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SO WIRD’S GEMACHT

KRÄUTER SAMMELN UND TROCKNEN

Fast das ganze Jahr über sammle ich die Kräuter für unsere Hausmittel. Wenn möglich, verwende ich sie natürlich frisch. Aber immer denke ich daran, dass es hier manchmal bis weit in den April dauert, bis die Wildkräuter wieder austreiben.

Viele Kräuter, von denen man die Blätter sammelt, sollten vor der Blüte gepflückt werden. Denn fürs Blühen verwenden sie viel Energie, und der Wirkstoffgehalt in den Blättern nimmt ab. Das gilt zum Beispiel für Zitronenmelisse, Pfefferminze und Brennnessel. Wo das ganze Kraut samt Blüten oder nur die Blüten verwendet werden, ist der ideale Erntezeitpunkt der Beginn der Blütezeit, etwa bei Johanniskraut, Goldrute, Holunder, Lindenblüten, Schafgarbe, Kamille.

Für alle gilt aber: Gesammelt wird nur bei trockenem Wetter und nur abseits viel befahrener Straßen, abseits von Hundespazierwegen und weit entfernt von chemisch gedüngten und gespritzten Wiesen und Äckern. Selbstverständlich entnimmt man immer nur so viel einer Pflanze, dass sie weiterwachsen und sich vermehren kann.

Das Sammelgut wird nach Möglichkeit nicht gewaschen, sondern nur ausgeschüttelt und sorgfältig von Insekten befreit. Lange Stängel kann man zu Büscheln binden und kopfüber aufhängen. Die Büschel dürfen nicht zu dick sein, damit um alle Pflanzenteile Luft zirkulieren kann; im Inneren dicker Sträuße entsteht leicht Schimmel.

Blätter, Blüten und/oder Wurzeln werden auf Backpapier ausgelegt – ich verwende dafür auch gern die Deckel von Spanschachteln oder Holzkistchen – und an einem schattigen, luftigen Ort getrocknet, auf keinen Fall in der Sonne. Dicke Wurzeln sollte man schon vor dem Trocknen in Scheibchen schneiden.

Aufbewahrt werden die Kräuter am besten in getönten Schraubgläsern an einem dunklen, trockenen Ort. Je mehr Tageslicht oder gar Sonne die Kräuter bekommen, desto schneller nimmt ihr Wirkstoffgehalt ab.

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Die getrockneten Kräuter werden dunkel aufbewahrt – hier ein Blick in meinen Vorratsschrank.

KRÄUTERTEE

Das Grundrezept für Kräutertee ist ganz einfach: Die frischen oder getrockneten Kräuter (im Allgemeinen 1–2 TL pro 1/4 l, sonst nach Rezept) werden klein geschnitten oder mit den Fingern zerbröselt, mit sprudelnd kochendem Wasser übergossen und abgedeckt. Etwa 10 Minuten ziehen lassen, dann abseihen und trinken. Durch das Abdecken wird verhindert, dass die flüchtigen Wirkstoffe verloren gehen.

Man kann sich die Teemenge für einen Tag morgens zubereiten und in eine Thermoskanne füllen. Aber ihn vor jeder Einnahme frisch zuzubereiten ist auf jeden Fall die bessere Wahl.

KALTAUSZUG

Für einen Kaltauszug verwendet man die gleiche Menge Kräuter oder etwas mehr. Man mischt die Kräuter mit kaltem Wasser und lässt sie an einem kühlen Ort abgedeckt 8–12 Stunden ziehen. Danach abseihen und über den Tag verteilt bzw. nach Anweisung schluckweise trinken. Die jeweilige Trinkmenge kann man leicht erwärmen, um eine angenehmere Trinktemperatur zu erreichen.

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Für Tinkturen setzt man die Kräuter für einige Wochen mit hochprozentigem Alkohol an.

TINKTUR

Bei einer Tinktur handelt es sich um einen alkoholischen Auszug aus einer Pflanze. Dafür füllt man ein weithalsiges Schraubglas locker mit frischen oder getrockneten, klein geschnittenen Kräutern und füllt idealerweise mit 70-prozentigem Alkohol auf. Auch Alkohol mit weniger Volumenprozent eignet sich für die Herstellung, etwa normaler Doppelkorn oder Wodka. Der Alkoholgehalt sollte aber mindestens 45 Prozent betragen.

Der Alkohol soll die Kräuter im Schraubglas vollständig bedecken. Das Glas verschließen und den Auszug 2–3 Wochen ziehen lassen, dabei gelegentlich schütteln. Die fertige Tinktur durch ein Sieb abseihen und zur Feinfilterung durch einen Kaffeefilter tropfen lassen. In ein dunkles Glas abfüllen, beschriften – dabei das Herstellungsdatum nicht vergessen – und dunkel aufbewahren. In der Apotheke kann man Dunkelglasfläschchen mit Tropfaufsatz kaufen, die für die tropfenweise Nutzung der Tinktur besonders geeignet sind.

KRÄUTERÖL

Kräuteröl finde ich unverzichtbar vor allem für die Behandlung von stumpfen Verletzungen wie Prellungen, Zerrungen oder einem verstauchten Bein. Vor allem Rotöl aus Johanniskraut und Beinwellöl sind immer vorrätige Bestandteile unserer Hausapotheke. So ein Kräuteröl herzustellen ist keine Hexerei. Das geht ganz einfach, wenn man einige grundlegende Dinge beachtet. Zunächst muss man sich für eine der beiden Methoden entscheiden: die kalte oder die heiße Methode. Jede hat ihre Vor- und ihre Nachteile.

Kalte Methode

Der kalte Ölauszug ist schonender für die Pflanzen, es bleiben mehr Wirkstoffe erhalten. Allerdings braucht man mehr Geduld, weil das Ausziehen der Wirkstoffe länger dauert. Für dicke Wurzeln ist die kalte Methode wegen der Schimmelgefahr weniger geeignet.

Für einen Kaltauszug die Pflanzen grob schneiden und in eine weithalsige Flasche oder ein Glas füllen. Mit so viel gutem Olivenöl aufgießen, dass die Pflanzen etwa ein bis zwei Finger hoch bedeckt sind. Bei besonders fleischigen Blättern oder Stängeln ist es vorteilhaft, die Pflanzen antrocknen zu lassen, bevor man sie mit dem Öl mischt. So reduziert sich der Wassergehalt der Pflanze, der sonst zu Schimmelbildung führen könnte. Wer ganz sichergehen will, verwendet vollständig getrocknete Pflanzenteile. Eine Ausnahme bilden die Johanniskrautblüten, die man für das Rotöl verwendet. Sie werden immer frisch mit Öl angesetzt.

Etwa die Hälfte der Flasche sollte locker mit Pflanzenteilen gefüllt sein. So kann das Öl die Pflanze noch gut bedecken. Das Gefäß an einen warmen Platz stellen und den Auszug mindestens 2–3, besser 6 Wochen ziehen lassen. Tägliches vorsichtiges Bewegen der Flasche beugt der Schimmelbildung vor. Danach das Öl durch einen Tee- oder Kaffeefilter abseihen, in eine dunkle Flasche umfüllen und lichtgeschützt aufbewahren.

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Das frisch angesetzte Johanniskrautöl wird sich nach einiger Zeit rot verfärben.

Heiße Methode

Ein Heißauszug geht schneller, allerdings wird beim Erhitzen von Öl und Pflanzenmaterial ein Teil der Pflanzenwirkstoffe zerstört. Ein nicht unwichtiger Vorteil ist jedoch, dass gerade bei sehr fleischigen Pflanzenteilen, die reich an Feuchtigkeit sind, die Schimmelgefahr gebannt ist, wenn die Pflanzen ordentlich erhitzt werden.

Deshalb bereite ich mein Beinwellöl nach der heißen Methode zu. Die frischen oder getrockneten Pflanzenteile, in diesem Fall die Wurzeln, schneidet man fein und erhitzt sie in einem weiten Topf oder einer Pfanne in dem Öl bis auf etwa 70 °C. Dann vom Feuer nehmen und abgedeckt etwa 12 Stunden ziehen lassen. Das Öl durch einen Tee- oder Kaffeefilter abseihen, in eine dunkle Flasche umfüllen und lichtgeschützt aufbewahren.

SALBE

Eine Heilsalbe hat gegenüber einem Heilkräuteröl den Vorteil, dass sie in vergleichsweise dickerer Schicht auf der Haut verbleibt und dadurch die Wirkstoffe länger einziehen können. Ich bevorzuge allerdings das Öl, denn damit lässt es sich besser massieren. Das muss jeder selbst ausprobieren. Grundsätzlich kann man aus jedem Heilkräuteröl Salbe herstellen, indem man das fertige Öl mit Bienenwachs mischt, bis es die gewünschte sämige Konsistenz hat. Eine zweite Methode ist das Auskochen der Pflanzenteile in Schweineschmalz. Diese Methode wurde früher sehr häufig praktiziert, weil Schmalz billiger war als Bienenwachs. Heute ist das kein Argument mehr – ich bevorzuge die vegetarische Art der Salbenherstellung.

Dafür das Heilkräuteröl in einem Töpfchen sanft erwärmen und ungebleichtes Bienenwachs einrühren, bis es geschmolzen ist. Bienenwachs schmilzt bei etwa 65 °C, das Öl sollte auf keinen Fall höher erhitzt werden. Die Zubereitung dann abkühlen lassen und in kleine Döschen abfüllen, sie wird beim Abkühlen fest. Das Verhältnis von Öl zu Bienenwachs beträgt ungefähr 5:1, in 500 ml Öl werden 100 g Wachs eingerührt.

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Auch Entzündungen der kleinen Gelenke können mit Quarkauflagen behandelt werden.

VON AUFLAGE BIS PACKUNG

Streng genommen gibt es Unterschiede zwischen diesen verschiedenen Anwendungen, im Prinzip unterscheiden die Bezeichnungen aber nur die Größe der heilsamen Auflagen. Diese, also die Auflagen, meinen die kleinste Form, die etwa nur ein Gelenk bedecken. Umschläge sind dann schon größer, als Wickel bezeichnet man Auflagen oder Umschläge, die um einen Körperteil herumgewickelt werden, und mit Packungen meint man Auflagen, die einen großen Teil des Körpers bedecken. So streng sind wir nicht, sondern wir verwenden die Namen weitgehend synonym.

Die Wirkung dieser Anwendungen beruht zum einen auf den Temperatureffekten – deshalb gibt es kalte und warme oder heiße Umschläge bzw. Wickel – und zum anderen auf den Heilzusätzen, die auf die Haut einwirken. Das können Heilkräuter, Auszüge daraus oder auch Mittel wie Quark oder gekochte Kartoffeln sein.

Mit Heilkräutertinktur, -tee oder Essig

Die einfachste Art ist die Auflage in Form eines kleinen Leinen- oder Baumwolltuchs, das nur so groß ist, dass die verletzte Stelle bedeckt wird. Es sollte nicht zu dick sein, damit es sich gut an die Haut anschmiegt; geeignet sind zum Beispiel Stofftaschentücher, Baumwollwindeln oder Leinenläppchen. Das Tuch wird nach Anweisung mit Tee, verdünnter Tinktur (Tinktur und Wasser etwa im Verhältnis 3:1) oder Essig getränkt und auf die betroffene Körperstelle aufgelegt. Das kann ein verstauchtes Gelenk sein oder eine Entzündung. Mit einem weiteren, trockenen Tuch, einem Stoffstreifen oder idealerweise einer elastischen Binde wird die feuchte Auflage fixiert. Sie wirkt nun so lange, bis die Auflage durch die Körperwärme getrocknet ist.

Mit Heilkräuterbrei, Quark, Kartoffeln

In einen Umschlag lassen sich beliebige Heilkräuterzubereitungen packen, die dann durch die Haut auf die Verletzung einwirken. Wir schwören zum Beispiel, wie gesagt, auf Beinwell-Umschläge (>). In Umschläge kann man auch kurz überbrühte Kräuter wie Ackerschachtelhalm (>) einlegen, häufig machen wir auch Quark- oder Kartoffelumschläge (>, >/>). Solche Umschläge können warm oder kalt aufgebracht werden, je nachdem, ob zusätzlich zu den Wirkstoffen Wärme oder Kälte gefragt ist.

Das Prinzip ist bei allen gleich: Die heilende Substanz wird auf die eine Hälfte eines angefeuchteten, dünnen Tuches gelegt oder gestrichen, die nicht bestrichene Seite des Tuches wird übergeklappt, die Heilauflage also eingeschlagen. Diesen Umschlag auf die betroffene Körperstelle legen, mit einem trockenen Tuch bedecken und mit einer elastischen Binde oder einem Stoffstreifen fixieren. So kann man den Umschlag schließlich wieder sauber abnehmen.

Ich bevorzuge meist das direkte Aufbringen der heilenden Substanz auf die Haut, streiche also den Beinwellbrei direkt auf die Haut. Oder ich lege das mit dem Brei bestrichene Tuch, ohne es einzuschlagen, mit der bestrichenen Seite direkt auf die Haut. So ist meiner Meinung nach die Wirkung noch stärker, weil die heilende Zubereitung unmittelbaren Hautkontakt hat. In beiden Fällen nimmt man den Umschlag ab, sobald er durch die Körperwärme getrocknet ist.

Warm oder kalt?

Wickel werden häufig auch ohne jeden heilenden Zusatz angelegt – auf die Haut kommen nur mit kaltem oder warmem Wasser befeuchtete Tücher.

Kalte Auflagen wirken natürlich kühlend, sie entziehen dem Körper einen Überschuss an Wärme – etwa bei Fieber. Auch Quarkwickel kühlen und wirken dadurch entzündungshemmend, deshalb legt man sie auf entzündetes, überwärmtes Gewebe auf.

Kalte Wickel, die nur mit Wasser benetzt sind, bestehen wie die mit heilenden Zusätzen aus einem mit kaltem Wasser befeuchteten Innen- und einem trockenen Außentuch aus Baumwolle oder Leinen, und zusätzlich einem warmen Wollschal zum Abdecken.

Warme oder heiße Wickel erwärmen und regen die Durchblutung an. Damit fördern sie die Aufnahme heilender Zusätze im warmen, feuchten Innentuch. Warme Wickel wirken aber auch beruhigend und entspannend – entweder nur durch die Wärme von warmem Wasser und Wolltuch oder zusätzlich durch beruhigende Kräuterextrakte oder ätherische Öle. Warme Wickel sollten zwar so warm wie möglich aufgelegt werden, dabei muss man aber darauf achten, dem Patienten keine Verbrennungen zuzufügen. Denn eine Temperatur, die spontan angenehm ist, kann bei längerem Einwirken schnell als zu heiß empfunden werden. Besondere Vorsicht mit heißen Anwendungen ist natürlich bei kleinen Kindern und alten Menschen angebracht.

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Kopfdampfbäder sind besonders bei Atemwegserkrankungen und Hautproblemen angezeigt.

DAMPFINHALATIONEN

Inhalationen oder Kopfdampfbäder sind das Mittel der Wahl bei allen Atemwegserkrankungen, etwa bei Halsentzündungen, Hustenreiz, Heiserkeit, Bronchitis und Nasennebenhöhlenentzündung, aber auch bei Hautproblemen wie Akne.

In einer Schüssel oder einem großen Topf übergießt man die heilsamen Kräuter mit kochendem Wasser. Diesen Tee etwa 5–10 Minuten abgedeckt ziehen lassen, damit sich die Wirkstoffe nicht vor der Anwendung schon verflüchtigen. Die Kräuter können zum Inhalieren im Tee belassen werden, man muss vorher nicht abseihen.

Nun setzt sich der Patient vor die Schüssel und breitet ein großes Badehandtuch über seinen Kopf, damit der Dampf nicht entweichen kann. Nun etwa 15 Minuten den heilenden Dampf tief einatmen. Anschließend am besten hinlegen, warm zudecken und ruhen.

Kleine Kinder darf man beim Inhalieren nicht alleine lassen, weil die Gefahr des Verbrühens zu groß ist!

HEILENDE BÄDER

Ein warmes Vollbad mit heilenden Kräuterzusätzen entspannt allein schon durch die Wärme und die Wirkung des Wasserdrucks. Die Heilstoffe der Kräuter werden durch die Haut, aber auch durch den aufsteigenden Dampf über die Atemwege aufgenommen.

Ein Vollbad sollte eine Temperatur von 38 °C nicht übersteigen und maximal 20 Minuten dauern. Danach legt sich der Patient ins Bett und ruht mindestens 30 Minuten. Für ein Bad mit Heilpflanzenzusätzen bereitet man eine größere Menge – etwa 2 Liter – starken Tee zu, lässt den Aufguss 10 Minuten ziehen und gießt ihn dann ins Badewasser.