126 . Kapitel

U nd, wie denkst du darüber, Poe?«, fragte Estelle.

»Worüber?«

»Wie privilegiert meine Kindheit war. Ich habe nicht darum gebeten, in die Aristokratie hineingeboren zu werden, aber es wäre unaufrichtig, so zu tun, als wäre das meiner Karriere nicht förderlich gewesen. Der Studienplatz war sicher, bevor das Abitur bestanden war. Stellen in Lehrkrankenhäusern wurden mit Blick auf das Wohlwollen meines Vaters zugesagt. Und obwohl ich eine Koryphäe auf meinem Fachgebiet bin, mache ich mir keine Illusionen darüber, dass meine Passion und mein Talent sich nur entfalten durften, weil mir durch den gefühlten Einfluss meiner Familie alle Hindernisse aus dem Weg geräumt wurden.«

»Du musst dich für nichts entschuldigen, Estelle«, wehrte Poe ab. »Und hör auf, dich unter Wert zu verkaufen. Du bist wie Tilly – du hast einen Fachverstand, den es in einer Generation nur einmal gibt. Du wärst die beste Pathologin des Landes, ganz egal, aus welchen Verhältnissen du stammst.«

Das Frühstück war zu Ende, das Omelett verspeist.

Edgar, der ein potenzielles neues Opfer gefunden zu haben glaubte, hatte, Schnorrer, der er war, während des ganzen Essens zu Doyles Füßen gesessen und ihren Teller angestarrt.

»Ich bin mit Jagdhunden aufgewachsen«, hatte sie ihm erklärt. »Glaubst du vielleicht, du bist der erste Spaniel, der mich anbettelt?« Dann hatte sie das letzte Stück Omelett mit ihrer Gabel aufgespießt und es sich in den Mund geschoben. »Mhm, lecker.«

Edgar hatte gewinselt und war zu Poe hinübergeschlichen. Der gab ihm einen Riesenhappen.

»Kein Wunder, dass ich dauernd Hunger habe«, beschwerte er sich dann.

Sie hatten draußen gegessen. Die Temperatur lag kaum über dem Gefrierpunkt, aber die tief stehende Wintersonne hatte das Shap Fell mit blassem Licht überflutet, und die Aussicht machte die Kälte mehr als wett. Doyle hatte sich in einen von Poes alten Armee-Parkas eingemummelt. Wie versprochen hatte Victoria das Tor in der Grenzmauer geöffnet, und einer ihrer Border Collies hatte ihre Herde in die Fesseln gezwickt, bis die Tiere rund um Herdwick Croft verstreut waren wie Schneebälle auf einem Filztuch.

Doyle gähnte. »Ich schlafe vielleicht mal ein bisschen, wenn das okay ist?«

»Nimm das Bett«, antwortete Poe. »Ich muss noch ein paar Anrufe erledigen, und dann haue ich mich aufs Sofa. Wenn Beck kommt, dann kommt er nachts.«