KEINE ANGST VOR KRISEN

„Was mache ich denn, wenn …” – Deine Sorgen rund um die Grundschulzeit sind sicher schon ein ganzes Stück kleiner geworden, nachdem du dich damit beschäftigt hast, welche Entwicklungsaufgaben dein Kind in dieser Zeit hat und wie du sie gut begleiten kannst. Euch können aber auch individuellere Schwierigkeiten wie familiäre Veränderungen oder eine Lernstörung treffen. Für solche Fälle bekommst du nochmals beziehungsstarken Input an die Hand.

„Es kann so viel schiefgehen!” Ja, das stimmt. Aber es kann auch so viel rundlaufen. Räume nicht vorher alle Hürden aus dem Weg. Das geht auch gar nicht. Mit meinem Buch bist du nun schon gut vorbereitet, und Impulse für weitere schwierige Situationen kannst du im Folgenden noch nachschlagen.

Elterntrennung: „Ich bin ein Trennungskind!”

Eine besondere Herausforderung für Kinder ist die Trennung ihrer Eltern. Passiert das bei euch im Grundschulalter deines Kindes, benötigt es eine besondere Begleitung, damit es ihm seelisch, aber auch schulisch gut gehen kann. Eure Trennung ist im besten Fall nur eine kurzzeitige Belastung für das Kind, wenn ihr gut begleitend damit umgeht.

Wie geht das? Sucht gemeinsam das Gespräch mit dem Kind, um ihm von der Trennung zu erzählen. Gut ist ein Samstagmittag, denn dann habt ihr den Rest des Wochenendes Zeit, alle Gefühle zu begleiten und alle Fragen zu beantworten. Für das Gespräch ist Folgendes wichtig:

Ehrlichkeit und kindgerechte Erklärungen – Lüg dein Kind nicht an. Besprecht als Eltern vorweg, was gesagt werden soll. Knüpfe an das an, was das Kind kennt: Gab es schon andere Trennungen im Umfeld? Eine zerbrochene Freundschaft, die helfen könnte, dass es veränderte Gefühle versteht?

Lösende Konfliktführung – Haltet euch nicht mit Schuldfragen auf, sondern sucht zusammen Lösungen für die neue Situation. Manchmal benötigt man dazu mediatorische Hilfe. Die gibt es freiberuflich, aber auch in kirchlicher oder städtischer Trägerschaft.

Zuverlässigkeit und Klarheit – Sich an Absprachen zu halten, ist gerade jetzt sehr wichtig für dein Kind. Kündige also nichts an, was noch nicht sicher ist. Sag, was sich ändern wird und möglichst klar, wie es dann geregelt sein wird. Lasst den Fokus aber besonders auf dem, was verbindend bleibt.

Im weiteren Alltag ist es am wichtigsten, dass du liebevoll handelst. Nur nette Worte reichen nicht aus. Halte die Beziehung so gut wie möglich aufrecht, auch wenn ihr euch nun weniger sehen solltet. Hast du mit dir selbst so viele Probleme, dass dir der Kontakt zu deinem Kind schwerfällt, such dir unbedingt Hilfe. Dein Kind braucht dich.

Außerdem ist es relevant im Auge zu behalten, dass dein Kind eben noch ein Kind ist:

Übertrag ihm keine Pflichten, die in die Erwachsenenwelt gehören.

Lass es von allem erzählen, auch von den Erlebnissen mit dem anderen Elternteil.

Kläre Unklares direkt mit deinem Expartner oder deiner Expartnerin. Hier erinnere ich auch nochmal an die Möglichkeit einer Mediation.

Wenn euch Erwachsenen das Gespräch erst einmal schwerfällt, nutzt ein Übergabetagebuch, in dem alles Wichtige notiert wird: Muss für einen Test gelernt werden? Gab es Streit mit einer Klassenkameradin? Spricht in der Schule gerade jeder über die neuen Sammelkarten? Das Tagebuch kann funktionieren wie ein abendliches Gespräch zweier Elternteile, die beide gern wissen möchten, was ihrem Kind gerade wichtig ist.

Auch die Schule sollten beide Elternteile im Blick haben. Ihr könnt eine Messengergruppe einrichten, in der nur Schulthemen Platz haben. Dann findet ihr alles wieder, wenn es ins nächste Gespräch mit einer Lehrkraft geht oder nur einer von euch zum Elternabend gehen konnte.

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MITREDEN

Ein Trennungskind im Grundschulalter sollte auf jeden Fall einiges im neuen Alltag mitbestimmen dürfen. Dass es nach der Einschulung mit viel Fremdbestimmung auskommen muss, hast du schon gelesen. Eine Elterntrennung macht ähnliche Gefühle. Hol dein Kind da heraus und lass ihm Raum für Entscheidung rund um die neue Zimmereinrichtung oder auch die Termine für die Elternhauswechsel. Es kann nicht alles allein bestimmen, aber frag es und lass es mitargumentieren.

Ob es deinem Kind mit der Trennung gut geht und es alles gut bewältigen kann, musst du über die Zeit erspüren. Zeigt es Verhaltensauffälligkeiten oder eher Rückschritte in seiner Selbstständigkeitsentwicklung und Selbstsicherheit, kann es gut sein, dass es das Ganze nicht gut verarbeitet hat. Dann frag in eurer kinderärztlichen Praxis nach Adressen, bei denen ihr Hilfe bekommen könnt.

Möglicher Schulwechsel: „Ich fühle mich hier nicht wohl!”

Manchmal reichen die besten Bedingungen und die genauesten Überlegungen nicht aus: Dann stellt sich im Nachhinein heraus, dass die ausgewählte Schule doch nicht die richtige für dein Kind ist. Das kann an allem Möglichen liegen. Manchmal ist es die Gruppendynamik in der Klasse, manchmal die Klassenleitung, manchmal sind es auch die Schwerpunkte der Schule. Geht dein Kind jeden Tag mit Bauchweh zur Schule und du fühlst dich ähnlich unwohl, liegt das Nachdenken über einen möglichen Schulwechsel auf der Hand. So eine Entscheidung geht niemand leichtfertig an. Auch ihr solltet genau abwägen.

Wie geht das? Renn nicht gleich los und schau dir neue Schulen an, sondern sprich erstmal mit allen Beteiligten vor Ort. Das sollte die Klassenleitung sein, aber auch Direktorat, Sozialpädagog*innen oder der schulpsychologische Dienst können involviert werden, um das Problem genau zu definieren und alle Lösungsmöglichkeiten auszuloten. Kennst du die Ursachen für die ablehnenden Gefühle deines Kindes der Schule gegenüber nicht, kann es passieren, dass es ihm am neuen Ort schnell ähnlich schlecht gehen wird.

Erst, wenn die Situation richtig festgefahren erscheint und sich die Ursache für das Unwohlsein deines Kindes nicht vor Ort lösen lässt, bemühe dich um Kontakt zu alternativen Schulen und führe Gespräche. Schildere dabei immer möglichst genau, wie die Ausgangssituation ist, damit dein Kind im Falle eines Wechsels auf sensibilisierte Lehrpersonen treffen kann. Das ist keine einfache Flucht, sondern bewältigungskräftig.

Bezieh dein Kind viel mit ein, denn am Ende muss es ja den Schulmorgen schaffen und nicht du. Solange es ihm in der bisherigen Situation schlecht geht und noch kein Wechsel möglich ist, können auch Pausentage zu Hause angebracht sein. Kranktage zu Hause bedeuten nicht, dass ein Kind unbedingt Fieber haben muss, um Erholung bekommen zu dürfen.

In der Regel muss das Schulamt involviert werden und den Wechsel genehmigen. Alle Informationen dazu solltest du bei der neuen Schule oder auf der Homepage eurer Heimatgemeinde bekommen.

Zwingender Schulwechsel: „Hilfe, wir ziehen um!”

Durch einen Umzug wird ein Schulwechsel leider manchmal notwendig. Dein Kind benötigt dann Begleitung beim Abschiednehmen am alten Ort und beim Ankommen am neuen.

Wie geht das? Überlegt gemeinsam, ob dein Kind einen kleinen oder großen Abschied möchte:

Soll es eine Schulstunde mit mitgebrachtem Kuchen oder lieber eine Party zu Hause geben?

Sollen alle in der Klasse in ein Freundebuch schreiben und die Lehrkräfte Abschiedspost bekommen, oder ist das deinem Kind viel zu viel?

Darf die beste Freundin vor dem Umzug noch mehrfach zum Übernachten kommen oder mit auf einen Ausflug? Kann der beste Kumpel den neuen Ort gleich mit besuchen?

Könnt ihr ein Fotoalbum gestalten, das alle Freund*innen bekommen?

Kann dein Kind jetzt schon Termine ausmachen für regelmäßige Videocalls mit seinen Freunden und Freundinnen?

Kann es für ein langes Wochenende zurückkommen und am nächsten Klassenausflug teilnehmen?

Wichtig ist, dass dein Kind entscheidet, was es machen mag und dass es aktiv mit Abschiedsschmerz umgehen darf, wenn es das möchte.

Am neuen Ort ist wieder beziehungsstarke Begleitung gefragt:

Wie viel Unterstützung braucht dein Kind, um in der neuen Schule anzukommen?

Solltest du mitgehen?

Sollte die Schule ein Patenkind finden, das deines an den ersten Schulmorgen begleitet und vorher schon mal zu euch nach Hause kommt?

Sorg auch für viele Gesprächsmöglichkeiten in den ersten Wochen, damit du merken kannst, wie es deinem Kind geht. Hörst du aus der neuen Schule, dass dein Kind die Klasse intensiv stört, ist das ein Warnzeichen, dass es nicht gut angekommen ist. Dann sind keine Strafen angesagt, sondern noch mehr Hilfe beim Ankommen. Hier ist es meist gut, mit der Klassenleitung oder auch sozialpädagogischen Helfer*innen vor Ort Kontakt aufzunehmen, damit sie dein Kind besser dabei begleiten können, sich in der bestehenden Gruppe einzufinden.

AD(H)S: „Ich kann einfach nicht bei der einen Sache bleiben!”

Unkonzentrierte, motorisch eher unruhige Kinder sind manchmal einfach nur sehr wilde, lebendige Kinder, denen intellektuelles Lernen am Tisch nicht besonders leichtfällt. Manchmal steckt auch mehr dahinter, zum Beispiel eine AD(H)S, also eine Störung der Aufmerksamkeit oder der Aktivität, die das Konzentrieren nahezu unmöglich macht. Die Laiendiagnose wird viel zu häufig gestellt, wenn ein Kind nicht ins Raster passt. Den Gedanken einfach nur zu verwerfen, wird dem Thema aber auch nicht gerecht.

Wird bei deinem Kind etwas in der Richtung vermutet und spricht dich eine Lehrkraft darauf an, klopfe den Verdacht genau ab, um nichts zu übersehen.

Wie geht das? Wende dich zuerst an eure kinderärztliche Praxis. Dort wird es eine erste Einschätzung geben, ob Diagnostik angebracht ist und was in eurer Stadt eine gute Anlaufstelle dafür ist. Die Diagnostik macht manchen Kindern Spaß, andere finden sie anstrengend und unangenehm. Wichtig ist deine Begleitung: Es geht nicht darum herauszufinden, ob dein Kind einen Mangel hat, sondern ob es anders verarbeitet als andere. Du kannst ihm erklären, dass es zum Beispiel wie beim Sehen ist: Manche Menschen können das wunderbar, andere benötigen eine Brille. Alle sind gleichwertig und haben gleiche Chancen.

Nach der Diagnostik habt ihr die Chance auf Erleichterung: Entweder seht ihr, dass keine AD(H)S vorliegt und könnt nach anderen Ursachen forschen, oder ihr wisst, dass der Verdacht richtig war, und könnt entsprechende Hilfe bekommen. Inzwischen gibt es viele therapeutische, alltagstaugliche und auch medikamentöse Hilfsmöglichkeiten, und ein Kind, das auf einmal sagt, es kann plötzlich so viel besser auf seine Umwelt achtgeben, ist eine wirklich schöne Erfahrung.

Was genau dein Kind im Falle der Diagnose von dir in der elterlichen Begleitung braucht und wie die Schule zukünftig mit ihm umgehen sollte, wird dir im Rahmen der Gespräche in der diagnostizierenden Praxis mitgegeben. Das würde an dieser Stelle zu weit führen.

Lese- und Rechtschreibschwäche: „Ich kann mir nicht merken, wie ich das schreiben soll!”

Schreiben und Rechtschreiben sind für viele Kinder lästige Themen. Sind die Leistungen in diesem Bereich und auch insgesamt in allen Fächern, in denen gelesen und geschrieben werden muss, sehr schlecht, wird die Lehrkraft für Deutsch zu einer Testung raten. Manchmal wird das aber auch übersehen. Dann hör auf dein Bauchgefühl und kümmere dich eigenständig um die Abklärung. Hinter den Problemen kann Verschiedenes stecken. Eine Diagnostik zieht alles in Betracht, beispielsweise psychische Belastungen, intellektuelle Einschränkungen oder auch eine Sehschwäche.

Wie geht das? Wieder führt der Weg über die kinderärztliche Praxis, die euch in eine kinder- und jugendpsychiatrische Praxis weiterschicken wird. In den Beratungsgesprächen nach einer möglichen Diagnosestellung wirst du nicht nur Empfehlungen für Übungsmaterial an die Hand bekommen, sondern auch dazu, auf welche Art dein Kind am besten üben kann. Ohne eine durchdachte, individuell passende Strategie ist alles Üben nämlich kaum hilfreich.

Deine Haltung sollte voller Zutrauen sein. Sag deinem Kind, dass du an seine Möglichkeiten glaubst und ihm helfen möchtest. Seine Lernschwierigkeit ist kein Versagen, sondern einfach eine Andersartigkeit. So wie sein Freund erst mit 7 Jahren Fahrrad fahren konnte und dein Kind selbst schon mit 4. Das gleiche gilt für Dyskalkulie, also eine Rechenschwäche.

Weiterführende Schulen: „Wo soll ich denn hin?”

Im Grunde umfasst die Grundschule vier Jahre Kindheit und damit eine Zeit, die voll mit Spiel, Spaß und auch Entwicklungsschritten stecken sollte. Ich habe dir geraten, immer sehr im Augenblick zu sein: Wie geht es deinem Kind aktuell? Was braucht eure Beziehung jetzt? Welche Unterstützung benötigt es gerade? Leider reicht das nicht in allen Themenbereichen aus, denn Ernst und große Entscheidungen klopfen auch an. Je nach Wohnort dreht sich in Klasse 4 und teilweise schon am Ende von Klasse 3 alles um die Noten und die Empfehlungen für die weitere Schullaufbahn. Erneut besteht die Gefahr, dass Sorgen und Druck so groß werden, dass sie eure Beziehung belasten. Aus dem Karussell auszusteigen, das andere Eltern um dich herum rasch anstoßen, ist nicht immer leicht: „Es geht doch um den späteren Schulabschluss, ums ganze Leben eigentlich!”

Naja. Ja und nein. Lieber mal ein bisschen langsam ist eine gute Idee. Bleib beim Blick auf dein Kind. Kein Abitur nach acht Jahren ist es wert, dass ihr dauernd streitet, dein Kind bis abends an Aufgaben sitzt und am Ende doch mit Überforderung und Frust spüren muss, dass der eingeschlagene Weg nicht der richtige ist.

Viele Wege führen nach Rom beziehungsweise zum Schulabschluss. Dein Kind darf ruhig den langen ohne Steilwand wählen. Und Venedig ist auch ganz nett – muss es immer Rom sein? Lass dein Kind seine Grundschule meistern und schau gemeinsam mit den Lehrkräften hin, welche Potenziale es jetzt hat. Notendruck bringt nichts. Achte auch auf dein Bauchgefühl und sprich mit verschiedenen Menschen über unsichere Gedanken zur Schulwahl, aber press dein Kind nicht in nur eine mögliche Form.

Der wichtigste Begriff für dich heißt begabungsgerecht:

Benötigt dein Kind eine Schule, die es in seiner guten intellektuellen Begabung intensiv fördert?

Oder sollte es eine Schule sein, die dein Kind bei Handicaps und Schwächen gut fördert?

Begabungsgerecht ist eine Schule, die dein Kind nicht unter- und nicht überfordert. Jetzt im Moment. Das kann später wieder anders sein und einen Schulwechsel notwendig machen. Aber das Jetzt entscheidet. Dein Kind sollte sie jetzt bewältigen können.

Wenn ihr euch für eine begabungsgerechte Schulform entschieden habt, gibt es eventuell immer noch mehrere dieser Schularten vor Ort. Die Auswahl der passenden Schule könnt ihr ähnlich betreiben wie bei der Grundschulsuche.

Wie geht das? Besucht Sommerfest, Tag der offenen Tür, Theaterabend oder Basar, taucht in die Atmosphäre ein und sprecht wieder mit den Kindern und Eltern vor Ort, um einen realistischen Eindruck zu bekommen. Manchmal erfährt man so auch spannende Details, die auf keiner Homepage stehen. Vielleicht laufen ständig Lehrkräfte weg, weil die Arbeitsbedingungen schwierig sind, oder die Schule bietet Schwimmförderung an, sodass ihr euch den Schwimmkurs sparen könnt. Sammelt Pros und Kontras und entscheidet miteinander. Wo die Freunde und Freundinnen deines Kindes hingehen oder wie lang der Schulweg ist, hat ebenso eine Bedeutung wie ein möglicher sprachlicher oder mathematischer Schwerpunkt. Aber jedes Argument könnt ihr nur gemeinsam gewichten.

Für den bevorstehenden Wechsel kannst du dann nochmal zurückblättern zum Kapitel „Abschied und Vorfreude” ab S. 40 und dein Kind wie auch schon bei der Einschulung dabei begleiten, den alten Ort und die Menschen dort zu verabschieden und am neuen gut anzukommen, wenn dein Kind Abschiedsrituale braucht. Manche Viertklässler*innen lieben es, ein Klassenshirt zu drucken, das Freundebuch ausfüllen zu lassen und Überraschungen für die Klassenleitung zu planen. Andere sind irgendwie froh, dass die Zeit vorbeigeht und brauchen gar nicht viele Rituale.

Vorpubertät: „Ich bin einfach cooler als ihr!”

Die Pubertät bricht bis auf wenige Ausnahmen noch nicht in der Grundschulzeit aus, aber die Vorpubertät meldet sich. Du bemerkst nicht nur einen geistigen Unterschied zwischen deinem Erstklässlerkind und seinem Kindergarten-Ich, sondern auch noch einmal während der Grundschulzeit. Ab etwa 8 oder 9 Jahren kann dein Kind noch logischer denken und reflektierter Entscheidungen treffen, wird aber möglicherweise nochmal ein Stückchen cooler und eigenständiger werden. Vielleicht nutzt es endlich seinen eigenen Schreibtisch im Kinderzimmer, während es vorher eigentlich immer noch am liebsten im Esszimmer saß und in deiner Nähe war. Oder es will mehr und mehr über sein Essen, seine Kleidung oder seine Freizeit bestimmen und lehnt deine Hilfe stärker ab.

Das bedeutet überhaupt nicht, dass du etwas falsch gemacht hast oder irgendetwas Schlimmes los ist. Fühl dich einfach nur willkommen in einer weiteren neuen Lebensphase. Wie auch zu Eltern von Teenies möchte ich dir sagen: Dein Kind geht nicht von dir weg, es geht zu sich hin. Und zum Glück redet es jetzt meist noch wirklich gern und viel mit dir und verbringt seine Zeit oft mit der Familie. Das ist deine Chance, in guter Beziehung zu ihm zu bleiben und es auf seinem neu eingeschlagenen Weg zu verstehen.

Versuche, gut mit ihm Schritt zu halten.

Wie geht das? Lass deinem Kind seine Coolness und seine Freiräume. Das bedeutet, dass du dich immer mehr zurückziehen darfst und deinem Kind Entscheidungen ermöglichst: duschen ja, aber mittags oder abends entscheidet dein Kind. Lernen für den Test ja, aber wie ausführlich entscheidet dein Kind – und darf damit auch mal auf die Nase fallen, bevor du dich wieder mehr einbringst. Nur so kann es lernen, nach und nach Verantwortung zu übernehmen.

Aber achte darauf, dass auch eure Verbindung stark bleibt: Zeit für Gespräche und Zuhören, Fragen nach seinen Interessen und lösungssuchendes Streiten mit vielen Kompromissen bleiben deine Superkräfte. Gerade das Eintauchen in die Interessenswelten deines Kindes können euch nachhaltig verbinden, auch wenn dir die Themen wirklich schwerfallen. Und – ganz wichtig: Überleg dir jedes Nein wirklich gut. Denn jedes Nein verringert die Kraft deines Kindes, mit dir zu kooperieren und gut auf dich einzugehen. In der Vorpubertät darf es nach und nach lockerer zugehen und du solltest immer mal wieder auch aus deiner Komfortzone kommen, wenn du Dinge erlaubst. Das ist eine gute Übung für die weiteren Jugendjahre.

Das alles macht eure Beziehungsstärke aus, aber auch den Selbstwert deines Kindes: „Ich werde gesehen. Ich werde geliebt.”