10. HAST DU DAS ZEUG ZUM HELDEN ODER BIST DU NUR EINE QUABBELQUALLE IM BALLETTRÖCKCHEN?

Sie landeten auf dem harten, kalten Höhlenboden. Wände und Decke waren aus Eis, die Luft so kalt, dass es ihnen schier den Atem verschlug. Die Höhle wurde von Glühwürmern und Nacktgrottenolmen erhellt und überall war das seltsame Blinken der Starkstromstickys zu sehen. Ein Starkstromsticky ist so etwas wie ein Zitteregliger Glimmstängler, mit denen sie auch eng verwandt sind, nur mit dem Unterschied, dass die Starkstromstickys viel stärker geladen sind und am hintersten Ende (wo genau, wirst du dir wohl denken können) einen klebrigen Schleim ausscheiden, mit dem sie fest an der Wand haften können. AUF KEINEN FALL SOLLTEST DU SO EINEN STARKSTROMSTICKY ANFASSEN – du würdest einen furchtbaren Stromschlag bekommen. Ganz abgesehen davon, dass diese Tiere nicht sehr hygienisch sind.

Von ihren sympathischen Bewohnern abgesehen, war die Höhle von ungewöhnlicher Schönheit – etwas, das Hicks hier unten niemals erwartet hätte. Das Eis schimmerte blau und grün und gelb, warf Regenbogen über die Decken und Wände und überall summten die blinkenden Glühwürmer langsam und schläfrig durch die Höhle wie ein riesiger Schwarm von leuchtenden Hummeln. Prächtige Eisstalaktiten hingen in fantastischen Formen von der Decke.

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Zahlreiche Tunnel und Gänge führten von der Kammer weg und aus manchen kam ein seltsames rumpelndes Geräusch, oder klang es nicht eher wie ein Brüllen?

»Hochinteressant«, flüsterte Hicks nachdenklich. »Die Tunnel sind aus Eis, das müssen wohl Lavaröhren sein, oder sind es vielleicht alte Tunnel, die ein Riesenhafter Höhlenvampirzahndrache vor undenklichen Zeiten gegraben hat?«

»Immer wenn es uns jeden Moment an den Kragen gehen kann, interessierst du dich für solche Sachen!«, stöhnte Fischbein. »Was ist, wenn dein Riesenwühlervampirdings noch lebt?«

»Dann müsste er jetzt so ungefähr zehn Millionen Jahre alt sein«, sagte Hicks. »Du siehst doch, die Höhlendrachen sind alle noch im Winterschlaf. Wir dürfen nur keinen Lärm machen, sondern müssen so still wie möglich nach der Feuergrube suchen, die die Hexe erwähnt hat. So etwas wie eine Feuergrube kann doch nicht so schwer zu finden sein, meinst du nicht auch?«

»Wo fangen wir an zu suchen?«, fragte Fischbein.

Die erste Stunde oder so irrten sie, ohne es zu merken, im Kreis herum.

Die Tunnel waren vereist; sie hatten sich ihre Knochenkufen unter die Stiefel geschnallt und konnten so ziemlich schnell über das Eis schlittern. Sie schossen durch die Gänge, die miteinander verflochten waren und sich immer wieder kreuzten wie das Netz einer Spinne, die den Verstand verloren hat.

Allerdings erlebten sie auch recht bange Momente, etwa, als sie in vollem Karacho aus einem Tunnel in eine Höhlenkammer fegten, an deren Wänden, Nischen und Decke ganze Schwärme von Drachen jeder Art und Größe hingen, dicht gedrängt wie Kolonien von Fledermäusen.

Aber Hicks hatte recht behalten – sie hielten alle noch ihren Winterschlaf und so konnten sich die drei Gefährten leise und unbemerkt wieder aus der Kammer schleichen.

Doch ungefähr eine Stunde später fanden sie sich in derselben Kammer wieder, in der sie aus dem Kessel gekrochen waren. Kessel und Brunnenschacht waren noch da. Aber eine Feuergrube hatten sie nicht gefunden.

»Okay«, flüsterte Hicks, »die Sache ist doch schwerer, als ich dachte. Diese Tunnel scheinen sich unendlich weit zu erstrecken. Er warf einen Blick auf das Tickdings. »Jetzt bleiben uns nur noch zwei Stunden.«

Aber Sturmfliege schoss plötzlich davon; ihre scharfen gelben Augen hatten etwas entdeckt.

»Schau!«, kreischte sie aufgeregt, als sie in einem eleganten Flugbogen wieder zurückkam. »In dem Tunnel dort liegt ein langes Kettenstück. Und an der nächsten Gabelung liegt noch eins. Die Kettenstücke sind vielleicht ein Wegweiser! Sollen wir ihnen nicht folgen, statt immer nur im Kreis herumzulaufen? Obwohl das auch Spaß macht.«

»Ich hab sie auch ge-ge-gesehen, die Kette!«, krähte Ohnezahn. »A-a-aber du hast sie zuerst entdeckt, St-St-Sturmfliege«, fügte er schnell hinzu, »weil du brillant bist, aber i-i-ich hab sie auch gesehen!«

Die Kettenstücke sahen so aus, als hätten sie ein bestimmtes Ziel … im Gegensatz zu den drei Wikingern.

Das erste Kettenstück begann genau dort, wo der Kessel auf der Seite lag, und schlängelte sich durch den Tunnel, so weit sie sehen konnten. Die Kette war sehr fein und dünn und Hicks dachte, dass sie vielleicht von einem Kettenhemd stammte, das jemand aufgezogen hatte, so wie man einen Wollpullover wieder aufziehen kann.

»Na gut«, bestimmte Hicks, »was Besseres fällt auch mir nicht ein. Kommt und zückt die Schwerter, Leute. Wir folgen der Kette.«

Sie gingen in den Tunnel hinein. Hicks hob die Kette auf, um sich in der Dunkelheit an ihr zu orientieren, und wickelte sie sich beim Weitergehen um den Unterarm. Sie war eiskalt; Hicks war sie aber lieber als ein Seil, weil sie nicht brennbar war. Neugierig, wohin die Kette sie führen würde, folgten ihr die drei Wikinger. Eine Zeit lang wurden sie durch das Tunnelgewirr geleitet, doch dann flog Sturmfliege um eine Ecke, verschwand aus Hicks’ Blickfeld und plötzlich hörten sie einen erstickten Schrei, der durch Ohnezahns Schrei noch übertönt wurde, als er ihr nachflog, um sie zu retten.

Die drei Freunde stürmten in panischer Angst los, um die Drachen zu retten, aber bis sie um die Ecke bogen, war das Drama bereits vorbei. Sturmfliege schnüffelte: »Huh, ist nur ein Mensch!«, und Ohnezahn quiekte: »Ha-ha-hab ich sofort gesehen!« Er flog näher heran, um die Sache zu untersuchen.

Ein Mensch?

Richtig – aber ein Mensch mit einem Problem.

Denn dieser Mensch war offenbar schnurstracks in das unsichtbare Netz eines Schleimspinndrachen geschlittert, hatte sich vollständig darin verwickelt und verstrickt und hing nun mit dem Kopf nach unten von der Decke wie der Kokon einer Raupe.

Und der Mensch flüsterte etwas, das aber wie ein wütendes Zischen klang, sodass sie zuerst kein einziges Wort verstehen konnten, denn er hing ein ganzes Stück entfernt im Tunnel. Voller Misstrauen glitten sie auf ihren Kufen langsam näher heran, bis sie verstehen konnten, was er sagte.

Und was er sagte, war nicht nett – er überschüttete sie mit Beleidigungen!

»NARREN! IGNORANTEN! HIRNAMPUTIERTE!«

Ohnezahn flog voraus, umkreiste den Hängenden einmal und kam wieder zurück.

»Es i-i-ist Blitzbrenner!«, meldete Ohnezahn.

»Wirklich? Bist du sicher?«, fragte Hicks verblüfft.

»J-j-ja«, nickte Ohnezahn, »bin ich.«

Nun, das verbesserte die Stimmung der drei Wikinger enorm!

»Echt total su-hu-huper«, jubelte Kamikazzi leise, aber begeistert. »Es ist der perfekte Held!«

»Hurra«, seufzte Fischbein erleichtert.

Sogar Hicks’ Herz machte einen freudigen Hüpfer.

Ihr Schicksal hatte sich gewendet. Genau das hatten sie dringend gebraucht. Blitzbrenner war ein brillanter Held, er würde die Krone für sie finden! Danach mussten sie nur rechtzeitig mit ihm an die Oberfläche zurückkehren, denn der brillante Held würde Alwin den Verräter beim Schwertwettkampf besiegen, selbst wenn er auf dem Kopf stehend kämpfen müsste …

Allerdings schien sich Blitzbrenner keineswegs zu freuen, sie zu sehen.

»VOLLIDIOTEN! EINZELLIGE SCHLEIMQUALLEN! HIRNLOSE PFERDEÄPFEL!«, flüsterte Blitzbrenner, so laut ein Mensch nur flüstern konnte.

Hicks stützte die Hände in die Hüften und betrachtete den sehr wütenden hängenden Helden. »Wenn Ihr wollt, dass wir Euch helfen, solltet Ihr vielleicht ein wenig höflicher sein.«

»Helfen? Ihr?«, zischte der kopfüber-hängende-Heldmit-gut-entwickeltem-Selbstvertrauen. »Diese Kettenstücke sind mein brillanter Einfall gewesen, den Weg durch dieses Labyrinth wieder zurückfinden zu können! Nur ein Genie wie ich konnte sich so etwas ausdenken! Dafür habe ich mein bestes Kettenhemd geopfert! Und was macht ihr Idioten? Ihr sammelt die Kettenstücke wieder ein!«

»Keine Sorge«, sagte Kamikazzi fröhlich. »Mein Drache Sturmfliege hat einen unglaublichen Orientierungssinn. Sie braucht bestimmt keine fünf Minuten, um den Rückweg zu finden.«

»Und wer bist du, du blonde Piepsmaus?«

Blitzbrenner versuchte, das Schwert zu ziehen, aber natürlich war er so fest eingewickelt, dass er sich nur ein wenig hin und her winden konnte – wie ein Insekt, das sich aus seinem Kokon befreien wollte. »Und was hast du in meinem Revier zu suchen?«

»Ich bin keine blonde Piepsmaus, ich bin eine sehr berühmte Sumpfdiebin und wir suchen die Verlorene Krone von Wilderwest«, sagte Kamikazzi, offenbar beleidigt, aber immer noch in Plauderlaune. (Man durfte Kamikazzi NIEMALS ein Geheimnis erzählen, sie war die größte Plaudertasche im ganzen Archipel.) »Die widerliche Hexe Excellinor schickt uns. Ich denke, die Krone muss irgendwo in einer Art Feuergrube sein. Habt Ihr vielleicht irgendwo eine Feuergrube gesehen?«

»VERFLUCHT sei diese dreifach verlogene, betrügerische, doppelzüngige Schlange von einer Hexe!«, fauchte Blitzbrenner. »Vor zwanzig Jahren hat mir diese alte Vettel meine Zukunft vorhergesagt, dann verschwand sie spurlos von der Erdoberfläche … dass ICH der König von Wilderwest werden würde, sagte sie, aber eigentlich ist das selbstverständlich, denn schließlich bin ich der cleverste, mutigste, charmanteste, geduldigste, gutmütigste und vor allem brillanteste Schwertkämpfer im ganzen Archipel! Sie sagte, ich müsse nur diese bescheuerte Krone finden, dann wäre die Sache geritzt!«

»Also hat Euch die Hexe dazu gebracht, seit zwanzig Jahren ununterbrochen nach der Krone zu suchen?«, fragte Hicks entgeistert.

Das war nun wirklich eine ausgesprochen schlechte Nachricht.

»Nun, offensichtlich nicht ununterbrochen«, fauchte der Held Blitzbrenner. »Wer bist du denn, ein beknackter Gartenzwerg oder was? Ich musste schließlich meine Schule leiten! Aber dazwischen habe ich immer wieder nach der Krone gesucht. Und dann taucht sie plötzlich zusammen mit ihrem widerlichen Sohn auf, in Lumpen gekleidet, nachdem ich zwanzig Jahre lang kein Wort von ihr gehört hatte, keine Nachricht, nichts, und ich habe ihnen ein Dach über dem Kopf gegeben, habe ihrem ekligen Sohn sogar Privatunterricht im Schwertkampf erteilt …«

Aha, dachte Hicks, deshalb wurde die Hexe zur Schlosshexe und deshalb ist Alwin plötzlich so supergut im Schwertkampf …

»… und dann schickte sie mich mit meinen vierzig Kriegern auf eine lächerliche Mission, weil sie behauptete, die Krieger würden nur im Weg sein. Und wie vergilt sie mir das alles? Sie kidnappt mich, kurz bevor die Wikingerstämme in der Burg ankommen, und erklärt mir, ich hätte nur noch drei Wochen Zeit, um die Krone zu finden, sonst würde sie mich für immer in diesem Tunnellabyrinth gefangen halten!«

»Dann hattet Ihr mehr Glück als wir«, sagte Kamikazzi. »UNS hat sie dafür nämlich nur drei Stunden Zeit gegeben.«

»Sie hat EUCH befohlen, die Krone zu suchen? EUCH?«

Das kam dem Helden-mit-gut-entwickeltem-Selbstvertrauen unmäßig komisch vor. »Eine humpelnde blonde Piepsmaus, einen Freak mit einem Drachen auf dem Kopf und einen mickrigen Spinner? Oh, das ist nun wirklich ... irre komisch ist das … ICH bin der größte Held, den es jemals im Archipel gegeben hat!«, fauchte Blitzbrenner, was entschieden eindrucksvoller geklungen hätte, wenn er nicht mit dem Kopf nach unten in einem Schleimspinnennetz gehangen hätte. »Ich sehe fantastisch gut aus, ich bin brillant, ich bin … äh, überintelligent und so weiter! Ich habe das gesamte Tunnelsystem durchsucht, jeden einzelnen Gang bin ich entlanggelaufen, jeden Fingerbreit der Höhlen und Kammern, und habe weder die Feuergrube noch die Krone gefunden. Glaubt mir, hier ist nichts zu finden! Was ist jetzt – wollt ihr kleinen Freaks nur einfach dastehen und gaffen oder schneidet ihr mich endlich herab?«

Der Held-mit-gut-entwickeltem-Selbstvertrauen mochte brillant, überintelligent und fantastisch gut aussehend sein, aber an seinen Manieren musste er dringend arbeiten. Schon möglich, dass er deshalb so viele Feinde im ganzen Archipel hatte.

»Er ist ziemlich schlecht erzogen, meint ihr nicht auch?«, sagte Fischbein.

»Sehr schlecht«, bestätigte Kamikazzi bekümmert. »Und er hat nicht mal die Krone gefunden, obwohl er zwanzig Jahre Zeit hatte«, fügte sie mit verächtlichem Schnauben hinzu. »Vielleicht ist er doch kein so perfekter Held, wie ich immer gedacht habe.« Zutiefst enttäuscht schüttelte sie den Kopf.

»Aber nur, weil es total unmöglich ist, die Krone zu finden!«, zischte Blitzbrenner wütend.

»Hicks hier macht immer unmögliche Sachen«, gab Kamikazzi völlig unbeeindruckt zurück, »und er ist grade mal halb so groß wie Ihr.«

»Halt. Die. Klappe!« Blitzbrenners unten hängendes Gesicht war knallrot angelaufen und er sah aus, als würde er jeden Augenblick explodieren. »Haltet die Klappe, alle, und beeilt euch endlich! Befreit meine Herrlichkeit, damit die Welt wieder vor Bewunderung erstarren kann! Los, worauf wartet ihr noch?«

»Kommt drauf an«, antwortete Hicks gelassen, »welche Antwort Ihr mir auf eine Frage gebt. Wenn Ihr König von Wilderwest wärt, würdet Ihr dann alle Drachen in die Freiheit entlassen und die Sklavenhaltung verbieten?«

Nun, man kann sich leicht vorstellen, was der Held von dieser Frage hielt. Er lachte so sehr, dass er sich fast in die Hose pinkelte, definitiv keine gute Idee, wenn man mit dem Kopf nach unten hängt. »NATÜRLICH würde ich beides nicht tun! Was für eine lächerliche Frage! Wer soll denn die ganze Drecksarbeit machen, wenn wir keine Drachen und Sklaven mehr hätten?«

Hmmm.

»Na gut«, entschied Hicks nach einigem Zögern, »schneiden wir ihn los, aber wir legen ihm die Ketten an. Wir können es nicht riskieren, dass dieser Mann den Weg zurück findet und am Schwertwettkampf teilnimmt und womöglich auch noch siegt.«

Kamikazzi schnitt ihren perfekten Helden aus dem Netz, und als er wieder auf beiden Beinen stand, war er ein Held mit enorm schlechter Laune und einem spinnwebverklebten Schnurrbart. »Bindet mich los!«, schnaubte er wütend. »Ich gebe euch mein Ehrenwort als Held, dass ich nicht weglaufe.«

Aber alle drei hatten Blitzbrenners großes Lehrbuch Schwertkampf mit Stil und Finesse gelesen. Dieses Meisterwerk empfiehlt eine ganze Reihe schlauer Tricks, mit denen man den Gegner überlisten kann, und einer der wichtigsten beschreibt ausführlich, wie man das Blaue vom Himmel herunterlügt, ohne rot zu werden.

»Wir sind heute nicht in Ich-traue-dir-Laune«, grinste Kamikazzi. »Und Ihr könnt von Glück sagen, dass Euch Hicks überhaupt freilässt. Ich persönlich verspüre nämlich ein starkes Bedürfnis, Euch da oben hängen zu lassen.«

Und so machten sie sich wieder auf den Weg, schlitterten eine weitere Stunde durch das Tunnelgewirr und der Held schlitterte hinter ihnen her, mit einer langen Kette an Kamikazzis Handgelenk gefesselt, und unermüdlich jammerte er oder flüsterte Beleidigungen und Flüche.

»Ich hab’s euch doch gesagt«, zischte Blitzbrenner. »Ich habe jede Handbreit dieser verdammten Gänge vermessen, jede Biegung ist in meinem phänomenalen Gehirn gespeichert. Ihr könnt es mir also glauben: Es gibt keine Feuergrube – he, wartet mal, seid still!«

Der Held hielt den Kopf ein wenig schief und lauschte angestrengt.

Klick, klick, klick, dann ein sehr schwaches Rrrrreißgeräusch.

Um Thors willen! REISSWOLFDRACHEN! Was konnte sie aufgeweckt haben?

»Lauft um euer Leben! Diese Biester werden euch in Stücke reißen!«, kreischte Blitzbrenner mit furchtbarer Flüsterstimme, wobei ihm vor Angst fast die Augen aus den Höhlen ploppten.

Fischbein legte sich aufs Eis und weigerte sich weiterzulaufen, Arme und Beine wie ein gestrandeter Seestern ausgebreitet.

»Fischbein!«, flüsterte Hicks drängend und versuchte, ihn am Arm hochzuziehen. »Komm schon! Du kannst das, Fischbein, du schaffst es! Wir müssen hier weg, SOFORT!«

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Aber Fischbein war vollkommen erschöpft, nachdem er stundenlang verzweifelt versucht hatte, mit den anderen Schritt zu halten. Im Schlittschuhlaufen war er nicht mal an einem schönen Wintertag besonders gut, aber mit Horrorkuh auf der Schulter, die sich verzweifelt festklammerte, war es fast unmöglich, das Gleichgewicht zu halten, und deshalb war er so oft gestürzt, dass er jetzt endgültig genug hatte.

»Nein«, sagte er und legte den Kopf auf das Eis, »ich hätte gar nicht mitkommen sollen. Ich halte euch nur auf. Ihr könnt weiterlaufen, wenn ihr wollt, aber ich bleibe hier liegen und warte auf den Tod.«

»Der Hänfling hat vollkommen recht, wir sollten ihn liegen lassen«, zischte Blitzbrenner. Er versuchte weiterzulaufen, wurde aber von Kamikazzis Kette zurückgerissen. »Genau das habe ich doch schon unten an der Klippe gesagt: Der Junge ist nicht aus dem Holz, aus dem Helden geschnitzt sind, er ist einfach nur eine Quabbelqualle im Ballettröckchen. Weißt du, Kleiner, was die Reißwolfdrachen mit einem wie dir machen werden? Ha! Sollen sie dich doch zerreißen – aber ich bin ein gut aussehender Mann in den besten Jahren und die Welt braucht mich. Ich muss gerettet werden.«

Wie du siehst, ein echter, perfekter Held.

»Fischbein, du wirst wirklich sterben, wenn du hier liegen bleibst«, zischte Hicks verzweifelt.

»Mir doch egal.« Fischbein schloss die Augen. »Ich bin zu müde. Hier ist es schön. Ruhig. Ich werde einfach hier auf dem wunderbar bequemen Eis sterben. Die ganze Sache ist sowieso hoffnungslos.«

Kritz-kratz, kritz-kratz, rrritsch-rrratsch.

Hicks hörte jetzt deutlich die scharfen Krallen, die über das Eis kratzten, als die Monster näher und näher heranschlichen, es musste ein ganzes Rudel von Reißwolfdrachen sein, das schnüffelnd und gierig sabbernd über das dunkle Eis immer näher heranschlich.

»Mann, um Thors willen, es ist NIE hoffnungslos, Fischbein!«, sagte Hicks in noch größerer Verzweiflung. »Wir schaffen das! Vertraue mir, WIR SCHAFFEN DAS!«