Als erste Beatles sind John und George im Studio; George wiederholt seine Idee vom Vortag, kurzfristig eine Single herauszubringen. Zwischendurch spielen sie kurze Passagen aus GET BACK (1:02/0:07/0:40). John stellt außerdem Feedback-Experimente an, spielt verschiedene Riffs, unterhält sich (vor allem mit Yoko) über diverse Kunstprojekte und frühstückt. Er hat über Wilson Pickett und dessen Version von Hey Jude gelesen: „Er wusste, es war für ihn geschrieben. Besonders die zweite Hälfte.“ George und er amüsieren sich darüber. Ringo kommt dazu und wird schmatzend begrüßt.
Lindsay-Hogg erzählt, er habe sich heute schon mit dem Schnitt der Aufnahmen von Yer Blues aus dem Rock and Roll Circus beschäftigt: „Sieht gut aus, The Who sind jetzt nicht mehr die Abräumer.“ John: „Echt nicht? Du fieser Kerl.“ Lindsay-Hogg: „Aber die sind sehr gut, und das Hauptproblem ist nun, dass wir Sympathy For The Devil besser machen müssen als Dirty Mac.“ Da die Stones Gastgeber des Circus sind, sollen sie nicht schlechter wegkommen als John mit seiner Allstarjam. John erzählt: „Das war einfach toll, nachdem wir mit Yer Blues fertig waren und dieser Geiger einstieg – wir wussten gar nicht, dass Yoko singen würde, sie ging einfach mitten in dem Geigenpart dazwischen und fing zu kreischen an.“ George belustigt die Vorstellung sehr. John schwärmt von der Improvisationsleistung beim Circus, und dann fällt ihm ein: „Sag mal, gestern, als Yoko, John und Paul und Billy ihr Freak-out hingelegt haben ...“ Lindsay-Hogg: „Beatles, ja.“ John: „Nein nein: Billy, Yoko, John, Paul - haben die das aufgenommen? Auf Band oder nur auf Filmspur?“ Lindsay-Hogg: „Auf jeden Fall auf der Filmtonspur, ich weiß nicht, ob Glyn es auch mitgeschnitten hat.“ John: „Könntest du das überprüfen? Ich hätte das nämlich gern als Teil unserer nächsten LP.“
John spielt nochmals Instrumentalpassagen aus GET BACK (0:23/0:22). Lindsay-Hogg fragt: „Werdet ihr das als Single rausbringen?“ John: „Erstmal werden wir versuchen müssen, es aufzunehmen.“ An der Nummer reizt ihn die ungewohnte Rolle als Sologitarrist; zur Illustration spielt er verlangsamt das Riff des Stones-Krachers (I CAN’T GET NO) SATISFACTION (0:27). Ringo fängt an, auf sein Schlagzeug einzudreschen, und daraus entwickelt sich (mit John an der Gitarre und George am E-Piano) eine recht simple Jamfassung von GET BACK (2:28). Währenddessen trifft Paul ein und greift sich den Bass; John, George und er sprechen drüber, wie sie Billy Preston als Apple-Künstler herausbringen können. Paul sieht ihn als eine Art Ray Charles; John meint: „Statt Country & Western-Scheiße für seine Hits spielen zu müssen wie Ray Charles, kann er was Solides machen.“ Paul untermalt das am Bass mit dem Riff aus WHAT’D I SAY (1:17).
Für seine Mitwirkung an den gegenwärtigen Sessions muss Billy natürlich auch bezahlt werden. John meint: „Ich hätte ihn ganz gern als fünften Beatle.“ Paul zögert und sagt dann: „Ich nicht, denn es ist mit vieren schon schlimm genug.“ Er wehrt den Vorschlag also ab, indem er zu Galgenhumor Zuflucht sucht; George unterstützt ihn indirekt, indem er scherzhaft ankündigt, er werde Bob Dylan einladen, der Gruppe beizutreten. John: „Wir könnten es The Beatles & Co. nennen.“ Paul ist die Sache aber wichtig genug, um ausführlich zu erläutern, warum die Beatles zwar musikalische Beziehungen zu anderen Musikern unterhalten, aber niemanden fest in die Gruppe aufnehmen sollten – das sehe zu sehr nach einer Gefälligkeit aus. Die anderen stimmen weitgehend zu. Während dieser Unterhaltung spielen Paul, John und George permanent Riffs; schließlich spielt sich auch Ringo ein, und sie entwickeln daraus in mehreren Schüben eine Instrumentalimprovisation (1:04/0:15/3:57/0:41), nudeln dann weitere Riffs, die zum Teil an Get Back angelehnt sind, und diskutieren schließlich, wie weit sie mit ihren neuen Nummern sind. Während eines recht unkoordinierten Versuchs, sich auf DON’T LET ME DOWN (1:18) einzustimmen, erklärt John, weshalb ihm Georges Leslie-Effekten nicht gefallen: „Wenn du sowas Kompliziertes machst, verliert sich die Kontur; ich finde, du solltest mehr auf den Punkt spielen.“ Dann fragt er: „Sollen wir Get Back machen?“ Die anderen sind einverstanden, doch aus dem ersten lockeren Einspiel macht Paul eine Zwitterversion, die sich zu OB-LA-DI, OB-LA-DA (0:50) auswächst.
„Okay“, sagt John und zählt den beabsichtigten Song an. Nach einem Fehlstart spielen sie zunächst eine abbrechende, dann eine komplette Probe von GET BACK (1:40/2:43), die allerdings beide recht zerfahren ausfallen und belegen, dass sie ohne Billy damit nicht weit kommen. Überhaupt wissen sie nicht recht, was sie ohne den Pianisten anfangen sollen. „Soldaten der Queen“, murmelt John im Sprechgesang vor sich hin, und das ist der Startschuss für einen Medley aus Oldies: SOLDIER OF LOVE (1:01) von Monty Alexander (von den Beatles seinerzeit für die BBC gespielt), gefolgt von einem unauflöslichen Simultangemenge aus dem Everlys-Hit CATHY’S CLOWN, wiederum SOLDIER OF LOVE und Monty Alexanders WHERE HAVE YOU BEEN (1:52) und anschließend einem weiteren Ad-hoc-Medley, diesmal aus LOVE IS A SWINGIN’ THING von den Shirelles, Ray Charles’ WHAT’D I SAY und Larry Williams’ SHE SAID YEAH (1:04). Bei diesem Ausflug ins Musikmuseum zeigen sich die Beatles locker, aber inspiriert; trotz etlicher instrumentaler und textlicher Unsauberkeiten ist es eines der erträglicheren Oldies-Medleys dieser Sessions, gerade auch, weil die Beatles ausnahmsweise auf satirische Mätzchen weitgehend verzichten.
Aber was sollen sie jetzt machen? So recht weiß es niemand. John behilft sich erst einmal, indem er eine ziemlich schauderhafte Gruppenversion von CHILD OF NATURE (1:45) initiiert. „Wär schön, wenn du darin Hawaii-Gitarre spielen könntest“, meint er zu George, doch Mal Evans weist drauf hin, dass so ein Instrument nicht kurzfristig beschafft werden könne. Und wieder fragt John: „Okay, was sollen wir machen?“ Paul, nach einem Weilchen: „Two Of Us.“ John: „Soll ich immer noch mitsingen?“ Also beschäftigen sie sich nun eine knappe Stunde lang mit TWO OF US. John findet ihre Methode, das Stück zu singen, zu steif (was er kurz parodistisch demonstriert) und verlangt erneut, das Lied solle etwas leichter klingen, „wie Stevie Wonder“, singt auch Passagen in dieser Weise, rudimentär unterstützt von den Kollegen. Es klingt recht schlabberig. John witzelt, wenn sie den Song zusammen singen, wirkten sie wie zwei Schwule; Paul meint, dann müssten sie „Paul & Paula“ sein, und so scherzen sie weiter, versuchen dann ein Durchspiel in der von John gewünschten weniger straffen Vortragsweise, das aber wegen Rückkopplungen abbricht. Paul schlägt vor, es „als Rock ’n’ Roll-Song“ zu versuchen; Johns Gegenvorschlag: „Lass es uns akustisch versuchen.“ So gehen die Vorschläge hin und her: George bringt ein Four-Tops-Riff ins Spiel, Paul will einen Beat wie in Peggy Sue. Als sie Passagen des Songs auf Akustikgitarren spielen und diese Ideen ausprobieren, kommt ihnen die Erinnerung an einen Song der Beach Boys dazwischen, und Paul flicht einige Gesangszeilen aus YOU’RE SO GOOD TO ME (0:15) ein. Schließlich beginnt John, über den Akkorden der akustischen Gitarren und dem monotonen Rhythmus der Basstrommel entspannt zu singen (weder steif noch à la Wonder), und als Paul mitsingt, fängt das Stück an zu klingen. Paul meint, er möge auch Songs ohne Bass, zum Beispiel I’ll Follow The Sun (ihr altes Stück hat aber sehr wohl einen Bass!); dann versuchen sie, die akustisch-entspannte Version einmal durchzuspielen, bleiben aber hängen, weil John nicht mehr weiß, was er beim Break machen soll, und zudem wieder Rückkopplungen auftreten.
George will wissen, welche Gitarre er spielen soll. Paul ist es egal, sofern es eine akustische ist – darauf einigen sich nun alle. Während sie auf der Suche nach dem besten Klang vor sich hinklimpern, ertönt zwischen diversen anderen Riffs zum ersten Mal das charakteristische „da-ding-da-ding du-da da-ding-da-ding“, das gleich darauf als Intro des Songs installiert wird. George, der bei der Koordinierung der Gitarrenstimmen die Initiative ergreift, bringt die Stimmung des Songs auf den Punkt: Er scheine „so dahinzufließen“. John hat diese Worte schon am 3. Januar gebraucht, damals allerdings eher negativ gemeint; jetzt äußert er sich positiv über das Country-Gefühl. Gemeinsam spielen sie den Song beinahe als Endlosschleife immer wieder; Paul fällt auf, dass er thematisch und textlich gut hinter Get Back passt, wie auch Don’t Let Me Down auf Oh! Darling zu antworten scheint. Ein Durchspielversuch bricht ab, aber dann gelingen ihnen außer Teildurchläufen zwei Komplettproben von TWO OF US (2:31/2:28). Sound und Tempo scheinen durchaus in Ordnung, nur mit Text und Gesang haben sie gelegentlich noch Schwierigkeiten.
Glyn Johns fragt, ob er einen Take mitschneiden soll, also versuchen sie es, und nach einem Fehlstart bekommen sie einen schönen Take von TWO OF US (3:19) aufs Band, komplett mit Pauls Aufforderung an John „Take it, Phil!“, die deutlich macht, von wem sie ihren Harmoniegesang gelernt haben, nämlich von den Everly Brothers. (Wahrscheinlich dieser Anspielung wegen wird dieser Take und nicht einer der nachfolgenden später für Anthology 3 ausgewählt.) Alle Zuhörer im Studio klatschen, die Beatles freuen sich, und George schlägt vor, sich die Aufnahme anzuhören. John im Scherz: „Jetzt Geigen hinzumischen, und ab geht’s!“ George: „Das kann auf die B-Seite.“ John: „Und dann nur in Italien rausbringen – lasst uns für jedes Land eine andere Single machen!“ Offensichtlich reicht ein gelungener Take, um die Beatles zu euphorisieren. Mit Freudenjauchzern hören sie sich die Aufnahme an. John fängt wieder von der Hawaii-Gitarre an und meint, George könne sie auch auf Two Of Us spielen.
Zurück im Studioraum singt Paul erst einmal zu eigener Begleitung auf der akustischen Gitarre SHE CAME IN THROUGH THE BATHROOM WINDOW (1:11); die anderen drei machen ansatzweise mit. Dann macht Paul gleich weiter und spielt zweimal komplett eine andere seiner Nummern: das etwas langatmige akustische TEDDY BOY (4:37/5:34), zunächst weitgehend solo, dann unterstützt von den Kollegen, wobei John sich von dem monoton stampfenden Rhythmus animieren lässt, gegen Ende Tanzanweisungen wie beim Square Dance zu rufen. Glyn Johns, dem der Song offenbar gefällt, schneidet ihn mit (am Abend wird er ihn abmischen und später dann für die LP Get Back auswählen; Teile dieser Aufnahme erscheinen schließlich auf Anthology 3). Paul stellt den Song für das Livekonzert zur Debatte und dudelt noch ein paar Ausschnitte daraus, einmal auch als Skiffle-Fassung; offenbar ist er in Stimmung für Tralala-Liedchen aus seiner Prä-Rock ’n’ Roll-Zeit. Während Getränke ausgeschenkt werden, klimpert er weiter auf der Gitarre, intoniert mit Säuferstimme „Singing balls to your partner, arses to the wall“ aus dem Traditional THE BALL OF BALLYNOOR (0:05), dann eine englische Version von ACH DU LIEBER AUGUSTIN (0:04) mit dem Text „Balls to Mister Bangelstein“ (in Anspielung auf die Fernsehsendung Bangelstein’s Boys), spielt nochmals einen Schnipsel aus TEDDY BOY (0:10) und dann das neue Eingangsriff jenes Songs, der daraufhin von der gesamten Band erneut (und eher unsauber) durchgenommen wird: TWO OF US (3:28). John beschließt den Song (wie von nun an stets) mit einer Pfeifeinlage, dann geht er (von Paul sofort unterstützt) zu einem uralten Gassenhauer über, MAGGIE MAE (0:56), und als Paul „Take it, Maggie!“ ruft, schalten sie beide ohne Pause um auf einen unveröffentlichten skiffleartigen Lennon/McCartney-Song aus Quarrymen- oder frühen Beatles-Zeiten, FANCY ME CHANCES WITH YOU (0:34). Es ist fast, als hockten Paul und John wieder in ihrem Jugendzimmer und amüsierten sich mit gemeinsamem Gitarrengeschrammel.
Die ausgelassene Stimmung führt zu kuriosen Einfällen, als Mal Evans die Wünsche fürs bevorstehende Mittagessen notieren will („Spatz auf Toast“, „gekochte Testikel“), aber dann geben alle doch noch etwas weniger pikante Bestellungen auf, während Paul solo nochmals TWO OF US (0:37) anstimmt. John beantwortet das mit einer mehrmals abgebrochenen Version von POLYTHENE PAM (2:02), einem der Songs, von denen im Mai 1968 zur Vorbereitung des „Weißen Albums“ Demoversionen aufgenommen worden sind. Damals spielten die Beatles solo oder gemeinsam auf akustischen Instrumenten in fröhlich-entspannten Sessions ähnlich der heutigen. Ganz in diesem Gestus folgt nun eine rudimentäre akustische Instrumentalimprovisation (1:20), dann eine weitere Komplettprobe von TWO OF US (3:22) und direkt im Anschluss erneut ein Schnipsel von MAGGIE MAE (0:10). John meint, jetzt sei er „Phil Dylan“ gewesen (also wohl eine Kombination der Folksänger Phil Ochs und Bob Dylan).
Glyn Johns möchte wieder aufnehmen, also spielen sie – nach zwei Fehlstarts – einen weiteren, vielleicht zu ambitionierten und deshalb etwas saftlosen Take von TWO OF US (3:20) und hinterdrein noch eine fragmentarische, dafür sehr lebendige Fassung von MAGGIE MAE (0:38) ein. (Beide Takes werden von Glyn Johns noch am selben Abend abgemischt; das Fragment von Maggie May findet dann Verwendung auf der LP Get Back und schließlich auf Let It Be.) Die Beatles wollen das Ergebnis überprüfen und ziehen deshalb in den Kontrollraum um, wo sie sich bei dieser Gelegenheit auch den Mitschnitt von Teddy Boy anhören, dann verschwinden sie, um das vorbestellte Mittagessen (nicht den Spatz und nicht die Testikel) zu vertilgen.
Als sie nach dem Essen ins Studio zurückkehren, klimpert irgendjemand (es ist niemand von den Beatles, sondern möglicherweise George Martin) auf dem Klavier herum, und schließlich singt Paul dazu THE LONG AND WINDING ROAD (1:36) mit. George schnappt sich währenddessen seine akustische Gitarre und spielt und singt WINDOW, WINDOW (1:03), bricht dann aber ab, um George Martin zu fragen, ob es mit dessen Studio besser laufe als mit dem Apple-Studio. Dann macht George mit WINDOW, WINDOW (1:28) weiter, einem Song, der gut in diesen entspannten Akustiktag passt, aber wohl nicht ernsthaft als Kandidat für die Beatles-Platte gedacht ist – ohnehin hält sich George seit seinem vorübergehenden Ausstieg mit eigenem Songmaterial sehr zurück. John unterbricht ihn und schwärmt, wie toll der letzte Get Back-Take vom Vortag sei, den er sich gerade angehört hat: „Ich konnte es gar nicht glauben!“ Also gehen alle noch einmal in den Kontrollraum und hören sich die Aufnahme gemeinsam an.
Als sie dann wieder zu den Instrumenten gehen, schwärmt John weiter von der gerade gehörten Aufnahme, auch von seinem eigenen zweiten Solo; es ist klar, dass er jetzt nicht mehr in akustischer, sondern in elektrischer Stimmung ist. Während Paul Passagen aus TWO OF US (1:06) spielt und singt, stimmt John mit Georges Hilfe seine Slidegitarre, spielt dann dieses denkbar unpassende Instrument auf einer gemeinsamen Schrammelversion von GET BACK (1:24) und fragt, ob sie nicht an dem Song weiterproben wollen. Paul ist dagegen: „Ich bin eher dafür, noch mal Two Of Us zu machen.“ Also machen sie sich zusammen über TWO OF US (1:00) her, John an der dafür noch weniger geeigneten Slide, und gleich im Anschluss singt und spielt Paul HER MAJESTY (1:55), rudimentär begleitet von John an der Slidegitarre und schließlich auch von Ringo. Paul steht der Sinn offenbar nach leichter Kost; er traktiert die Kollegen mit einem Liedchen, das er im Vorjahr geschrieben hat und in dem er mit der Refrainzeile „There you are, Eddie“ (3:40) ein Hündchen besingt, dann mit dem noch nicht ganz fertigen EVERY NIGHT (1:50) und einem noch weniger ausgereiften Song mit der Zeile „Pillow for your head“ (6:18+), in den er erneut Zeilen aus dem „Eddie“-Song einfließen lässt. John und George bemühen sich, ansatzweise eine Begleitung zu spielen, doch im Grunde sind dies Solosongs (Every Night wird folgerichtig auf der Soloscheibe McCartney erscheinen). Als er zum Ende kommt, schlägt Paul vor, mit Two Of Us weiterzumachen, zieht es dann aber doch vor, eine weitere Schnulze hinzusäuseln, HOT AS SUN (1:34+). Hier gelingt John und George eine gefälligere Begleitung, denn das Stück kennen sie: Paul hat es schon vor zehn Jahren geschrieben. Er ist offenkundig auf einem Nostalgietrip und fragt John: „Wie ging noch Looking Glass?“ John: „Keine Ahnung.“ Paul meint, es sei eines der ganz frühen Stücke gewesen, und die hätten ohnehin alle gleich geklungen – er spielt die Eingangstakte aus CATSWALK (0:04+), einem Instrumental ihrer Frühphase.
Und damit wenden sie sich für die nächste halbe Stunde endlich wieder ihrem aktuellen Song zu, nun allerdings ohne Slidegitarre. John deklamiert eine Variante auf eine der Textzeilen („smoking someone’s hard-earned grass“), und nach einigen Fehlstarts und zwischen Proben einzelner Passagen (vor allem der Middle Eight) schaffen sie zwei Komplettfassungen von TWO OF US (3:31/1:05+), die freilich zunächst ganz und gar nach müdem Lagerfeuergeschrammel klingen, so als hätten die Beatles alles vergessen, was sie sich am Vormittag erarbeitet haben. Dem zweiten Durchspiel hängt Paul noch die Coda aus HELLO GOODBYE (0:16) an, aber jetzt ist nicht die Zeit für Spielereien, denn sie müssen sich durch Detailproben der Middle Eight erst wieder ein Gefühl für ihren Song erarbeiten. Als das geschehen ist, spielen sie Glyn Johns zwei Takes von TWO OF US (3:23/3:21) auf Band, und plötzlich ist der Glanz wieder da; der erste dieser Takes wird so gut, dass Glyn Johns ihn am Abend abmischt und später (zusammen mit einem Fehlstart unmittelbar zuvor) für die LP Get Back auswählt.
Danach ist Entspannung angesagt, auch um die Nachmittagsschläfrigkeit zu vertreiben. Paul ist immer noch auf dem Nostalgietrip und reißt sie alle in ein Skiffle-Medley, bestehend zunächst aus Lonnie Donegans DIGGIN’ MY POTATOES (0:49), HEY LILEY, LILEY LO (0:10) der Vipers Skiffle Group und Donegans ultimativem Skiffle-Hit ROCK ISLAND LINE (0:51). Es folgt eine lockere Improvisation (1:16), dann eine Jamfassung von TWO OF US (4:09) im Skifflestil mit John an der Slidegitarre, der von Lonnie Donegan in England berühmt gemachte Spiritual MICHAEL ROW THE BOAT ASHORE (0:57), das Schlaflied ROCK-A-BYE-BABY (0:13) und schließlich zwei Nummern von Guy Mitchell, SINGING THE BLUES (2:38) und KNEE DEEP IN THE BLUES (0:07).
Es ist nicht zu überhören, dass die Skiffle-Session den Beatles viel Spaß macht (man ahnt beim Abhören der Bänder, wie sie als Quarrymen geklungen haben könnten), aber offenbar fallen ihnen keine passenden Stücke für die Fortsetzung dieser Session ein. So beginnen sie (John weiterhin an der Slidegitarre), einen Ad-hoc-Song in Schrammelmanier zu improvisieren, dessen Text hauptsächlich daraus besteht, dass John „Can you dig it?“ grölt und Paul mehr oder weniger originell drauf zu antworten versucht. Viermal wird dieses Experiment DIG IT (3:07/0:14/4:04/4:52) abgespult, zwischendurch sagt Paul seinen Kumpel als „Bluesmann Blind Lame Lennon aus dem Herzen Chicagos“ an, und John, der das alles einen „netten Trip“ findet, revanchiert sich nach dem letzten Durchgang mit der Absage: „Das war Can You Dig It von Georgie Wood, und nun möchten wir Hark, The Angels Come vortragen.“ Glyn Johns hat das alles mitgeschnitten und wird den Schlussdurchgang samt der Absage für die LP Get Back auswählen; auf Let It Be ist dann ebenfalls die Absage zu hören, zusammengeschnitten allerdings mit einem späteren Take.
Während dieser schrägen Darbietung ist Billy Preston eingetroffen und hat mitgemacht, und damit ist der Zeitpunkt gekommen, die Proben wie am Vortag zu fünft fortzusetzen; zuerst stimmen sie aber ihre Instrumente, die das bitter nötig haben. Beim ersten Versuch, GET BACK (1:34) zu spielen, benutzt John noch die Slidegitarre, von der er Glyn Johns zuvor bereits gesagt hat, er wolle sie nicht auf der Aufnahme spielen – dies ist also kein ernstgemeinter Versuch, und er zerläuft sich dann auch schnell zu einer instrumentalen Jamfassung. „Okay“, sagt Paul, sie brechen ab und bringen sich nun richtig in Position. Paul bei dieser Gelegenheit zu Billy: „Dich hat noch keiner gefragt, ob es dich stört, jeden Tag zu kommen.“ Billy hat nichts dagegen – vielleicht hört er auch eine kleine Rüge Pauls heraus, weil er verspätet aufgetaucht ist; Paul stellt aber klar, er habe sich nur vergewissern wollen, dass Billy auch mit allem einverstanden sei.
Nachdem Paul noch ein wenig die Songzeile „Here you are, Eddie“ (0:17) geträllert hat und alle bereit sind, beschäftigen sie sich für etwa zwanzig Minuten mehr oder weniger intensiv mit dem Song, den sie eigentlich heute hatten perfektionieren wollen. Nach ein paar Riffs zum Aufwärmen legen sie eine Komplettversion von GET BACK (2:55) hin, die allerdings recht schauerlich klingt; John vermurkst sein Solo vollständig, auch die anderen scheinen außer Form, und zu allem Überfluss gibt es Probleme mit den Mikrofonen. Als Mikrofontest initiiert Paul eine Version von GET BACK (2:18) in verdoppeltem Tempo mit allerlei satirischen Einlagen und einem einmontierten Medley aus Passagen von Screamin’ Jay Hawkins’ Little Devil und den Chuck-Berry-Songs Maybelline, You Can’t Catch Me und Brown-Eyed Handsome Man. Zur Probe des neuen Mikrofons beginnt John eine engagierte Version von Larry Williams’ SHORT FAT FANNIE (1:23), die von George und Paul pfeifend zu Ende gebracht wird. Nun kehren sie zurück zu ihrem Song, und nach einer kleinen parodistischen Textprobe von John gelingt ihnen die nächste Komplettprobe von GET BACK (4:11) schon besser; John und Billy spielen ordentliche Soli, nur Paul ist diesmal nicht richtig bei der Sache. Glyn Johns möchte, dass er den anderen Bass benutzt (schon in den letzten Tagen hat er mehrmals durchblicken lassen, dass ihm der Bassklang nicht behagt); während Paul also das Instrument wechselt, spielen die anderen das Riff aus GREEN ONIONS (0:09) von Booker T. und klimpern gelangweilt ein bisschen herum. Dann folgt der nächste Take von GET BACK (3:20), bei dem nun John wieder sein Solo verhaut. Außerdem gefällt Paul der wummerndere Bass nicht, den er jetzt spielt: „Das Problem ist, die Saiten rutschen weg, weil’s ein Linkshänderbass ist und der Knoten für Rechtshänder ist.“
Irgendwie ist die Luft raus, keiner scheint noch richtig Lust auf die Fortsetzung der Proben zu haben. John initiiert zur Ablenkung eine recht kompakte Gruppenversion von Larry Williams’ BAD BOY (3:16), einem Song, den die Beatles vier Jahre zuvor aufgenommen haben, und da Paul immer noch mit seinem Bass beschäftigt ist, macht John (unterstützt von Ringo und Billy) gleich weiter mit Chuck Berrys Klassikern SWEET LITTLE SIXTEEN (1:47), AROUND AND AROUND (1:07), ALMOST GROWN (1:48) und SCHOOL DAY (1:34), wobei rasch die komplette Band mit einsteigt, am Ende auch Paul. Diese Versionen gehören zu den besseren Oldies-Fassungen dieser Sessions.
Paul hat sein Bassproblem gelöst, dafür aber ein anderes erkannt: „Wir sind schon richtig ausgehungert. Aber lasst uns noch einmal Get Back machen, damit wir das Gefühl haben, wir haben gearbeitet.“ Zunächst muss er seinen Bass jedoch noch einmal mit Glyn Johns abstimmen, und diese Verzögerung nutzt John (sogleich begleitet von der restlichen Band) zu einem weiteren Oldies-Medley, diesmal bestehend aus Ben E. Kings STAND BY ME (2:11) und Arthur Alexanders WHERE HAVE YOU BEEN (0:26). Paul parodiert die Art und Weise, wie Ben E. King das Wort „darling“ ausspricht, was John mit einer Zeile aus LADY MADONNA (0:05) in der Manier von Fats Domino beantwortet, weil der auf seiner Version das „see how they run“ ähnlich artikuliert. Paul reagiert darauf wiederum mit einer Parodie der Fats-Domino-Version von LOVELY RITA (0:09). Unter diesen Umständen ist es fast schon unvermeidlich, dass die folgende, aus zwei kombinierten Durchläufen bestehende Doppelfassung von GET BACK (6:08) gesanglich ein bisschen verulkt ausfällt, instrumental hingegen läuft es bestens – sie haben bei diesem Song die Sicherheit des Vortags wiedergefunden und sind dementsprechend guter Dinge. „Go home, get back“, singt Paul am Ende mit engagierter Stimme, und das meint er wörtlich, wie er gleich anschließend sagt: „Sieben Uhr, weißt du, John, ich mach jetzt die Biege.“
John aber ist immer noch in Spiellaune, er spielt eine weitgehend instrumentale Version des Beach-Boys-Songs LONELY SEA (1:39), dann ein fetziges Instrumentalstück unbekannter Provenienz (1:14), einzelne Riffs aus I’ve Got A Feeling, Get Back und All Things Must Pass, eine schnelle, heavy klingende Version von Duane Eddys RAMROD (0:50), schließlich mit großen Schwierigkeiten das Eingangsriff aus I FEEL FINE (0:49) – und dann hat auch er genug.
Wieder fällt das Tagesfazit recht positiv aus. Die Stimmung zwischen den vier Beatles ist harmonischer und ausgeglichener denn je gewesen, weder streiten sie sich, noch ergehen sie sich in übertriebenen Albernheiten. Die unbeschwerte Leichtigkeit mag auch ein wenig damit zu tun haben, dass sie den Großteil des Tages mit akustischen Gitarren hantieren und dabei den einzigen Song, den sie ernsthaft als akustischen Gitarrensong begreifen, auf ein veröffentlichungsreifes Niveau bringen (tatsächlich werden zwei der Takes, die sie an diesem Tag zustandebringen, später für Platten ausgewählt). Nicht vergessen werden sollte dabei allerdings, dass sie sich damit von ihrem eigentlichen Vorhaben, echte Rocksongs zu produzieren, entfernt haben; mit Get Back, dem Stück, das sie an diesem Tag hatten perfektionieren wollen, sind sie nicht weitergekommen. Am Abend scheint Paul das aufzufallen, doch er macht sich nicht viel draus, zumal er den Verlauf des Tages (wiewohl unaufdringlich und unter tätiger Mitwirkung von John und George) bestimmt hat. Vielleicht der gelösten Stimmung wegen fallen die Oldie-Einlagen viel hörbarer aus als zuvor. Den Beatles selbst ist das zu diesem Zeitpunkt vermutlich unwichtig, doch Glyn Johns scheint ein Faible für solche Einlagen (und überhaupt eher für eine inspirierte Vortragsweise als für technische Perfektion) zu haben; er wird neben Two Of Us auch die an diesem Tag mitgeschnittenen Takes von Teddy Boy, Maggie Mae und Dig It (drei Leichtgewichte, die von den Beatles vornehmlich zur eigenen Belustigung gespielt wurden) für die LP Get Back auswählen – insofern war es, auch wenn das von den Beteiligten niemand so wahrgenommen haben wird, sogar ein ertragreicher Tag.