch.

Das Wissen um die geschmacklichen Konsequenzen von nicht gereiftem Fleisch war eher ein unbewusstes: Nur das Filet hatte auch ohne Reifung sicher die gewünschte Zartheit, bei allen anderen Edelteilen war Vorsicht geboten, denn die guten Stücke waren mit hoher Wahrscheinlichkeit zäh.

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Doch das Thema Fleischreifung existierte, Spitzenköche und wenige Metzger vom alten Schlag wussten darum, dass gereiftes Fleisch für den Genießer begehrenswert ist und so wurde für den eigenen Gastronomiebetrieb oder auf Vorbestellung für den Metzgereikunden bzw. für den Metzger selbst gereift.

Und wie so oft ist der Prophet im eigenen Lande nichts wert. So kürte eine führende Männergenusszeitschrift im Jahr 2009 das Irish Beef Hereford Prime 21 Tage Dry-aged Ribeye von der Grünen Insel Irland als bestes Steak der Welt. Erstaunlich zum damaligen Zeitpunkt: Das Ribeye/Entrecote setzte sich gegen heimische und internationale Filets durch.

Und damit wurden zwei Trends in Deutschland geboren, die den Sprachgebrauch und das Angebot für den Konsumenten bis heute nachhaltig beeinflussen. Zum einen: Es muss nicht immer Filet sein, zum anderen: Dry-aged Fleisch ist eine Kostprobe allemal wert.

ZIELE DER REIFUNG

Bei der Fleischreifung wird in erster Linie das Ziel verfolgt, das Fleisch sehr zart zu machen. Darum geht es bei allen angewendeten Reifemethoden. Neben der Optimierung der Zartheit hat man durch die Reifung aber auch die Möglichkeit, den Fleischgeschmack positiv zu beeinflussen. Zum einen kann der vorhandene Eigengeschmack des Fleisches konzentriert und damit intensiviert werden, zum anderen ist es aber auch möglich, eine geschmackliche Weiterentwicklung zu erreichen, nämlich dann, wenn neue Geschmacksnuancen den vorhandenen Fleischgeschmack ergänzen.

Grundsätzlich kann man die Reifung als diejenige Phase bezeichnen, in der das Fleisch nach Aufhebung der Totenstarre in einer kontrollierten Umgebung lagert, in der sowohl die hygienischen Bedingungen wie auch die Temperatur überwacht werden. Das Fleisch verbleibt dort so lange, bis sich der gewünschte Zustand im Hinblick auf Zartheit und Geschmack eingestellt hat.

AUSFLUG IN DIE GESCHICHTE DER FLEISCHREIFUNG – EIN BLICK ZURÜCK

Voraussetzung für eine erfolgreiche Fleischreifung ist die schon beschriebene Umgebung, in der die Hygiene und die Temperatur überwacht werden. Eine Temperaturüberwachung gibt es erst seit der Erfindung des Kühlschrankes, also etwa seit dem Jahr 1930. Vorher gab es Eisschränke, Höhlen oder gar keine Möglichkeit, Lebensmittel sicher kühl zu lagern. Zwar wurde Fleisch auch schon vor der Existenz des Kühlschrankes, der die Möglichkeit einer sicher gleichbleibend gekühlten Umgebung bietet, gelagert, aber üblich war es, Fleisch zusätzlich direkt zu konservieren – sei es durch Salzen, Räuchern oder Einkochen.

Erst mit dem Einzug von Kühlkammern in die Fleischverarbeitung bot sich somit die Möglichkeit, Fleisch länger gekühlt zu lagern.

Bis Ende der 1960er-Jahre fand so die Reifung des Fleisches in Kühlkammern statt. Die Tiere hingen komplett oder nach Grobzerlegung in Vorderviertel, Rücken und Hinterviertel in der Kammer. Aus dieser Zeit stammt der Begriff „am Knochen reifen“, da die Feinzerlegung zu diesem Zeitpunkt noch nicht stattgefunden hatte. In erster Linie hatte das den praktischen Grund, dass das Fleisch so besser geschützt vor Austrocknung und Verkeimung war im Vergleich zur Lagerung in verkaufsfertigen, kleinen Portionen. Einen festgeschriebenen Standard für die Reifezeit gab es zu dieser Zeit nicht, wir können davon ausgehen, dass die Reifedauer durch Abverkauf und sicherlich durch individuelle Erfahrungen geprägt war.

Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre gab es den nächsten Technologiesprung: vakuumiertes Fleisch. Durch das Verpacken und die Lagerung von Fleisch in Vakuumbeuteln ergaben sich zwei Vorteile. Erstens eine deutlich längere, sichere Lagerdauer, da nach dem Verpacken keine weitere zusätzliche Verkeimung mehr stattfinden konnte und zweitens das Verhindern des Gewichtsverlustes, da es nicht mehr weiter austrocknete. Dem Metzger bot sich also die Möglichkeit, das Fleisch günstiger anzubieten.

Diese beiden Vorteile waren für die Fleischindustrie so überzeugend, dass das vakuumierte Fleisch in kurzer Zeit zur dominanten Verpackungsart wurde.

Zu diesem Zeitpunkt überwogen die praktischen Gründe für Vakuumierung, Gesichtspunkte des Genusses spielten noch keine Rolle.

Wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit dem Thema Fleischreifung stammen zumeist aus den 1980er- und 1990er-Jahren sowie aus heutiger Zeit.

Gereiftes, vakuumiertes Fleisch wurde uns Deutschen dann Anfang der 1970er-Jahre präsentiert. Auch wenn es damals und heute so nicht beworben wird. Die neue Verpackung in Vakuumbeuteln machte es möglich, Fleisch aus Südamerika nach Deutschland zu importieren. Dieses Fleisch war mehrere Wochen im Vakuumbeutel unterwegs und kam somit perfekt gereift auf die Teller der neu entstehenden südamerikanischen Steakhäuser. Binnen kurzer Zeit hatten die aus Argentinien importierten Steaks den Ruf, die besten zu sein, die man in Deutschland bekommen konnte. Sie waren ganz einfach wesentlich zarter als unser ungereiftes deutsches Fleisch.

Wenn über gereiftes Fleisch gesprochen wird, muss man natürlich auch einen Blick in die Rindfleischnation USA werfen. Auch hier machte der Fortschritt nicht halt und so stellte die Fleischindustrie ab dem Jahr 1967 auf Vakuumbeutel um. Im Unterschied zu Deutschland führte die ausgeprägte Steakhouse-Kultur allerdings dazu, dass trocken gereiftes Fleisch weiterhin verfügbar war. Nahezu alle bekannten Steakhäuser sind für die eigene Reifung nach dem Dry-aging-Verfahren bekannt. Schon in den 1980er-Jahren erlebte diese Vorgehensweise einen Boom.

So konnte der deutsche Tourist die Vorzüge eines dry-aged Steaks genießen und dieses Erlebnis mit nach Deutschland bringen. Ein Export von dry-aged Fleisch aus den USA war und ist bis dato nicht möglich.

Eines der ersten Steakhäuser nach US-Vorbild in Deutschland, das das Thema Dry-aging aufgegriffen hat, war die 2011 gegründete Meatery in Hamburg. Küchenchef Hendrik Maas konnte vorher im Steakhouse Wolfgang’s in New York Einblicke in die Steakhouse-Fleischreifung gewinnen.

Ein Filmteam aus Deutschland, das das schimmelbefallene Fleisch aus den Reifekammern des Wolfgang’s in die deutschen Wohnzimmer brachte, erregte weitere Aufmerksamkeit für das Thema Dry-aging.

So populär – und auch spektakulär – das Dry-aging auch sein mag, aber auch in Irland war die dominierende Form der Fleischreifung das Wet-aging. Allerdings wurde auch hier, genau wie in den USA, die Kunst des Dry-aging über die Steakhouse- und Metzger-Kultur aufrechterhalten.

In Irland rückte das Thema Dry-aging dann Anfang des neuen Jahrtausends in den erweiterten Fokus der Gastronomie und damit der Produzenten, die dann ein paar Jahre später begannen, trocken gereiftes Fleisch auf das europäische Festland zu exportieren.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in der Vergangenheit das Thema Fleischreifung ausschließlich beim Rindfleisch im öffentlichen Fokus stand.

GRUNDLAGEN ZUR FLEISCHREIFUNG

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Grundsätzlich kann jedes Fleisch gereift werden.

SOLLTE JEDES FLEISCH GEREIFT WERDEN?

Wenn wir uns die Ziele des Reifens anschauen, dann versuchen wir ja, über die Reifung die Zartheit zu erhöhen und den Geschmack zu verbessern.

Die Verbesserung der Zartheit über den Reifeprozess macht natürlich nur bei denjenigen Stücken Sinn, bei denen wir auch eine verbesserte Zartheit wahrnehmen können. Damit sind wir bei den Kochverfahren. Vom Gesichtspunkt der Zartheit ausgehend macht es nur Sinn, Stücke zu reifen, die kurzgebraten werden können. Schmorstücke zu reifen, ist nicht sinnvoll, da hier durch den langen Garprozess die Grundzartheit des Ausgangsproduktes keine wahrnehmbare Rolle mehr spielt.

Aus diesem Grund werden die sogenannten Edelteile, insbesondere die Rückenstücke, gereift und nicht die Ober- oder Unterschale, aus denen Rouladen und Gulasch geschnitten werden.

Schauen wir uns die verschiedenen Tierarten an, so gilt auch hier, dass grundsätzlich jede Tierart gereift werden kann. Geläufig ist uns die Reifung bei Rind. Die meisten wissen auch, dass Wild in der Decke abhängen kann. Gutes Lamm sollte auch eine Woche hängen, bevor es zerlegt wird. Aber wie sieht es mit Schwein und Geflügel aus, wird dieses auch gereift?

SCHWEIN UND GEFLÜGEL

Gereiftes Schwein ist weniger bekannt, denn für das Standardschwein aus Massentierhaltung ist es auch nicht notwendig. Dadurch, dass die Tiere sich in ihrem fünf- bis sechsmonatigen Leben nur minimal bewegen können, werden auch die Muskeln nicht beansprucht und bleiben schlaff und damit zart. Das gleiche gilt für die 28 Tage, die ein normales Huhn aus Massentierhaltung auf der Welt ist. Das Fleisch ist immer butterzart.

Für das Standardschwein und -huhn ist die Fleischreifung also nicht notwendig.

Völlig anders sieht es allerdings aus, wenn Schweine und Geflügel in Freilandhaltung gezüchtet werden, denn dann haben sie so viel Platz, dass sie sich bewegen können und dadurch ihre Muskeln beanspruchen.

Vielleicht haben Sie als Leser schon einmal die Erfahrung gemacht, dass Sie ein Bio-Hähnchen aus Freilandhaltung oder ein Huhn aus Freilandhaltung direkt beim Bauern gekauft und voller Vorfreude wie üblich zubereitet haben.

Und dann kam die große Enttäuschung auf dem Teller, denn das Fleisch war wesentlich bissfester, um nicht zu sagen zäher, als das übliche Fleisch aus dem Supermarkt.

Um eine höhere Zartheit zu erreichen, macht das Reifen bei Schweinen und Geflügel aus Freilandhaltung wieder Sinn.

In Frankreich wird die Kunst der Geflügelreifung heute immer noch aktiv betrieben und in der Prozesskette von der Schlachtung bis zum Verkauf berücksichtigt. Nur in Frankreich kann Geflügel gekauft werden, das efilliert ist.

Efilliertes Geflügel zeichnet sich dadurch aus, dass es von außen komplett unverletzt ist. Nur der Darm wird entfernt, damit möglichst keine Verletzung entstehen. Die Federn werden vorsichtig gerupft, damit die Haut nicht verletzt wird. Der Schnitt zum Ausbluten erfolgt im Inneren des Halses. Damit wird erreicht, dass dieses Geflügel auch bei längerer Reifung nur minimal verkeimt wird.

Das zweite Ziel des Reifens ist eine geschmackliche Weiterentwicklung, eine Verbesserung des Fleisches. Um zu entscheiden, welches Fleisch sich dazu eignet, kommt es ausschließlich auf die spätere Verwendung an.

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Wie sich das Fleisch durch die Reifung geschmacklich entwickelt, hängt ganz entscheidend von der Ausgangsqualität des Fleisches ab.

Hier sind folgende Beobachtungen zu machen: Hat die ungereifte Ausgangsware gar keinen Eigengeschmack, kann auch durch die Reifung das Geschmacksbild nicht wesentlich verändert werden. Ist ein Eigengeschmack in der Ausgangsware schon vorhanden, dann kann dieser durch das Dry-aging konzentriert werden.

Weist das Fleisch einen Fettanteil auf, dann kann sich der Geschmack durch die Oxidation der Fettmolekühle beim Dry-aging weiterentwickeln. Werden magere Stücke ohne Fett zum Dry-aging genommen, kann sich der Geschmack des Fleisches auch nicht weiterentwickeln.

Hat das Ausgangsfleisch schon einen intensiven Eigengeschmack, kann eine Verstärkung des Eigengeschmacks durch Dry-aging das Geschmacksbild zum Negativen wenden, da der Geschmack zu intensiv wird.

Alle Geschmäcker sind unterschiedlich. Was dem einen zu viel ist, ist dem anderen zu wenig. Nur durch Ausprobieren kann man herausfinden und entscheiden, bei welchem Tier, bei welchem Fleisch das Reifen unter Geschmacksgesichtspunkten Sinn macht.

WAS BEIM REIFEN NOCH WICHTIG IST

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AUSGANGSQUALITÄT DES FLEISCHES

Gehen wir davon aus, wir haben Fleisch, das sich zum Reifen – und grundsätzlich zum Kurzbraten – eignet. Nach der Reifung sollte es zart oder sogar sehr zart sein.

Die Ergebnisse der Reifung richten sich nach der Ausgangsqualität, das ist nicht verwunderlich. Fleischrasse, Geschlecht, Fütterung und Schlachtalter bestimmen, welche Endqualität durch das Reifen erreicht werden kann.

Dies bezieht sich insbesondere auf die Zartheit, denn über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.

So wird ein deutscher Jungbulle auch durch einen noch so optimierten Reifeprozess nicht die Zartheit eines gereiften US-Ochsen in Prime-Qualität erreichen. Ein gereiftes, mageres Limousin Rind wird niemals die Zartheit eines kleinwüchsigen Black Angus Rindes oder Hereford Rindes bekommen.

REIFETEMPERATUR

Die Temperatur in der Reifekammer wirkt sich auf den Reifeprozess aus: Je höher die Temperatur, desto schneller erfolgt die Reifung. Dabei darf sie natürlich nicht so hoch sein, dass der Verderbnisprozess den Reifeprozess überlagert.

Heute wird bei der normalen Fleischlagerungstemperatur von 0 bis 2 Grad Celsius gereift. Insbesondere dann, wenn man neben der Reifung auch noch Fleisch ganz normal lagert.

In spezialisierten Reifekammern gehen die Produzenten gerne etwas höher mit der Temperatur. Üblich sind hier Temperaturen von 3 oder auch 4 Grad Celsius.

Die Luftfeuchtigkeit in der Reifekammer hat zwei Effekte. Zum einen kann sie ein übermäßiges Austrocknen des Fleisches verhindern. Zum anderen verhindert eine niedrige Luftfeuchtigkeit ungewollte Schimmelbildung. In Reifekammern ohne aktive Steuerung der Luftfeuchtigkeit pendelt sich in der Regel eine Luftfeuchtigkeit zwischen 70 und 80 % ein. Auf Geschmack und Zartheit hat die Luftfeuchtigkeit keinerlei Einfluss. Bei der Steuerung der Luftfeuchtigkeit stehen wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund – es geht um den Verlust durch Abtrocknen, bzw. durch Verderbnis.

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REIFEDAUER

Für die Festlegung der Reifedauer sind Tierart, Ausgangsqualität des Fleisches, Fleischschnitt und das gewünschte Ergebnis von Bedeutung. Sie muss also ganz individuell gewählt werden.

Wichtig ist zu wissen, dass es für jedes Produkt einen optimalen Zeitpunkt gibt, in dem sich Zartheit und die Geschmacksentwicklung beim Dry-aging treffen.

Für die verschiedenen Tierarten gibt es in der Praxis Erfahrungswerte, die als Anhaltspunkt dienen können, welche Reifedauer sinnvollerweise zu wählen ist.

GEFLÜGEL

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SCHWEIN

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TIERART

REIFEDAUER

Efilliertes Huhn

bis 10 Tage

Größeres effiliertes Geflügel (Gans, Pute oder Kapaun)

bis
3-4 Wochen

Schwein

bis 14 Tage

Lamm

bis 7 Tage

Größeres Wild (Reh, Hirsch, Wildschwein)

bis 7 Tage

Rind Rückenstücke

bis
3-6 Wochen

Diese Zeiten dienen als Anhaltspunkt, wann die optimale Zartheit erreicht ist. Darüber hinaus kann natürlich weiter gereift werden – wenn die hygienische Ausgangsqualität so gut ist, dass keine Verderbnis einsetzt –, um das Produkt beim Dry-aging geschmacklich noch weiterzuentwickeln.

Bei dieser geschmacklichen Weiterentwicklung beim Dry-aging wird aber ein Kompromiss eingegangen. Denn je länger das Fleisch an der Luft gereift wird, desto mehr Wasser wird entzogen. Damit wird die Struktur kompakter, fester und es geht etwas von der Zartheit verloren. Zur Veranschaulichung: Das ultimative Dry-aged Produkt ist der luftgetrocknete Schinken. Ein toller Schinken ist auch nicht zäh, aber auch er wird fein aufgeschnitten und nicht in Steakzuschnitt und -größe serviert.

LAMM

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RIND

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WILD

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VERFAHREN ZUR FLEISCHREIFUNG

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Eine Klassifizierung der verschiedenen Verfahren kann wie folgt aussehen: Aerob und anaerob, jeweils mit und ohne Zugabe von Geschmacksgebern.

Aerobe Verfahren stehen für das tatsächliche Dry-aging, das Reifen an der Luft mit Sauerstoffkontakt. Bei den anaeroben Verfahren wird der Kontakt zur Luft weitestgehend ausgeschlossen. Diese beiden Grundverfahren können dann in der Regel nur noch mit geschmacksgebenden Stoffen verfeinert werden. (siehe Seite 26 + 27)

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AEROBES VERFAHREN – DRY-AGING

Kann prinzipiell für alle Fleischarten, also für Rind, Schwein, Lamm, Geflügel angewendet werden.

„KLASSISCHES“ REIFEN AM KNOCHEN

Hierbei werden die zu reifenden Fleischteile mit dem zugehörigen Knochen in einer Reifekammer an der Luft gereift.

Die Stücke hängen oder liegen in einer Reifekammer, je nachdem was aufgrund der Größe praktischer ist. Stücke mit Knochen, die in Frage kommen, sind beim Rind und Schwein komplette Rücken mit den Teilstücken Entrecote, Roastbeef und Filet. Die dann nach der Reifung in die Teilstücke mit Knochen Ochsenkarree, Ribeye mit Knochen, T-Bone, Porterhouse und Roastbeef mit Knochen (Shell Steak) oder Schweinekarree zerlegt werden können oder in die jeweils knochenlose Variante.

Die Temperatur in der Reifekammer hängt von der Philosophie des Produzenten ab und kann zwischen 0 Grad bis 4 Grad schwanken.

Neben dem Effekt, dass Steaks, die noch Knochenanteile enthalten, gewonnen werden können, – z. B. T-Bone, Porterhouse, Karrees – hat das Reifen am Knochen den Vorteil, dass das durch den Knochen geschützte Fleisch nicht austrocknet und somit kein Parierverlust an diesen Stellen entsteht. Außerdem wird das Fleisch an den unter dem Knochen liegenden Stellen durch die Reifung zart, aber der Geschmack ist weniger intensiv als an den Stellen, die direkten Kontakt mit der Luft haben.

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DRY-AGING IN EINER SALZKAMMER

Immer häufiger sieht man insbesondere Show-Reifeschränke mit einer Salzwand oder in denen Salzplanken liegen. Durch die osmotische Wirkung des Salzes kann die Luftfeuchtigkeit in der Kammer reduziert werden. Teilweise berichten die Verkäufer und Anwender, dass die Salzwand auch einen positiven Einfluss auf den Geschmack des Fleisches hat. Hier kann es sich aber nur um den Einfluss einer geringeren Luftfeuchtigkeit handeln. Untersuchungen, inwieweit sich die Luftfeuchtigkeit auf den Geschmack auswirkt, liegen aber noch nicht vor. Angeleuchtet haben die Salzplanken auf jeden Fall einen optisch sehr schönen Effekt.

Ansonsten weist das Dry-aging in der Salzkammer keine Unterschiede zum klassischen Reifen am Knochen auf.

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DRY-AGING AM KNOCHEN MIT UNKONTROLLIERTEM SCHIMMELPILZ

Kommen Schimmelsporen in eine Reifekammer und herrscht eine hohe Luftfeuchtigkeit vor, die das Wachstum des Schimmels erlaubt, dann kann das Fleisch von Schimmel befallen werden. Die Schimmelbildung kann gegebenenfalls durch den Produzenten bewusst gewollt sein, sein Wachstum ist aber auf jeden Fall unkontrolliert.

In der Regel versuchen Produzenten von Dry-aged-Fleisch eine Schimmelbildung zu vermeiden, da gesundheitliche Risiken aufgrund toxischer Stoffe im Schimmelpilz nicht ausgeschlossen werden können. Wenn es bewusst gemacht wird, dann verspricht sich der Produzent eine erweiterte Vielfalt der Geschmacksaromen, die durch verschiedenartige Schimmelpilze erreicht werden kann.

DRY-AGING IM REIFEBEUTEL

Hierbei werden die Stücke in einem Reifebeutel vakuumiert. Der Reifebeutel ist semipermiabel und lässt nur Wasser nach außen durch. Bakterien oder sonstige Stoffe kommen durch den Beutel nicht an das Fleisch oder an die Luft nach außen. Die Methode eignet sich für die Verwendung knochenloser Stücke, da diese Beutel relativ schnell durch scharfe Kanten reißen können. Durch den Schutz gegen Verkeimung eignen sich die Beutel gut für die Reifung in Kühlschränken und Kühlkammern, in denen auch andere Lebensmittel lagern.

Nachteil sind die höheren Kosten für den Beutel und die Notwendigkeit eines Vakuumierers.

Der Vorteil, der die höheren Kosten zum Teil wieder aufwiegt, ist ein geringerer Verlust durch Austrocknung verglichen mit dem beutellosen Dry-aging, bzw. mit der Reifung am Knochen.

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DRY-AGING MIT KONTROLLIERTEM SCHIMMELPILZ (LUMA BEEF)

Während es in zu feuchten Umgebungen beim Dry-aging zu unkontrolliertem Schimmelwachstum auf dem Fleisch kommen kann, hat ein junges Schweizer Unternehmen ein Verfahren entwickelt und patentieren lassen, bei dem mithilfe einer definierten Schimmelpilzkultur keinerlei toxische Stoffe freigesetzt werden. Dieser Schimmel befindet sich in den Reifekammern der Firma LUMA und durchwächst das dort am Knochen lagernde Fleisch. Aktuell wendet die Firma LUMA dieses Verfahren für Rind, Schwein und Kalb an.

Für LUMA ist es wichtig, dass es sich um einen unveränderten, natürlichen Pilz handelt, der so auch in der freien Natur vorkommt.

Der verwendete Schimmelpilz besiedelt das ganze Fleisch und wächst hindurch. Dadurch, dass es sich um genau einen Schimmelpilz handelt, bestimmt dieser auch den Geschmack des Fleisches, der sehr erdig und käsig ist und fast an einen Camembert erinnert. Laut Aussage von LUMA bewirkt der hindurchwachsende Pilz auch, dass das Kollagen aufgebrochen wird und somit das Fleisch zusätzlich zum Effekt der natürlichen Reifung noch zarter wird.

DRY-AGING MIT SONSTIGEN GESCHMACKSGEBENDEN STOFFEN

Neben den vorgestellten Verfahren, die darauf abzielen, den Eigengeschmack des Fleisches zu intensivieren oder im Falle von LUMA basierend auf alten Erfahrungen weiterzuentwickeln, wird auch heute versucht, während des Reifeprozesses das Fleisch mit „neuen“ geschmacksgebenden Stoffen zu aromatisieren. Sei es eine Heureifung, eine Kräuterreifung oder Aschereifung. Der Fantasie und den Geschmackswünschen der Produzenten und Kunden sind hier keine Grenzen gesetzt.

Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass, je nach Intensität der Aromatisierung, der typische Dry-aging-Geschmack verloren geht.

ANAEROBE VERFAHREN – REIFUNG UNTER AUSSCHLUSS VON LUFT

Bei den anaeroben Verfahren erfolgt die Reifung unter Ausschluss der Luft. Dies führt grundsätzlich dazu, dass sich durch fleischeigene Lactate (Milchsäure) ein leicht säuerliches Milieu einstellt. Eine Intensivierung des Fleischgeschmacks bzw. eine geschmackliche Weiterentwicklung des Fleischeigengeschmacks findet bei diesen Verfahren nicht statt.

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WET-AGING IM VAKUUMBEUTEL

Das heute gängige und am weitesten verbreitete Verfahren.

Die Teilstücke – meist ohne Knochen – werden ein bis drei Tage nach der Schlachtung vakuumiert und können dann in normalen Kühlkammern je nach Wunsch gereift bzw. gelagert werden. Für den Händler hat dieses Verfahren den geringsten Gewichtsverlust, denn selbst, wenn die Haltefähigkeit des Fleisches für Wasser nicht so hoch ist, verbleiben alle austretenden Fleischsäfte im Beutel und reduzieren so nicht das Ursprungsgewicht.

Abgesehen davon, dass sich unter Umständen eine leicht säuerliche Note einstellt, bleibt der ursprüngliche Fleischgeschmack erhalten. Die Reifung hat also nur Auswirkung auf die Zartheit. Dieses Reifeverfahren macht somit auch für den Genussmenschen Sinn, wenn er den ursprünglichen

Geschmack des Fleisches erhalten möchte. Dies ist zum Beispiel bei Bisonfleisch angeraten.

Mit dem Wet-aging-Verfahren sind grundsätzlich lange Haltbarkeiten für Fleisch erzielbar, da unter Ausschluss von Luft keine weitere Verkeimung stattfinden kann. Ist die Ausgangsqualität hygienisch hervorragend, können zum Beispiel beim Rindfleisch Lagerzeiten bis zu fünf Monaten erreicht werden, ohne dass das Fleisch als verdorben bezeichnet werden kann. Unabhängig davon stellen sich aber bei einer langen Lagerdauer mehr und mehr säuerliche und dumpfe Geschmacksnoten ein, die den Genuss einschränken.

Idealerweise wird das Fleisch nach einer optimalen Reifezeit, nämlich dann, wenn die bestmögliche Zartheit erreicht wird, genossen. Alternativ kann das Fleisch auch zum optimalen Zeitpunkt schockgefrostet werden. International wird dieses Prinzip als Fresh frozen bezeichnet. Also Schockfrosten zum optimalen, gereiften Frischezustand anstatt am Ende der Mindesthaltbarkeit, was früher und heute auch noch üblich ist und war.

Das Wet-aging hat den Vorteil, dass keine speziellen Reiferäume notwendig sind. Somit entspricht die Reifetemperatur in der Regel der Lagertemperatur für Fleisch zwischen 0 und 2 Grad. Aber auch hier zählt das Prinzip, je höher die Reifetemperatur, desto schneller erfolgt die Reifung.

REIFEBOX-VERFAHREN

Schon in historischen Zeiten wurden Stein- und Marmorgefäße genutzt, um durch weitgehenden Luftabschluss die Reifung von Fleisch zu ermöglichen. Überliefert ist dieses Verfahren bei der Herstellung des italienischen Lardos, bei dem der Schweinebauch in Marmortrögen reift.

Heute gibt es Kunststoffbehälter, die den gleichen Zweck erfüllen. Auch das Verfahren ist das Gleiche. Das Fleisch wird in einen Behälter gefüllt, dann wird der Deckel fest auf das Fleisch gedrückt, um alle Luft aus dem Behälter zu pressen. Ist dies erfolgt, wird der Deckel beschwert oder fixiert, damit der Druck auf das Fleisch aufrechterhalten wird.

Anhänger des Verfahrens sehen die Vorteile darin, dass in der Regel keine Farbveränderung des Fleisches eintritt – im Gegensatz zum Wet-aging. Auch wird ein höherer Genuss bei gleicher Reifedauer empfunden. Dies konnte durch wissenschaftliche Untersuchungen aber nicht bestätigt werden. Gelagert werden die Boxen auch wieder in den Fleischkühlräumen.

REIFUNG IN RINDERTALG

Durch das Eintauchen und Versiegeln von Fleischstücken in Fett – üblich ist Rindertalg – kann das Fleisch auch anerob reifen. Dieses Verfahren sieht man häufig noch bei Köchen, die das Fleisch selbst reifen. Insbesondere große Stücke mit Knochen, die schwer zu vakuumieren sind, können so vor einer weiteren Verkeimung geschützt werden.

REIFUNG IN FLÜSSIGKEITEN

Wird das Fleisch in einer Flüssigkeit eingelegt und in der Kühlkammer gelagert, kann einer weiteren extern bedingten Verkeimung vorgebeugt werden.

Klassisch ist die Reifung in Öl. Innovative Metzger reifen ihr Fleisch aber auch schon mal in Mineralwasser.

REIFUNG IN FLÜSSIGKEIT MIT GESCHMACKSGEBENDEN STOFFEN

Insbesondere Öl kann mit Kräutern und Gewürzen aromatisiert werden. Somit kann die Reifedauer im Ölbad genutzt werden, diese Aromen auf das Fleisch zu übertragen.

ZUSAMMENFASSUNG DER REIFEVERFAHREN

Alle Reifeverfahren eignen sich dazu, das Hauptziel der Reifung, die optimale Zartheit des Fleisches, zu erreichen. Die Dry-aging-Verfahren können darüber hinaus den Eigengeschmack des Fleisches intensivieren oder weiterentwickeln.

Weitere Aromatisierungen während der Reifedauer sind möglich und werden zum Teil auch schon angewendet.

GESCHMACKLICHE AUSWIRKUNG DES DRY-AGING

Das spannendste Reifeverfahren ist sicherlich das Dry-aging in den verschiedenen Formen, da hier nicht nur ein Zugewinn an Zartheit erzielt wird, wie bei den anderen Reifeverfahren auch, sondern das Produkt auch geschmacklich weiterentwickelt werden kann.

Eine grundsätzliche Auswirkung, die bei allen Dry-aged-Produkte auftaucht, fällt in der Regel bei der Zubereitung auf. Beim Braten stellt man fest, dass das Stück, wenn es in die Pfanne oder auf den Grill gelegt wird, seine Form behält.

Durch den Wasserverlust während der Reifung ist die Konsistenz angenehm fest, jedoch nicht zäh.

Der Eigengeschmack von Dry-aged-Produkten ist grundsätzlich intensiver. Die Geschmacksentwicklung ist zu unterscheiden nach schierem Muskelfleisch ohne Fett und nach aufliegendem oder auch intramuskulärem Fett.

Das schiere Muskelfleisch verliert Wasser und die vorhandenen geschmacksgebenden Stoffe werden konzentrierter, damit kommt der natürliche Fleischgeschmack stärker heraus.

Dies ist natürlich bei jedem Tier anders, da die geschmackliche Ausgangsqualität unterschiedlich ist. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass die Auswirkung bei Tieren, die eine relativ geschmacksneutrale Grasfütterung erhalten haben, nicht so ausgeprägt ist, wie bei Tieren, die geschmacksgebende Stoffe gefressen haben. Beim Rind ist dies Kraftfutter in Form von Mais oder Getreide, beim Schwein Getreide oder Eicheln, beim Geflügel Mais. Werden diese geschmacksgebenden Stoffe in der Endmast vor der Schlachtung verfüttert, hat das Fleisch an sich einen intensiveren Eigengeschmack, der dann durch das Dry-aging noch stärker hervorkommt.

Eine Ausnahme von der Regel gibt es, die wir im Rinderbereich erleben können. Seit einigen Jahren gibt es Anbieter, die besonders alte weibliche Tiere schlachten und das Fleisch entsprechend dry-agen. Das Fleisch alter Muttertiere hat insbesondere durch hormonelle Veränderungen einen eigenen, intensiveren Geschmack, der durch das Dryaging stärker hervortritt.

Handelt es sich also um relativ fettarmes, schieres Muskelfleisch, kann man auch noch nicht von einem typischen Dry-aging-Geschmack sprechen, da nur eine Geschmackskonzentration stattfindet, keine Geschmacksweiterentwicklung.

Anders sieht es aus, wenn Fett ins Spiel kommt. Durch die Oxidation der Fettsäuren an der Luft verändert sich auch der Geschmack. Es kommen neue Geschmacksnoten hinzu. Dieser Geschmack wird als nussig, buttrig und erdig beschrieben. Insbesondere, wenn während der Reifung eventuell noch Schimmelpilze mit im Spiel waren, kommen noch käsige Geschmacksnoten hinzu.

Aber auch hier gilt: Die geschmackliche Ausgangsqualität des Fettes ist die Grundlage für das gesamte Geschmackserlebnis. Haben sich zum Beispiel im Fett einer alten Kuh Bitterstoffe abgelagert, dann sind diese auch nach dem Dry-aging-Prozess vorhanden und bestimmen den Gesamtgeschmack.

Die bisherigen Dry-aging-Erfahrungen und -Versuche zeigen, dass die geschmackliche Entwicklung beim Rindfleisch am stärksten wahrgenommen wird. Das Fett von Schwein, Lamm und Geflügel verändert seinen Eigengeschmack nicht so intensiv, wie es beim Rind der Fall sein kann – auch bei gleicher Reifedauer.

DRY-AGING EXTREM – WAS BEWIRKEN SEHR LANGE REIFEZEITEN?

Schaut man sich um, was derzeit in Deutschland zum Thema Dry-aging bei Rindfleisch praktiziert wird, gibt es extreme Unterschiede, was die einzelnen Metzger, bzw. Produzenten als Reifezeit angeben. Es fängt an mit 10 Tagen und kann bis zu 6 Monaten gehen. Einen Teil der Unterschiede bei der Reifezeit liegt sicherlich in der unterschiedlichen Beschaffenheit der Ausgangsware. Ein von Natur aus zartes US-Beef hat nach 3 bis 4 Wochen seinen Zenit in puncto Zartheit erreicht und muss nur noch weiter gereift werden, wenn der Geschmack intensiviert werden soll. Irische Ware wird in der Regel 3 Wochen gereift, auf der Insel selbst wird auch 4 Wochen gereiftes Fleisch angeboten.

Bei deutscher Ware, bei der man in der Regel nicht vom zartesten Ausgangsprodukt ausgehen kann, ist, je nach Reifetemperatur, die optimale Zartheit nach 4 bis 6 Wochen erreicht. Da es sich normalerweise um Stücke mit wenig intramuskulärem Fett handelt, gibt es bei der Weiterentwicklung des Geschmacks Grenzen, die auch mit einer deutlich über die 6 Wochen hinausgehende Reifung nicht überwunden werden können.

Alte Kühe mit extrem grobfasrigem Fleisch werden bis zu 3 Monaten gereift. Da die Fleischreifung mit alten Kühen in Spanien schon lange betrieben wird, kann man davon ausgehen, dass dies auch notwendig ist, um das optimale Genusserlebnis mit dem Fleisch zu erzielen.

Insgesamt sieht man am Markt viele Versuche zum Thema Dry-aging. Nicht alle davon führen zum gewünschten Ergebnis. Eine „spannende“ Marketingstory gehört sicher auch mit dazu. Ob diese dann aber auch ein spannendes Genusserlebnis bietet, ist nicht immer gesagt.

ERKENNEN VON GEREIFTEM FLEISCH

Kann man gereiftes Fleisch oder sogar die Qualität des gereiften Fleisches am Aussehen erkennen? Diese Frage muss ganz klar mit „nein“ beantwortet werden. Selbst Dry-aged-Fleisch, ist es dann pariert und verkaufsfertig gemacht, ist optisch nicht zu erkennen. Landläufig geht man davon aus, dass Dry-aged-Fleisch dunkler ist als ungereiftes Fleisch oder Wet-aged-Fleisch. Dies ist aber nicht der Fall, Farbunterschiede kommen durch den Anteil des Myoglobins im Muskel und dieser wird durch andere Faktoren bestimmt, als das postmortale Dry-aging.

Anders sieht es aus mit einem Geruchstest aus, denn die geschmackliche Weiterentwicklung wirkt sich auch auf den Geruch aus. So gibt es den typischen Dry-aged-Geruch insbesondere dann, wenn Fett vorhanden ist. Dann riecht man die leicht erdigen, buttrig-käsigen Noten.

REIFUNG – BIOCHEMIE UND ENZYME

Untersuchungen zu den biochemischen Abläufen der Reifung liegen weitestgehend vor.

Nach dem Auflösen der Totenstarre machen sich im Wesentlichen zwei Enzyme an die Arbeit, die Proteinketten des Muskelfleisches und des Collagens aufzuspalten. Es handelt sich um Calpaine und Cathepsine. Daneben laufen während der Reifung noch weitere, bisher nicht vollständig erforschte, biochemische Prozesse ab.

Calpaine, insbesondere im Zusammenspiel mit Cathepsine, unterliegen der Autolyse. Das bedeutet, dass sich die Calpaine selbst auflösen und sich somit während des Reifeprozesses verbrauchen. Damit ist klar, dass der Reifeprozess im Hinblick auf die Zartheit ein definiertes Ende hat. Wäre das nicht der Fall, könnte durch die Verlängerung des Reifeprozesses das Fleisch auch immer zarter werden, bis die Proteinketten am Ende komplett aufgelöst sind und nur noch eine breiige Konsistenz vorliegt. Dieses ist ja nicht der Fall. Die Konsistenz von natürlich gereiftem Fleisch hat immer noch einen angenehm zarten Biss.

DER REIFESCHRANK

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Soll die Reifung in einer Reifekammer oder in einem Reifeschrank funktionieren, sollte man auf Folgendes achten:

Das Wichtigste ist ein hygienisch sauberes Umfeld. Leicht zu reinigende Oberflächen sind notwendig, um bei einer ungewollten Verkeimung oder Schimmelpilzbildung den Kühlraum zu reinigen.

Die Kühlung sollte eine konstante Temperatur halten können. Eine einmal definierte Temperaturhöhe im Rahmen von 0 Grad bis z. B. 4 Grad ist für das Fleisch unproblematisch, sie verzögert oder beschleunigt die Reifung. Das, was Fleisch nicht gut verträgt, sind Temperaturschwankungen.

Diese können leicht zur Verderbnis des Produktes führen.

Wichtig für eine kontrollierte Abtrocknung des Fleisches ist Umluft. Ein Ventilator sorgt dafür, dass die Oberfläche schnell und gleichmäßig abtrocknet. Die abgetrocknete Oberfläche des Fleisches dient als Barriere für Verkeimung. Denn die meisten Keime benötigen ein feuchtes Millieu, in dem sie leben und sich vermehren können.

Wenn Hygiene, Temperatur und Umluft vorliegen, steht dem Dry-aging nichts mehr im Wege. Darüber hinaus kann der Reifeschrank technisch noch gepimpt werden.

Zum einen kann eine UV-Lichtlampe integriert werden.

UV-Licht tötet Bakterien und macht damit den Reifeprozess noch sicherer.

Zusätzlich kann eine Luftfeuchtigkeitsregelung eingebaut werden. Diese kann ein übermäßiges Austrocknen des Fleisches verhindern, falls die Luftfeuchtigkeit zu gering wird. Insbesondere in sehr großen Reifekammern kann dies Sinn machen, um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.

Die Ergänzung der Reifekammer mit einem Salzblock kann verhindern, dass die Luftfeuchtigkeit zu hoch wird.

Insbesondere, wenn die Lüftung nicht ausreicht, kann durch die osmotische Wirkung des Salzes die Abtrocknung des Fleisches unterstützt werden. Auch hilft das Salz, den Raum zu entkeimen.