48 . Kapitel

H ier ist Detective Chief Superintendent Mathers«, meldete sie sich. »Mit wem spreche ich?«

»Sie wissen, wer ich bin«, antwortete der Botaniker. »Ist Mr Stahl da?«

»Im Moment ist ein Arzt bei ihm. Aber ich kann ihn holen.«

»Sie brauchen ihn nicht zu stören, wenn er gerade in ärztlicher Behandlung ist.«

»Ach? Ich dachte, Sie wollten mit ihm reden?«

»Das will ich auch, aber nicht am Telefon. Ich werde mich von Angesicht zu Angesicht mit ihm treffen.«

»Von Angesicht zu Angesicht?«, wiederholte Mathers.

»Ja.«

»Auch wenn wir Sie dann sofort verhaften?«

»Das ist mein Problem, nicht Ihres.«

»Warum wollen Sie das tun?«

»Henning Stahl war mal ein guter Journalist«, sagte der Botaniker. »Vielleicht kann er ja wieder einer werden.«

»Wann?«

»Morgen.«

»Wo?«

»Ah«, antwortete der Botaniker. »Jetzt hätten Sie mich doch fast mit Ihren schlauen Polizeitricks aufs Glatteis geführt. ›Wo‹ lasse ich Sie ein bisschen zeitnaher wissen.«

»Ist das alles?«

»Fürs Erste.«

»Nein«, sagte Poe laut.

Mathers starrte ihn entgeistert an.

»Poe!«, zischte Flynn. »Was zum Teufel soll das?«

»Wer ist da?«, wollte der Botaniker wissen.

»Detective Sergeant Washington Poe.«

»Was meinen Sie mit ›Nein‹, Sergeant Poe?«

»Hören Sie, ich mache hier nicht einen auf Arschloch«, sagte Poe. »Das hier ist keine abgefahrene Verhandlungstaktik. Ich habe Nein gesagt, weil ich nicht möchte, dass Sie sich morgen mit Henning Stahl treffen.«

»Nicht?«

»Nein. Sie haben sich Stahl aus einem von zwei Gründen ausgesucht: Entweder wollen Sie, dass er Ihre Story schreibt …«

»Oder?«

»Oder Sie wollen ihn umbringen.«

»Weiter.«

»Wenn’s der erste Grund ist, dann muss ich Ihnen sagen, dass Mr Stahl im Moment ein völliges Wrack ist. Er ist schwerer Alkoholiker, hat ungeahnte Leberschäden, und ich nehme an, wenn der Laborbefund kommt, hat er auch noch das gesamte Hepatitis-Alphabet. Morgens um neun ist er schon betrunken, und ab dann wird er nur noch betrunkener. Wenn wir ihm vor dem Treffen den Alkohol vorenthalten, bekommt er lebensbedrohliche Entzugssymptome.«

»Und wenn ich ihn umbringen will?«

»Er versucht, sich zu Tode zu trinken«, erwiderte Poe. »Wie viel Befriedigung kann Ihnen das bringen? Das arme Schwein wäre wahrscheinlich froh darüber.«

Der Botaniker antwortete nicht.

Mathers nickte Poe beifällig zu. »Gut«, flüsterte sie.

»Aber ich habe eine Lösung«, sagte Poe.

»Das dachte ich mir.«

»Geben Sie mir vierzehn Tage Zeit.«

»Und was bringt Ihnen das?«

»In zwei Wochen kriege ich ihn so weit«, antwortete Poe. »Ich habe mit einem Arzt gesprochen, und der sagt, Mr Stahls Alkoholabhängigkeit ist so weit fortgeschritten, dass eine Entgiftung unter ärztlicher Aufsicht notwendig ist. Er wird stationär aufgenommen, und wenn er rauskommt, ist er trocken.«

»Und Mr Stahl ist damit einverstanden?«

»Er weiß es noch nicht, aber, ja, ich denke, er wird einverstanden sein.«

»Sie haben zehn Tage«, sagte der Botaniker.

Und die Leitung war tot.