22.1. 2036, Mond-Basis Unity
»Und, hat sich das nun gelohnt?«, fragt Jonathan.
Atiya bleibt stehen und stellt die Strebe ab, die sie gerade demontiert hat.
»Was meinst du?«
»Na das hier. Wir nehmen das FST auseinander. Du hast mir vor langer Zeit mal beschrieben, wie du von hier aus die Rätsel des Universums aufklären wirst.«
»Ja, das wird warten müssen. Aber ich bin mir sicher, dass sich auf dem Mars auch ein guter Standort für das Teleskop finden wird.«
»Keiner, der so perfekt ist wie hier. Keine Atmosphäre, keine Lichtverschmutzung.«
»Und weniger Einschläge.«
»So dicht ist die Mars-Atmosphäre nun auch nicht, dass sie uns davor schützen würde.«
»Aber die vielen Mikro-Meteoriten gehen nicht durch. Und wie du sagst, die Mars-Atmosphäre ist ziemlich dünn, da werde ich auch gut den Himmel beobachten können.«
»Wenn nicht gerade ein Staubsturm herrscht.«
»Ach komm, John, mach mir nicht die Zukunft madig. Ich hätte nicht gedacht, dass du so ein schlechter Verlierer bist. Und woher weißt du überhaupt, dass ich für den Mars gestimmt habe?«
Es stimmt ja auch. Er ist ein schlechter Verlierer. Er hat Probleme zuzugeben, wenn er nicht recht hat. Das liegt einfach daran, dass er eben fast immer richtig liegt. Nur die anderen wollen das nicht verstehen, und das ist frustrierend.
»Ich … entschuldige«, sagt er. »Ich wollte keine schlechte Stimmung verbreiten. Aber all das abzubauen, was wir unter großer Mühe errichtet haben, das schmerzt.«
»Mir geht es ähnlich«, sagt Atiya. »Aber um etwas Neues aufzubauen, muss man das Alte manchmal einreißen.«
Er denkt über Atiyas Worte nach, während sie mit dem Rover zur Basis fahren. Gibt es denn hier auf dem Mond überhaupt das Alte, das es einzureißen gilt? Was sie einsammeln, sind Ressourcen, weil sie davon auf dem Mars nie genug haben werden, zumindest in der Anfangszeit. Und später? Werden Yue, Atiya und Judith wirklich zu den Ur-Müttern der neuen Menschheit, wie Mike es früher mal beschrieben hat? Von dieser Vision ist neuerdings nicht mehr die Rede. Aber welchen Sinn sollte der Umzug auf den Mars sonst haben? Die drei Frauen werden sich für die Zukunft der Menschheit opfern müssen. Das kann er sich bei keiner von ihnen vorstellen.
»Atiya?«
»Ja?«
Auf der neuen Straße, die Wayne gebaut hat, preschen sie den Berg hinab. Jonathan sitzt auf dem Beifahrersitz. Die schwere Ladung, mit Leinen festgezurrt, bewegt sich hin und her.
»Wirst du eine der Urmütter der neuen Menschheit werden?«
Die Kenianerin prustet los. »Ich soll eure Babys austragen, oder wie? Das vergiss am besten gleich wieder.«
»Es wird notwendig sein, wenn die Menschheit überleben will. Hast du Mike nicht zugehört?«
»Das kann er gern glauben, aber mit mir hat das nichts zu tun.«
»Und warum müssen wir dann auf den Mars umziehen?«
»Mann, Jonathan, nun ist es aber gut. Wir haben es mit klarer Mehrheit beschlossen, und nun setzen wir es um. Fertig.«