25.2. 2036, Mars-Schiff ARES
»Hast du alles?«, fragt Judith.
»Sieht gut aus«, antwortet Kenjiro aus der Schleuse.
Jonathan drückt die Daumen.
»Öffne jetzt die Außenluke«, sagt Kenjiro.
Dann sehen sie im Kamerabild, wie eine Gestalt im Raumanzug zum LISA-Satelliten schwebt, einen Container im Schlepptau.
»Installiere Ionenquelle«, sagt der Astronaut.
Die Auflösung der Schleusenkamera ist zu klein, um Kenjiros Handgriffe zu erkennen. Er hat ihnen vorher erklärt, dass im Container ein Druckbehälter mit Wasserstoff-Gas steckt, das von einem elektrischen Feld ionisiert wird. Wasserstoff-Ionen, das sind die Protonen, die sie brauchen. Der Sonnenwind bringt zwar ebenfalls einige mit sich, aber nicht in ausreichender Dichte. LISA wird den Protonen dann den ersten Schub geben, den die auf dem Weg zur Erde verteilten Spulen verstärken werden.
»Ich … das Ding klemmt«, sagt Kenjiro.
»Brauchst du Hilfe?«
»Nein, Judith, ich habe es aufbekommen. Jetzt habe ich es gleich. Ah, so ist es gut.«
Jonathan lässt seine Fingergelenke knacken. Es fällt ihm schwer, tatenlos zuzusehen, wie Kenjiro gerade Geschichte schreibt. Ob es eine Erfolgsgeschichte wird – oder eine des Scheiterns? Niemand kann es genau sagen. Die Berechnungen deuten zwar auf einen Erfolg hin, aber sie bergen einen hohen Unsicherheitsfaktor. Und selbst wenn genügend Antiprotonen an der Sphäre ankommen, wissen sie ja noch lange nicht, wie sie darauf reagiert.
»Das hast du toll hinbekommen«, sagt Wayne und schlägt Kenjiro auf die Schulter.
Der Impuls treibt den Japaner davon. Kenjiro findet erst an der Wand wieder Halt.
»Nicht so stürmisch«, sagt er.
»Entschuldige«, sagt Wayne. »Ich bin nur so froh, dass wir einen genialen Physiker an Bord haben.«
»Genial oder wahnsinnig, das wird sich erst noch herausstellen«, sagt Kenjiro.
»Optimistisch geschätzt, wie hoch sind denn unsere Erfolgschancen?«, fragt Yue.
»Acht zu eins«, antwortet Kenjiro. »Acht zu eins für die Sphäre natürlich. Und das ist die optimistische Variante.«
Ja, das hatte Jonathan erwartet. Trotzdem hätte er von Ken gern schönere Zahlen gehört. Zahlen, die ihn hoffen lassen, doch bald wieder von seiner Familie zu hören.
»Gibt es bei LISA noch irgendetwas zu erledigen?«, fragt Judith.
»Nein.«
»Danke, Ken. Bitte bereitet euch dann auf eine Bremsphase vor. Wir müssen LISA und die Spulen entlang des L4-Potenzials auf der Erdbahn um die Sonne verteilen. Dort können sie ihre Positionen mit den wenigsten Korrekturen halten.«