Waslaw Nijinsky verzaubert in »Nachmittag eines Fauns« das gesamte Abendland.

Na ja, Frühling. Wie man es halt nennt. Oben, im ewigen Eis von Grönland, sitzt derweil Mitte März Alfred Wegener bei Außentemperaturen von minus 30 Grad in dem Winterlager seiner Polarexpedition und schreibt. Der Privatdozent für Physik, Meteorologie und Astronomie aus Marburg war verlacht worden, als er im November seine »Theorie der Kontinentalverschiebung« vorgetragen hatte. Niemand glaubte ihm, dass die Erdteile vor 200 Millionen Jahren einmal zusammenhingen. Das war zu viel für eine Zeit, die noch nicht einmal ihre eigenen Zusammenhänge begriff. So hatte er sich frustriert der Expedition des dänischen Forschers Johan Peter Koch angeschlossen. Vier Männer, 16 Islandpferde und ein Hund schickten sich an, Grönland von Osten nach Westen zu durchqueren, mitten durch die endlosen Weiten des ewigen Eises, die noch niemand gesehen hatte. Doch

Marcel Proust musste nun aber nicht ganz so lange warten, bis er doch noch einen Verleger fand für die »Suche nach der verlorenen Zeit«. Nach drei Absagen kommt eine Zusage. Und am 11. März schließt er einen Vertrag mit dem Verleger Bernard Grasset ab – er selbst schießt 1750 Franc zum Druck dazu, damit das Buch im September überhaupt erscheinen kann. Das klingt noch gut. Aber wenig später beginnt Bernard Grassets Albtraum. Wenn er Marcel Proust Druckfahnen zur Korrektur schickt, dann bekommt er ein paar Tage später etwas zurückgeschickt, das man eher Schlachtfeld als Druckfahne nennen kann. Proust lässt keinen Stein auf dem anderen, überschreibt mit Tinte das gesamte gedruckte Manuskript einmal, zweimal, dreimal, klebt daneben zusätzliche Passagen aus anderen Druckfahnen und streicht ausgiebig. Selbst seinen legendären ersten Satz, dieses »Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen«, streicht

Das nun hätte unser Freund Rainer Maria Rilke nicht schöner sagen können. Am 25. März 1913 sitzt er an seinem Schreibtisch in Paris in der Rue Campagne. Er hat zwar gerade keinen Schnupfen, aber es geht ihm trotzdem nicht gut. Er arbeitet quasi unaufhörlich an seinen Korrekturbögen des Lebens. Davon blickt er kurz auf und in seinen Taschenspiegel, er sieht seine zarten Bartstoppeln, und da fällt ihm auf, dass ihm langsam die Rasiercreme ausgeht. Und so schreibt er an den Hoffriseur Honsell in München am Odeonsplatz: »Übrigens wäre es mir lieb, wenn Sie mir gleich wieder eine Dose der Creme ›Mousse de

Oskar Kokoschka und Alma Mahler, das wohl rasendste Liebespaar dieses Jahres, steigen am 20. März 1913 in den Zug in Wien, um über Bozen und Verona nach Italien zu fahren.

Sigmund Freud und Martha Freud, das wohl stillste Liebespaar dieses Jahres, steigen am 21. März 1913 in den Zug in Wien, um über Bozen und Verona nach Italien zu fahren.

Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal, das ungewöhnlichste Künstlerduo dieses Jahres, steigen am 30. März 1913 in den Zug in Wien, um über Bozen und Verona nach Italien zu fahren.

Der Weltgeist geht also auf Reisen. Und Wien muss mal kurz Pause machen. Denkt man.

Doch dann kehrt der Weltgeist am 31. März, obwohl also Kokoschka und Alma und Freud und Richard Strauss und Hofmannsthal fehlen, im großen Saal des Wiener Musikvereins doch kurz zurück. Arnold