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Mai 2018

 

Meine Visitenkarte wies mich als Harrison Foster, Rechtsberater, aus, doch allgemein bekannt war ich als Harry, spezialisiert auf Krisenmanagement.

Und bei der aktuellen Krise ging es um Mord, auch wenn das damals niemand wusste.

 

»Newmarket!«, sagte ich. »Von Pferderennen hab ich doch keine Ahnung. Die widern mich an, ich beteilige mich ja noch nicht mal an der Betriebswette zum National.«

»Egal«, antwortete ASW . »Sie kennen sich im Geschäftsleben aus, und Sie werden gebraucht.«

ASW war Anthony Simpson-White, Gründer, Vorstand, Geschäftsführer, Eigner und die treibende Kraft hinter dem Beratungsunternehmen Simpson White, mein alleiniger Chef, und er stand dicht vor meinem Schreibtisch an der Tür.

»Kann’s nicht einer von den andern machen? Rufus ist doch ein Pferdefan. Er trägt sein halbes Einkommen zum Buchmacher.«

ASW schüttelte den Kopf. »Rufus sitzt in Italien bei den Weinhändlern fest. Sie sind mein bester verfügbarer Mann.«

Mein Blick schweif‌te über die anderen Schreibtische im sogenannten Einsatzraum. Alle waren unbesetzt. Selbst am Montagmorgen war ich der einzige verfügbare Mann.

»Außerdem«, sagte er, »hat der Kunde ausdrücklich Sie verlangt.«

»Oh«, sagte ich ein wenig überrascht. »Wer ist denn der Kunde?«

»Steht alles im Dossier. Das maile ich Ihnen unterwegs. Nehmen Sie einen Schnellzug von King’s Cross nach Cambridge.«

»Nicht nach Newmarket?«, fragte ich.

»Cambridge ist besser. Da müssten Sie sowieso in den Regionalzug umsteigen. Ich sehe zu, dass Georgina Ihnen einen Wagen mit Fahrer schickt.«

Georgina war seine persönliche Assistentin: vierundfünfzig, geschieden, zwei erwachsene Söhne, immer schick, aufgeweckt und guter Dinge. Außerdem war sie ASW s Geliebte, auch wenn sie beide das nie zugegeben hätten. Wir Mitarbeiter wussten es. Klare Sache. Der Chef sagte uns ja immer wieder: »Ich erwarte von meinen Leuten, dass sie alles über jeden wissen.«

»Welcher Stall in Newmarket?«, fragte ich.

»Auch das steht im Dossier. Ich lasse Ihnen von Georgina ein Zimmer buchen. Und jetzt mal los, Harry, seien Sie so gut.«

Ungeachtet des freundlichen Tons war das keine Bitte, sondern ein Befehl. Sofort klappte ich das Laptop auf dem Schreibtisch zu, stand auf, zog meine Jacke an und holte meinen für die sofortige Abreise in jeden Teil der Welt wetterunabhängig vorgepackten Koffer aus dem Schrank in der Ecke.

Das Packen war mit das Erste, was neue Mitarbeiter bei Simpson White zu lernen hatten. Vor allem musste der Koffer in die Handgepäckablage eines Fliegers passen – das Warten an der Gepäckausgabe kostete Zeit, die sinnvoller mit dem Kunden verbracht werden konnte.

Zwei frische Hemden, Unterwäsche zum Wechseln, Waschzeug, Bürste, Rasierer, Ladegeräte für Handy und Laptop waren unerlässlich, Chinos, Turnschuhe und ein Polohemd optional, Shorts und Badesandalen verpönt. Die Mitarbeiter hatten in Anzug und Krawatte Dienst zu tun, damit sie beides nicht erst einzupacken brauchten.

Mein Koffer enthielt zusätzlich einen kleinen Verbandskasten (minus Schere), eine Badehose und einen zusammengerollten kleinen Union Jack.

Auch der konnte immer mal nützlich sein.

Alles, was sie sonst noch brauchten, sollten sich die Mitarbeiter »am Einsatzort« kaufen, wie ASW es nannte, und dafür stand uns eine Firmenkreditkarte zur Verfügung, wenn auch die Notwendigkeit der Ausgaben genau geprüft wurde.

Nicht, dass Simpson White gegenüber seinen Angestellten geknausert hätte. Ganz im Gegenteil. Auf Langstreckenflügen reisten die Mitarbeiter in der Business Class, um bei der Ankunft ausgeruht und sofort einsatzbereit zu sein, und auf einen bequemen Wagen mit Fahrer konnten sie ebenso selbstverständlich zählen wie auf die Unterbringung in einem Vier- oder Fünfsternehotel.

»Mein Stab muss frisch sein«, pflegte ASW zu sagen und bat seine Kunden entsprechend zur Kasse.

Anthony Simpson-White, Oberst a.D., hatte die Simpson White Consultancy Ltd Mitte der 1990 er-Jahre aufgebaut, unter anderem mit dem Geld aus seiner Abfindung nach achtzehn Jahren vorbildlichen Dienstes beim britischen Militär. ASW war jedoch kein kämpfender Soldat gewesen, sondern Anwalt. Er hatte als leitender Of‌fizier in der Rechtsabteilung der Armee gedient und Premierminister wie auch das Oberkommando in Fragen des Militärrechts und des internationalen Rechts beraten, unter anderem bei den britischen Kriegen im Südatlantik, im Persischen Golf und in Bosnien.

»Die meiste Zeit habe ich den hohen Tieren verklickert, was sie eigentlich nicht hören wollten«, meinte er einmal zur Erklärung, warum er schließlich den Dienst quittiert hatte, obwohl er als künftiger Generalintendant der Heeresrechtsberatung im Gespräch gewesen war. »Viel geändert hat sich für mich ja nicht«, hatte er lachend ergänzt, »außer dass mir die hohen Tiere meinen Rat jetzt besser bezahlen.«

Angefangen hatte er als Ein-Mann-Unternehmen. In finanzielle oder betriebliche Schwierigkeiten geratene Firmen bekamen seinen Rat oder seine Einschätzung genauso strikt und unverblümt vorgesetzt wie zuvor das Verteidigungsministerium. Auch den Firmenlenkern schmeckte vielleicht nicht, was sie zu hören kriegten, aber er hatte die unheimliche Gabe, ohne Umwege zum Kern eines Problems vorzustoßen, ehe er den Rettungsanker präsentierte, ob genehm oder nicht. Die Firma konnte dann selbst entscheiden, ob sie seiner Empfehlung folgte – ob sie durchkam oder unterging.

Und ASW war keiner, der untätig herumstand und schwieg, wenn er sein Einschreiten für sinnvoll hielt. Ein Lieblingsspruch von ihm hieß: Was ändert es, ob du gelebt hast, wenn du im Leben nichts bewirkst?

Im Lauf der Jahre war sein Unternehmen ebenso gewachsen wie sein Ansehen, sodass er jetzt über zehn Mitarbeiter wachte und Kollegen elf und zwölf eingeplant waren.

Die meisten von uns waren Anwälte, aber auch der frühere Sergeant einer Spezialeinheit gehörte dazu und zwei Finanzgenies aus der City, die sich zwar keinen dicken Gehaltsscheck, doch ein abwechslungsreicheres und spannenderes Leben von uns versprachen.

Und Abwechslung und Spannung bekamen sie auch.

Ich war Mitarbeiter Nummer 7 – 007 , dachte ich gern – und seit knapp sieben Jahren dabei, weil Grundstücksübertragungen, Testamente und Scheidungsurkunden – die Hausmannskost des Rechtsanwalts im ländlichen Devon – mich nur noch gelangweilt hatten.

Eines besonders nassen und öden Mittwochnachmittags in Totnes war mein Blick auf eine unscheinbare kleine Annonce in den Stellenanzeigen der Law Society Gazette gefallen.

»Vis mutare aliquid magis excitando tuum? «, stand da nur, mit einer Londoner Telefonnummer nebendran.

Vis mutare aliquid magis excitando tuum?

Mein Jahr Latein in der Schule hatte offensichtlich nicht gereicht. Ich tippte die Zeile in einen Online-Übersetzer, und der spuckte aus: »Möchten Sie zu etwas Aufregenderem wechseln?«

Spaßeshalber rief ich die Nummer an.

»Können Sie zu einer Beurteilung in unser Büro kommen?«, fragte eine Frauenstimme ohne jedes Vorgeplänkel.

»Gern«, erwiderte ich. »Wann?«

»So bald wie möglich«, kam die Antwort.

»Und wohin?«, fragte ich.

»Das liegt bei Ihnen. Rufen Sie hier nicht noch mal an, sonst sind Sie raus.« Damit hatte sie aufgelegt und mich perplex, aber brandneugierig zurückgelassen.

Ich weiß noch, wie ich mit dem Telefon in der Hand dasaß und halb mit einem Rückruf der Frau rechnete. Nichts da. Das Telefon blieb stumm. Ein Name war nicht gefallen, auch kein Firmenname. Nicht mal nach meinem Namen hatte die Frau gefragt.

War das eine Betrugsmasche? Zog da jemand irgendeinen Scheiß ab?

Oder war das ernst gemeint?

Wo fing ich jetzt an? Es gab über zehntausend Anwaltsbüros in Großbritannien, fast die Hälfte davon in London. Sollte ich das Branchenverzeichnis nach der passenden Nummer durchgehen? Die Nummer galt offenbar nur für die Anzeige, nicht für die Kanzlei.

Ich googelte sie und bekam wie vorauszusehen keinen direkten Treffer, aber doch ein paar Hinweise. Wenn ich nur die ersten sieben Ziffern eingab, wurde mir unter anderem eine Reihe ausländischer Botschaften angezeigt, eine Arztpraxis und mehrere Restaurants. Sämtliche Adressen gehörten zum Londoner Postbezirk SW 1 , die meisten zum Unterbezirk SW 1 X .

SW 1 X erkannte Google als Knightsbridge und Belgravia – die schicksten Gegenden Westlondons, beide aber mit zigtausend Anschriften.

Aussichtslos.

Statt meine Arbeit zu tun, hatte ich vom Schreibtisch aus den Leuten zugeschaut, die im Regen die Totnes High Street rauf und runter hasteten, und mich gefragt, welcher Idiot diese bescheuerte Annonce aufgegeben haben mochte.

Aber ich gedachte es herauszufinden.

Also rief ich bei der Law Society Gazette an und verlangte die Anzeigenabteilung. Über Inserenten dürf‌ten sie leider keine Auskunft geben, hieß es mit Hinweis auf den Datenschutz. Der Mann in der Leitung schien sogar ein wenig amüsiert über meine Anfrage, als würde er sie nicht zum ersten Mal hören.

Danach suchte ich am Computer die Anwaltsfirmen in London SW 1 X heraus und legte eine Liste an. Es waren ganze acht.

Das sah schon besser aus.

Danach glich ich die Nummer in der Anzeige mit den Rufnummern der Firmen ab. Keine Übereinstimmung, aber drei fingen mit den gleichen sieben Ziffern an, wenn auch die letzten vier ganz anders lauteten.

So langsam kam ich doch voran.

Ich rief erneut bei der Law Society Gazette an und verlangte die Finanzabteilung.

»Was kann ich für Sie tun?«, fragte eine Frauenstimme.

»Ich suche die Rechnung für eine Annonce in Ihren Stellenanzeigen«, sagte ich.

»Von welcher Firma?«, fragte sie.

»Da kommen drei infrage«, antwortete ich. »Wir betreuen mehrere Unternehmen.« Ich nannte ihr den ersten Namen auf meiner Liste.

»Leider nein«, sagte sie nach ein paar Sekunden. »Fehlanzeige.«

Ich nannte ihr den zweiten Namen.

»Ah ja«, ließ sie mich hoffen. »Die haben vor zwei Jahren über uns eine Rechtsanwaltssekretärin gesucht. Sind die’s?«

»Haben Sie nichts Neueres von denen?«, fragte ich, bemüht, mir meine Verzagtheit nicht anmerken zu lassen.

Ich hörte sie tippen.

»Leider nein«, sagte sie.

Ich gab ihr den dritten Namen durch.

»Tut mir leid. Auch wieder nichts.«

»Komisch«, meinte ich. »Ich bin mir sicher, dass es sich um eine Firma von uns im Postbezirk SW 1 X handelt. Sehen Sie bitte noch mal nach?«

»SW 1 X , ja?« Ich hörte, wie sie das Kürzel eingab.

»Wir haben nur noch eine andere Rechnung an eine SW 1 X -Adresse in der Datei, aber das ist kein Anwaltsbüro.«

»Wann ist die Rechnung rausgegangen?«, fragte ich schnell.

»Vorige Woche. Und zwar für die aktuelle Ausgabe. Die ging aber an eine Privatperson, keine Firma.«

»Könnten Sie mir den Namen sagen?«, fragte ich in meinem liebenswürdigsten Ton. »Da liegt wohl eine Verwechslung vor.«

»Das darf ich nicht«, antwortete sie fast, als müsse sie sich entschuldigen. »Ob Verwechslung oder nicht, das ist gegen die Vorschriften.«

»Könnten Sie mir denn die vollständige Postleitzahl sagen?«, fragte ich. »Dann finde ich die Firma schon.«

Sie zögerte und überlegte offensichtlich, ob auch das gegen die Vorschriften wäre. Ihrem Gefühl nach nicht.

»SW 1 X 8 JU

»Gut, danke.« Ich notierte es. »Damit versuch ich’s mal.«

Schmunzelnd legte ich auf. Das musste es doch sein. Aber die Postleitzahl passte zu keinem der acht Anwaltsbüros auf meiner Liste.

Folglich lief ich zwei Tage später die Motcomb Street in Belgravia mit ihren Designerläden, Kunstgalerien und angesagten Restaurants rauf und runter und rätselte, welche dieser achtundzwanzig eher unwahrscheinlichen SW 1 X 8 JU -Adressen die gesuchte sein könnte, wenn sie überhaupt dabei war.

Da nirgends etwas nach Anwaltskanzlei aussah und auch kein Messingschild an einer Tür mir weiterhalf, klopf‌te ich die Läden, Galerien und Gasthäuser einzeln ab und fragte das Personal, ob sie von einer Kanzlei in der Nähe wüssten oder von jemandem, der eine Anzeige in der Law Society Gazette aufgegeben haben könnte. Leider nein, aber so konnte ich immerhin die Hälfte der Adressen auf meiner Liste abhaken.

Die meisten Gebäude hier waren schöne Beispiele georgianischer Architektur, dreistöckig, mit kunstvoll geschmiedeten Balkongeländern. Ursprünglich als Einfamilienhäuser konzipiert, waren sie längst in Ladenlokale mit darüberliegenden Wohnungen umgewandelt worden, mit einer schmalen Haustür, die direkt auf den Gehsteig ging.

Ich schaute zu den hohen Fenstern hinauf, ob da vielleicht jemand an einem Schreibtisch saß oder sonst etwas auf Arbeitsplatz statt Wohnung deutete, doch der Blickwinkel von unten ließ mich hauptsächlich gespiegelten Himmel sehen.

Schließlich klopf‌te ich dann einfach an die Haustüren oder klingelte, um zu sehen, ob jemand da war.

Als ich zur letzten kam, verlor ich so langsam den Mut. An acht der vierzehn Türen hatte sich niemand gemeldet, und fünf Herausgeklingelte hatten offensichtlich keine Ahnung, was ich damit meinte, dass ich »wegen meiner Beurteilung« gekommen sei.

»Verschwinden Sie«, schrie mich einer an. »Ich kauf nix.«

Und eine andere Tür öffnete sich mit vorgelegter Sicherheitskette. »Sind Sie von der Stadt?«, fragte eine ältere Frau durch den Spalt.

»Nein«, erwiderte ich. »Ich komme wegen meiner Beurteilung.«

»Ich brauche eine vernünftige Beurteilung«, sagte sie. »Sind Sie wirklich nicht von der Stadt?«

Ich versicherte ihr, ich sei ganz bestimmt nicht von der Stadtverwaltung, und sie war sichtlich ungehalten darüber, dass ich sie umsonst runter zur Tür hatte kommen lassen – »in meinem Zustand!«.

Als ich die billige Plastikklingel an der allerletzten Tür drückte, war ich deshalb in Gedanken eher bei den Abfahrtszeiten der Züge von Paddington nach Totnes als sonst irgendwo.

Die Tür war grau vor Schmutz. Ich nahm an, sie war mal weiß oder cremefarben gewesen, aber die Zeit hatte es nicht gut mit dem stark abblätternden Lack gemeint. Der messinggerahmte Briefkasten war grün korrodiert, und der Türknauf hing wegen fehlender Schrauben lose am Holz.

»Ja?«, tönte es aus dem winzigen Lautsprecher über der Klingel.

»Ich komme wegen meiner Beurteilung«, sagte ich noch einmal, ohne mir etwas davon zu erhoffen oder zu versprechen.

»Gut«, hörte ich. »Kommen Sie rauf.« Mit einem Klicken öffnete sich die Tür.

Und so war ich in die Welt von Simpson White eingetreten.

Wie ich sie gefunden hatte, wurde ich nie gefragt. Nur, dass ich sie gefunden hatte, zählte. Drei Stunden später hatte ich ein Jobangebot, auch wenn mir damals kaum schwante, um was es dabei eigentlich ging.

»Wir sind definitiv kein Anwaltsbüro«, erläuterte mir ASW , »und auch kein PR -Unternehmen. Aber wir haben mit Public Relations zu tun, und wir brauchen Anwälte.« Insgesamt ging er mehr darauf ein, was sie nicht waren, als darauf, was sie denn nun waren, als wüsste er das selbst nicht so genau. Aber ich mochte ihn und er mich offensichtlich auch. »Wollen Sie also den Job?«

»Was zahlen Sie?«

Dass ich nach etwas so Ordinärem wie Geld fragte, schien ihn etwas zu irritieren.

»Wie alt sind Sie?«, fragte er, statt auf meine Frage zu antworten.

»Dreißig«, erwiderte ich.

»Verheiratet?«

»Nein.« Ich fragte mich, ob das eine angemessene Frage für ein Bewerbungsgespräch war.

»Verlobt?«

»Nein.«

»Sonst eine Beziehung?«

»Momentan nicht«, sagte ich, obwohl ihn das wahrhaftig nichts anging.

»Was kümmert es Sie dann, wie viel ich zahle?«

Jetzt war ich meinerseits etwas irritiert.

»Ich muss doch von irgendwas leben.«

»Das klappt schon«, erwiderte ASW lachend, »und obendrein werden Sie feststellen, dass Sie noch nie so müde, so erregt und so wichtig gewesen sind.«

»Was genau mache ich denn in dem Job?«

»Alles und jedes«, antwortete er wenig hilfreich. »Im Prinzip sind wir ein Beratungsunternehmen, und wir beraten Präsidenten und Premierminister ebenso wie die Geschäftsführer großer internationaler Firmen. Letztlich jeden, der unsere Hilfe braucht und bereit ist, unsere Honorare zu zahlen.«

Er holte Luft, und ich saß still da und wartete darauf, dass er fortfuhr.

»Wir sind Spezialisten für Krisenbewältigung. Krisen treten immer auf, ob naturbedingt oder vom Menschen verursacht, und zu beobachten, wie die Krise bewältigt wird, ist fast genauso wichtig wie die Hilfsmaßnahmen selbst. Unsere Aufgabe ist, kurz gesagt, dafür zu sorgen, dass ein Notzustand nicht durch unbedachte oder einfach dumme Worte und Handlungen derjenigen, die helfen sollen, ihn zu beseitigen, noch verschlimmert wird.«

»Wie bei Deepwater Horizon«, sagte ich.

»Genau.«

Deepwater Horizon war eine von BP betriebene Bohrplattform, deren Explosion im April 2010 eine Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko auslöste. Die BP -Führung behauptete zunächst, es handele sich nur um ein kleines Problem, an dem man keine Schuld trage. Der Imageschaden war für BP fast so verheerend wie der materielle.

»Wir flüstern den Leuten Ratschläge ins Ohr und hoffen, man hört auf uns – mit der Bohrinsel hatten wir dankenswerterweise aber nichts zu tun.«

»Okay«, sagte ich.

»Was ist okay?«, fragte ASW .

»Der Job. Ich nehme ihn.«

Und so kam es, dass ich mich jetzt, elf Jahre später, durch ebenjene schmutzig graue Tür auf den Weg nach King’s Cross und nach Newmarket machte.

Pferderennen! Du lieber Gott!