100 . Kapitel

D er Staatsanwalt sagt, das ändert nichts«, berichtete Tai-young Lee. »Es reicht ihnen nicht, um Ihren JiC-Antrag zu unterstützen.«

»Wir haben überwältigende Beweise dafür, dass sich der Täter in dem Tresorraum versteckt hat«, empörte sich Poe. »Was wollen die denn noch mehr?«

»In Ihrem JiC-Antrag steht, dass Beck Elcid umgebracht hat und nicht Professor Doyle.«

»Richtig.«

»Die Staatsanwaltschaft wird einer Freilassung auf Kaution nicht zustimmen, solange sie keine unumstößlichen Beweise dafür haben, dass es sich bei der Person, die sich in dem Tresorraum versteckt hat, um Frederick Beck handelt. Und die Resultate der DNA -Proben kriegen wir erst in sechsunddreißig Stunden. Ihre neue Theorie ist, dass Professor Doyle sich den Einbruch zunutze gemacht hat und dass ihr nicht klar war, dass der Einbrecher sich noch auf dem Anwesen befand. Sie hat ihren Vater in dem Glauben umgebracht, dass man den Dieb für den Mörder halten würde.«

»Das ist doch Irrsinn.«

»Stimmt«, pflichtete Lee ihm bei. »Aber darum geht’s auch gar nicht.«

»Ach nein?«

»Das eigentliche Thema ist der positive Test auf Schießpulverrückstände. Die Staatsanwaltschaft kann der Kaution nicht zustimmen, bevor das erklärt ist. Sonst riskieren sie, sich vor dem Richter selbst zu widersprechen. Sie haben Miss Doyles Untersuchungshaft aufgrund einer ganzen Reihe Fakten durchgesetzt. Wenn sie jetzt einer Freilassung auf Kaution zustimmen, heißt das, sie wussten, dass der Schießpulvertest irrelevant war.«

»Es geht also darum, das Gesicht zu wahren?«

»Nein, es geht darum, vorauszuahnen, was der Richter morgen sagen wird.«

»Und dass es ein falsch-positives Testergebnis ist, akzeptieren sie nicht? Dass sie wahrscheinlich irgendwas an die Hände gekriegt hat, als sie beim Reifenwechsel an die Bremsbeläge gekommen ist?«

»Aber wir wissen doch, dass sie sich das nicht an den Bremsbelägen geholt hat, Poe«, entgegnete Lee. »Wir haben beides analysieren lassen, und die chemische Zusammensetzung stimmt nicht überein.«

»Diese Tests lassen Spielraum für Interpretationen.«

»Das ist ein Argument für die Geschworenen, kein Beweis für ein JiC.«

Poe seufzte.

»Ich glaube inzwischen genauso wenig wie Sie, dass Professor Doyle ihren Vater umgebracht hat«, sagte Lee. »Aber die Pulverrückstände hatte sie nicht von den Bremsbelägen.«

»Was wollen Sie damit sagen? Sie hat ihren Vater nicht ermordet, aber sie hat die Waffe abgefeuert, die ihn getötet hat? Das ist ja nun völlig unlogisch.«

»Ja, das stimmt«, gab sie zu, »aber wenn Sie wollen, dass Professor Doyle morgen aus der Untersuchungshaft entlassen wird, dann haben Sie achtzehn Stunden Zeit, um eine andere Erklärung zu finden.«

Poe sah ihr in die Augen. »Dann tun wir das eben«, antwortete er.