EINKAUF VON GUTEM FLEISCH
Egal, mit welchem Verfahren das Fleisch gereift ist – wenn das Genusserlebnis ein vollkommenes sein soll, dann ist ein qualitativ hochwertiges Ausgangsprodukt die Voraussetzung.
Erstklassiges Fleisch ermöglicht uns nicht nur ein nachhaltiges Genusserlebnis – wir erleben Zartheit, Saftigkeit und Fleischgeschmack –, sondern lässt uns auch noch mit guten Gewissen genießen. Somit suchen – und finden – wir Genuss für Kopf und Gaumen. Für den Gaumen gibt es neben der Reifung noch die Kriterien, Rasse, Fütterung, Schlachtalter, Schlachtung und Zerlegung, die die Qualität des Fleisches beeinflussen. Für den Kopf sind artgerechte Tierhaltung und Schlachtung, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Herkunft Gesichtspunkte, die den Gaumengenuss vollenden.
QUALITÄTSKRITERIEN FÜR DEN GAUMEN
DIE RASSE
Die Rasse gibt für das Fleisch die Rahmenbedingungen vor. Durch die Rasse werden für den Genießer der mögliche Fettanteil, insbesondere von intramuskulärem Fett, sowie die Proportionen, die Muskelgröße, bestimmt. Die meisten Genießer lieben es, wenn ihr Stück Fleisch mehr oder weniger stark mit Fettäderchen durchzogen ist. Das später – nach dem Erhitzen – geschmolzene Fett erhöht die Saftigkeit und den Geschmack. Es gibt aber auch gleichberechtigt die Menschen, die mit Fett nichts anfangen können. Für diese sind eher die Rassen geeignet, die wenig Fett ansetzen.
Ein zweiter wesentlicher, durch die Rasse bestimmter, Unterschied ist die Größe der Tiere und damit auch die Größe der Muskeln. Während ein fünf Zentimeter dickes Porterhouse Steak vom kleinwüchsigen Black Angus Rind ca. 800 g wiegt, kommt man bei der größten lebenden Rinderasse, dem Chianina Rind, schnell auf ca. 1300 g.
Egal für welche Rasse oder auch Rassenkreuzung man sich entscheidet: Für den Feinschmecker ist es wichtig, dass die Rasse konstant bleibt. Die kontinuierliche Züchtung gibt die Sicherheit, dass die Voraussetzung für die Fleischqualität gleich bleiben und damit auch das Ergebnis, das genussfertige Steak, auch nur geringen Qualitätsschwankungen unterliegt.
Als Feinschmeckerrassen haben sich heute wieder die alten Rassen, also diejenigen, die es schon vor den 1950ern gab, in Erinnerung gerufen. Diese Rassen wachsen langsamer und bilden mehr intramuskuläres Fett. Das Ergebnis ist ein geschmackvolleres Produkt als das, was aus neuen Rassen produziert wird. Letztere wachsen zwar sehr schnell, haben dadurch aber auch ein geringes Wasserhaltevermögen und weisen wenig bis kein Fett auf, mit dem Ergebnis, dass das Fleisch schnell trocken werden kann und eher geschmacksneutral daherkommt, als dass es durch seinen leckeren Eigengeschmack zu bestechen vermag.
DIE FÜTTERUNG
Die Fütterung bestimmt nicht nur den Geschmack, sie kann auch Einfluss auf die Zartheit des Fleisches haben.
Ob das Miéral Huhn mit Milchrahm gefüttert und einen angenehm sahnigen Geschmack hat, ob das Ibérico Schwein sich das süßlich schmeckende Innere der Eichel herausschält und dann süßlich-nussig schmeckt, das US Rind mit einer Maiszusatzfütterung süßlich-fleischig oder der nordamerikanische Bison, der sich ausschließlich von Wildgräsern und Kräutern auf der Prärie ernährt, nach wilden Kräutern schmeckt – das, was das Tier zu sich nimmt, schmecken wir später heraus.
Hat das Fleisch keinen Eigengeschmack und erinnert uns an Wasser, können wir davon ausgehen, dass auch das Futter nach nichts schmeckte.
Neben dem geschmacksgebenden Einfluss der Fütterung, hat eine hohe Energiezufuhr Auswirkungen auf die Zartheit des Fleisches. Wird dem Tier, zumeist in der Endmast, viel Energie zugegeben, erneuert sich permanent das Kollagen, das dafür verantwortlich ist ob ein Stück Fleisch zart oder zäh ist. Junges Kollagen ist wesentlich weicher als altes Kollagen und sorgt damit für Zartheit. Dies ist der Grund, warum US Beef immer zarter ist, als deutsches Mastvieh, das zwar ausreichend Energie für ein schnelles Muskelwachstum erhält, aber mehr auch nicht.
DAS SCHLACHTALTER
Nur ausgewachsene Tiere haben die Chance, intramuskuläres Fett anzusetzen. Ist das Tier im Jugendalter, geht alle Kraft in den Muskelaufbau. Somit hat für den Feinschmecker, der ein saftiges Stück Huhn, Schwein oder Rind haben möchte, ein ausgewachsenes Tier, das Zeit hatte, auch Fett in den Muskeln einzulagern, einen wesentlich höheren Genussfaktor. So können Schweine, anstatt wie üblich mit 5 Monaten, auch mit 18 Monaten geschlachtet werden, Hühner, die standardmäßig mit 28 Tagen geschlachtet werden, können 6 Monate alt werden und Rinder, die als Jungbulle mit 9 bis 12 Monaten Schlachtalter auf den Markt kommen, können bis zu 30 Monate alt werden.
DIE SCHLACHTUNG
Die Schlachtung von Tieren ist der Teil der Prozesskette, den wir gerne ausblenden. Wichtig für die Schlachtung ist, dass die Tiere keine Angst und damit keinen Todesstress erfahren. Dies kann sich negativ auf die Fleischqualität auswirken: DFD beim Rind und PSE beim Schwein sind zwei Ausprägungen, bei denen die Stresssymptome das Fleisch so negativ beeinflussen, dass es normalerweise gar nicht in den Handel kommt.
Unter DFD versteht man dunkles, festes Fleisch, das als mangelhaft eingestuft wir (dark, firm, dry).
PSE bezeichnet wässriges, weiches Fleisch (pale, soft, exudative).
DIE ZERLEGUNG
Neben einer sauberen Parierung, also der Entfernung von überflüssigem Fett und Sehnen, bestimmt die Zerlegung auch, welche Stücke überhaupt auf den Markt kommen.
Sind es nur Filet, Roastbeef und Entrecote plus Bratenstücke oder macht sich der Metzger die Mühe und schneidet noch weitere – zumeist kleinere – Stücke, die dem Geniesser spannende Abwechslung bieten. Das Kachelfleisch beim Schwein, das Flanksteak beim Rind oder das Sot-y-laisse beim Huhn sind Stücke, die heute nur noch in geringem Maße bei der Zerlegung berücksichtigt werden, die aber – einmal gegessen – kulinarische Höhepunkte bieten können.
QUALITÄTSKRITERIEN FÜR DEN KOPF
Die meisten Menschen treffen ihre Entscheidung nach dem Bauch oder, wie in unserem Fall, nach dem Gaumen. Perfekt ist diese Entscheidung für uns, wenn wir sie mit dem Kopf rechtfertigen können. Für ein perfektes Genusserlebnis spielen noch das Wissen um artgerechte Tierhaltung und Schlachtung, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Herkunft eine entscheidende Rolle.
DIE ARTGERECHTE TIERHALTUNG UND SCHLACHTUNG
Haben die Nutztiere den Freiraum, um ihre angeborenen Verhaltensweisen auszuleben, dann kann von artgerechter Tierhaltung gesprochen werden. Eine genaue Definition, was das dann konkret heißt, ist sicherlich schwer zu treffen.
Somit ist letztendlich das Stressniveau der Tiere entscheidend für ihr Wohlbefinden.
Die intelligenten Schweine wollen Bewegungsraum haben und ihren Spieltrieb ausleben. Das Suhlen und Wühlen im Schlamm gehören ebenso dazu, wie die Trennung von Schlafplätzen und den Orten, an denen sie ihre Notdurft verrichten. Haben Schweine diesen Freiraum, nutzen sie ihn auch, sie sind sozial verträglich und nicht aggressiv.
Nimmt man ihnen diesen Freiraum, wie es in der klassischen Massentierhaltung der Fall ist, dann nimmt Stress und Aggressivität zu, mit dem Ergebnis, dass man vorsichtshalber Schwänze kupiert und Eckzähne zieht. Wenn Tiere sich bewegen wollen und dazu ihre Artgenossen beiseite schieben müssen, wenn sie ihre Notdurft dort verrichten, wo sie schlafen, stehen und fressen, wenn sie nie Tageslicht sehen und ständig im Gestank der eigenen Fäkalien stehen, dann ist das Genusserlebnis mit dem produzierten Fleisch für die meisten Menschen schwer vorstellbar und wir sind froh, dass dieses Leben nach fünf Monaten sein Ende findet.
Hühner wollen sich bewegen, wollen scharren und so ihrem natürlichen Trieb nach Nahrungssuche nachgehen. Diese Hühner sind ruhig, haben stabile Knochen und ein dichtes Federkleid.
Ist ihr Platz auf ein Feld beschränkt, das die Größe eines DIN-A4-Blattes hat, stehen und laufen sie im eigenen Kot, dann steigen Aggressivität, Verletzungen entstehen, das Federkleid sieht durch Selbstverstümmelung schrecklich aus und alle sind froh, dass die Lebenszeit nach 28 Tagen zu Ende ist.
Stehen Rinder permanent im Schlamm und können ihrem Lauftrieb nicht nachgehen, kommen Stress und Krankheiten. Eine falsche Fütterung, z. B. mit zu viel Kraftfutter, führt zu Verdauungsstörungen und permanentem Durchfall.
Wer die Chance hat, sich mit wachen Augen die Tierhaltung beim Produzenten seines Vertrauens anzuschauen, erkennt schnell, ob die Tiere ihren natürlichen Instinkten nachgehen können oder nicht.
Ist für das Tier das Schlachtalter erreicht, kommt es in der Regel zum nächstgelegenen Schlachthof, wird dort betäubt und dann durch Blutentleerung getötet. Jedes Tier reagiert unterschiedlich auf Veränderung – und diese ist schon durch die Fahrt zum Schlachthof gegeben. Während Rinder eher gutmütig und träge sind, sind Schweine in der Regel hellwach und aufgeregt. Kurzzeitiger Stress gehört, wie für den Menschen, auch zum Leben eines Tieres, darauf hat uns die Natur vorbereitet und er ist im gewissen Maße erträglich.
Davon zu unterscheiden ist unnötiger, qualvoller Stress und vermeidbare Todesangst. Es gibt Gesetze, die dieses verhindern sollen. Sie werden aber unter dem Paradigma der Effizienz auch gebeugt. Immer, wenn die Zahl wichtiger wird als das einzelne Lebewesen, läuft das System Gefahr, Ausnahmen zu tolerieren, die für den neutralen Betrachter mit artgerechtem Umgang und Stressvermeidung nichts mehr zu tun haben. Wenn die Mitarbeiter Respekt vor dem Tier haben und das Wohlbefinden des Tieres mit betrachten, dann kann auch der Stress für die Tiere in artgerechten Grenzen gehalten werden. Dass Akkordarbeiter in Großschlachthöfen dies nicht leisten können, liegt auf der Hand, denn sie müssen möglichst schnell die Unmenge an Tieren verarbeiten, die täglich eingeliefert wird. Zeitdruck beherrscht den Tag.
DIE GESUNDHEIT
Ist das Tier gesund, ist auch das Fleisch gesund. Robuste Rassen, Auslauf, Sonnenlicht, natürliche Fütterung und Platz sind beste Voraussetzungen, dass auch das Fleisch keine negative Auswirkung auf unsere Gesundheit hat. Robuste Rassen, artgerecht gehalten, brauchen keine präventiven Antibiotika. Sonnenlicht sorgt für ein ausgewogenes Verhältnis von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren.
Natürliche Futtermittel verhindern, dass sich Schadstoffe aus Abfallprodukten im Körper ansammeln können. Dies alles erscheint logisch und ist doch nicht der Standard. Achten Sie darauf, dass das Fleisch aus artgerechter Tierhaltung kommt, damit der Produzent keine Notwendigkeit hat, Medikamente präventiv einzusetzen.
Wie sieht es aus mit genveränderten Futtermitteln? Dies ist eine Gewissensfrage, die jeder für sich selbst entscheiden muss. Fakt ist, dass in den ca. 20 Jahren, seitdem diese eingesetzt werden, keine Veränderung des Fleisches festgestellt wurde. Befürworter argumentieren damit, dass die Futterpflanzen sich im Magen und Verdauungstrakt in die gleichen Bestandteile auflösen, wie die nicht genveränderten Futtermittel und somit nicht mehr nachzuweisen sind.
Dieser Argumentation schließt sich aktuell auch die EU an, die gentechnisch veränderte Futtermittel grundsätzlich zulässt (Soja, Mais, Baumwolle, Raps). Gegner argumentieren, dass die letzten 20 Jahre noch keine Rückschlüsse auf eine etwaige Langzeitwirkung zulassen. Wichtig ist, dass der Konsument frei entscheiden kann und erkennt, ob das Tier mit genveränderten Futtermitteln gefüttert wurde oder nicht. Somit sollte jeder Verkäufer zu diesem Thema unabhängig vom Gesetzgeber Auskunft geben können.
DIE NACHHALTIGKEIT
Von Nachhaltigkeit sprechen wir, wenn die Fleischproduktion und der Fleischkonsum unsere Welt nicht irreparabel schädigt. Wir wollen den Planeten so verlassen, wie wir ihn vorgefunden haben, im Zweifel besser.
Die Produktion von Fleisch steht seit einiger Zeit am Pranger, da Wasserverbrauch sowie Treibhausgaseffekte globale Dimensionen annehmen. Wachsende Monokulturen für die Futtermittelproduktion kommen noch hinzu.
Die Masse macht den Unterschied, Fleisch ist in den entwickelten Industriestaaten so günstig geworden, dass es für unsere heutigen Lebensgewohnheiten viel zu oft konsumiert wird. Der Flexitarier (weniger Fleisch, aber dafür besseres!) ist der neue Essenstyp, der diesem Thema Rechnung trägt. Somit kann jeder durch die Reduzierung des Fleischkonsums auch etwas dazu beitragen, dass unser Planet nicht nachhaltig zerstört wird. Will man noch weiter gehen, kann man Fleisch aus Kreislaufsystemen den Vorrang geben. Wenn die Weidegründe so groß sind, dass im Pflanzenbestand mehr CO2 gebunden wird, als durch die darauf grasenden Tiere produziert wird, kann mit sehr gutem Gewissen Fleisch konsumiert werden.
Führende Schlachthöfe zeigen heute stolz ihre Zertifikate für CO2-neutrale Produktionsstätten.
Die oftmals von Verfechtern regionaler Produkte angeführten Argumente gegen lange Transportwege des Fleisches können eingeschränkt geltend gemacht werden. Rindfleisch wird heute mit einer durchschnittlichen CO2-Belastung von 12 kg pro kg Fleisch angegeben. Ein Schiffstransport aus den USA nach Europa erhöht diese Belastung noch einmal um ca. 800 g. Dies ist natürlich eine weitere Belastung, kann aber gegebenenfalls durch eine wesentlich günstigere CO2-Bilanz in der Aufzucht leicht wieder wettgemacht werden.
Weniger Fleisch hilft unserem Planeten – dieses Fazit ist für die meisten Konsumenten am nachvollziehbarsten. Große Auslaufflächen mit Gras geben uns ein gutes Gewissen für die CO2-Bilanz.
DIE HERKUNFT
Was nützen alle Überlegungen zum Fleischkonsum, wenn wir nicht wissen, wo unser Fleisch herkommt. Nur die gesicherte Herkunft gibt uns die Sicherheit, dass wir auch mit gutem Gewissen Fleisch genießen können. Kennen wir die Züchter und Produzenten, kennen wir ihre Ansichten, die mit unseren übereinstimmen, und können ihnen damit Vertrauen schenken, dann wird der kulinarische Genuss zu einem vollendeten.
Steffen Eichhorn und Züchter Andreas Langeder mit ihren Pergsäuen, einer Kreuzung aus Schwäbisch-Hällischen und US-Duroc-Schweinen. Sie stehen ganzjährig auf Weideland im Oberösterreichischen Perg und werden, wie ursprünglich vor 200 Jahren, ausschließlich mit hofeigenem Getreide und Wasser aus eigenem Brunnen versorgt.
Das Fleisch der Pergsäue eignet sich hervorragend zum Dry-agen. Die folgenden Schweinefleischrezepte sind ausschließlich mit Stücken von der Pergsau zubereitet.