117 . Kapitel

D ie toxikologische Untersuchung hat bestätigt, dass die Tablette, die in Salts Magen gefunden wurde, Rizin enthält«, verkündete Mathers den Anwesenden im überfüllten Konferenzraum.

Detectives der Londoner Polizei und Polizisten in Uniform drängten sich im Raum. Poe steckte zwischen Doyle und Henning Stahl fest. Flynn und Bradshaw glänzten immer noch durch Abwesenheit. Er hatte beiden eine SMS geschickt, jedoch keine Antwort bekommen.

Mathers’ Commander hatte gerade seine Pressekonferenz beendet – ein vorab formuliertes Statement über Becks Methode und eine Bitte um Informationen. Zu Poes Entsetzen hatte er sich auch kurz dazu geäußert, dass diese Untersuchung mit einer anderen Ermittlung in Northumberland in Verbindung stand. Details nannte er nicht, doch das war auch nicht nötig. Beck würde sich die Pressekonferenz ansehen, und er würde wissen, dass sich sein Täuschungsmanöver, Doyle den Mord anzuhängen, erledigt hatte. Im Geist machte Poe sich eine Notiz, sie nicht aus den Augen zu lassen.

Mathers hielt den Tablettenblister hoch, den Doyle vorhin bei ihrer Präsentation benutzt hatte.

»Professor Doyle sagt, es sei nicht schwer oder zeitaufwendig, Pillen in Blisterfolien zu verpacken, und wir wissen, dass Frederick Beck bereits über das nötige Fachwissen verfügt, um sowohl die Gifte und als auch die Hülle herzustellen, die die Freisetzung des Wirkstoffs verzögert. Und mittlerweile besteht zudem der Verdacht, dass er in Japan Menschenversuche durchgeführt hat. Wir vermuten, dass er dabei genau austariert hat, wie schnell sich die Hülle der Tablette auflöst.« Sie hielt inne, um einen Schluck Wasser zu trinken. »Was wir nicht wissen, ist, wie er seine modifizierten Medikamente in Schachteln hineinkriegt, die seine Opfer nicht verdächtig finden. Wir wissen nicht, woher er weiß, welche Medikamente sie nehmen, oder wie er dafür sorgt, dass das Zeug bei ihnen ankommt, und gleichzeitig das echte Medikament abfängt, das ihnen verschrieben worden ist. Gibt’s bisher Fragen?«

»Hatten die alle denselben Hausarzt?«, wollte ein Sergeant in Uniform wissen.

»Die Opfer haben alle weit voneinander entfernt gewohnt. Sie hatten nicht nur unterschiedliche Hausärzte. Bis Karen Royal-Cross und Douglas Salt auf der Station für infektiöse Krankheiten behandelt wurden, waren auch noch nie zwei von ihnen im selben Krankenhaus.«

»Vielleicht verschickt er das Zeug mit der Post?«, mutmaßte derselbe Sergeant.

»Was nicht erklärt, was passiert, wenn die richtigen Medikamente ankommen. Niemand hat gemeldet, dass er zweimal beliefert worden ist.«

Es gab noch mehr unbeantwortbare Fragen, dann nahm Mathers einen Whiteboard-Stift und machte sich daran, Aufgaben zu verteilen. »Greg, wir denken nicht, dass es irgendetwas mit den Hausärzten der Opfer zu tun hat, aber überprüfen Sie das noch mal.«

Ein Detective mit jugendfrischem Gesicht nickte und schrieb etwas in sein Notizbuch.

»Chloe, jetzt, wo wir wissen, dass die Opfer das Gift ein paar Wochen vor ihrem Tod geschluckt haben, dachten wir, Sie lassen Ihr Team besser noch mal die Überwachungsaufnahmen sichten. Wonach Sie suchen, weiß ich nicht, aber ich nehme an, wenn Sie’s sehen, werden Sie’s wissen.«

Eine grauhaarige Polizistin mit strengen Zügen erhob sich und verließ den Raum. Noch ehe die Tür Zeit gehabt hatte zuzufallen, kamen Flynn und Bradshaw herein. Bradshaw sah sich suchend nach Poe um, doch der Raum war zu voll. Sie eilten nach vorn, und Flynn flüsterte Mathers etwas ins Ohr.

»Sind Sie sicher?«, fragte Mathers.

»Tilly ist sicher.«

»Dann erzählen Sie’s allen.«

Flynn drehte sich zu den anderen im Raum um.

»Wir glauben, wir wissen, wie Beck das anstellt«, verkündete sie.