B radshaw verschwand, um die forensische Untersuchung von Brian Price’ Computer zu beaufsichtigen. Poe rechnete nicht damit, dass sie eine detaillierte Blaupause für die Tat finden würden, doch Price war Polizist, kein Wissenschaftler. Irgendetwas würde er recherchiert haben müssen.
»Was wollen Sie jetzt tun?«, fragte Flynn.
»Mich mal in Cummings’ Wohnung umsehen, denke ich.«
»Die Spurensicherung war ziemlich gründlich. Wonach suchen wir?«
»Nach dem, was die übersehen haben.«
»Und wo wollen Sie anfangen?«
»Im Badezimmer.«
Flynn streifte ein Paar Latexhandschuhe über.
»Dann wollen wir mal«, sagte sie.
Das Video der Spurensicherung war Cummings’ Bad nicht gerecht geworden. Es war sogar noch protziger, als Poe gedacht hatte, ein Mischmasch aus Stilrichtungen und Ideen, die sich nicht miteinander vertrugen. Als hätten irgendwelche römischen, griechischen und spanischen Innenarchitekten Leim an die Wände geschmiert und dann Wasserhähne und Spiegel dagegengekotzt, bis genug kleben geblieben war.
Poe sah zuerst im Medizinschränkchen nach. Es war leer; die Spurensicherung hatte alles mitgenommen. Auch die Ablage unter dem Spiegel war leer.
»Haben Sie eine Liste von den Sachen, die in dem Schränkchen waren?«
Flynn las von ihrem Handy ab: »Eine Reservetube Zahnpasta, Zahnseide. Ein Reservestück Seife. Eine Reserveflasche Shampoo. Aspirin und Tabletten gegen Sodbrennen. Fußpilzsalbe. Eine Schachtel Tabletten. Noch so dies und das. Der übliche Scheiß.«
»Was für Tabletten?«
»Cholesterinsenker«, antwortete Flynn. »In der Familie gibt es häufig Herz-Kreislauf-Erkrankungen.«
»Und die sind gecheckt worden?«
»Ja. Sauber. Sobald er die Todesdrohung gekriegt hat, hat er die, die er hatte, alle weggeschmissen und einen von seinen Leibwächtern mit einem neuen Rezept losgeschickt.«
»Das war nicht Price, der die neuen Pillen besorgt hat, oder?«
»Nein. Jemand anders.«
»Was ist mit den Kerzen? Vielleicht war ja irgendwas im Wachs oder am Docht … die Kerze brennt runter, und puff – Abgeordneter tot.«
»Tilly sagt, das sei unmöglich, aber die Kollegen von der Spurensicherung haben sie alle mitgenommen.«
»Dann bleibt ja nur noch diese Monstrosität hier.«
Die in den Boden eingelassene Badewanne war größer als Poes ganzes Badezimmer, doch um sie herum standen so viele Vasen, Kerzen und Ramsch, dass sie klein und eng wirkte. Sie beherrschte den Raum und war eindeutig mehr als nur etwas, in dem man am Ende eines langen Tages versinken konnte.
»Das Wasser, in dem er gestorben ist, ist gesichert und getestet worden?«
»Genau wie das Shampoo und die lächerlich teure Seife«, bestätigte Flynn. »Sie haben sogar seinen Bademantel und die Handtücher mitgenommen.«
Poe, der noch nie mehr als fünfzig Pence für ein Stück Seife bezahlt hatte, fragte: »Wie viel ist ›lächerlich teuer‹?«
»Mindestens hundert Pfund.«
»Und ich dachte gerade, noch widerlicher könnte ich ihn gar nicht finden.«
»Grässlich, nicht wahr?«, meinte Flynn. »Das Beste, was man über ihn sagen kann, ist, dass er auf nichts verzichtet hat. Er war ein waschechter Hedonist.«
»Kann ich da rein?«
»Wo rein? In die Badewanne?«
»Ja.«
»Aber Sie sind doch gar nicht schmutzig.«
»Ha, ha«, brummte Poe.
»Jetzt mal im Ernst, warum?«
»Wenn das Toxin nicht in der Seife, im Shampoo oder im Wasser war und so schnell wirkt, wie Tilly sagt, dann ist vielleicht irgendwas Spitzes an der Wanne angebracht worden. Etwas, woran er sich verletzen konnte.«
»Der Pathologe hat an dem Leichnam nichts gefunden.«
»Der Pathologe war auch nicht Estelle Doyle«, entgegnete Poe. »Er könnte etwas übersehen haben. Die Wunde könnte nicht viel mehr als ein Kratzer sein, und das Badewasser hätte das Blut weggespült.«
»Und Price hätte das wohl vorbereiten können, als er Dienst hatte, und hätte gewusst, dass er weit weg sein würde, wenn Cummings tatsächlich ein Bad nimmt.«
»Genau.«
»Na, dann rein mit Ihnen«, meinte Flynn. »Aber, Poe?«
»Was?«
»Nicht ausziehen, ja?«