Man könnte vielleicht denken, dass in einer biographischen Behandlung eines mittelalterlichen Königs die Zeit seiner Jugend von geringerem Interesse ist, da es nicht um eine Darstellung entwicklungspsychologischer Art gehen kann. In der Tat gibt es hierfür weder eine ausreichende Überlieferungsbasis noch ein anerkanntes methodisches Vorgehen. Doch auch wenn der heranwachsende Heinrich selbst in der Überlieferung kaum als Individuum profiliert wird, sind die konflikt- und krisenträchtigen Zeiten der Regentschaft während seiner Minderjährigkeit doch von einiger Bedeutung, weil der Rangstreit der Ratgeber und die teilweise vergiftete Atmosphäre unter ihnen kaum ohne jeden Einfluss auf die Entwicklung des jungen Königs geblieben sein können. Man kann sogar überlegen, ob sich sein später oft bezeugtes Misstrauen und seine Abneigung gegenüber dem gängigen politischen Verfahren der Beratung nicht leichter erklären lassen, wenn man einschlägige Erfahrungen in der Jugend berücksichtigt, die nach modernen Kriterien wohl als traumatisch zu bezeichnen wären. Die Darstellung der konfliktreichen ersten Jahre soll daher nicht zuletzt Er klärungspotential für Handlungen und Reaktionen Heinrichs IV. bereitstellen, die möglicherweise aus den Erfahrungen seiner Jugend besser verständlich werden. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Einzelheiten, die im Folgenden erzählt werden, ausgewählt und gewichtet.
Es ist auffällig, wie schnell und entschieden sich Kaiser Heinrich III. darum bemühte, seinem am 11. November 1050 geborenen ersten Sohn, der zunächst den Namen Konrad erhielt, die Nachfolge in der Königswürde zu sichern.1 Dies mag damit zusammenhängen, dass der Kaiser auf einen Thronfolger lange warten musste, da seine Gemahlin Agnes ihm zunächst drei Töchter geboren hatte. Im Reich hatte man schon Gebete zum Himmel gesandt für einen männlichen Erben und dessen Geburt mit einem erleichterten „endlich“ begrüßt. Die Eile mag aber auch mit Problemen der Herrschaft dieses Saliers zusammenhängen, die in ihrer zweiten Hälfte zunehmend auf Widerstände gestoßen war.2 Jedenfalls ließ der kaiserliche Vater bereits am Weihnachtsfest 1050 dem noch ungetauften Sohn von den anwesenden Großen Treue schwören. Die Taufe – nun auf den Namen Heinrich – erfolgte erst am nächsten Osterfest in Köln, wo niemand Geringerer als Abt Hugo von Cluny als Taufpate fungierte, der sein Patenkind in vielen Notsituationen vermittelnd durch das ganze Leben begleiten sollte. Die Wahl des Taufpaten ist vielleicht dann nicht ganz überraschend, wenn man bedenkt, dass die Kaiserin Agnes aus dem Geschlecht der Herzöge von Aquitanien, der Gründer Clunys, stammte.3
Noch bevor Heinrich drei Jahre alt wurde, sorgte sein Vater auf einem Hoftag in Tribur dafür, dass die Großen des Reiches ihn zum Nachfolger wählten, was allerdings mit einem interessanten Zusatz und Vorbehalt versehen wurde: „wenn er ein gerechter Leiter [rector iustus] werden würde“.4 Man versteht diesen Vorbehalt wohl richtig, wenn man ihn in erster Linie als einen Hinweis der Fürsten auf ihr Wahlrecht auffasst, das sich nicht von der väterlichen Designation dominieren lassen wollte.
Abb. 1: Konrad II. mit Heinrich III., Heinrich IV. und dessen Gemahlin Adelheid sowie die Söhne Heinrichs IV., Konrad und Heinrich.
In: Ekkehard von Aura, Chronik, um 1125.
Ein weiteres Jahr später wurde das Kind in Aachen von Erzbischof Hermann von Köln zum König geweiht. Bereits zuvor war es mit der bayerischen Herzogswürde bekleidet worden, die man einem Gegner des Vaters entzogen hatte. Auch die zukünftige Heirat des Sohnes leitete der Vater noch verbindlich in die Wege, denn am Weihnachtsfest des Jahres 1055 wurde der Thronfolger mit Bertha aus dem Hause der Markgrafen von Turin, die gleichfalls noch ein Kind war, verlobt. Die politische Absicht dieser Eheanbahnung bestand mit einiger Wahrscheinlichkeit darin, die Familie der Braut auf diese Weise zur Loyalität zu verpflichten und mit ihr ein Gegengewicht gegen die Markgrafen von Tuszien zu schaffen, deren Erbin Beatrix Gottfried den Bärtigen, den ehemaligen Herzog von Lothringen und hartnäckigen Widersacher Heinrichs III., geheiratet hatte.5
Ein letztes Mal sorgte Heinrich III. auf dem Totenbett dafür, dass die Großen durch eine erneute Wahl des Sohnes dessen Thronfolge bestätigten. Er vertraute überdies dem im sächsischen Bodfeld anwesenden Papst Viktor II. offensichtlich die Regelung der Nachfolgefrage einschließlich der Installation einer Regentschaft an.
Dieser Aufgabe wurde der Papst, der sein Bistum Eichstätt nach seiner Erhebung auf den römischen Bischofssitz nicht aufgegeben hatte, allem Anschein nach vollkommen gerecht. Er war nicht nur der Garant dafür, dass die Fürsten nach dem Tode Heinrichs III. seinem Sohn und Nachfolger den Treueid leisteten, er leitete überdies zusammen mit der Kaiserin Agnes die Begräbnisfeierlichkeiten in Speyer, reiste mit dem neuen König nach Aachen zu einer weiteren Thronsetzung und war gewiss auch dafür verantwortlich, dass die Übernahme der Regentschaft durch die Kaiserin Agnes ohne Schwierigkeiten vor sich ging. Alles in allem gelang also die Herrschaftsübergabe an den minderjährigen Sohn geradezu überraschend problemlos, auch wenn vereinzelte Stimmen von Überlegungen sächsischer Fürsten sprechen, Heinrich IV. die Herrschaft zu rauben, bevor er erwachsen sei, da er andernfalls in die Fußstapfen des Vaters treten und das Unrecht des Vaters fortsetzen würde.6 Nur die vielfältigen Aktivitäten des Vaters zur Sicherung der Nachfolge könnten den Eindruck erzeugen, er habe solche Probleme befürchtet. Insgesamt bietet der Übergang der Herrschaft auf Heinrich IV. aber wenig Anhaltspunkte für die Diagnose, das Reich habe sich in dieser Zeit in einem krisenhaften Zustand befunden.
Angesichts des 1056 immer noch sehr jungen Alters Heinrichs IV., der gerade sechs Jahre alt wurde, war eine lange Zeit der Regentschaft abzusehen, die besondere Gefährdungen mit sich brachte. Die Mutter hatte nun die Aufgabe, einen Kreis von Beratern um sich zu sammeln, in dem die relevanten politischen Kräfte und Interessengruppen vertreten waren. Nur so ließ sich vermitteln, dass die Regentschaft für einen gerechten Ausgleich der Interessen sorgte. Die beiden Regentschaften für minderjährige Könige im 10. Jahrhundert liefern Anschauungsmaterial dafür, wie wichtig es war, möglichst viele Große in den Entscheidungsprozess einzubinden. Dem Mittelalter war das Bibelzitat aus Prediger 10,16 wohlvertraut: „Wehe dem Land, dessen König ein Kind ist, und dessen Fürsten in der Frühe tafeln.“ Es eignet sich durchaus als Motto für die Darstellung des folgenden Jahrzehnts.7
Zunächst einmal war jedoch der Herrschaftswechsel ohne erkennbaren Widerstand vollzogen, und wenig deutete darauf hin, dass die Regentschaft der Kaiserin von großen Schwierigkeiten begleitet und von einem fürstlichen „Staatsstreich“ betroffen sein würde. Ein gutes halbes Jahrhundert zuvor hatte es angesichts der Minderjährigkeit Ottos III. in eher schwierigerer Lage eine überaus erfolgreiche Regentschaft der Kaiserinnen Theophanu und Adelheid gegeben. Dies war sicher nicht gänzlich vergessen und man wird Agnes’ Regentschaft wohl ohne größere Vorbehalte gegenübergestanden haben, was etwa im Urteil Lamperts von Hersfeld zur Einrichtung der Regentschaft zum Ausdruck kommt: „Die oberste Gewalt und die Verwaltung aller notwendigen Regierungsgeschäfte verblieb jedoch bei der Kaiserin, die die Sicherheit des gefährdeten Reiches mit solcher Geschicklichkeit aufrechterhielt, daß die tiefgreifende Veränderung der Lage keinerlei Unruhen und keinerlei Anfechtungen hervorrief.“8
Diese Unruhen und Anfechtungen entstanden aber, und die ältere wie die jüngere Forschung hat intensiv nach deren Ursachen geforscht. Es verwundert letztlich nicht sehr, dass man hierbei in der älteren Forschung vor allem das Bild von der versagenden Regentin zeichnete, deren Schwäche nicht zuletzt ihre religiösen Überzeugungen gewesen seien, die es ihr unmöglich machten, die Zügel der Regierung straff in der Hand zu behalten und das Reformpapsttum in die Schranken zu weisen. In der Sprache Karl Hampes: „[Es] sah sich Agnes als Regentin vor eine ihre Kraft weit übersteigende Aufgabe gestellt. Ängstlich und unsicher, ohne politisches Urteil, persönlichen Antrieben folgend, voll kirchlicher Ergebenheit, ein schwaches Weib […].“9
In der zeitgenössischen Überlieferung finden diese Wertungen wenig Stütze. Doch Agnes’ Übersiedlung nach Rom einige Zeit nach ihrer Entmachtung und ihre späteren engen Kontakte zu Gregor VII. trugen nachhaltig dazu bei, solche Einschätzungen zu befestigen, die eher aus lebensweltlichen Überzeugungen der Forscher zu stammen scheinen, die sie vertraten. Welche tragfähigen Anhaltspunkte aber hat man für eine Beurteilung der politischen Wirksamkeit der Agnes in der Zeit ihrer Regentschaft? Im Grunde gehen alle Urteile über die Kaiserin von der Beobachtung aus, dass sich eine Gruppe von geistlichen und weltlichen Fürsten im Jahre 1062 genötigt fühlte, den heranwachsenden Heinrich der Regentin dadurch zu entziehen, dass sie ihn schlicht entführten. Dieser Gewaltstreich geschah aus scheinbar ziemlich heiterem Himmel, denn alle vorherigen Nachrichten über die Regentschaft lassen von gravierender Zwietracht oder Unzufriedenheit nichts erkennen, er richtete sich aber allem Anschein nach gegen die Regentschaft der Mutter – so zumindest die lange herrschende Meinung.10
Im April des Jahres 1062 lockten die Teilhaber an diesem Plan, von denen Erzbischof Anno von Köln, Herzog Otto von Northeim und Graf Ekbert von Braunschweig namentlich genannt werden, den jungen König nach einem festlichen Mahl auf ein bei Kaiserswerth im Rhein ankerndes Schiff, das sie zu ihrem Zweck prächtig hatten herrichten lassen. Als der Knabe neugierig das Schiff betreten hatte, trieben die Ruderer es schnell in die Mitte des Stromes. Dies versetzte den jungen König so in Panik, dass er über Bord sprang und nur dadurch vor dem Ertrinken gerettet wurde, dass Graf Ekbert ihm nachsetzte und ihn mit Mühe und Not auf das Schiff zurückbrachte. Daraufhin geleitete man den Knaben nach Köln.11
Als Grund für diese ungewöhnliche Handlung der Fürsten, die vollendete Tatsachen schuf, wird in den Quellen akzentuiert, Agnes habe zu ausschließlich den Rat des Bischofs Heinrich von Augsburg gesucht und vorrangig mit diesem Reichsangelegenheiten entschieden: „Während der Minderjährigkeit ihres Sohnes führte die Kaiserin selbst die Regierungsgeschäfte, und sie bediente sich dabei in erster Linie des Rates des Bischofs Heinrich von Augsburg.“ Hierdurch fühlten sich die anderen Fürsten zurückgesetzt und versuchten durch die Entführung des Kindes ihren Einfluss auf die Reichsgeschäfte wieder zu sichern: „Diesen unwürdigen Zustand ertrugen sie nicht; sie veranstalteten deshalb häufig Zusammenkünfte, erfüllten ihre Pflichten gegen das Reich nur lässig, reizten die Volksstimmung gegen die Kaiserin auf und trachteten endlich mit allen Mitteln danach, den Sohn dem Einfluß der Mutter zu entziehen und die Verwaltung des Reiches in ihre Hände zu bekommen.“ Um die Akzeptanz dieser Maßnahme zu erreichen, habe Erzbischof Anno sogar angeordnet, „daß zukünftig jeder Bischof, in dessen Diözese der König sich jeweils aufhalte, dafür zu sorgen habe, daß der Staat keinen Schaden leide, und daß er bei den Angelegenheiten, die vor den König gebracht würden, vornehmlich Bescheid erteile.“12
Anstelle des einen Günstlings der Mutter sollte nach diesem Diktum sozusagen turnusmäßig die Regentschaft dem Bischof zufallen, in dessen Bistum sich der König aufhielt. Ob auf diese Weise wirklich eine gleichmäßige Beteiligung der Fürsten an der Regentschaft hätte gesichert werden können, ist nicht über jeden Zweifel erhaben, denn es war ja keineswegs dem Zufall anheim gestellt, in welches Bistum der König gelangte. Allem Anschein nach ist auch nie der Versuch gemacht worden, solch ein Rotationsprinzip einzurichten. Doch steht andererseits außer Frage, dass der Vorwurf der einseitigen Bevorzugung eines Ratgebers im Mittelalter immer ein gravierender Vorwurf war. Sollte Agnes also den unterstellten Fehler gemacht haben, dann war es wirklich ein schwerwiegender. Wie berechtigt der Vorwurf allerdings war, lässt sich nicht sicher ermitteln.
An der von Lampert und in den Altaicher Annalen ausführlich geschilderten Reaktion der Kaiserin war dann für die Forschung leicht abzulesen, dass sie in der Tat der Regentschaft müde und mit ihrer Aufgabe überfordert war: „Die Kaiserin wollte ihrem Sohn weder nachreisen noch für das ihr zugefügte Unrecht nach dem Recht der Völker Rechenschaft fordern. Sie beschloß, sich auf ihre Privatgüter zurückzuziehen und künftig ihr Leben ohne politische Betätigung zu verbringen. Und nicht lange danach entschloß sie sich, der Welt zu entsagen, der Trübsale der Zeitlichkeit überdrüssig und durch ihr persönliches Mißgeschick belehrt, wie rasend schnell das Gras irdischen Ruhmes verdorrt, wenn ein Hauch Gottes hereinbläst. Und sie wäre sogleich Hals über Kopf zur Ausführung ihres Vorhabens geschritten, hätten nicht ihre Freunde den ungestümen Drang ihres Herzens durch überlegtere Pläne gedämpft.“13
Warum aber waren die Verschwörer zu einer solch außergewöhnlichen Maßnahme genötigt und warum fügten sich Agnes und die anderen Großen scheinbar widerspruchslos diesem Gewaltakt? Direkte Gründe für den abrupten Umschlag der Stimmung gegen die Regentschaft nennen die Quellen nicht. Die moderne Forschung hat jedoch einen möglichen Grund für diese Krise namhaft gemacht: das sich verschlechternde Verhältnis der Regentschaft zum Reformpapsttum.14 Noch vor dem Tode Papst Nikolaus’ II., der 1059 mit dem Papstwahldekret den Einfluss des Kaisers wie der römischen Adelsgruppen auf die Papstwahl zurückgedrängt hatte, war es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen den Erzbischöfen Anno von Köln und Siegfried von Mainz und diesem Papst Nikolaus gekommen. Die Hintergründe sind einigermaßen unklar: In Rom hatte man sich wohl geweigert, dem Erzbischof Siegfried das Pallium, das Abzeichen seiner erzbischöflichen Würde, zu übersenden, und hatte ihn aufgefordert, es sich in Rom persönlich abzuholen, was einen Affront darstellte, zumal in einem Brief an die Kaiserin Agnes die Schuld an dieser Situation in der ignorantia ihrer Ratgeber gesehen wurde.15
Unter der Führung Annos von Köln hatten andererseits die am Hof einflussreichen Kräfte den Papst Nikolaus auf einer Synode verurteilt und seine Dekrete für ungültig erklärt, angeblich sollte sogar sein Name in der Liturgie nicht mehr erwähnt werden. Einen von der Kurie mit einer geheimen Botschaft an den Hof gesandten Kardinal hatte man erst gar nicht empfangen, sondern unangehört zurückgeschickt. Diese nur schemenhaft überlieferten Vorgänge lassen sich schwer mit der sonst immer wieder bezeugten Romorientierung der Regentin Agnes in Einklang bringen; ihre persönliche Rolle bei diesen Vorgängen ist jedoch unbekannt. Man kann aber zweifelsohne von gravierenden Dissonanzen zwischen den römischen Reformkräften und den am Hof des minderjährigen Königs agierenden Beratern sprechen, ohne dass deutlich würde, wie kontrovers innerhalb dieses Beraterkreises über die Politik gegenüber der Kurie gedacht wurde. All diese Dinge ereigneten sich allerdings im Jahr vor dem „Staatsstreich“ von Kaiserswerth.16
Und es passierte noch einiges mehr: In Basel bestimmte Heinrich IV. Ende Oktober 1061 in seiner Eigenschaft als patricius der Römer auf einer Reichsversammlung den Bischof Cadalus von Parma zum Papst, der den Namen Honorius II. annahm. Dies geschah ausdrücklich im Widerspruch zu der zuvor in Rom erfolgten Erhebung Papst Alexanders II., der zuvor Bischof von Lucca gewesen war. Die am Hof in dieser Zeit maßgeblichen Kräfte intensivierten damit den Konflikt und nahmen ein Schisma bewusst in Kauf. Und es fragt sich, wer am Hof ein Interesse daran hatte, die Zusammenarbeit mit den Reformkräften, wie sie unter Heinrich III. praktiziert worden war, so zu stören. Man wird wohl kaum Agnes als die treibende Kraft hinter dieser Entscheidung ansehen, hört denn auch von ihrer Beteiligung an den Maßnahmen nichts Konkretes.17
Wohl im November, also unmittelbar nach dieser Entscheidung, legte die Kaiserin Agnes ihre königlichen Gewänder ab und nahm den Schleier. Sie gelobte als Witwe zukünftige Ehelosigkeit, Keuschheit und eine asketische Lebensführung. Damit trat sie zwar nicht in ein Kloster ein, versprach jedoch, ihr Leben an Idealen und Prinzipien monastischer Lebensführung auszurichten. Mit diesen Gelübden ließ sich eine Tätigkeit als Regentin zumindest schlecht vereinbaren, wenn sie nicht gar eine solche Tätigkeit ganz ausschlossen. Es fragt sich also, und dieser Spur ist die moderne Forschung nachgegangen, ob Agnes nicht, quasi als Antwort auf die ihr nicht genehme Konfrontation ihrer Berater mit den römischen Reformern, ihre aktive Beteiligung an der Regentschaft bereits im November 1061 aufgegeben hatte. In diesem Zusammenhang könnte sie den Bischof Heinrich von Augsburg mit der Erziehung des jungen Königs und der Leitung der Regentschaft beauftragt haben. Dieser Heinrich von Augsburg stand kurze Zeit später wie zitiert im Kreuzfeuer der Kritik, weil Agnes einen zu vertraulichen Umgang mit ihm gepflegt und ihm zu viel Einfluss gewährt habe. Diese angebliche Bevorzugung provozierte sogar den Vorwurf, sie sei durch ein unsittliches Verhältnis zwischen der Kaiserin und dem Bischof begründet.18
Der „Staatsstreich“ von Kaiserswerth hätte sich nach diesen Lesarten gar nicht in erster Linie gegen Agnes selbst, sondern gegen die Regelungen gerichtet, die sie nach ihrem Rückzug aus der aktiven Regentschaft getroffen hatte. Letzte Sicherheit wird man in diesen Fragen auf Grund der unterschiedlichen und bruchstückhaften Quellenaussagen wohl nicht gewinnen können. Doch erklärt diese Sicht der Vorgeschichte von Kaiserswerth auf jeden Fall besser, warum Agnes auch nach 1062 durchaus noch intensiven politischen Einfluss nehmen konnte und warum sie auch nach der Mündigkeit ihres Sohnes eine wichtige politische Kraft blieb, die nicht nur mit den Reformkräften in Rom zusammenarbeitete, sondern durchaus auch Kontakt zu den Personen unterhielt, die nun die Herrschaft ihres Sohnes beeinflussten. Agnes hat sich nämlich nicht direkt nach ihrer angeblichen Entmachtung, sondern erst im Jahre 1065 nach Rom begeben, als ihr Sohn mündig geworden war.19
In jedem Fall aber ist es Heinrich IV. kaum verborgen geblieben, dass sich die Verhältnisse um ihn herum gravierend veränderten, dass im Kreis seiner Berater höchst unterschiedliche Vorstellungen herrschten, die schließlich eine Entführung als adäquates Mittel erscheinen ließen, um zu einer Neugewichtung der Kräfte zu kommen. Was Heinrich persönlich von all dem mitbekam und was er dachte und empfand, entzieht sich unserer Kenntnis, doch dürfte der Zwist kaum spurlos an ihm vorübergegangen sein. Auf Erzbischof Anno war er später jedenfalls gar nicht gut zu sprechen.20
Wer jedoch 1062 darauf gehofft hatte, dass die Übernahme der Regentschaft durch Anno von Köln und seine Helfer stabilere Verhältnisse schaffen würde, sah sich bald zutiefst enttäuscht. Die nächsten Jahre bis zur Mündigkeit des Königs und die Zeit nach seiner Schwertleite waren vielmehr geprägt durch eine Fülle von Konflikten, die ihre Ursachen in Maßnahmen der neuen Regenten, ihrer Rivalität untereinander oder in ihrer fehlenden Autorität hatten. Schnell hatte sich nämlich ergeben, dass mehrere Erzbischöfe um den Einfluss auf den jungen König wetteiferten, so dass es Anno nicht gelang, sich als maßgeblicher Leiter der Regentschaft durchzusetzen. Mit ihm, neben ihm und gegen ihn waren vor allem Erzbischof Siegfried von Mainz und, erfolgreicher noch, Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen bemüht, ihr Gewicht geltend zu machen. Und man geht kaum fehl in der Annahme, dass auch diese Erfahrungen den jungen König geprägt haben werden.
Zum ersten Mal steht man für die Jahre 1062 bis 1066 nun vor einer Situation, in der ein vielstimmiger und dissonanter Chor das Geschehen um den König kommentiert und dadurch relativ genaue Einblicke in das politische Klima und die gegenseitigen Vorwürfe erlaubt. Es ist jedoch so gut wie unmöglich, die unterstellten Absichten und Motive der Handelnden und die vorgebrachten Anschuldigungen und Verdächtigungen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes zu beurteilen. Daher bietet es sich an, einige der prononcierteren Stimmen aus den verschiedenen Lagern kommentierend einander gegenüberzustellen, um einen realistischen Eindruck davon zu geben, was von unterschiedlichen Seiten in dieser Zeit gedacht, weitergetragen und für möglich gehalten wurde.
Zum Jahre 1063 bietet Lampert von Hersfeld, dessen Interesse an Handlungen Annos von Köln einigermaßen auffällig ist, eine ausführliche Bewertung der Situation, wobei er für sein Urteil Ereignisse der Jahre 1063 bis 1065 nutzte: „Die Erziehung des Königs und die gesamte Regierung lag in den Händen der Bischöfe, und unter ihnen hatten die Erzbischöfe von Mainz und Köln überragenden Einfluß. Als dann von diesen Erzbischof Adalbert von Bremen an den Beratungen beteiligt wurde, sowohl wegen seines erlauchten Geschlechts als auch wegen seines Alters und der Bedeutung seines Erzbistums, hatte dieser den König durch häufige Unterredungen und auch durch Willfährigkeit und Liebedienerei bald so stark an sich gefesselt, daß dieser sich unter Hintansetzung der anderen Bischöfe ausschließlich an ihn hielt, und daß er sich in der gemeinsamen Regierung fast die Alleinherrschaft anzueignen schien. Die zweite Rolle nach ihm spielte Graf Werner, ein nach Veranlagung und Alter unbändiger junger Mann. Diese beiden herrschten an Stelle des Königs, von ihnen wurden Bistümer und Abteien, von ihnen alles, was es an kirchlichen, was es an weltlichen Würden gibt, gekauft. […] Von Bischöfen allerdings und Herzögen hielten sie ihre Hände fern, doch mehr aus Furcht als aus Gewissensbissen. Gegen Äbte dagegen, die sich gegen dieses Unrecht nicht wehren konnten, übten sie ihre Raubzüge mit völliger Hemmungslosigkeit. […] Zunächst verteilten sie die Klostergüter nach Belieben unter ihren Anhängern. […] Dann aber steigerte sich ihre Frechheit noch: Sie machten nun einen Angriff auf die Klöster selbst und teilten sie unter sich wie Provinzen, und der König stimmte mit kindlicher Bereitwilligkeit allem zu, was man verlangte. So nahm der Bremer Erzbischof zwei Abteien in Besitz, Lorsch und Corvey, und behauptete, das sei die Belohnung für seine Treue und Ergebenheit gegen den König. Damit es aber nicht Mißgunst unter den übrigen Reichsfürsten erwecke, gab man mit Einwilligung des Königs dem Erzbischof von Köln zwei, Malmedy und Kornelimünster, dem Erzbischof von Mainz eine, Seligenstadt, dem Herzog Otto von Bayern eine, Altaich, und dem Herzog Rudolf von Schwaben eine, Kempten.“21
Soweit man die berichteten Fakten überprüfen kann, stimmen die Übertragungen der Reichsabteien an die genannten Großen tatsächlich. Dies ist deshalb gut bezeugt, weil die Reaktionen in den verschiedenen Klöstern sehr heftig waren und man sich vehement und teilweise erfolgreich gegen die Willkür der Übertragungen wehrte. In Stablo-Malmedy schrieb man einen Triumphus Sancti Remacli über die Auseinandersetzungen mit Anno, in dem erzählt wird, wie mit Hilfe des Klosterpatrons die Auflösung des Doppelklosters verhindert wurde. Dieser Triumphus berichtet etwa, wie die Mönche die Reliquien des heiligen Remaclus gegen die Ansprüche Annos zum Einsatz brachten. Die bei den Beratungen im Schrein anwesenden Reliquien wurden so aktiv, dass sie einem Ratgeber des Königs das Bein brachen, das erst dann wundersam heilte, als man von dem Vorhaben Abstand nahm.22
Nicht weniger heftig waren die Reaktionen in Lorsch und Corvey gegen Erzbischof Adalbert, dessen Abgesandte man in Lorsch mit Steinen und Ziegeln verjagte und wo anschließend die Vasallen des Klosters sich auf einen Kampf gegen die Angreifer vorbereiteten.23 Und auch in Niederaltaich ließen die dort geführten Annalen kein gutes Haar an ihrem neuen Klosterherrn, dem Herzog Otto von Northeim, dessen angebliche Missetaten gegen Heinrich IV. sie genüsslich ausbreiteten.24
Stark im Vordergrund steht im Text Lamperts die Rivalität der Erzbischöfe, von denen es Adalbert mit angeblich unlauteren Mitteln gelang, die anderen an die Seite zu drängen, was den Einfluss auf den König betraf. Diese Rivalität zwischen dem Kölner und dem Hamburger Erzbischof wird aus der Perspektive der Hamburger Kirche, wie sie in Adams Hamburgischer Kirchengeschichte niedergelegt ist, gleichfalls sehr deutlich. Diese Geschichte ist Erzbischof Liemar, dem Nachfolger Adalberts, dediziert worden, um ihn damit vertraut zu machen, wie sehr seine Vorgänger den Belangen ihrer Kirche verpflichtet gewesen seien, beziehungsweise, welche Fehler sie gemacht hätten. Adam stellt in diesem Zusammenhang interessanterweise die Prinzipien, die Erzbischof Annos politisches Handeln angeblich leiteten, als nachahmenswert und besonders wirkungsvoll heraus, während er diejenigen Erzbischof Adalberts kritisiert: „Der Kölner, den man der Habsucht zieh, verwandte alles, was er zu Hause und bei Hofe erraffen konnte, zum Schmuck seiner Kirche. Sie war zuvor schon groß gewesen, er machte sie so bedeutend, daß sie über jeden Vergleich mit einer anderen Kirche des Reiches erhaben war. Auch beförderte er seine Verwandten, Freunde und Kapläne und überhäufte sie alle mit den höchsten Würden und Rängen, damit sie wieder anderen, Schwächeren, helfen könnten. […] und sie wetteiferten, ihrem Gönner bei seinen Unternehmungen Hilfe und Ansehen zu geben […]. Unser Erzbischof [gemeint ist Adalbert] dagegen war so sehr auf seinen hohen Stand und irdischen Ruhm bedacht, daß er es für unpassend ansah, einem der Seinen zu hohem Rang zu verhelfen.“25
Die Netzwerkbildung Annos mit dem Ziel, als „Seilschaft“ größtmögliche Wirksamkeit zu entfalten, gilt hier als Stärke, weil sie die sicherste Gewähr dafür bot, für die eigene Kirche am meisten herauszuschlagen. Man tut wohl gut daran, diese Einstellung in der Umgebung des heranwachsenden Königs als gegeben vorauszusetzen und einige der Konflikte aus ihr abzuleiten. Adam hat eine ähnliche Einstellung an anderer Stelle nämlich auch bei seinem eigenen Erzbischof lobend diagnostiziert: „[…] schließlich suchte er zur Erreichung seines Zieles der Unabhängigkeit seiner Kirche seine Zuflucht in der Unterstützung durch den kaiserlichen Hof, und er schonte weder sich noch die Seinen oder auch sein Bistum, um den Caesar und die Herren seiner Umgebung zu gewinnen. Aus diesem Grunde suchte er den Eindruck zu erwecken, als nehme er bei Hofe die größten Lasten auf sich und als mühe er sich mit den Seinen überall aus freiem Willen auf beschwerlichen Feldzügen. Sollte doch der Kaiser voller Bewunderung für die unermüdliche Treue dieses Herrn danach verlangen, ihn als ersten Ratgeber in allen Fragen des Reiches zuzuziehen.“26
So offen ist in der Historiographie zuvor selten über die eigentlichen Motive geredet worden, die die Großen zur Anstrengung im Dienst des Königs veranlassten. Hochinteressant ist vor diesem Hintergrund auch, wie das Verhältnis der beiden Erzbischöfe untereinander beschrieben wird. Während man von außen die beiden zeitweise als so eng verbündet einschätzte, dass „der eine der Mund des anderen“ gewesen sei, sieht Adam das Verhältnis ganz anders: „und wenn auch beide mit dem Munde von Frieden sprachen, so stritten sie doch mit dem Herzen in tödlichem Haß gegeneinander.“27
Schonungslos wird auch in Brunos Buch vom Sachsenkrieg aus der Retrospektive über den angeblich verderblichen Einfluss berichtet, den Erzbischof Adalbert auf den jungen König ausübte: „Als dieser Bischof also den König wie ein zügelloses Pferd auf der abschüssigen Bahn des Frevels dahinstürmen sah, suchte er sich ihm zum vertrautesten Genossen zu machen, nicht um die aufgeschossenen Dornen des Lasters mit der Hand strenger Mahnung auszurotten und mit wahrhaft bischöflicher Predigt den Samen der Tugend zu säen, sondern um den Keim des Lasters noch mit dem Tau des Schmeichels zu benetzen und Früchte der Tugend, so solche etwa hervortraten, durch die Bitterkeit böser Lehre absterben zu machen.“28 Es macht den Verfall der politischen Kultur in drastischer Weise deutlich, dass Brun dieser Bewertung Erzbischof Adalberts gleich drei Geschichten anfügt, in denen dieser als „ein von Stolz und Hochmut aufgeblasener Mann“ diffamiert wird. Die Geschichten karikieren dessen anmaßende Überheblichkeit und heuchlerische Frömmigkeit in vernichtender Weise und geben gewissermaßen einen Vorgeschmack auf das, was später von Heinrich IV. selbst erzählt wurde. Erzbischof Anno hatte Bruno dagegen attestiert, dass er Heinrich „mit aller Sorgfalt, wie es sich für den kaiserlichen Sproß gehörte, erziehen [ließ], wobei er weniger den Vorteil des Königs als den des Reiches im Auge hatte“.29 Bruns Wertungen sind insofern von Gewicht, als sie den unversöhnlichen Hass auf den engsten Ratgeber des jungen Königs offenbar werden lassen, den es zumindest bei den relevanten Kräften in Sachsen gab.
Ein Jahr nach Übernahme der Regentschaft durch die Bischöfe kam es am Weihnachts- und am Pfingstfest in Goslar zu Tumulten, in die der junge König direkt verwickelt war und die gleichfalls einen realistischen Eindruck von den Ausmaßen der Rivalität unter den führenden Kräften am Königshof vermitteln. Es ging um die Sitzordnung, die immer zugleich auch die Rangordnung sichtbar machte und deshalb Anlass zu Auseinandersetzungen geben konnte. In Goslar versuchte nun der Bischof Hezilo von Hildesheim, das alte Recht des Fuldaer Abtes zu bestreiten, unmittelbar neben dem Mainzer Erzbischof zu sitzen – und damit als Zweiter rechts neben dem König. Lampert, der über beide Streitigkeiten berichtet, begründet diesen Vorstoß des Hildesheimers wie folgt: „dazu ermutigte ihn einmal der Ruhm seines Reichtums, worin er seine Vorgänger weit übertraf, und dann die Gunst der Zeitumstände, da jetzt, wo der König noch im Knabenalter stand, jeder ungestraft tun konnte, was ihm in den Sinn kam.“30 Beim ersten Mal konnte der Streit noch durch ein Machtwort Herzog Ottos von Bayern geschlichtet werden. Dies hatte jedoch nur die Folge, dass er beim nächsten Mal umso heftiger ausbrach: „Der König feierte Pfingsten in Goslar. Als sich hier der König und die Bischöfe zum Abendgottesdienst versammelten, kam es wegen der Aufstellung der bischöflichen Stühle wieder zu einem Tumult, nicht wie das vorige Mal durch einen zufälligen Zusammenstoß, sondern durch einen seit langem vorbereiteten Anschlag. Denn der Bischof von Hildesheim, der die damals erlittene Zurücksetzung nicht vergessen hatte, hatte den Grafen Ekbert mit kampfbereiten Kriegern hinter dem Altar verborgen. Als diese nun den Lärm der sich streitenden Männer hörten, stürzen sie rasch hervor, schlagen auf die Fuldaer teils mit Fäusten, teils mit Knütteln ein, werfen sie zu Boden und verjagen die über den unvermuteten Angriff wie vom Donner Gerührten mühelos aus der Kapelle der Kirche.“ Danach begann der Kampf jedoch erst richtig, denn die Fuldaer kehrten mit Waffen zurück, und es entwickelte sich eine regelrechte Schlacht mit Toten und Verwundeten – und mitten im Gemenge der junge König: „Der König erhob zwar währenddessen laut seine Stimme und beschwor die Leute unter Berufung auf die königliche Majestät, aber er schien tauben Ohren zu predigen. Auf die Mahnung seines Gefolges, an die Sicherung seines Lebens zu denken und den Kampfplatz zu verlassen, bahnte er sich schließlich mit Mühe einen Weg durch die dicht zusammengeballte Menge und zog sich in die Pfalz zurück.“31
Eine Untersuchung am nächsten Tag wies alle Schuld dem Fuldaer Abt zu, der sich jedoch angeblich auf eine Weise der Bestrafung entzog, die gleichfalls viel über den Zustand der politischen Sitten in der Zeit der Regentschaften aussagt, wenn die Nachricht denn auf Wahrheit beruht: „Er verkaufte und verschleuderte das Eigentum des Fuldaer Klosters und kaufte sich und seine Leute um einen sehr hohen Preis los. Wie viel dem König, wie viel seinen geheimen Ratgebern, wie viel dem Bischof gegeben wurde, haben wir nicht genau erfahren können. Denn es war Vorsorge getroffen, daß es nicht allgemein bekannt wurde.“32
Doch nicht nur Rangstreitigkeiten erschütterten den Herrschaftsverband, auch in konzeptionellen Fragen agierten die verschiedenen Regenten überaus widersprüchlich. Nicht zuletzt störten sie die Basis der Zusammenarbeit mit den römischen Reformern. Nachdem eine personell nicht zu bestimmende Gruppe von Ratgebern im Jahre 1061 in Basel durch die Bestellung des Cadalus von Parma zum Papst ein Schisma ausgelöst hatte, reiste im Jahre 1064 Erzbischof Anno zu einer Synode nach Mantua, auf der die Frage entschieden werden sollte, wer von den beiden Päpsten als rechtmäßiger anzuerkennen sei. Allem Anschein nach stellte Anno sich entschieden auf die Seite des in Rom erhobenen Alexander II., der auf dieser Synode sogar den Vorsitz übernahm, während Honorius II. ihr fernblieb. Diese Parteinahme Annos war offensichtlich durch eine Gesandtschaft seines Neffen Burkhard, des Halberstädter Bischofs, nach Rom bereits vorbereitet worden. So war es kein Wunder, dass trotz tumultuarischer Proteste der Anhänger des Honorius Alexander von der Synode als rechtmäßiger Papst anerkannt wurde: Vom Vorwurf der Simonie reinigte er sich durch einen Eid; über das strittige Bündnis mit den Normannen wollte er mit Heinrich IV. persönlich reden.33
Der Regent Anno war mit diesem Ergebnis offensichtlich zufrieden; er hatte damit die entgegengesetzte Position in der Papstfrage eingenommen wie seine Vorgänger im Jahre 1061. Ein reger Briefwechsel zwischen der Partei Alexanders und Anno nach dieser Entscheidung macht deutlich, dass man in Rom daraufhin zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit dem jungen König bereit war. Man wollte ihn in Rom baldmöglichst zum Kaiser krönen und strittige Fragen wie das Verhältnis zu den Normannen persönlich klären.34 Doch ehe die von Alexander ausgesprochene Einladung zur Kaiserkrönung im Jahre 1065 realisiert werden konnte, hatte sich die Verteilung der Gewichte im Rat des Königs bereits wieder so sehr verändert – nun war nämlich Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen der engste und eigentlich auch der einzige Ratgeber Heinrichs –, dass man den bereits geplanten Romzug vertagte. Angeblich geschah dies fünf Tage vor dem beabsichtigten Aufbruch, und es geschah unter dubiosen Verhältnissen, denn niemand kannte den Grund für die Verschiebung.35 Es war aber eine Verschiebung auf lange Zeit, wie sich zeigen sollte, denn es dauerte noch fast zwanzig Jahre, bis Heinrich IV. schließlich nach zweimaliger Bannung zum Kaiser gekrönt wurde – und das auch noch von einem Gegenpapst.
In diesem Jahr 1065 aber wurde Heinrich IV. mündig, und damit begann die Zeit, in der er eigenverantwortliche Entscheidungen zu fällen in der Lage war, wenn auch nach Beratung mit seinen Getreuen. Man zelebrierte diesen Übergang zur selbständigen Regierung nach dem Osterfest feierlich mit der sogenannten Schwertleite: Heinrich wurden in einem paraliturgischen Akt die Waffen übergeben, gewiss verbunden mit Gebeten und Mahnungen, sie angemessen, das heißt zum Schutz der Armen und Schwachen und nicht zuletzt der Kirche, zu gebrauchen. Mit einiger Sicherheit wohnten diesem Akt in Worms nicht nur Heinrichs Mutter Agnes, sondern auch die Erzbischöfe Anno von Köln, Adalbert von Hamburg-Bremen und Eberhard von Trier sowie eine Reihe weltlicher Großer bei, unter denen der Herzog Gottfried von Lothringen, der hartnäckige Gegner Kaiser Heinrichs III., besonders auffällt, weil er bei der Zeremonie als Schildträger des jungen Königs fungierte.36 Man darf diesen „Ehrendienst“ als nachdrückliches Versprechen Gottfrieds auffassen, dem neuen König uneingeschränkte Loyalität zukommen zu lassen. Dieses Versprechen, gegeben durch symbolisches Handeln, hielt man angesichts der langen Konfliktgeschichte zwischen Gottfried und den Saliern offensichtlich für sinnvoll und nötig.37
Die Spannung der letzten Jahre entlud sich dann aber, wenn man der Darstellung Lamperts trauen darf, in einer spontanen Handlung des jungen Königs: „[…] und er hätte sogleich die erste Probe mit der eben angelegten Rüstung gegen den Erzbischof von Köln abgelegt und wäre Hals über Kopf ausgezogen, um ihn mit Feuer und Schwert zu bekämpfen, hätte nicht die Kaiserin noch zur rechten Zeit durch ihren Rat den drohenden Sturm beschwichtigt.“38 Lampert bringt diese Reaktion des jungen Königs in ausdrücklichen Zusammenhang mit Annos Handeln in Kaiserswerth. Damit war klar, dass die Tage des Kölner Erzbischofs als einflussreicher Ratgeber Heinrichs gezählt waren. Heinrichs Mutter Agnes zog sich noch im gleichen Jahr nach Rom zurück, und der nun eigentlich eigenverantwortliche König geriet vollständig unter den Einfluss Erzbischof Adalberts.
Die Art und Weise, wie Erzbischof Adalbert nun seine Vertrautheit mit dem König dazu nutzte, Heinrich von allen anderen Einflüssen fernzuhalten, hat schnell energischen Widerstand der so ausgegrenzten anderen Großen provoziert. Obgleich die „angemaßte Alleinherrschaft“ des Hamburger Erzbischofs nur wenig länger als ein Jahr gedauert haben dürfte, ist die Empörung über seine Verhaltensweise in verschiedenen Quellen überwältigend. Brun widmet dem verderblichen Einfluss Adalberts mehrere Kapitel; Lampert von Hersfeld wird gleichfalls nicht müde, sarkastisch über Adalbert zu berichten und zu urteilen;39 selbst Adam von Bremen, der sich um ein ausgewogenes Urteil bemüht und nachhaltig den Interessen seiner Bischofskirche verpflichtet ist, kommt nicht umhin, immer wieder einzuräumen, wie problematisch Lebens- und Amtsführung dieses Bischofs und sein Umgang mit Heinrich IV. waren: „Ich gestehe, daß ich alle diese Vorgänge nur mit Schaudern erzähle. […] Er aber verachtete das allgemeine Gerede, kümmerte sich auch nicht um seine eigenen Angelegenheiten, sondern bemühte sich verbissen ausschließlich um den Hof und jagte hinter dem Ruhme her: Er selbst hat als Grund für sein Streben nach der Leitung der Reichsgeschäfte angegeben, er habe es nicht mit ansehen können, daß die Leute seinen Herrn und König wie einen Gefangenen umherzerrten. Und schon stand er auf der obersten Rangstufe, schon hatte er seine Mitbewerber beiseite gedrängt und saß allein im beherrschenden Kapitol, freilich nicht unangefeindet, aber das ist ja immer eine Folge des Ruhmes. Nun jedoch wollte unser Erzbischof in seiner hohen Stellung die goldene Zeit erneuern und soll vorgehabt haben, aus dem Reiche Gottes alle auszutilgen, die gegen das Recht verstießen, vor allem aber ihre Hände gegen den König erhoben, oder die offensichtlich Kirchen ausgeraubt hatten. Nun waren sich freilich fast alle Bischöfe und Großen des Reiches eines Anteils an diesem Verbrechen bewußt, und so taten sie sich in einmütiger Feindschaft zu seinem Sturz zusammen, um andere vor der Gefahr zu retten. Darum versammelten sich alle zu Tribur, wo der König weilte, und vertrieben unseren Erzbischof als Gaukler und Verführer vom Hof. So sehr waren seine Hände gegen alle und die Hände aller gegen ihn, daß die Auseinandersetzung schließlich mit Blutvergießen en dete.“40
Während Adam für seinen Erzbischof argumentativ zu retten versucht, was eben zu retten ist, und dennoch nicht umhin kann, ein distanziertes und düsteres Bild von Adalbert zu zeichnen, schildert Lampert die Situation aus anderer Perspektive und ohne jedes Verständnis für den Erzbischof: „Der König feierte (1066) Weihnachten in Goslar. Er hatte sich dort schon von Beginn des Herbstes an bis zu diesem Teile des Winters wie in einem Standlager aufgehalten und dabei mit so geringem Aufwand gelebt, wie es der glänzenden Hofhaltung an Königshöfen ganz und gar nicht entsprach. Denn außer dem wenigen, das aus den Einkünften des königlichen Fiskus einkam und was die Äbte gezwungenermaßen lieferten, wurde alles übrige für den täglichen Bedarf jeweils für einen Tag eingekauft. Das geschah aus Haß gegen den Erzbischof von Bremen, den alle beschuldigten, er habe sich unter dem Vorwand der vertrauten Freundschaft mit dem König eine offenkundige tyrannische Herrschaft angemaßt. Deshalb verweigerten sie dem König die üblichen Abgaben, und der Bischof wollte den König nicht in andere Teile des Reiches bringen, um den ersten Platz im Rat und im vertrauten Umgang mit dem König nicht mit anderen Fürsten teilen zu müssen und dadurch die Gipfelhöhe seiner angemaßten Einzelherrschaft zu verringern.“41
Gezeichnet wird hier ein Bild einer Königsherrschaft, die eigentlich keine mehr ist, weil sie elementaren Anforderungen und Erwartungen nicht gerecht wird: Zur Königsherrschaft gehörte Repräsentation, mit der sich der Herrschaftsverband in vertrauensstiftenden Interaktionen über den guten Zustand der Beziehungen vergewisserte und immer wieder Konsens über die zukünftige Politik herstellte. Hierzu brauchte man die Öffentlichkeit, aber auch die Vertraulichkeit, wie sie auf Hoftagen in etablierten Verfahren praktiziert wurde. Dieses Recht auf Partizipation an vertraulichen wie an öffentlichen Akten konnte man nicht zugunsten der Bevorzugung eines einzelnen Ratgebers verletzen, ohne heftige Gegenwehr auszulösen.42 Heinrich IV. tangierte mit der von Lampert kritisierten Praxis in der Tat Grundfesten mittelalterlichen Herrschaftsverständnisses, wie es sich seit dem 9. Jahrhundert entwickelt hatte. Diese Verweigerung der Beratung mit allen Großen, die Anspruch auf eine Beteiligung an den Verfahren der Willensbildung erhoben, war und blieb aber geradezu ein Signum von Heinrichs Herrschaftsverständnis und war die Hauptursache vieler folgender Konflikte. Man kann begründet vermuten, dass diese Haltung aus den Erfahrungen der Regentschaften resultierte, als seine Berater mehr gegeneinander als im Konsens miteinander gearbeitet hatten. Doch die Bevorzugung eines einzigen „Günstlings“ bedeutete gewiss nicht die Lösung, sondern die Verschärfung der Probleme.
Entsprechend heftig war die Reaktion der Betroffenen, wie sie Lampert unmittelbar anschließend berichtet: „Aber offensichtlich waren die übrigen Reichsfürsten nicht gewillt, diese Verletzung ihres Rechts weiterhin zu dulden. Die Erzbischöfe von Mainz und Köln hielten mit den übrigen Fürsten, denen das Wohl des Reiches am Herzen lag, häufige Versammlungen [conventicula] ab und forderten alle auf, gemeinsam zu überlegen, was zu tun sei. Als dann die Verschwörung [conspiratio] zur Reife gediehen war, sagten sie allen Fürsten einen Hoftag zu Tribur an. Hier sollten alle den Bremer Erzbischof, den gemeinsamen Feind aller, gemeinsam bekämpfen und dem König ankündigen, daß er entweder abdanken oder seine vertraute Freundschaft mit dem Bremer Erzbischof aufgeben müsse.“43
So geschah es auch, obgleich der König, nachdem ihm die Entscheidung der Großen in Tribur mitgeteilt worden war, auf Rat des Erzbischofs versucht hatte, mit den Reichsinsignien und seinem vertrauten Günstling das Weite zu suchen. Diese Flucht scheiterte an der Wachsamkeit der Fürsten, und am nächsten Tag wurde Erzbischof Adalbert „mit allen Helfern seiner Gewaltherrschaft schmachvoll vom königlichen Hof vertrieben“. Der Günstling war gestürzt, und Adam von Bremen schildert beredt, wie desaströs sich dieser Machtverlust auf die gesamte Stellung des Erzbischofs auswirkte, der nun den Angriffen seiner innersächsischen Gegner, der Billunger, weitgehend wehrlos ausgeliefert war.44
Mit dem Sturz Adalberts seien die Regierungsgeschäfte wieder an die Gesamtheit der Bischöfe gelangt, kommentiert der dem Erzbischof Anno wohlgesinnte Chronist Lampert. In der Tat bedeutete der Sturz Adalberts aber wohl den erneuten Aufstieg Annos von Köln, ohne dass es jedoch noch einmal zu einer alles überragenden Stellung eines einzigen Ratgebers gekommen wäre. Das Gewicht des Kölners zeigt sich aber einigermaßen schlagend daran, dass noch in demselben Jahr für die Nachfolge des Trierer Erzbischofs Eberhard Annos Neffe Kuno vorgesehen wurde, wofür sich Anno selbst verwandt hatte. Die Reaktion der Trierer, deren Interessen bei dieser Entscheidung offensichtlich nicht berücksichtigt worden waren, war heftig. Unter Führung ihres Vogtes töteten sie den königlichen Kandidaten, indem sie ihn bei seiner Ankunft von einem hohen Felsen stürzten.45 Die Nachfolge trat daraufhin Udo, ein Sohn des Grafen Eberhard von Nellenburg an, der der Kandidat der Trierer gewesen war.
Mit diesen Ereignissen sind wir bereits in die Zeit der selbständigen Regierung Heinrichs gelangt, doch sie erhellen rückblickend noch die Jahre der Regentschaft. Es sollte deutlich geworden sein, dass der heranwachsende Herrscher von einer Atmosphäre geprägt wurde, die später mit so drastischen Urteilen wie „bei Hof, bei Höll“ belegt worden ist.46 Zu keiner Zeit hat sich um Heinrich IV. eine Regentschaft etabliert, deren Politik auf einem breiteren Konsens der wichtigen Kräfte des Herrschaftsverbandes beruhte. Das Gegenteil war der Fall. Man arbeitete weit mehr gegeneinander als auf ein gemeinsames Ziel hin. Allenfalls war den Ratgebern das Ziel gemeinsam, möglichst viel für sich selbst oder die eigene Institution herauszuschlagen. Und auch wenn nicht im Einzelnen zu erkennen ist, wie der heranwachsende König in diese Machtkämpfe hineingezogen wurde, es kann kaum zweifelhaft sein, dass ihn diese dauerhafte Situation der Animositäten und des massiven Gegeneinanders prägen musste. Dass er in dieser Situation ganz offenbar demjenigen seiner Ratgeber am meisten vertraute, dessen Persönlichkeit und dessen Ideen am wenigsten konsensfähig waren – nämlich Adalbert von Hamburg-Bremen –, mag man jugendlicher Unerfahrenheit zuschreiben. Dieser Fehler verrät jedoch auch etwas von der Persönlichkeit des Heranwachsenden, und er bedeutete für seine weitere Herrschaft eine schwere Hypothek.
Wie schwer Heinrichs Herrschaft an Hypotheken trug, die aus der Zeit der Regentschaften stammten, zeigte noch im Jahre 1066 das intensive Bemühen der Mönche von Stablo, die Übertragung des Klosters Malmedy an Erzbischof Anno von Köln rückgängig zu machen. Sie nutzten die günstige Gelegenheit, als sich der königliche Hof in Aachen aufhielt, und erschienen mit den Reliquien ihres Klosterpatrons, des heiligen Remaclus. Nach eigener Aussage drangen sie mit dessen Reliquien sogar bis in die königlichen Gemächer vor und konnten Heinrich IV. ihr Anliegen nahe bringen. Der König habe jedoch nur wie besinnungslos schweigend dagesessen und Anno das Wort führen lassen. Bischof Einhard von Speyer habe dagegen die Mönche angefahren: „Schafft euren Totenleib von hier weg und hört mit eurem ungestümen Geschrei auf, welches zu dulden meinem Herrn und seinen Getreuen nicht ansteht.“47 Es kennzeichnet vielleicht die Verworrenheit der Lage, dass Anno sich durch Abreise der für den nächsten Tag angesetzten Verhandlung entzog und dadurch eine Entscheidung in der Sache verhinderte. Sein Verhalten spricht jedenfalls nicht dafür, dass er sich der königlichen Unterstützung völlig sicher gewesen wäre.
Zu einer ausdrücklichen Distanzierung von Fehlentscheidungen während der Regentschaft fand sich der junge König hier indes offensichtlich nicht bereit. Immerhin soll er kurze Zeit später Stablo zusammen mit der Königin besucht und hierbei dem heiligen Remaclus große Ehren erwiesen haben. Er habe nicht nur die Gebeine des öffentlich ausgestellten Heiligen persönlich zu dessen Grabstätte getragen, sondern dem Heiligen auch durch den symbolischen Akt einer Stabübergabe das entfremdete Gut, nämlich Malmedy, zurückgegeben. Dieses Versprechen habe er allerdings aus Furcht vor dem Erzbischof später nicht einhalten können.48 Aus dieser gewiss parteiischen Darstellung der Stabloer Mönche, die den letztendlichen Triumph ihres Heiligen detailliert aufzeichneten, lässt sich zumindest die Spannung ableiten, unter der die ersten Regierungsjahre des Königs auf Grund der übernommenen Hypotheken standen. Ob und wie weit die Argumentation der Mönche in Verfolgung ihrer Interessen von der Wahrheit abwich, kann man dagegen kaum sicher entscheiden. Rückgängig gemacht hat Heinrich IV. die Schenkung Malmedys an Anno nach dieser Darstellung jedenfalls erst im Jahre 1071, nachdem die Mönche von Stablo noch einmal mit den Gebeinen ihres heiligen Remaclus an den Königshof gezogen waren und in teilweise dramatischen Auseinandersetzungen mit Anno und dem König sich schließlich durchgesetzt hatten. Auch hier hatten sie wieder die Gebeine des Heiligen bei ihren Verhandlungen mitgeführt und sie schlicht auf den Tisch der königlichen Tafel platziert, ein Argument, mit dem weder Anno noch König Heinrich selbst fertig wurden.49 Dies jedoch nur im Vorgriff.
Das Jahr 1066, das Höhepunkt der Bemühungen um Korrekturen aus der Zeit der Regentschaft gewesen war, wurde außerdem von einer so schweren Erkrankung des Königs überschattet, dass ihn nicht nur seine Ärzte aufgaben, sondern einige Fürsten in der Art „lechzender Raben“ bereits nach dem Throne schielten.50 Heinrich überstand diese Krankheit jedoch relativ schnell und heiratete schon kurz nach seiner Genesung Bertha, jene Tochter aus dem Hause der Markgrafen von Turin, die mit ihm schon seit Kindertagen verlobt und seit dieser Zeit am königlichen Hof erzogen worden war. Es ist strittig, ob sich in dieser Entscheidung die eigenständige Handschrift Heinrichs zeigt oder ob ihm diese Ehe durch den Rat der Fürsten nahe gelegt oder sogar aufgezwungen worden ist. Letztere Behauptung findet sich einmal bei Brun, dessen Vorwürfe hinsichtlich der unsittlichen Lebensweise des Königs später im Zusammenhang zu würdigen sind.51 Gestützt wird eine solche Behauptung auch durch die Tatsache, dass Heinrich schon nach dreijähriger Ehe den Versuch unternahm, sich von Bertha zu trennen. Dieser überraschende Versuch wäre immerhin besser verständlich, wenn er sich bei der Eheschließung dem Druck der Fürsten gebeugt hätte.
Noch im Jahre 1066 veränderte sich auch die Lage in Rom ziemlich gravierend, so dass Papst Alexander sich genötigt sah, intensive Hilferufe in den Norden zu senden und Heinrich um ein Eingreifen gegen die Normannen zu bitten. Der Normanne Richard von Capua war nämlich in das vom Papst beanspruchte campanische Gebiet eingefallen und verwüstend bis vor die Tore Roms vorgedrungen. Er hatte dabei keinen Zweifel daran gelassen, dass er an der Stellung eines patricius der Römer interessiert sei, womit er auch einen unmittelbaren Konflikt mit Heinrich IV. riskierte. In Rom und in der päpstlichen Umgebung nahm man die Sache immerhin so ernst, dass man niemand Geringeren als die Kaiserin Agnes zum Aufbruch in den Norden veranlasste, um als Fürsprecherin für eine schnelle Hilfeleistung zu fungieren. Diese brach noch im Winter zu der beschwerlichen Reise auf, was die Dringlichkeit der Angelegenheit noch einmal unterstreicht.52
Im Reich und beim König fand dieses Hilfegesuch allem Anschein nach offene Ohren, denn Heinrich IV. weilte schon im Februar in Augsburg, dem traditionellen Versammlungsort, zu den Italienzügen. Hier aber erfuhr er von der Eigenmächtigkeit eines seiner Fürsten, die kaum ihresgleichen hat: Gottfried, Herzog von Lothringen und Markgraf der Toskana, der hartnäckigste Gegner Kaiser Heinrichs III., der jedoch bei Heinrichs IV. Schwertleite als Schildträger fungiert und so Unterordnung und Loyalität versprochen hatte, war, offensichtlich ohne den Herrscher zu informieren, eigenmächtig mit einem Heer nach Italien aufgebrochen, um selbständig für die Verteidigung der Belange des heiligen Petrus zu sorgen. Er tat dies auf Grund seiner eigenen italienischen Interessen, aber auch mit päpstlicher Unterstützung und mit einigem Erfolg, denn in einem persönlichen Treffen mit Richard von Capua gelang eine Einigung, auf Grund deren Richard die besetzten Gebiete im päpstlichen Einflussbereich räumte, so dass Alexander II. bald wieder freundliche Beziehungen zu den Normannen pflegen konnte.53
Königliche Anhänger in Italien stellten Gottfrieds Initiative dagegen in ein äußerst schlechtes Licht und warfen ihm vor, den Zug aus Hass gegen Heinrich IV. unternommen zu haben.54 In jedem Fall bewirkte das Vorpreschen des Herzogs, dass Heinrich IV. und die ihn umgebenden Fürsten jedes Interesse an diesem Italienzug verloren und so zum zweiten Male eine Einladung nach Rom unbeantwortet blieb. Da Herzog Gottfried in den zwei Jahren vor diesem Zug nicht in der Umgebung des Herrschers bezeugt ist, macht die Episode unmittelbar klar, dass der junge König selbst in Grundsatzfragen nicht mit der Loyalität mächtiger Großer rechnen konnte. Wie in der Zeit der Regentschaft basierte die Königsherrschaft auch jetzt nicht vorrangig auf Prinzipien der Konsensbildung; vielmehr legten wichtige Magnaten größeren Wert auf die Wahrung und Durchsetzung eigener Interessen. Von Versuchen Heinrichs IV., Herzog Gottfried für diese Eigenmächtigkeit zur Rechenschaft zu ziehen, hören wir nichts, was ein sicheres Anzeichen für die Kräfteverhältnisse im Herrschaftsverband sein dürfte.
Es ist kein direktes Zeugnis darüber überliefert, wie man in der päpstlichen Umgebung auf die Konfusion reagierte, die in italienischen Fragen in der Umgebung des Königs offensichtlich herrschte. Doch war der Eindruck kaum von der Hand zu weisen, dass dieser König aus verschiedenen Gründen kein wirksamer Schützer und Verteidiger kirchlicher Interessen sein konnte. Dieser Eindruck dürfte sich verstärkt haben, als Heinrich IV. bald darauf, 1068, eine hochrangige Delegation nach Rom sandte, die wohl den Auftrag hatte, den entstandenen Schaden zu sondieren und zu begrenzen. Ihr gehörten immerhin Erzbischof Anno von Köln, der Herzog Otto von Northeim und der Erzbischof Heinrich von Trient an. Gerade die beiden Erstgenannten hatten Erfahrung in der römischen Politik und speziell Erzbischof Anno stand bei Papst Alexander in gutem Ansehen, wie die päpstliche Korrespondenz mit dem Kölner Erzbischof ausweist. Das Verhalten dieser Gesandten jedoch förderte zunächst die Irritationen in Rom, um es harmlos auszudrücken. Sie scheuten sich nämlich nicht, öffentlich Kontakt mit dem schismatischen Papst Honorius zu pflegen, was in Rom nur als Provokation aufgefasst werden konnte. Überdies speisten sie auch mit dem von Alexander exkommunizierten Erzbischof Heinrich von Ravenna, was man in Rom gleichfalls aufmerksam und negativ registrierte.
Die päpstliche Seite reagierte auf dieses Verhalten zunächst damit, dass die königlichen Boten gar nicht zum Papst vorgelassen wurden, als sie endlich in der Osterzeit in Rom eingetroffen waren. Zu allem Überfluss war zur gleichen Zeit auch Annos erbitterter Gegner, der Abt Theoderich von Stablo, in Rom anwesend, um gegen die Schädigung seines Klosters durch Anno zu klagen. So kam es zu dem exzeptionellen Akt, dass sich Anno, um überhaupt zu einer Unterredung mit Papst Alexander zugelassen zu werden, zunächst barfüßig einer Bußübung unterziehen musste, bei der ihm interessanterweise die Gattin Herzog Gottfrieds, die Markgräfin Beatrix, zur Seite stand.55 Dann aber untersuchte der Papst nicht nur den Fall Stablo/Malmedy und zwang Anno zu dem Versprechen, das Problem nach seiner Rückkehr zu regeln. Er untersuchte auf einer Synode auch den Fall Erzbischof Udos von Trier, der sich vom Vorwurf der Simonie durch einen Eid reinigte und das Pallium erhielt. So war auch der Trierer Bischofsstreit ganz zu Ungunsten Annos entschieden.56
Nach diesen Demütigungen und Zurechtweisungen schied Anno aus Rom und kehrte in den Norden zurück, während Otto von Northeim weiterhin in Italien verblieb, dort aber kaum bessere Erfahrungen machte als sein Begleiter. Auf einem Gerichtstag in Piacenza, auf dem auch Herzog Gottfried von Lothringen anwesend war, brach sich die angestaute Empörung der italienischen Teilnehmer gegen die Einmischungen von nördlich der Alpen Bahn und entlud sich in wüstem Geschrei und Geschimpfe. Diese Artikulation von Widerstand ließ den Gerichtstag scheitern und Herzog Otto musste unverrichteter Dinge abziehen. Insgesamt kann man sagen, dass die Königsboten weder zu einer Stabilisierung des Verhältnisses zum römischen Papsttum noch zum italienischen Reichsteil beitrugen.57
Die Beziehung zu Papst Alexander II. war also mehr als belastet, als der König kurze Zeit später indirekt erneut die päpstliche Autorität herausforderte. Heinrich IV. eröffnete auf einem Hoftag in Worms im Jahre 1069 nämlich den überraschten und konsternierten Fürsten, er wolle sich von seiner Gemahlin trennen. Als Grund nannte er weder eines der üblichen Ehehindernisse, wie etwa eine zu nahe Verwandtschaft mit seiner Gattin, noch machte er eine Verfehlung ihrerseits, wie etwa einen Ehebruch, namhaft, was ebenfalls eine Auflösung der Ehe hätte rechtfertigen können. Diesen Weg wählte in der gleichen Zeit Herzog Rudolf von Rheinfelden, der mit genau diesem Vorwurf seine Ehe mit der Schwester Berthas, Adelheid, aufzulösen versuchte, was nur daran scheiterte, dass Adelheid vor Papst Alexander II. durch einen Eid die Unhaltbarkeit dieses Vorwurfs bewies.58
Heinrich betonte hingegen ganz einfach seine Unfähigkeit, mit Bertha weiterhin in ehelicher Gemeinschaft zu leben, und brachte zum Beweis für diese Unfähigkeit das Argument vor, die Ehegatten hätten ihre Ehe noch gar nicht vollzogen.59 Auf Befragen der Anwesenden habe auch Bertha diesen Tatbestand eingeräumt, schrieb Erzbischof Siegfried an Papst Alexander II. und bat gleichzeitig um geistlichen Beistand in dieser Angelegenheit, die so ungewohnt und unerhört war, dass sich die anwesenden Bischöfe nicht zu einer sofortigen Entscheidung durchringen konnten. In der Tat dürfte die inhaltliche Verhandlung dieser heiklen Thematik vor den Fürsten an Peinlichkeit kaum zu überbieten gewesen sein. Nach eigener Aussage war Erzbischof Siegfried dem Ansinnen des Königs entschieden entgegengetreten, hatte indes nicht mehr erreicht als eine Vertagung der Angelegenheit auf den Herbst.60 Sein Kritiker Lampert widerspricht dieser Darstellung massiv mit dem Argument, der Mainzer Erzbischof sei in der Frage der thüringischen Zehnten auf die Unterstützung des Königs angewiesen gewesen und habe daher keine Konfrontation in der Ehefrage gewagt.61 In der Tat verhandelte man im gleichen Zeitraum über eine Beendigung der thüringischen Zehntfreiheit. Doch die Behauptung Lamperts, Erzbischof und König hätten die Zehnt- und die Eheangelegenheit in einem Geheimvertrag miteinander verbunden und sich wechselseitige Unterstützung versprochen, gehört zu jenen Vorwürfen gegen Heinrich, deren Wahrheitsgehalt kaum sicher einzuschätzen ist, die aber mit Gewissheit das politische Klima nachhaltig vergifteten. Nicht zufällig hat Leopold von Ranke mit diesem Beispiel seine Kritik an Lamperts Glaubwürdigkeit begründet. Warum aber ist Lampert unglaubwürdig? Eine Entscheidung dieser wie vieler anderer Fragen ähnlicher Art ist weitgehend davon abhängig, welche Schlechtigkeiten man im politischen Geschäft dieser Zeit für möglich hält.
Im Herbst des Jahres 1069 kam es dann zu einer erneuten Verhandlung über die Ehe des Königs auf einer Synode in Frankfurt. Der Brief mit der Bitte um Unterstützung, den Erzbischof Siegfried an den Papst gesandt hatte, war erfolgreich gewesen, denn Papst Alexander hatte keinen Geringeren als den greisen Kardinalbischof Petrus Damiani als Legaten geschickt, dessen Erscheinen von den Synodalen mit Überraschung und mit Respekt aufgenommen wurde. Dieser las Heinrich IV. dann in einer Weise die Leviten, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Petrus machte den König darauf aufmerksam, welch einen Frevel es bedeute, wenn derjenige, der Rächer von Verbrechen sein solle, selbst Urheber und Anführer dieser Verbrechen sei. Und er ließ keinen Zweifel daran, dass der Papst dem Vorhaben mit allen Mitteln des Kirchenrechts entgegentreten und überdies denjenigen, der so etwas täte, niemals zum Kaiser weihen würde. Die Rede machte auf die Anwesenden einen solchen Eindruck, dass sie nun ihrerseits den König bestürmten, die Hoheit seines Namens nicht mit einer solchen Tat zu beflecken. Interessanterweise brachte man überdies ein eher pragmatisches Argument vor: Die durch die Scheidung der Königin zugefügte Schmach würde deren mächtigen Verwandten Anlass zu Unruhe und Aufruhr geben. Dem König blieb angesichts dieser einhelligen Meinung nichts anderes übrig, als klein beizugeben: „Wenn dies bei euch unabänderlich feststeht, so werde ich mir selbst das Gebot auflegen und so gut wie ich kann die Last tragen, die ich nicht niederzulegen vermag.“62
Die Wellen der Aufregung über die schwer verständlichen Handlungsweisen des Königs dürften kaum abgeebbt gewesen sein, als zu Pfingsten des Jahres 1070 ein politischer Skandal das Reich erschütterte, der seine Anfänge vielleicht bereits im Vorjahr gehabt hatte. Seine Dimension war nun jedoch so gewaltig, dass sich zwei politische Lager bildeten, die auch in späteren Konflikten wieder aufeinander stießen. Plötzlich wurde nämlich dem Bayernherzog Otto von Northeim der Vorwurf gemacht, er habe den König heimtückisch ermorden lassen wollen.63 Dieser Vorwurf traf einen mächtigen Mann, der zwar 1062 an der Entführung Heinrichs IV. in Kaiserswerth und auch 1066 am Sturz Erzbischof Adalberts maßgeblich beteiligt gewesen war, der aber gerade in den letzten Jahren durchaus eng mit dem König zusammengearbeitet hatte. So war er nicht nur in seinem Auftrag zweimal in Rom gewesen, er hatte noch im Jahre 1069 auf Heinrichs Seite in der Fehde gegen den sächsischen Markgrafen Dedi gekämpft und am erfolgreichen Feldzug Heinrichs gegen die Liutizen teilgenommen. Überdies soll Heinrich in der fraglichen Zeit sogar auf Ottos Gütern in Sachsen zu Gast gewesen sein.64 Letzteres kann nur als ungewöhnlicher Vertrauensbeweis und als Auszeichnung Ottos gewertet werden, denn Könige ließen sich nur äußerst selten zu Besuchen bei ihren weltlichen Kronvasallen herbei.
Übereinstimmend nennen mehrere Quellen einen übel beleumundeten Adligen namens Egino als denjenigen, der den Stein ins Rollen brachte. Er gab an, von Otto von Northeim zur Ermordung des Königs gedungen worden zu sein, und wies als Beweis ein Schwert vor, das ihm der Herzog zu diesem Zweck gegeben habe. Nun kann man einem Schwert gewiss nicht ansehen, zu welchem Zweck es geschenkt worden ist, doch hatte Egino noch einen zweiten „Beweis“ bei der Hand: Er erklärte sich nämlich bereit, in einem Zweikampf mit dem Herzog die Richtigkeit seiner Anschuldigung zu beweisen. Damit war Gott zum Zeugen für die Stichhaltigkeit der Anschuldigung aufgerufen. Die Quellen, die ausführlich über die Vorgänge berichten, bieten drei verschiedene Versionen und äußern sich vor allem unterschiedlich über die Wahrhaftigkeit der Vorwürfe. Die Altaicher Annalen, die an Otto von Northeim insgesamt kein gutes Haar lassen, weil das Kloster unter seiner Herrschaft „in Knechtschaft“ lebte, gehen von der Richtigkeit der Anschuldigung aus und wissen sogar abenteuerliche Einzelheiten über den Mordplan. Beim Besuch des Königs auf den Gütern Herzog Ottos habe man verabredet, in der Nacht den Vertrauten und Türwächter des Königs, einen Ministerialen namens Cuno, anzugreifen in der Hoffnung, dass der durch den Waffenlärm geweckte König diesem zu Hilfe eilen werde. Dann sollte Egino in der Dunkelheit scheinbar aus Versehen seine Mordtat ausführen.65
Lampert von Hersfeld hält das Ganze dagegen für eine Intrige zum Sturz des Herzogs. Zu diesem Zweck sei sie von gewissen Höflingen inszeniert worden, die Herzog Otto um seinen Ruhm und seinen Einfluss beneideten. Er nennt als Urheber vor allem den Ministerialen Liupold von Meersburg, der wenig später durch Gottes Rache in sein eigenes Schwert fiel und so aus dem Leben schied, sowie zwei hessische Grafen, die ansonsten nicht weiter hervorgetreten sind.66 Heinrich IV. ist aus dieser Sicht selbst Opfer der Intrige, da sich nach Bekanntwerden der Beschuldigung viele intensiv bemühten, den Zorn des Königs gegen den mächtigen Herzog zu entfachen.
Erheblich weiter geht in seinem Urteil dagegen Brun im Buch vom Sachsenkrieg, indem er unumwunden den König als den eigentlichen Urheber des Ganzen namhaft macht.67 Heinrich selbst habe Egino durch Geld und Versprechungen dazu gebracht, den Mordvorwurf zu erheben und sich als Zweikämpfer anzubieten. Für den kämpferischen Sachsen Brun war klar, dass Heinrich IV. auf diese Weise seinen Angriff gegen die Sachsen einleitete, indem er einen ihrer mächtigsten potentiellen Bundesgenossen aus dem Weg zu räumen versuchte. Es liegt zwar nahe anzunehmen, dass hier spätere Ereignisse, die Sachsenkriege, zur Erklärung früherer Handlungen Heinrichs verwandt worden sind. Insgesamt aber gibt es kein durchschlagendes Argument, das eine der drei Versionen als die „wahre“ erweisen würde.
Man kann eine Menge an Plausibilitätserwägungen anstellen, die der einen oder anderen Version mehr Glaubwürdigkeit zuschreiben. Was sollte Otto von Northeim sich von der Ermordung des Königs versprochen haben? Warum sollten andererseits Heinrich IV. oder seine Vertrauten auf solch eine dubiose Geschichte verfallen sein? Dazu noch mit einem Hauptdarsteller, der „von Diebstahl und Straßenraub“68 gelebt haben und kurze Zeit später von Erzbischof Anno öffentlich in Ketten herumgeführt worden sein soll, um die Strenge der erzbischöflichen Rechtswahrung unter Beweis zu stellen.69 Sicherheit über die wirklichen Hintergründe und Ursachen dieses Skandals wird man so wohl nicht gewinnen, weil schon den meisten Zeitgenossen unbekannt blieb, was an der Geschichte erfunden und was wahr war.
Genauso interessant wie die Wahrheit der Geschichte ist aber die Wirkung, die sie auf das Verhältnis namentlich der Sachsen zu Heinrich IV. entfaltete, als dieser nun begann, die Sache zu verfolgen – man kann auch sagen, aus dem Vorwurf politisches Kapital zu schlagen. Er konfrontierte Herzog Otto zunächst auf einem Hoftag in Mainz mit der Anschuldigung. Als dieser Auge in Auge mit Egino, der seine Aussage wiederholte, leugnete, setzte er ihm auf den 1. August einen neuen Termin in Goslar, auf dem die Sache, wie von Egino angeboten, in einem Zweikampf entschieden werden sollte. In der Zwischenzeit fanden wie üblich Kontakte zwischen allen politisch relevanten Kräften statt, und nach Lampert bildete sich unter den Fürsten die Meinung, dass es weder gerecht noch billig sei, wenn ein Hochadliger von untadeligem Ruf mit einem Straßenräuber einen Zweikampf austrage.70
Damit stellt sich die Frage, welche anderen Optionen es zur Lösung dieser Probleme gegeben hätte und was es bedeutet, dass Heinrich IV. hartnäckig auf dem Zweikampf bestand.
Man kann einerseits auf einen Präzedenzfall hinweisen, bei dem im Jahre 1048 in Sachsen ganz ähnlich verfahren wurde, wie Heinrich IV. es nun offensichtlich ins Auge gefasst hatte. Damals war der Billunger Graf Thietmar durch seinen eigenen Vasallen beschuldigt worden, er habe geplant, Kaiser Heinrich III. bei einem Besuch in Lesum zu töten. Die Sache war in einem Zweikampf entschieden worden, bei dem der Vasall den Grafen getötet hatte. Was man aber in der Umgebung der Billunger von diesem Vorgehen hielt, verdeutlicht die Tatsache, dass sie daraufhin den Vasallen gefangen nahmen und mit einer Schmachstrafe zu Tode brachten: Sie hängten ihn an den Füßen zwischen zwei Hunden auf. Außerdem verfolgten sie seither Erzbischof Adalbert, den sie für das Vorgehen für verantwortlich hielten, mit tödlichem Hass.71
Dass die Herzog Otto Nahestehenden an eine andere Lösung des Problems als einen Zweikampf dachten, zeigte sich einigermaßen deutlich, als Otto sich zu dem gesetzten Termin vor Goslar einfand. Er versuchte nämlich, durch Boten mit Heinrich zu verhandeln. Dabei bot er an, nach Goslar zu kommen, um sich auf jede Weise, die die Fürs ten für richtig hielten, von den Vorwürfen zu reinigen. Dieses Angebot beinhaltet wohl den Versuch, Heinrichs Entscheidung für einen Zweikampf durch eine Entscheidung der Fürsten korrigieren zu lassen.72 Einiges spricht dafür, dass hier an andere Reinigungsmethoden gedacht war als an den Zweikampf. Denkbar wäre gewiss auch ein Reinigungseid Herzog Ottos gewesen. Heinrich IV. lehnte jedwede Modifikation der Bedingungen jedoch kategorisch ab, woraufhin sich Otto nicht stellte, sondern auf seine Güter zurückzog. Der König forderte daraufhin von den sächsischen Fürsten ein Urteil, und diese erklärten Otto zum Majestätsverbrecher, entsetzten ihn des Herzogtums Bayern und erklärten ihn für friedlos. Bald begannen beide Seiten mit Versuchen, die andere Seite durch Gewalt zum Einlenken zu bewegen.
Hierbei zeigte sich schnell, dass der ehemalige Herzog Otto in Sachsen noch immer über so viele Anhänger verfügte, dass er dem König und seinen Besitzungen erheblichen Schaden zufügen konnte.73 Der König hatte mit seinem rigorosen Vorgehen gegen Herzog Otto den Herrschaftsverband offensichtlich gespalten. Es gab Große, die Otto auf Grund des königlichen Vorgehens sofort fallen ließen. In unguter Weise stach hier sein Schwiegersohn Welf IV. hervor, der die Entmachtung Ottos nutzte, um selbst das Herzogtum Bayern zu erlangen. Hierzu schickte er, gewissermaßen als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber Heinrich IV., seine Gemahlin Ethelind, die Tochter Ottos von Northeim, nach Hause zurück und löste die Ehe auf.74 Der billungische Herzogssohn Magnus verband sich hingegen fest mit Otto und unterstützte ihn in seinen Aktionen gegen den König. Es mag sein, dass diesem der Gerichtszweikampf nach den Erfahrungen in seiner Familie besonders suspekt war. Über die Haltung anderer Großer zu den fraglichen Problemen sind wir nicht genauer informiert. Wir müssen daher offen lassen, ob erst spätere Erfahrungen dazu führten, in dem Vorgehen Heinrichs gegen Otto Heimtücke am Werk zu sehen, oder ob dies bereits in den Auseinandersetzungen der Jahre 1070 und 1071 die Meinung relevanter Kreise war.
Beigelegt hat man den Konflikt jedenfalls eher nach den gütlichen Mustern der Streitbeendigung. Nachdem eine militärische Entscheidung angesichts der Stärke beider Seiten nicht zu erreichen war, hatten mehrere Vermittler, genannt sind Graf Eberhard von Nellenburg und Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen, sich um die Herstellung von Friedensbedingungen bemüht, die für beide Seiten akzeptabel waren. So war es üblich, wenn Hochadlige in Konflikte mit dem König gerieten. Adalbert hatte König Heinrich schließlich sogar in einer öffentlichen Predigt an seine Verpflichtung zur Milde erinnert.75 Jedenfalls nutzte man die Halberstädter Kirchweih zu Pfingsten 1071 zu einer förmlichen Unterwerfung der Häupter der Gegenpartei, Ottos von Northeim und Magnus Billungs. Sie fanden zwar nicht die vollständige Verzeihung des Königs, sondern wurden in Haft genommen. Es war jedoch angesichts der Gewohnheiten eigentlich klar, dass diese Haft nicht von langer Dauer sein würde. Otto erhielt überdies seine Eigengüter vom König zurück, auf seine Reichslehen musste er dagegen auf Dauer verzichten – mit ihnen wurde teilweise übrigens die Tätigkeit der Vermittler entlohnt. Ein Jahr später wurde er dann in Magdeburg aus der Haft entlassen.76
Der andere Gefangene, Magnus Billung, blieb länger in Haft, was deshalb besonders bemerkenswert ist, weil in dieser Haftzeit sein Vater Ordulf, der sächsische Herzog, verstarb und Magnus eigentlich das Erbe seines Vaters hätte antreten müssen. Die Haft des Herzogssohnes dauerte nicht nur erheblich länger als die Ottos von Northeim, sie wurde auch deshalb als besonders hart empfunden, weil offensichtlich niemand wusste, wo sich der Herzogssohn befand. Heinrich IV. nutzte dessen Haftzeit überdies zu Machtdemonstrationen, die das politische Klima in Sachsen gewiss nicht entspannten. So verabredete er sich ausgerechnet in Lüneburg, dem Stammsitz der Billunger, mit dem dänischen König Svend zu einem Geheimtreffen, an dem außer den Königen angeblich nur Erzbischof Adalbert beteiligt war.77 Kein Wunder, dass bald in Sachsen Gerüchte über dieses Treffen umliefen, die behaupteten, der Dänenkönig sei zur Hilfe bei der Versklavung der Sachsen gewonnen worden, die Heinrich im Auge habe. Das Maß war voll, als Heinrich nach dem Tode Herzog Ordulfs eine Besatzung schwäbischer Ministerialer in die Lüneburg legte. Ein Verwandter, Graf Hermann, brachte diese Besatzung in seine Hand und löste mit ihr den Herzogssohn aus der Haft. Seitdem erzählte man in Sachsen, dass man für siebzig Schwaben einen Sachsen kaufen könne.78
Überblickt man die ersten Jahre der selbständigen Regierung Heinrichs IV. zusammenfassend, ist der Eindruck von stark divergierenden Kräftefeldern im Umkreis des Königs ebenso unabweisbar wie der von eigenwilligen Handlungen und Entscheidungen Heinrichs, die für zusätzliche Unruhe sorgten. Im Verhältnis zum römischen Papsttum wurde die Chance zu einem persönlichen Romzug zweimal nicht genutzt und so die Gelegenheit vertan, eine solide Basis für zukünftige Zusammenarbeit zu schaffen. Diese Geringschätzung der römischen Position dürfte als gewichtige politische Fehlentscheidung anzusehen sein, denn es hatte sich ja nicht nur in der Frage der Ehescheidung des Königs deutlich gezeigt, über welche moralische Autorität das Papsttum inzwischen verfügte. Auch die Art, wie Papst Alexander mit Erzbischof Anno von Köln und anderen bischöflichen Mitbrüdern in dieser Zeit umging, bietet hierfür gutes Anschauungsmaterial.
Die Bedeutung der päpstlichen Autorität zeigte sich noch einmal schlagend, als es im Jahre 1070 zu Auseinandersetzungen um die Erhebung des Konstanzer Bischofs Karl kam, der zuvor Propst auf der Harzburg gewesen war und daher wohl ein enger Vertrauter Heinrichs IV. war. Auf päpstlichen Befehl musste in Mainz eine Synode abgehalten werden, auf der der Simonievorwurf gegen diesen Bischof Karl untersucht wurde. Heinrich IV. sah sich hier zu der Aussage veranlasst, er selbst habe mit Karl bei der Einsetzung zum Bischof keine simonistischen Abmachungen getroffen, sollte der Bischof dies jedoch mit seinen Höflingen getan haben, dann habe er, Heinrich, davon keine Kenntnis gehabt. Nachdem Karl und seine Konstanzer Widersacher, die dem Erhobenen Verschleuderung des Konstanzer Kirchenschatzes zur Bezahlung seiner simonistischen Versprechungen vorwarfen, am nächsten Tag von der Synode eingehend gehört worden waren, resignierte der Bischof freiwillig. Heinrich konnte nur erreichen, dass er seinen Bischofsstab nicht öffentlich auf der Synode zurückgeben musste, sondern dies im Gemach des Königs tun durfte. Mit Simonisten war offensichtlich kein Staat mehr zu machen.79
Dass man in Rom in dieser Hinsicht auch Heinrich IV. selbst im Visier hatte und vor einer Konfrontation nicht zurückschreckte, zeigte dann spätestens die römische Fastensynode des Jahres 1073, als Papst Alexander II. fünf Ratgeber Heinrichs bannte, von denen nur ein Graf Eberhard namentlich bekannt ist. Ursache war der Streit um die Investitur des Mailänder Erzbischofs Gottfried, bei der es nach Meinung des Papsttums ebenfalls zu simonistischen Praktiken gekommen war. Diese Bannung war wohl als letzte Mahnung an den König selbst zu verstehen, in dem Sinne, dass man den Sack schlug und den Esel meinte.80
Ein zweites grundsätzliches Problemfeld tat sich gleichfalls bereits in diesen ersten Jahren auf: Heinrich ist es nicht gelungen, einen allseits akzeptierten Beraterkreis um sich zu sammeln und so seine Entscheidungen auf den Konsens der wichtigen Kräfte zu gründen – wenn er dies überhaupt beabsichtigte. Der Anspruch der ranghöchsten Fürsten auf Beteiligung an allen relevanten Entscheidungen war jedenfalls bereits so etabliert, dass er nicht einfach beiseite geschoben werden konnte. Die anfängliche Bevorzugung Erzbischof Adalberts als alleiniger Ratgeber war daher ebenso falsch und konfliktträchtig wie Heinrichs Vorgehen gegen Herzog Otto von Northeim, das offensichtlich ohne angemessene Beteiligung anderer Fürsten vonstatten ging. So nimmt es nicht wunder, dass bereits zum Jahre 1072 zum ersten Mal der grundsätzliche Vorwurf formuliert wird, Heinrich beteilige die Fürs ten nicht angemessen an der Beratung seiner Entscheidungen. Es ist überraschenderweise der Altaicher Annalist, der diesen Vorwurf erhebt. Überraschend deshalb, weil er bis dahin nicht als Gegner Heinrichs hervorgetreten war, so dass sein Votum umso gewichtiger ist: „Während langer Zeit schon begann der König alle Mächtigen zu verachten, dagegen die Geringeren durch Reichtümer und Hilfen emporzuheben, und nach der Letzteren Rat verwaltete er, was zu verwalten war. Von den Vornehmen aber ließ er selten einen zu seinen geheimen Dingen zu. Und weil vieles in ungeordneter Weise geschah, entzogen sich die Bischöfe, die Herzöge und andere Große des Reiches den Angelegenheiten des Königs.“81
Man muss sich die überragende Bedeutung der Rangordnung für das Funktionieren der Königsherrschaft im Hochmittelalter vor Augen führen, um zu ermessen, welch gravierender Vorwurf Heinrich IV. mit dieser Aussage gemacht wird. Konkretisiert wird dieser Vorwurf etwa mit dem Verhalten der Herzöge Rudolf von Schwaben und Berthold von Kärnten, die sich trotz der Aufforderung Heinrichs, zu ihm zu kommen, vom Hofe des Königs fern gehalten hätten, weil ihr Rat dort nicht gefragt sei. Lampert von Hersfeld fügt an, dass Rudolf nicht das gleiche Schicksal wie Otto von Northeim habe erleiden wollen.82 Herzog Rudolf scheint diese Verstimmung für so gravierend gehalten zu haben, dass er die Kaiserin Agnes zur Vermittlung aus Rom herbeibat. Diese entsprach der Bitte und erreichte zusammen mit dem Taufpaten Heinrichs, Abt Hugo von Cluny, in Worms eine Beilegung des drohenden Konfliktes.83 Dennoch erscheint es als durchaus zweifelhaft, ob mit solcher Konfliktmittlung wirklich das Übel an der Wurzel gepackt wurde. Der junge König scheint in den ersten Jahren seiner selbständigen Regierung keineswegs einen Herrschaftsstil gefunden zu haben, der allgemein konsensfähig gewesen wäre. Zur Frage steht daher, ob er es angesichts seiner fehlenden Erfahrung noch nicht besser konnte oder ob er gar nicht anders wollte. Und viel spricht dafür, dass Letzteres der Fall war. Auch wenn dies in keiner Quelle so formuliert wird, kann die These einige Plausibilität beanspruchen, dass die Rang- und Kompetenzstreitigkeiten seiner Ratgeber während seiner Minderjährigkeit dem König jedes Zutrauen in die Leistungskraft konsensualer Herrschaft ausgetrieben und ihn dazu veranlasst haben, diejenigen bewusst von seinen Entscheidungen auszuschließen, die einen Anspruch auf Beteiligung erhoben.84 Damit aber, und hierüber sind wenig Zweifel möglich, legte er die Axt an die Wurzel der etablierten Herrschaftspraxis.
1 Zur Geburt Heinrichs IV. siehe Annales Altahenses 1050, S. 47; Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1051, S. 63; Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes, S. 10, 76.
2 Diese Widerstände haben in der modernen Forschung sogar zu der Einschätzung geführt, dass die „Krise“ des Reiches bereits in der Zeit Heinrichs III. einsetzte. Vgl. dazu Boshof, Das Reich in der Krise, passim, bes. S. 266, 286f.
3 Zu den hier und im Folgenden referierten Einzelheiten vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 4f.; Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes, S. 116, Anm. 92, S. 310–312; zuletzt Robinson, Henry IV of Germany, S. 19f. und auch Regesta Imperii III, 2, Nr. 5, S. 4 mit den einschlägigen Belegen.
4 Vgl. dazu Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 8 mit dem Hinweis auf die zitierte Stelle bei Hermann von Reichenau, Chronicon, a. 1053.
5 Vgl. zu den Einzelheiten Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 9f.
6 Es fragt sich jedoch, ob hier nicht ein vaticinium ex eventu vorliegt; vgl. dazu Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1056, S. 68f.
7 Zu den Problemen von Regentschaften für minderjährige Könige vgl. jetzt Offergeld, Reges pueri. Zu Heinrich IV. siehe dort bes. S. 785–797.
8 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1056, S. 69: Summa tamen rerum et omnium quibus facto opus erat administratio penes imperatricem remansit, quae tanta arte periclitantis rei publica statum tutata est, ut nihil in ea tumultus, nihil simultatis tantae rei novitas generaret. Zu den Einzelheiten siehe Regesta Imperii III, 2, Nr. 73–75, S. 23–26; Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 13–16; Fenske, Adelsopposition, S. 22f.
9 Vgl. Hampe, Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer, 10. Aufl. 1949, S. 35.
10 Siehe hierzu Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes, S. 352–362, die eine veränderte Einschätzung begründet hat.
11 Den Bericht bietet Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1062, S. 79–81.
12 Die Zitate im Text bei Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1062, S. 79f.; siehe hierzu auch Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 185ff.
13 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1062, S. 80f. Außerdem Annales Altahenses, a. 1062, S. 59f.; vgl. Regesta Imperii III, 2, Nr. 238f., S. 97f.; zur Bewertung siehe Boshof, Salier, S. 186f.; Swinarski, Herrschen mit den Heiligen, S. 246f.; anders jedoch Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes, S. 346ff. und Struve, Romreise, S. 11.
14 Vgl. dazu Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes, S. 372ff.
15 Vgl. die Quellenbelege zu diesem Streit in den Regesta Imperii III, 2, Nr. 192, S. 77f.
16 Siehe hierzu auch unter Betonung der Rolle Erzbischof Annos Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 175–195.
17 Hierzu und zum Folgenden Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes, S. 372–375.
18 So Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1062, S. 79: Imperatrix, nutriens adhuc filium suum, regni negocia per se ipsam curabat, utebaturque plurimum consilio Heinrici Augustensis episcopi. Unde nec suspicionem incesti amoris effugere potuit, passim fama iactitante, quod non sine turpi commercio in tantam coaluissent familiaritatem. Ea res principes graviter offendebat, videntes scilicet, quod propter unius privatum amorem sua, quae potissimum in re publica valere debuerat, auctoritas pene oblitterata fuisset.
19 Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes, S. 27–36, 241–245, 347ff.; gegen Struve, Zwei Briefe der Kaiserin Agnes, S. 413, 415.
20 Siehe dazu unten Anm. 38. Grundsätzlich zu Heinrichs Reaktionen auf die Probleme der Regentschaften siehe auch unten Kap. VI.4 bei Anm. 83ff.
21 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1063, S. 88ff. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass die Schärfe des Urteils durch Erfahrungen späterer Jahre bedingt sein kann.
22 Vgl. Triumphus Sancti Remacli, lib. 1, bes. cap. 15, S. 445; siehe dazu Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 16–21, 32f.
23 Vgl. zu Lorsch Chronicon Laureshamense, S. 414f.; Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 482f.; zu Corvey vgl. ebd., S. 475–483.
24 Vgl. Annales Altahenses, a. 1067–1071, S. 73–81.
25 Vgl. Adam von Bremen, Gesta, lib. 3, cap. 35f., S. 177f.: Coloniensis enim, quem avaritiae notabant, omnia, quae [vel] domi vel in curia potuit corrodere, in ornamentum suae posuit ecclesiae. Quam, cum prius magna esset, ita maximam fecit, ut iam comparationem evaserit omnium, quae in regno sunt, ecclesiarum. Exaltavit etiam parentes suos et amicos et capellanos, primis honorum dignitatibus omnes cumulans, ut illi alteris succurrerent infirmioribus. […] qui et fautori suo in temptationibus auxilio decorique fuisse certarunt. […] Noster vero metropolitanus tantum pro nobilitate certans et gloria terrena indignum habuit aliquem suorum exaltare, […]. Zur pragmatischen Funktion dieses „Bischofsspiegels“ siehe Althoff, Causa scribendi und Darstellungsabsicht, S. 68–72; zur großen Bedeutung Adalberts für Heinrich IV. siehe zusammen fassend Kap. VI.4.
26 Adam von Bremen, Gesta, lib. 3, cap. 5, S. 147: […] totus confugit ad auxilium palatii, nec pepercit sibi ac suis aut ipsi episcopatui, cesarem placando et aulicos, dummodo id efficeret, quod ecclesia esset libera. Proinde visus est tantos in curia labores tolerasse, tantas ubique terrarum expeditiones sponte cum suis desudasse, ut infatigabilem eius viri constanciam miratus cesar ad omnia publicae rei consilia virum habere maluerit vel primum.
27 Adam von Bremen, Gesta, lib. 3, cap. 34, S. 176f.: […] et quamvis lingua utriusque pacem sonare videretur, cor tamen odio mortali pugnabat in invicem. Zum Verhältnis der Bischöfe siehe auch Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 303ff.; Suchan, Königsherrschaft im Streit, S. 36–39; Schlick, König, Fürsten und Reich, S. 16.
28 Bruno, De bello Saxonico, cap. 5, S. 16, die angesprochenen Geschichten finden sich in den Kapiteln 2, 3 und 4, das Zitat in cap. 2, S. 14. Vgl. überdies die Geschichte in Kapitel 12, dass Adalbert König Heinrich, nachdem dieser eigen händig einen Mord begangen hatte, ohne jede Bußleistung die Absolution erteilt habe. Allerdings verbürgt sich Bruno ausdrücklich nicht für die Wahrheit dieser Geschichte.
29 Bruno, De bello Saxonico, cap. 1, S. 13.
30 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1063, S. 81; siehe dazu Goetz, Der ‚rechte‘ Sitz, bes. S. 25f.
31 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1063, S. 82f.
32 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1063, S. 83f.
33 Vgl. Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 268–275. Zu den Vorgängen auch Regesta Imperii III, 2, Nr. 334f., S. 148f.
34 Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 283–291, 311–317; Schmidt, Alexander II., S. 132f.
35 Vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 424; Regesta Imperii III, 2, Nr. 361, S. 160.
36 Vgl. die Belege für diese Feier Regesta Imperii III, 2, Nr. 360, S. 159f.
37 Siehe hierzu jetzt im Zusammenhang der „symbolischen Dienste“ Althoff/Witthöft, Les services symboliques entre dignité et contrainte, S. 1305f., wo deutlich gemacht wird, dass diese vermeintlichen Ehrendienste vorrangig die Funktion hatten, die Ausführenden auf eine bestimmte Loyalität zu verpflichten.
38 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1065, S. 93: […] statimque primam susceptae armaturae experientiam in archiepiscopum Coloniensem dedisset et ad persequendum eum ferro et igni preceps abisset, nisi res turbatas imperatrix tempestivo valde consilio composuisset.
39 Zu Bruns Darstellung vgl. Anm. 28 in diesem Kapitel; Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1065, S. 100.
40 Vgl. Adam von Bremen, Gesta, lib. 3, cap. 47, S. 190f. Zu dem Sturz des „Günstlings“ siehe Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 303–310; Suchan, Königsherrschaft im Streit, S. 39; Schlick, König, Fürsten und Reich, S. 13–15.
41 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1066, S. 100f.
42 Vgl. dazu bereits Fichtenau, Lebensordnungen, bes. S. 237f., siehe jetzt grundsätzlich Schneidmüller, Konsensuale Herrschaft, bes. S. 55, 68; Althoff, Die Macht der Rituale, bes. S. 16–18.
43 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1066, S. 101. Zu dieser Übernahme der Verantwortung seitens der Reichsfürsten vgl. Suchan, Königsherrschaft im Streit, S. 32ff. und 56ff.; Schlick, König, Fürsten und Reich, S. 11–26.
44 Vgl. die vehemente Klage Adam von Bremen, Gesta, lib. 3, cap. 48, S. 191: „Als dann vollends unsere Herzöge erfuhren, der Bischof sei seiner Würde als königlicher Rat entsetzt, da hielten sie hocherfreut die Zeit zur eigenen Rache für gekommen, zu seiner völligen Vertreibung aus seinem Bistum, und sie geboten: ‚Verheert alles darin bis auf die Grundmauern; wir wollen ihn aus dem Lande der Lebendigen austilgen!‘ Und so kam es zu ihren vielen Anschlägen und zu zahlreichen Beschimpfungen des Erzbischofs, der sich damals wie ein Belagerter von Feinden umringt in Bremen aufhielt, wo er am sichersten war. Wohl trieben die Herzoglichen sämtlich mit dem Hirten, seiner Kirche, seinen Leuten und dem Heiligtum ihr schändliches Spiel, aber grimmiger als sie alle tobte Magnus, der sich rühmte, ihm sei es endlich vorbehalten, die aufsässige Kirche zu bändigen.“ Siehe hierzu Schubert, Geschichte Niedersachsens, S. 222ff., bes. S. 225.
45 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1066, S. 102f. Zu dem Trierer Vorfall vgl. Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 45ff.; Lück, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 36–41.
46 Allgemein zur Kritik des mittelalterlichen Hofes siehe Szabó, Der mittelalterliche Hof zwischen Kritik und Idealisierung, S. 362–369; Uhlig, Hofkritik, passim; Bumke, Höfische Kultur, S. 583–594; Schnell, Hofliteratur und Hofkritik in Deutschland, passim.
47 Vgl. Triumphus Sancti Remacli, lib. 1, cap. 15, S. 444f. Zu den Vorgängen Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 76f.
48 Vgl. Triumphus Sancti Remacli, lib. 1, cap. 18, S. 446: Nam antehac infraipsum annum, cum apud nos esset cum regina, bonum hoc ipsi sancto Remacloper baculum ipsius reddiderat, cum etiam sacrum lipsanum expositum hac de causa in medio, ipse revehens in loco eius condignis laudibus relocaverat. Nostestes sumus qui audivimus et vidimus hoc fieri, quamvis postea timore pontificis nefas illi fuerit hoc inficiari.
49 Triumphus Sancti Remacli, lib. II, cap. 9, S. 453.
50 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1066, S. 103: Rex Friteslare veniens gravissimam egritudinem incidit, ita ut a medicis desperaretur, et principes de regni successione consilia conferre cepissent. Die Annales Altahenses charakterisieren die Fürsten als „lechzende Raben“, vgl. Meyer von Kronau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 524f.
51 Brun lässt Heinrich auf Rat der Fürsten die Ehe schließen (Bruno, De bello Saxonico, cap. 6, S. 16f.); zu den Vorwürfen Bruns gegen Heinrich siehe unten Kap. VI.1.4.
52 Zur Reise der Kaiserin Agnes siehe Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes, S. 44. Zur Politik der Normannen in dieser Zeit vgl. Deér, Papsttum und Normannen, S. 130. Zum Hilferuf an Heinrich IV. Amato di Montecassino, lib. 6, cap. 9, S. 270f.; Heinemann, Geschichte der Normannen, Bd. 1, S. 246f., 388f.
53 Zu den Einzelheiten dieser eigenmächtigen Aktivität Gottfrieds siehe Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 549–557. Über die Motive und Ziele Gottfrieds lässt sich wenig Sicheres sagen, vgl. Robinson, Henry IV of Germany, S. 108; Suchan, Königsherrschaft im Streit, S. 39f. Allgemein zu Gottfried Despy, Art. Gottfried III. der Bärtige, in: LexMA, Bd. 4, Sp. 1601f.
54 Vgl. dazu Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 556: „[…] Benzo besann sich keinen Augenblick, Gottfried als einen Eidbrecher hinzustellen, welcher aus Haß gegen den jungen König diesem den Weg verschlossen habe, um selbst zur kaiserlichen Krone zu gelangen“, mit Hinweis auf Benzo von Alba, Ad Heinricum II, 15, S. 618 (in der aktuellen Edition [MGH SSrG 65] S. 237ff.).
55 Zu dieser Gesandtschaft siehe Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 585–591; Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 317–328; Robinson, Henry IV of Germany, S. 108f. Beleg für die barfüßige Bußübung: Annales Altahenses, a. 1068, S. 74; Triumphus Sancti Remacli, lib. 1, cap. 22, S. 448.
56 Siehe Jenal, Erzbischof Anno II. von Köln, S. 48–53, 326f.
57 Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 589.
58 Siehe hierzu Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 614f.
59 Zu dieser ersten Versammlung siehe Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 612–617. Vgl. auch Zey, „Scheidung“ zu Recht?, S. 170f.
60 Vgl. den Brief Siegfrieds an Alexander II., Udalrici Babenbergensis Codex, Nr. 34, S. 65. Zur Bewertung dieses Briefes vgl. Zey, „Scheidung“ zu Recht?, passim.
61 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1069, S. 105f.: Rex natalem Domini Goslariae celebravit, pascha Quidelenburc, pentecosten Coloniae; post pentecosten Wormaciae cum principibus regni colloquium habuit. Ibi primum cum episcopo Mogontino rem secreto agit eiusque opem ad perficiendum quod mente machinetur obnixe implorat; si impetret, se deinceps ei subditum et dicto obtemperantem fore; ad hoc Thuringos armata manu, si aliter nequeat, coacturum, ut decimas sine ulla inperpetuum contradictione persolvant. Annuente episcopo et pactione utrimque firmata, rex ad publicum refert sibi cum uxore sua non convenire; diu oculos hominum fefellisse, ultra fallere nolle; nullum eius crimen, quo iuste repudium mereatur, afferre, sed se, incertum quo fato, quo Dei iudicio, nullam cum ea maritalis operis copiam habere. […] Episcopus quoque tam preciosa pollicitatione redemptus, quantum poterat salva verecundia, haut aegre causam regis tuebatur.
62 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1069, S. 109f.; siehe auch Annales Altahenses, a. 1069, S. 78. Vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 1, S. 624–627.
63 Vgl. hierzu Vogeler, Otto von Northeim in den Jahren 1070–1083, S. 8–20; Fenske, Adelsopposition, S. 92; Althoff, Königsherrschaft und Konfliktbewältigung, bes. S. 45f.; Schubert, Geschichte Niedersachsens, S. 291ff.
64 Vgl. den Beleg in den Annales Altahenses, a. 1069, S. 77. Zur außergewöhnlich seltenen Gastung des Königs bei Herzögen und Grafen siehe Brühl, Fodrum, gistum, servitium regis, S. 179f.
65 Vgl. Annales Altahenses, a. 1070, S. 79. Niederaltaich war in der Zeit der Regentschaft Otto von Northeim übertragen worden, was die Feindschaft der Mönche erklärt; siehe dazu in diesem Kap. oben bei Anm. 21.
66 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1071, S. 130f. Zu dem Sturz in das Schwert vgl. außerdem Bruno, De bello Saxonico, cap. 81, S. 78. Zu Liupold siehe auch Schmid, Salische Gedenkstiftungen für fideles, servientes und milites, S. 247ff.
67 Vgl. Bruno, De bello Saxonico, cap. 19, S. 25: Ottonem denique, virum prudentem et fortem, qui natus e Saxonia dux erat in Bawaria, omni calliditate deponere quaerebat [sc. Heinricus], quia illum cum omnibus Bawariis Saxones adiuturum non dubitabat. Ergo quendam nomine Einnonem praeter audaciam nichil virtutis habentem pretio conduxit et promissionibus sollicitavit, ut ducem de regis morte secum tractasse diceret et hoc se, si negaret, singulari bello probaturum promitteret.
68 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1070, S. 113f.
69 Dies berichtet Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1072, S. 135.
70 Vgl. Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1070, S. 113f.: Igitur rex eum Mogontiam cum caeteris principibus ad colloquium evocavit, quid delatum esset, exposuit, negantique inducias in sex ebdomadas dedit, ut Kal. Augusti Goslariam veniens obiectum crimen congressus cum accusatore suo manu propria refelleret. Cum in haec verba discessum esset, causari principes de iniquitate condicionis ceperunt, nec bonum nec equum esse dicentes, ut homo nobilissimus, integerrimae apud omnes existimationis nec ulla unquam sinistri rumoris macula attaminatus, manum conferre iuberetur cum homine sceleratissimo, qui si quid ingenuitatis a parentibus accepisset, id per furta, per latrocinia, denique per omnia viciorum probra iam dudum oblitterasset.
71 Vgl. die Schilderung des Falles bei Adam von Bremen, Gesta, lib. 3, cap. 8, S. 149: Cesar [sc. Heinrich III.] inde Lismonam veniens mox, ut aiunt, per insidias a Thiedmaro comite circumventus archiepiscopi nostri studio defensus est. Quare idem comes a cesare vocatus in ius, cum se purgare duello mallet, a satellite suo nomine Arnoldo interfectus est. Qui et ipse non post multos dies a filio Thietmari comprehensus et per tybiam suspensus inter duos canes efflavit, unde et ipse ab imperatore comprehensus et perpetuo est exilio dampnatus. Cuius mortem dux germanus et filii eius acerrime zelantes in archiepiscopum ex eo tempore ipsum et ecclesiam eius et familiam ecclesiae letali odio persecuti sunt. Siehe dazu Althoff, Die Billunger in der Salierzeit, S. 319–321; Schubert, Geschichte Niedersachsens, S. 214.
72 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1070, S. 114: Igitur die statuta ad proxima Goslariae loca cum armata multitudine venit; missis ad regem nunciis mandavit, si sibi tuto venire, si tuto causam dicere liceret, paratum se coram venire et condicione, quam principes regni equam iudicassent, crimen, cuius insimulatus fuerat, refellere.
73 Über die erfolgreichen Widerstandsversuche Ottos informiert vor allem Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1071, S. 114–118.
74 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1071, S. 118 hat dies mit Sarkasmus gegeißelt.
75 Vgl. Annales Altahenses, a. 1071, S. 81: inter missarum sollemnia; siehe dazu auch Althoff, Königsherrschaft und Konfliktbewältigung, S. 51.
76 Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1072, S. 127, 137. Man kann die letztendlich gefundene Regelung als „normale“ gütliche Beilegung eines Konflikts zwischen einem Hochadligen und dem König bezeichnen, siehe dazu zuletzt Althoff, Die Macht der Rituale, S. 82f.
77 Vgl. Adam von Bremen, Gesta, lib. 3, cap. 60, S. 206; Bruno, De bello Saxonico, cap. 20, S. 25f.; Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1073, S. 147ff. mit ihren Aussagen zu diesem Treffen an einem merkwürdigen Ort. Vgl. hierzu Robinson, Henry IV of Germany, S. 72.
78 Vgl. hierzu vor allem die Wiedergabe der Gerüchte und Einschätzungen bei Bruno, De bello Saxonico, cap. 21, S. 26f., und auch bei Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1073, S. 147f., 160.
79 Zum exemplarischen „Fall“ des Konstanzer Bischofs vgl. Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 2, S. 1–6, 78–85; Robinson, Henry IV of Germany, S. 118f.; Fleckenstein, Heinrich IV. und der deutsche Episkopat, S. 228ff.; Schieffer, Spirituales Latrones, S. 46–50.
80 Vgl. dazu Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 2, S. 198f.; Schieffer, Die Entstehung des päpstlichen Investiturverbots, S. 109f.; Bonizo, Liber ad amicum, lib. 6, S. 600.
81 Annales Altahenses, a. 1072, S. 84: Igitur per longum iam tempus potentes quosque rex ceperat contemnere, inferiores vero divitiis et facultatibus extollere et eorum consilio, quae agenda erant, amministrabat, optimatum vero raro quemquam secretis suis admittebat, et quia multa inordinate fiebant, episcopi, duces aliique regni primores de regalibus se subtrahebant.
82 Diese Einschätzung ergibt sich aus der Kombination der Hinweise von Bertholdi Chronicon, a. 1073, S. 215, und Lampert von Hersfeld, Annales, a. 1072, S. 137f.
83 Vgl. Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes, S. 303f.; Vogel, Rudolf von Rheinfelden, S. 4f., 24f., 28f.; Jakobs, Der Adel und die Klosterreform von St. Blasien, S. 269ff.; ders., Rudolf von Rheinfelden und die Kirchenreform, S. 110f.
84 Siehe dazu zusammenfassend unten Kap. VI.4.