KAPITEL SECHSUNDVIERZIG
Reid blickte auf seine Hand.
Er konnte sie selbst nicht sehen, da sie in mehrere Lagen Mull und Klebeband gewickelt war. Unter ihnen lagen Metallspangen, die drei seiner Finger stillhielten, während sie heilten. Von den siebenundzwanzig Knochen seiner rechten Hand waren neun gebrochen. Er hatte schon eine Operation hinter sich, um die Knochen an ihren Platz zurückzusetzen und trug die Spangen, doch es bräuchte vermutlich eine weitere, um sicherzustellen, dass die Knochen wieder richtig zusammenwuchsen. Die Ärzte hatten ihn gewarnt, dass er einen langfristigen Nervenschaden davontrüge. Er könnte die Hand zwar wieder benutzen, doch es wäre niemals mehr dieselbe.
Er hatte dunkel gewitzelt, dass er auch mit der linken schießen könnte.
„Also”, unterbrach Strickland die Stille im Auto. „Was werden wir sagen?”
Die Vier saßen in einem schwarzen Stadtwagen
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Watson am Steuer, Reid neben ihm, Maria und Strickland auf dem Rücksitz. Sie fuhren einem schwarzen Geländewagen voller Geheimdienstagenten auf dem Weg zu einem weiteren geheimen Treffen hinterher. Dieses Mal wurde Stricklands geheimer Wunsch wahr. Sie träfen Präsident Pierson im Weißen Haus.
Doch der junge Agent wollte das gar nicht mehr.
Niemand wollte es.
„Wir sagen nichts”, erwiderte Reid. „Wir können nichts sagen.”
Drei Tage waren vergangen, seit Awad bin Saddam durch die Küstenwache Selbstmord begangen hatte. Nach dem Vorfall wurde Reid direkt ins Krankenhaus gebracht, wo Notfallärzte es für notwendig hielten, seine Hand zu operieren. Maria war in dieser Nacht bei ihm geblieben und am nächsten Morgen wurde er entlassen. Bevor er ging, sah er nach Talia Mendel. Abgesehen von einem gebrochenen Arm und einer Hirnerschütterung ging es ihr eigentlich ganz gut, und sie war glücklich, dass die Brüderschaft beendet war. Sie hatten es bei einem freundlichen Abschied belassen und gaben sich das Versprechen, in Kontakt zu bleiben, insbesondere, falls Reid sich mal wieder auf ihrer Seite des Landes befinden sollte.
Dann gingen er und Maria heim.
Er hatte Auswirkungen erwartet, doch er war nicht allzu überrascht, als es keine gab. Die Stadt New York taumelte noch von dem versuchten Bombenattentat. Hunderte wurden nach dem Zusammenfalls des Queens-Midtown Tunnels tot gemeldet. Zählte man sie zu jenen, die immer noch vermisst wurden, dann kam man auf etwa dreißig Prozent der Menschen, die in den verstopften Röhren in der Falle saßen. Der Tunnel war stark beschädigt. Reparaturen sollten in der nächsten Woche beginnen, nachdem man ihn gründlich nach weiteren Körpern durchsucht hatte. Die Gesetzgeber besprachen schon, wie man die Tunnel verstärken könnte und welche Maßnahmen es gegen zukünftige Angriffe gäbe.
In den Medien überschlugen sich weiterhin die Reportagen. Die Öffentlichkeit war darüber informiert, dass eine radikale, islamische Splittergruppe versucht hatte, den Midtown Tunnel zu sprengen. Alle wussten darüber Bescheid, dass sie Unterwasserdrohnen verwendet hatten, um ihre schwere Traglast zu transportieren. Sie wussten
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oder glaubten
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dass der Plan größtenteils durch die Zusammenarbeit von CIA, FBI, der New Yorker Polizei und der Transportbehörde vereitelt wurde. Hunderte waren zwar gestorben, doch es hätten auch Tausende sein können. Das wurde ihm immer wieder gesagt. Es hätte schlimmer sein können.
Du kannst nicht alle retten.
Natürlich, es lag an der Natur seines Berufes, dass die Öffentlichkeit nicht den Namen Agent Null, Kent Steele oder Reid Lawson kannte. Sie wussten auch nicht, dass die Fernsteuersysteme von niemand anderem hätten geliefert werden können, als von der CIA. Und sie wussten ebenfalls nicht, dass das Attentat manipuliert wurde, von ihrer eigenen Regierung.
Die hohen Tiere waren sehr geschickt damit umgegangen. Es gab keine Strafmaßnahmen gegen Reid und sein Team. Ganz im Gegenteil, sie wurden als Helden gelobt. In den Medien veröffentlichte Direktor Mullen Aussagen, die fast den vollen Verdienst dafür in Anspruch nahmen, die Brüderschaft aufgehalten zu haben.
Ja, sie waren sich eines potentiellen Terroristenkomplotts in New York City bewusst.
Ja, sie waren diejenigen, die die New Yorker Polizei und andere Organisationen über die Bedrohung informiert hatten.
Ja, sie hatten ein kleines Team ihrer besten Agenten in den Tumult geschickt, die das richtige Ziel gerade rechtzeitig entdeckten.
Nein, sie können keine Namen der Agenten nennen, die das Attentat aufhielten.
Nein, sie können zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Angaben machen.
Die Agentur, oder zumindest ihre Anführer, lockten ihn dazu, ihnen zu widersprechen. Doch das tat er nicht. Und täte es auch nicht.
Nach seiner Rückkehr war Reid nur einmal in Langley gewesen, um einer zweistündigen Nachbesprechung beizuwohnen. Es ging um die Ereignisse, die stattgefunden hatten. Die Sitzung wurde von einem Mitglied der Nationalen Ressourcendivision, das Reid zuvor nicht kannte, abgehalten.
Er hatte Mullen, Riker oder Cartwright seit dem Vorfall weder gesehen noch gesprochen.
Reid sagte nur sehr wenig während der Nachbesprechung, abgesehen von den technischen Aspekten des Einsatzes. Er erwähnte Bixby nicht. Er erwähnte die Division nicht. Er sprach ebenfalls nicht von seinem Wissen über die Fernsteuersysteme, den libyschen Waffenhändler und alles, was der Verschwörung, über die er nur so wenig wusste, Glaubwürdigkeit verleihen könnte.
Danach wurde er seines Weges geschickt, bekam eine vierwöchige Krankschreibung für seine verletzte Hand. Bis zu diesem Morgen, an dem Maria ihn anrief, um ihm mitzuteilen, dass die Vier zum Weißen Haus eingeladen wurden.
„Mit all dem, was wir wissen”, argumentierte Strickland auf dem Rücksitz des Stadtwagens, „mit all dem, das wir gesehen haben, sollen wir einfach still bleiben?” Er schnaubte. In New York war er bei den vier Mitgliedern der Division geblieben, die man geschickt hatte, um sie festzuhalten. Wie erwartet war die Polizei kurz darauf eingetroffen, nachdem sie Berichte erhielt, dass geschossen wurde. Die Vier wurden festgenommen. Fitzpatrick brachte man ins Krankenhaus. Reid wusste, dass er noch am Leben war, doch er hatte keine Ahnung, in welchem Zustand sich der Söldner befand.
Strickland wurde ein paar Stunden später dank der CIA wieder freigelassen. Genau wie Reid wurde auch er zur Nachbesprechung vorgeladen, gelobt und ihm wurde eine Zeit Abwesenheit gestattet. Doch bevor er ging, besuchte er Bixby im Labor, damit er das Ortungsgerät finden und entfernen konnte, das ihm in den Arm implantiert wurde.
„Wir haben keine Beweise”, sagte Maria neben ihm. „Wir könnten es erzählen, wem wir wollen. Wir könnten die Öffentlichkeit informieren. Wer würde uns glauben? Die Agentur würde sich blitzschnell von uns lossagen und alle Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, dass wir jemals für sie gearbeitet haben, zerstören. Wir sähen wie eine Handvoll Verschwörungstheoretiker aus und nichts weiter. Wir brauchen etwas Echtes. Etwas Handfestes.” Auf dem East River hatte Maria das Frachtschiff selbst an das Ufer gefahren, bevor sie zu Reid ins Krankenhaus ging. So sehr sie auch versuchte, eines der Fernsteuersysteme in der Kabine des Schiffes zu ergreifen, das FBI war fast sofort an Bord gekommen und hatte alles gesammelt, das man als Beweis verwenden könnte.
Doch es wurde kein einziges Mal in den Medien oder anderweitig erwähnt.
Es fühlte sich wie ein leerer Gewinn an, und Reid wusste, dass er nicht der einzige war, der das spürte. Menschen waren gestorben. In den drei Tagen seit dem Attentat hatte es im Internet dutzende von Berichten von rassistischer Profilerstellung gegen Moslems gegeben. Das amerikanische Volk war wütend. Das Attentat lief zwar nicht so ab wie geplant, doch Reid musste sich wundern, ob es dennoch ausreichte, um ein Auslöser für eine neue Kriegserklärung gegen den Terrorismus zu sein. Um den Konflikt im Nahen Osten zu erneuern.
„Eines steht fest”, sagte Watson in seiner ruhigen Bassstimme, während er hinter dem Geländewagen herfuhr. „Wir sind jetzt zu viert. Wir wissen Bescheid. Und so lange wir etwas dagegen tun können, werden wir nicht aufgeben.”
Reid nickte in Zustimmung und starrte aus dem Fenster. Den Rest der kurzen Fahrt über waren sie still.
Unter normalen Umständen hätte Präsident Pierson seine Gäste auf den Treppen vor dem Weißen Haus begrüßt, doch aufgrund der vertraulichen Natur des Treffens wurden die vier Agenten stattdessen von vier Geheimagenten hereingebracht. Sie gingen einen Gang mit Teppichboden entlang, an dessen beiden Seiten Portraits von ehemaligen Präsidenten hingen.
Ein leichtes Prickeln überkam Reids Genick bei dem Anblick, beim Geruch des Ortes, dem Gefühl des vornehmen Teppichs unter seinen polierten, schwarzen Schuhen. Er war hier schon zuvor gestanden, wusste er, mehr als nur ein Mal. Er rückte seinen offenen Kragen zurecht, er hatte sich nicht die Mühe gegeben, eine Krawatte anzulegen. Es wäre fast unmöglich gewesen, mit nur einer Hand einen ordentlichen Knoten zu binden. Maya hatte ihm schon helfen müssen, sein Hemd zuzuknöpfen.
Zwei weitere Geheimagenten hatten sich vor dem Oval Office aufgestellt. Als Reid und seine Gefährten näherkamen, öffneten die Agenten im schwarzen Anzug die Türen für sie und ließen sie in das innerste Heiligtum des Präsidenten.
Präsident Pierson stand sofort hinter seinem Schreibtisch auf, als sie eintraten. „Da sei ihr ja”, gab er mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht bekannt. „Die Männer
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und die Frau
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der Stunde.”
Reid blickte sich um und war über die Zahl der Leute in dem großen, runden Büro erstaunt. Links neben Piersons Schreibtisch war Vizepräsident Cole und neben ihm standen die Sekretäre für Verteidigung, Innere Sicherheit und Staat. Ihnen gegenüber stand Christopher Poe, Vorstand des FBI, Gouverneur Thompson aus New York und der Direktor für nationalen Geheimdienst John Hillis.
Daneben war ein bekanntes, jedoch unbeliebtes Gesicht. Direktor Mullen hielt seine Hände vor sich verschränkt, ein dünnes, schiefes Lächeln auf seinen Lippen. Deputy Direktor Ashleigh Riker stand in ihrer gewöhnlichen Uniform aus kohlgrauem Bleistiftrock und passendem Blazer neben ihm.
Reid bemerkte, dass Cartwright sichtbar abwesend war.
Pierson ging um seinen breiten Schreibtisch, während die vier Agenten Schulter an Schulter davorstanden. „Meine Damen und Herren”, wandte er sich an die kleine Versammlung von Kabinettsmitgliedern und Staatsköpfen, „ich möchte jenen unter ihnen, die noch nicht in den Genuss eines Treffens kamen, diese wunderbaren Amerikaner vorstellen. Agent John Watson.” Pierson schüttelte enthusiastisch seine Hand. „Agent Todd Strickland”, fuhr er fort und ging auf ihn zu. „Agentin Maria Johansson.”
Der Präsident hielt mit einem Lächeln vor Reid inne, das ernsthaft wertschätzend erschien. „Und Agent Null.” Person streckte ihm seine Hand entgegen, doch Reid tat dies nicht. Sein rechte Hand war bandagiert und mit Schienen ausgestattet. „Oh. Entschuldigen Sie bitte, Agent.” Er schüttelte Reids linke Hand ungelenk mit seiner.
„Normalerweise”, sagte der Präsident und wandte sich an die vier, „halte ich mich für einen guten Redner. Doch ich muss zugeben...” Er kicherte leise. „Das erste Mal in meiner politischen Karriere fehlen mir die Worte.” Pierson hielt seine Hände mit einem melodramatischen Schulterzucken vor sich. „Was könnte ich schon sagen, was das Heldentum und die Stärke ausdrückt, die ihr vier gezeigt habt? Welche Gefühle könnten auch nur ansatzweise ausdrücken, wie tief unsere Nation in eurer Schuld steht, dank euren Mutes und eurer Stärke?” Er schüttelte seinen Kopf. „Es gibt keine Worte. Anstatt der Worte habe ich die ausdrückliche Ehre euch unsere Dankbarkeit durch eine Auszeichnung zu zeigen. Direktor Mullen?”
Der CIA-Direktor nickte und griff hinter sich. Auf einem schmalen Tischchen lagen vier kleine Kisten aus dunklem Kirschholz, das hochpoliert glänzte. Mullen stellte sie wortlos auf den Schreibtisch des Präsidenten.
„Es ist mein Privileg, euch mit dem höchsten Preis der CIA zu ehren”, erklärte Pierson ihnen. „Es handelt sich um eine der seltensten Ehrungen, welche die Vereinigten Staaten verleihen können, nur wenige Dutzend Personen in unserer Geschichte haben sie erhalten. Diese Auszeichnung kommt nur denen zugute, die aus freiem Willen mit außergewöhnlichem Heldentum gehandelt haben, die sich bestehenden Gefahren mit deutlicher Stärke und vorbildlichem Mut gestellt haben.” Der Präsident hob eine der polierten Kisten an und hielt sie feierlich in beiden Händen. „Dies ist die Hochrangige Geheimdienstmedaille für Heldenmut, die man auch das Geheimdienst...” Pierson hielt inne und grinste dümmlich. „Oh je, Entschuldigung. Direktor Mullen, ist dies das Geheimdienstkreuz oder -stern?” Ich kann die zwei nicht auseinanderhalten. Sie liegen so eng beisammen.”
Ein elektrisches Kribbeln lief über Reids Rückgrat. Seine Schultern bebten sichtbar.
Eng.
Mullen antwortete dem Präsidenten, doch seine Worte drangen nicht zu Reids Ohren vor.
Eng.
Mit nur einem einzigen Wort aus Präsident Piersons Mund öffneten sich plötzlich und ohne Vorwarnung die Schleusen in Reids Erinnerung.
Eng.
Die Meeresenge.
So plötzlich wie ein Blitz einschlägt, erinnerte sich Reid. Erinnerungen von geheimen Einsätzen in Wüsten und europäischen Hauptstädten überkamen ihn wie eine Flut. Erinnerungen an Besuche im Weißen Haus, Treffen, Einweisungen und Nachbesprechungen. Waffentraining. Kampf. Flugunterricht. Sprachen. Verhörtaktiken.
Er erinnerte sich.
Er erinnerte sich an
alles.
Er spürte Marias Hand auf seiner. Seine Augen trafen auf ihren besorgten Gesichtsausdruck. Er zitterte und konnte es anscheinend nicht kontrollieren.
Alles in Ordnung? s
agte sie still.
Er nickte leicht, als er sich an ihr Rendezvous erinnerte. Die Erinnerung war einfach wieder da, als wäre sie niemals zuvor verschwunden
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wie sich ihre Haut anspürte. Die Form ihrer Hüften. Der Geschmack ihres Mundes auf seinem.
Der Raum fühlte sich an, als drehte er sich langsam. Er war sich vage dessen bewusst, dass Pierson eine Kiste und Medaille Watson übergab.
Agent John Watson.
Geboren und aufgewachsen in Detroit. Richtiger Name: Oliver Brown. Sein sechsjähriger Sohn starb vor drei Jahren an Leukämie.
Reid kniff seine Augen zu. Es war zu viel, alles auf einmal. Er blinzelte zwei Mal, er sah alles verschwommen und blickte den Verteidigungssekretär Quentin Rigby an.
Zur Ruhe gesetzter vier Sterne General. Er ordnete einst die Zerstörung eines US Army Berichtes an, der den versehentlichen Tod von hundertvierzig Zivilen außerhalb von Kandahar beschrieb, als ein Raketengeschoss fehlzündete und ein kleines Dorf traf.
Mein Gott.
Er hatte über alle von ihnen Informationen, über jeden Einzelnen. Es waren Informationen, die er eigentlich nicht haben sollte. Informationen, die ihn zum Tode verurteilen könnten.
Seine Knie gaben nach und er sank in sich. Maria legte ihre Arme um ihn, fing ihn auf, bevor er auf den Teppich fiel. „Kent”, sagte sie eilig, „alles in Ordnung?”
Reid blickte ihr in die Augen.
Maria Johansson.
Er bettelte sein Gehirn an, es nicht zu tun. Er war sich nicht sicher, dass es ihm gefieel, woran er sich erinnerte.
Ihr wirklicher Name ist Clara. Sie sagte dir das nach eurer gemeinsamen Nacht.
Doch du wusstest das schon.
Du wusstest schon alles.
„Ja”, murmelte er. „Ja, alles OK.”
„Agent Null?” fragte Pierson. „Müssen Sie sich setzen?”
„Es ist nur, äh...” Reid räusperte sich und zwang sich dazu, sich auf seine wackligen Beine zu stellen. „Es sind nur die Schmerzmittel. Für meine Hand. Die machen mich ein wenig benommen. Doch mir... mir geht’s gut.”
Pierson lächelte und nickte. „Ich verstehe. Niemand hier ist beleidigt, wenn Sie sich setzen.”
„Wirklich. Mir geht’s gut.”
Meeresenge. Die Meeresenge von Hormuz.
Das war es, was er vor zwei Jahren entdeckt hatte. Das Komplott, die Verschwörung, der fabrizierte Krieg
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die USA wollte die Kontrolle über die Meeresenge zwischen dem Golf von Oman und Iran. Es war eine globale Durchgangsstraße für Ölverschiffung und eine der strategischsten maritimen Nadelöhre auf der ganzen Welt.
Er kannte die Etappen des Planes. Er wusste, wer darin verwickelt war. Er wusste, dass der Plan schon in Bewegung gesetzt wurde. Er erinnerte sich an alles. Er wusste alles, doch er hatte nicht gehandelt, weil er keine festen Beweise hatte.
Zu viel.
Es war zu viel, um es alles auf einmal zu verdauen. Doch Eins war sicher: er war die letzten drei Monate nervös darüber, wem er vertrauen konnte, wem er nicht vertrauen sollte und jetzt verstand er, warum.
Er
war derjenige, dem man nicht vertrauen konnte. Er hatte Monate damit verbracht, sorgfältig Informationen über alle jene zu sammeln, die darin verwickelt sein könnten, alle, die ihm nahe standen. Er wusste über sie Bescheid.
Er hatte gelernt zu spionieren, und er hatte spioniert
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er hatte seine Freunde ausspioniert. Seine Kollegen. Seine Teamkameraden und Vorgesetzten. Staatschefs.
Reid wagte es, zu Riker hinüberzublicken. Sie starrte ihn an, eine Augenbraue leicht gezückt. Doch er erinnerte sich an nichts Neues, nichts, dass er nicht schon wusste oder vermutete. Sie war durch die Ränge aufgestiegen, nachdem sein Gedächtnishemmer implantiert wurde. Sie war damals ein Niemand gewesen.
„Agent Null.” Seine Aufmerksamkeit wurde nach vorn gerissen, als der Präsident sich direkt vor ihn stellte, mit einer dunklen Holzkiste in seiner Hand. „Es ist mir eine große Ehre und wahrhaftige Freude, Sie mit dem Hochrangigen Geheimdienstkreuz auszuzeichnen.”
Reid nickte, zwang sich dazu, gerade zu stehen, sich ruhig zu halten, als Pierson den Deckel öffnete, um das goldene, zehn Zentimeter große, runde Stück Metall in der Kiste zu offenbaren. Er übergab sie sanft an Reid und er nahm sie.
„Danke. Äh, Herr Präsident.”
„Nein”, erwiderte Pierson. „Dank Ihnen, Agent Null.”
Agent Null.
Das stimmt. Das bin ich.
Und ich weiß alles.