29.1. 2036, Mond-Basis Unity
Vielleicht versteht
ihn ja wenigstens Yue. Sie teilen ein Bett, sollte er es darum nicht wenigstens einmal versuchen? Jonathan wälzt sich schlaflos hin und her, während seine Freundin leise schnarcht. Seit der Entscheidung schläft sie hervorragend, während er oft stundenlang wachliegt.
»Yue?«, flüstert er.
Sie reagiert nicht.
»Yue?«, sagt er laut.
Sie schlägt die Augen auf und scheint sofort hellwach zu sein. Das ist eine der Fähigkeiten, die er an ihr bewundert. Sie braucht höchstens eine Mikrosekunde, um aus dem tiefsten Schlaf zu erwachen. Vielleicht ist das ein uralter Instinkt, den sie sich bewahrt hat, der Instinkt des Beutetiers, das bei Bedrohungen sofort hellwach sein muss.
»Was ist?«
»Ich muss dir etwas erzählen.«
»Hat das nicht bis morgen früh Zeit, Schatz?«
Oh, wenn sie ihn schon Schatz nennt, ist sie nicht gut gelaunt.
»Nein. Es geht um Mike.«
»Mike, natürlich, deine Gedanken kreisen neuerdings dauernd um ihn. Was ist es diesmal?«
»Kenjiro und ich, wir haben Beweise, dass er die Meteoriten-Einschläge mit Sprengstoff simuliert hat.«
Yue richtet sich auf.
»Wirklich? Aber warum sagt ihr dann nichts?«
»Ich sage es dir doch gerade.«
»Wir müssen das an Maxim melden, und zwar sofort.«
Yue macht Anstalten aufzustehen.
»Wir haben keine richtigen Beweise. Es sind eher Indizien, Theorien.«
»Ach Jonathan. Es tut mir leid, dass dich diese Entscheidung so mitnimmt. Ich gebe zu, früher hat mir Mike auch ein bisschen Angst gemacht. Er war so … missionarisch. Aber das hat sich doch gelegt. Er hat sich verändert. Das finde ich gut. Ich mag es, wenn sich Menschen weiterentwickeln.«
»Aber bei ihm ist das alles nur gespielt.«
»Das glaube ich nicht. Ich vertraue da auf mein Gefühl. Er macht einen ehrlichen Eindruck.«
»Aber unsere Beweise …«
»… sind Indizien und Theorien, das hast du selbst gesagt. Und warum sollte er so etwas überhaupt tun? Was hat er davon? Glaubst du, er bringt uns alle mehrfach in Gefahr, nur damit er seinen Willen bekommt?«
Ja, das glaubt er. Aber Jonathan muss zugeben, dass es nicht überzeugend klingt. Schade. Yue kennt ihn offenbar doch nicht gut genug, um ihm bedingungslos zu vertrauen. Kennt er denn jemanden gut genug? Nein. Er wäre auch nicht anders. Er würde einen Beweis fordern, so wie Yue. Warum hat er bei Kenjiro eigentlich darauf verzichtet? Liegt es daran, dass er den großspurigen Mike einfach nicht leiden kann? Er weiß es nicht.
»Entschuldige, Yue«, sagt er.
»Wofür denn?«
»Dass ich dich geweckt habe.«
»Du kannst mich mit deinen Sorgen immer wecken.«
Ja, aber du nimmst sie nicht ernst, denkt er.