45 . Kapitel

D ie Hochrisiko-Isolierstation nahm die Hälfte der Abteilung für Infektionskrankheiten ein, allerdings konnte der Rest im Notfall ebenfalls umgerüstet werden. Zu der Station gehörten die Betteneinheiten – der streng zugangsregulierte Bereich, in dem der Patient isoliert wurde – sowie eine Umkleideschleuse, in der Ärzte und Pflegepersonal ungefährdet ihre Schutzkleidung ablegen konnten. Es gab Labore und Warteräume und Schwesternzimmer, alles, was eine moderne Klinik brauchte, um hochansteckende Patienten zu behandeln.

Die Betteneinheit für Karen Royal-Cross war ein viereckiger Raum, der von dem Bett darin beherrscht wurde. Ein mit durchsichtigem Plastik bespannter Metallrahmen erweckte den Eindruck, als stünde es in einem Hightech-Kunststofftunnel. Eine Filteranlage erzeugte Unterdruck darin und sorgte so dafür, dass Pathogene in der Luft nicht entweichen konnten. In die Plane eingelassene Kunststoffärmel ermöglichten es Ärzten und Pflegepersonal, den Patienten zu versorgen. Am Ende des Bettes war ein kleineres Zelt angebracht. Es diente dazu, Essen und Getränke sowie alles andere, was der Patient benötigte, hineinzureichen. Alles, was wieder herauskam, einschließlich menschlicher Ausscheidungen, wurde in einem Autoklav – einer Hochdruck-Dampfkammer – sterilisiert.

Obwohl Karen Royal-Cross völlig gesund war, behandelte sie der Oberarzt der Abteilung, ein Pakistani mit kultiviertem Glasgow-Akzent namens Dr. Mukherjee, als wäre sie ansteckend.

»Selbst wenn sich das hier als Fehlalarm erweisen sollte, wenigstens können wir die Strategien und das Prozedere üben«, meinte er. »Wer sich nicht vorbereitet, bereitet sich auf’s Scheitern vor.«

Was bedeutete, dass Poe und die restlichen Cops Karen Royal-Cross lediglich über die Telekommunikationsanlage der Station überwachen durften. Nur Ärzte und Pflegepersonal durften an die Betteneinheit heran.

Dr. Mukherjee trat in den Raum, den sie als Kommandoposten nutzten. Er öffnete eine Coladose und setzte sich neben Poe.

»Wir untersuchen ihre Harn-Biomarker jedes Mal auf Rizinin, wenn sie uriniert«, sagte er.

»Was ist Rizinin?«

»Ein Alkaloid in der Römischen Bohne. Deswegen lassen wir sie massenweise Wasser trinken – je mehr sie uriniert, desto mehr können wir überprüfen.«

»Und was machen Sie, wenn der Botaniker doch an sie rankommt?«, erkundigte sich Poe.

»Ich wüsste nicht, wie er das schaffen könnte.«

»Nur mal so aus Spaß.«

»Sie glauben, sie ist in Gefahr, nicht wahr?«

»Bisher hatte er eine Trefferquote von hundert Prozent«, gab Poe zu. »Wir haben keine Ahnung, wie er ihnen sein Gift verabreicht, also haben wir auch keine Ahnung, wie wir ihn daran hindern sollen.«

»Aber sie wird doch rund um die Uhr überwacht.«

»Cummings wurde auch rund um die Uhr bewacht.«

»In diesem Fall würden wir sie beim Atmen unterstützen. Sie mit Flüssigkeit vollpumpen. Die Anfälle und den niedrigen Blutdruck behandeln.«

»Und dann?«, fragte Poe.

»Dann würden wir ihr beim Sterben zusehen«, antwortete Mukherjee.