Kapitel 2

Am nächsten Morgen kam mir der ganze Vorfall wie ein Traum vor. Während ich mich für die Arbeit fertig machte, versuchte ich, mich daran zu erinnern, warum ich so durcheinander und verängstigt gewesen war. Es war nur irgendein armer alten Mann, der in Mrs. Harris' Haus gestorben war. Bedauerlich, aber kein Grund, Angst zu haben. Nicht wie Molly O'Sullivan. Es gab immer einen Grund, sich vor Molly O'Sullivan zu fürchten.

Sie packte mich am Arm, sobald ich den Empfangsbereich betrat.

»Ein Toter?«, gurrte sie in einem leicht neidischen Ton, als ob es sich um ein neugeborenes Kind oder einen Lottogewinn handelte. »Ein Toter?«

»Erinnern Sie mich nicht«, sagte ich, zog meinen tropfnassen Regenmantel aus und hängte ihn an die Rückseite der Tür in der winzigen Angestelltenküche. Es musste natürlich regnen, wenn ich keinen Wagen hatte. Ich hatte den rauchenden Fiesta auf dem Weg über den Parkplatz überprüft und war glücklich gewesen, als ich sah, dass das Feuer verlöscht war. Doch der Wagen war wirklich und wahrhaftig tot. Ich musste nur Onkel Gerry anrufen und herausfinden, ob er mir einen Ersatz besorgen konnte.

Molly füllte den Wasserkessel.

»Kaffee?«, fragte sie.

Ich sah sie an. Molly machte niemals Kaffee für jemand anderen als Tim Gladstone. Und abgesehen vom Kaffeekochen holte sie seine Sachen aus der Reinigung, verschob seine Zahnarzttermine, lächelte, scherzte, klimperte mit den Wimpern und erledigte ihre Sekretariatsaufgaben. Doch für den Rest der Belegschaft kochte Molly nicht nur nie Kaffee, sie begegnete uns normalerweise mit Verachtung. Nur nicht Andrew. Aus irgendeinem Grund liebte Molly Andrew.

»Waren Sie sehr geschockt?«, fragte sie und klopfte mit ihren langen kirschroten Fingernägeln auf den Deckel der Kaffeekanne, während sie mir dabei zusah, wie ich das Wasser aus dem Saum meiner Hose wrang und dann versuchte, die Knitterfalten zu glätten, die dabei entstanden waren.

Ich zuckte mit den Schultern. »Es war nicht großartig, aber jetzt geht es mir wieder gut. Ich war mehr geschockt als sonst was, denke ich.«

»Ach, Sie Ärmste«, sagte Molly, als der Wasserkessel pfiff, und füllte dann zwei Becher mit Kaffee, ohne auf meine Antwort zu warten. Ich betrachtete die Rückseite ihres adrett gerundeten Körpers und fragte mich, ob sie den Mann in Mrs. Harris' Haus ermordet hatte.

»Also«, sagte Molly und gab mir einen dampfenden Becher, auf dem sich die Inschrift befand »Beste Sekretärin der Welt« und das Bild einer großen dürren Frau mit lilafarbenen Schuhen und einem roten Kleid.

»Danke«, sagte ich und war mir nicht sicher, was ich mit dem Kaffee anfangen solle. Ich hatte Angst, ihn zu trinken. Ich umfasste den Becher mit meinen kalten Händen, war dankbar für die Wärme und versuchte, Molly anzulächeln, in der Hoffnung, dass sie dann gehen würde.

»Keine Ursache«, sagte Molly und sah mir in die Augen. Ich konnte ein Klümpchen Wimperntusche auf und ab hüpfen sehen, als sie blinzelte. Molly sah aus, als ob sie nach den richtigen Worten suchte, und ihr von lavendelfarbenem Mohair bedeckter Busen hob sich in irgendeiner Gefühlswallung.

Sie schüttelte den Kopf. »Ellen, wenn Sie irgendetwas brauchen – ich meine irgendetwas –, rufen sie mich einfach. Ich bin in meinem Büro. Versprechen Sie mir, mich zu rufen.«

Ich wand mich ein bisschen und bemühte mich, zu verstehen, warum Molly nett zu mir war, doch da ich das nicht herausfinden konnte, nickte ich und lächelte und umfasste den Becher fester.

»Danke, Molly.«

Sie verließ die Personalküche.

»Morgen«, sagte eine Männerstimme hinter mir.

Andrew. Mein Herz pochte in meiner Kehle. Ich würde mich niemals an die Tatsache gewöhnen, dass Andrew nun mit mir zusammenarbeitete und jederzeit auftauchen konnte. Warum war er nicht in London geblieben?

»Hast du dich schon um deinen Wagen gekümmert?«, fragte er.

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich werde Onkel Gerry gleich anrufen.«

»Du kannst meinen Wagen den ganzen Tag nehmen. Ich brauche ihn nicht, weil ich den ganzen Tag im Büro bleibe.«

Ich schüttelte wieder den Kopf. »Nein danke, es ist schon in Ordnung.«

»Sei nicht dumm. Was willst du denn ohne Auto anfangen?«

Er streckte die Hand aus und legte die Schlüssel auf die Arbeitsplatte neben mir.

Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich ab.

»Jemand hat ihn erschossen«, sagte Andrew und löffelte Instantkaffee in einen Becher und griff an mir vorbei, um den Wasserkessel anzuschalten.

»Was?«

»Jemand hat ihn erschossen – sieh mal hier. Neben dem Foto von mir. ›Rätselhafte Leiche in leer stehendem Haus‹.« Ich schaute auf die Zeitung, die er auf die Arbeitsplatte geworfen hatte. Unter der Schlagzeile befand sich ein Foto von Andrew, der vor dem Haus in Honan Terrace stand.

Eine rätselhafte Leiche wurde gestern am frühen Nachmittag in einem leeren Haus in dem ruhigen Vorort Honan Terrace aufgefunden. Der Grundstücksmakler Andrew Kenny (28) und eine Kollegin entdeckten die Leiche, als sie das Haus zum Verkauf vorbereiten wollten, und riefen sofort die Polizei. Mr. Kenny war schockiert über den teilweise verwesten Leichnam. »Es war sehr schockierend, doch als Gebietsmanager der größten Grundstücksagentur im mittleren Westen glaube ich, dass es von entscheidender Bedeutung ist, in jeder Situation einen kühlen Kopf zu bewahren.« Die Polizei wird sich erst äußern, wenn der Tote identifiziert worden ist und seine Verwandten verständigt sind.

Andrew machte sich Kaffee, während ich las. Als ich fertig war, hatte ich das Gefühl, als stiege ein Geschmack nach Batteriesäure in meinem Mund auf.

»Nun«, sagte Andrew und stützte einen Ellbogen auf die Arbeitsplatte, »was denkst du?«

Was ich dachte? Ich dachte, dass er sich umgezogen hatte, ehe er das Foto hatte machen lassen. Ich kannte Andrew, und ich war bereit, zu wetten, dass das sein absolut bester Anzug war und dass er einen anstößig hohen Preis dafür bezahlt hatte. Abgesehen davon dachte ich, dass er der arroganteste Mistkerl war, den ich je kennen gelernt hatte.

Er war überheblich und unerträglich, und offen gesagt war ich entzückt darüber, dass ich mich vor zwei Jahren von ihm getrennt hatte. Ich hatte alles richtig gemacht.

Wenn ich in diesem Moment eine Waffe gehabt hätte, hätte ich ihm liebend gern ein Loch verpasst und ihn zurück zu Mrs. Harris' Haus gezogen, um dem anderen steifen Mann Gesellschaft zu verschaffen. Ich war wütend, dass er nicht einmal meinen Namen genannt hatte, ganz zu schweigen davon, mir Bescheid zu sagen, als die Zeitung um ein Interview gebeten hatte. Und am allermeisten war ich über mich selbst wütend, dass mir überhaupt etwas so Dummes wie ein Zeitungsinterview etwas bedeutete, wenn ein armer Mann ermordet worden war. Ich atmete tief ein und sah ihn an.

»Nun?«, fragte er.

Ich schaffte es, laut aufzulachen.

»Was denn?«, fragte er und verlagerte das Gewicht auf seinen anderen Ellbogen.

Ich lachte wieder. »Du klingst wie Superman.«

Andrew zog die Zeitung zu sich heran. »Überhaupt nicht.«

»Doch. ›Ich glaube, dass es von entscheidender Bedeutung ist, in jeder Situation einen kühlen Kopf zu bewahren‹«, zitierte ich mit exaltierter Stimme.

»Ich habe das so nicht gesagt«, erwiderte Andrew, dessen Gesicht rot angelaufen war. »Er hat mich falsch wiedergegeben.«

»›Er hat mich falsch wiedergegeben«‹, äffte ich ihn nach, als ich zur Tür ging. »Armer Kindskopf. Du wirst dir einen Pressesprecher anschaffen müssen.«

Ich nahm Andrews Wagenschlüssel. Für irgendetwas war er doch noch nützlich.

»Danke für den Wagen. Ich werde versuchen, ihn nicht zu zerkratzen«, sagte ich. »Oh, und ich hoffe, dass du ihn nicht brauchen wirst.«

Aber das war eine Lüge. Ich hoffte, dass er ihn verzweifelt brauchen würde. Ich wollte, dass er litt. Ich spazierte aus der Küche hinaus und in das hell erleuchtete Büro. Molly saß hinter dem Empfangstisch, als ich mich näherte.

»Also?«, fragte ich. »Gibt es etwas für mich?«

Molly schürzte die Lippen und machte ein großes Theater beim Durchblättern einiger Unterlagen, die sich auf dem Schreibtisch vor ihr befanden. Schließlich gab sie mir ein Blatt Papier.

»Das ist Ihre Liste für heute«, sagte sie und sah sofort wieder auf ihren Monitor.

»Danke«, erwiderte ich und griff nach dem Blatt Papier, als die kirschroten Fingernägel es in der Luft losließen.

»Sie werden nicht einmal in dem Zeitungsartikel erwähnt«, sagte sie, als ich mich abwandte.

»Nein«, sagte ich, »Sie haben ganz Recht. Ich nicht.« Ich wandte mich zu ihr um.

Molly starrte auf den Computer. »Ich dachte, Sie wären erwähnt worden«, sagte sie, ohne mich anzusehen. »Tim rief heute Morgen an und erzählte mir, was geschehen war und dass darüber auf der Titelseite der Zeitung berichtet wurde.«

»Ja, richtig«, erwiderte ich und zerknitterte das Blatt Papier in meiner Hand. »Das spielt doch wirklich keine Rolle, oder? Ich meine, das Wichtigste ist, dass der Mann tot ist. Offenbar wurde er ermordet, wer macht denn schon so was? Warum sollte es wichtig sein, wer in der Zeitung steht oder ob das, was sie berichten, der Wahrheit nahe kommt?«

Molly schaute flüchtig zu mir auf und entließ mich mit einem Blick.

»Okay, danke für den Kaffee. Bis später«, sagte ich, schlang mir die Handtasche über die Schulter und ging zur Haustür. Wenigstens wusste ich nun, warum Molly so nett zu mir gewesen war.

Die Glastür schwang auf, als ich sie gerade erreicht hatte, und Tim Gladstone, groß, gut aussehend und wunderbar gekleidet, erschien vor mir. Woher hatte er erfahren, was geschehen war? Hatte Andrew es ihm erzählt? Hatte die Polizei angerufen? War er der Mörder?

»Ellen!«, sagte er mit seiner tiefen Stimme.

»Mr. Gladstone.«

Tim Gladstone nahm meinen Arm, als ob er mich zu einem Sessel geleiten wollte.

»Es tut mir sehr Leid, dass Sie etwas so Grauenvolles erleben mussten«, sagte er und schaute mich dabei mit Augen an, die das Blau von Enteneiern hatte.

Ich zuckte mit den Schultern und versuchte, mir eine Antwort auszudenken. Mein Arm begann dort zu brennen, wo er ihn festhielt, und Schweiß bildete sich zwischen meinen Schulterblättern.

»Es ist in Ordnung«, sagte ich und versuchte ein Lachen, das sich in ein Piepsen verwandelte, als es mir entschlüpfte. »Es hat einen langweiligen Tag aufregend gemacht ... nicht, dass die Arbeit hier etwa langweilig ist, ich meine, ich genieße meine Arbeit, aber ein Toter oder zwei ...«

Meine Stimme schwand, und Tim Gladstone rieb mit dem Daumen über meinen Arm. Ich war kurz vor einer Ohnmacht.

»Haben Sie vor, heute zu arbeiten?«, fragte er und musterte mein Gesicht nach Spuren eines Traumas.

Ich hoffte, dass meine Wimperntusche im Regen nicht nach unten gewandert war, um mein Kinn zu besuchen.

»Also, wenn Sie ein paar Tage Zeit für sich brauchen, ist das kein Problem. Molly kann Ihre Arbeit anderen zuteilen.« Er sah Molly an. »Sie ist toll, unsere Molly, nicht wahr?«

Mollys Lachen klingelte hinter mir wie die kleinen Messingglöckchen, die Leute in meiner Kindheit als Dekoration gesammelt hatten.

»Nein, überhaupt kein Problem, Tim. Ich wollte Ellen gerade die gleiche Frage stellen. Sie ist heute Morgen ein bisschen blass, und ich wollte ihr gerade sagen, wie besorgt ich ihretwegen bin – nach ihrem Trauma.«

Ich starrte Molly ungläubig an. Sie sah so ernst aus, dass ich mich fragte, ob ich mir die Unterhaltung eingebildet hatte, die wir nur Minuten zuvor miteinander geführt hatten. Ich schaute Tim Gladstone wieder an, dessen Gesicht noch immer diesen Ausdruck äußerster Sorge aufwies, und ich hatte das sichere Gefühl, dass er nicht der Mörder gewesen war. Er konnte nicht der Mörder sein, er hatte ja schon einen Job. Er war der perfekte Mann.

»Es geht mir gut«, stammelte ich. »Wirklich. Daher kann ich auch gut meine Arbeit machen. Das lenkt mich ab, denke ich, und außerdem sind die Chancen sehr gering, dass ich noch einen weiteren Toten in einem Haus auffinde, das ich Kunden zeige.«

Ich lachte noch einmal quietschend auf und fügte einen leisen Schrei hinzu, um mich noch attraktiver zu machen. Tim Gladstone lächelte mich warm an. Ich hatte Mühe, dem Drang zu widerstehen, ihn zu bitten, dieses Lächeln zurückzunehmen.

»Und wie geht es Andrew?«, fragte Tim Gladstone. »Der junge Mann wird seinen Weg machen, so, wie er mit der Presse umgegangen ist. Das war bemerkenswert, finden Sie nicht auch?«

»Hm«, machte ich und schmeckte wieder die Batteriesäure. »Bemerkenswert.«

»Braves Mädchen«, fuhr er fort und schaute über meinen Kopf hinweg zu Molly. »Das ist ein Elan! Irgendwelche Anrufe für mich, Moll?«

Ich habe noch niemanden im wirklichen Leben kennen gelernt, der so etwas sagte wie »Das ist ein Elan«. Nur Tim Gladstone. Und das war nicht das Einzige, was Tim Gladstone tat und sagte, das direkt einem Film aus den fünfziger Jahren entstammte. Er öffnete Frauen die Türen. Er erhob sich, wenn man einen Raum betrat. Er war gescheit, aber nicht lästig, höflich, aber nicht raffiniert. Er war Cary Grant.

Ich wünschte, ich hätte mir eine andere, bezauberndere Äußerung einfallen lassen, als wir vor der Haustür standen. Etwas, das ihn in sich hineinlachen ließ und das ihn an mich denken ließ, während er seiner Arbeit nachging. Etwas anderes als »Die Chancen sind doch sehr gering, dass ich noch einen weiteren Toten in einem Haus auffinde, das ich Kunden zeige«. Das war nicht einmal komisch, sondern nur albern.

Doch es war zu spät. Der Augenblick war vorüber, und ich musste einfach weitermachen. Die schreckliche Wahrheit war, dass Tim Gladstones Anwesenheit mein Gehirn zum Schmelzen brachte, so dass ich niemals etwas Witziges oder Denkwürdiges von mir gab, wenn er da war, und ich ihn daher niemals dazu bringen konnte, dass er sich wahnsinnig in mich verliebte.

Ich stand auf den Stufen von Gladstone und Richards und versuchte, mich auf die Liste zu konzentrieren, die Molly mir gegeben hatte. Okay, okay. Ich musste um halb zehn ein Büro zeigen und noch ein Haus um halb elf und dann noch zwei weitere Büros und ein Haus, das sich etwa zwanzig Meilen außerhalb der Stadt befand. Ein arbeitsreicher Tag.

»Ich hoffe, dass du keine Leichen in diesem alten Haus findest«, sagte Andrew in mein Ohr, als ich versuchte, mir die Liste einzuprägen. Ich drehte mich um und sah, dass er hinter mir stand und die Liste über meine Schulter hinweg las.

»Kümmere dich um deinen eigenen Kram«, sagte ich und ließ das Blatt Papier sinken.

Andrew zuckte mit den Schultern. »Ich sage ja nur, dass das alte Haus – das ›Hazeldene‹ heißt – schon seit Ewigkeiten angeboten wird und scheinbar niemand einen Käufer dafür finden kann. Ich denke, dass mögliche Käufer sich näher erkundigen werden und dann von den Gerüchten hören. Ich weiß nur, dass sie ihr Interesse nicht über ihren ersten Besuch hinaus weiterverfolgen, also muss es einen Grund dafür geben.«

»Was für Gerüchte?«, hörte ich mich fragen, bevor ich innehalten konnte.

»Nun, über die Morde. Man sagt, dass ein Mann namens Dermody dort vor hundert Jahren gewohnt und drei Frauen gehabt hat, die alle unter mysteriösen Umständen gestorben sind. Die Ortsansässigen glauben, dass er sie ermordet hat, doch er war sehr mächtig und sehr reich, und nichts konnte jemals bewiesen werden. Sie sagen, dass die Geister der drei Frauen in diesem Haus herumspuken. Auf der Suche nach Rache oder irgendeinem ähnlichen Unsinn. Natürlich glaube ich nicht daran, und selbst wenn es wahr wäre, hat sich das alles vor langer Zeit ereignet, also weiß ich nicht, was das jetzt noch für eine Rolle spielen sollte.«

Mein Herz tanzte in meiner Brust, während ich versuchte, mein Gesicht bewegungslos zu halten.

»Das hast du dir ausgedacht, um mir Angst zu machen«, konterte ich.

Andrew schüttelte den Kopf. »Frag Molly. Angesichts aller Umstände überrascht es mich, dass sie dich dorthin schickt. Möchtest du, dass ich dich begleite?«

Ich lachte diesmal aufrichtig. Ich würde es lieber mit Geistern aufnehmen, als Andrew Kenny um Hilfe zu bitten. »Niemals«, sagte ich. »Ich habe keine Angst vor solch dummen Gerüchen und dem Gerede alter Weiber, um Himmels willen.«

Andrew zuckte mit den Schultern und wedelte ein wenig mit den Armen herum, und wir beide wussten, dass es wahr war, dass ich keine Angst hatte. Ich war jenseits jeder Angst, ich war absolut außer mir vor Entsetzen. Der einzige Trost war, dass ich in Andrews BMW entsetzt war und nicht in meinem demolierten Fiesta.

Dieser Tag war der anstrengendste Tag meines Lebens, was gut war, da ich dadurch nicht dazu kam, an den gestrigen Tag zu denken. Bis ich »Hazeldene« zeigen musste, mein letztes Objekt. Das Paar, das sich das Haus anschauen wollte, war jung, gut aussehend und wohlhabend und nicht bereit, sich von mir von Raum zu Raum scheuchen zu lassen, wie ich es wollte.

»Kann ich Feuchtigkeit riechen?«, fragte der hoch gewachsene blonde weibliche Teil des Paars, als sie von einem leeren, hallenden Raum zum nächsten leeren Raum schlenderte, während ihr Ehemann in dem riesigen überwucherten Garten herumstöberte.

»Wahrscheinlich«, erwiderte ich.

Sie sah mich überrascht an.

Ich zuckte mit den Schultern. »Nun, es ist ziemlich alt«, sagte ich und kämpfte dagegen an, mich an den Vortag zu erinnern. »Alte Häuser riechen niemals besonders gut.«

Trotz meines mangelnden Enthusiasmus ließen sie sich Zeit und schienen an dem Anwesen interessiert zu sein. Nachdem die Kunden gegangen waren, fuhr ich zurück ins Büro, gab Molly Andrews Wagenschlüssel und ging, noch ehe ich mit ihm reden musste. Es war ein heller, sonniger Abend, und die Menschen schlenderten glücklich von der Arbeit nach Hause. Ich schaltete mein Handy im Gehen an. Ich hatte es am frühen Morgen ausgeschaltet, in der sicheren Gewissheit dessen, was geschehen würde, wenn ich es angeschaltet lassen würde. Und tatsächlich verkündete das kleine Display das Unvermeidliche: »Sie haben zehn verpasste Anrufe«, erklärte es anklagend.

Ich drückte die entsprechende Taste, und immer die gleiche Nummer leuchtete nacheinander auf. Die meiner Mutter.