1. Frosch trifft Prinzessin

Was ich gelernt habe, seit ich kein ungeküsster Frosch mehr bin

Die Uhr stand auf fünf nach fünf am Nachmittag. Shannons Arbeitstag war vorbei. Ihr Job bei der Kirchengemeinde gefiel ihr, aber jetzt hatte sie für den Tag genug getan und wollte nach Hause.

Also begann sie mit ihrer vertrauten Tagesabschluss-Routine: den Schreibtisch aufräumen, den Computer runterfahren, den Mantel holen und den anderen Tschüss sagen.

„Mach’s gut, Nicole“, sagte sie zu dem Mädchen im Büro nebenan. „Bis morgen dann, Helen“, rief sie der Rezeptionistin zu.

Sie ging durch das stille Foyer und stieß eine der schweren Glastüren auf. Der Winterwind blies ihr eisig entgegen, als sie über den beinahe leeren Parkplatz eilte. Schnell kletterte sie in ihren alten blauen Honda Accord und schlug die Tür zu.

Sie wollte gerade den Schlüssel ins Zündschloss stecken, da hielt sie inne. Hier draußen, allein in der Stille, fielen plötzlich alle Gefühle wieder über sie her, die sie im hektischen Tagesgeschehen so schön verdrängt hatte. Tränen stiegen ihr in die Augen, sie stützte den Kopf aufs Lenkrad und ließ ihren Tränen freien Lauf.

„Warum, Herr?“, flüsterte sie. „Warum ist das so schwer? Was soll ich mit diesen Gefühlen anfangen? Nimm sie weg, wenn sie nicht von dir kommen!“

Von meinem Bürofenster aus schaute ich Shannon immer zu, wenn sie über den Parkplatz zu ihrem Auto ging. Was denkt sie wohl gerade?, fragte ich mich auch an diesem Tag. Ich wollte so gern mehr über sie erfahren und über unsere Smalltalks als Arbeitskollegen hinauskommen.

Aber war es der richtige Zeitpunkt? Mein Herz hatte sich schon so viele Male getäuscht. Konnte ich meinen Gefühlen diesmal trauen? Würde sie mein Interesse erwidern?

Aus meiner Sicht schien Shannon Hendrickson ein fröhlicher, zufriedener Mensch zu sein, der mich meist völlig übersah! Ich war sicher, dass sie einen Freund hatte. Und als ich sie wegfahren sah, sprach ich mein eigenes Gebet: „Was ist dein Wille, Gott? Ist sie ,sie‘? Hilf mir, geduldig zu sein. Zeig mir, wann ich handeln soll. Und hilf mir, dir zu vertrauen!“

Wie hätte ich wissen sollen, dass das Mädchen im blauen Honda weinte und dass ich der Grund für ihre Tränen war?

Drei Monate später …

Ich war 23 Jahre alt, aber meine Hände schienen noch nie eine Telefonnummer gewählt zu haben. Ich umklammerte den Hörer, als wäre er ein wildes Tier, das mir zu entkommen versuchte.

Du kannst das!, versicherte ich mir immer wieder selbst.

Das Telefon klingelte dreimal, bevor sich ein Anrufbeantworter einschaltete. Sie war nicht zu Hause. Ich knirschte mit den Zähnen. Sollte ich eine Nachricht hinterlassen? Der Apparat piepte und ich stürzte mich kopfüber ins kalte Wasser.

„Hey Shannon, hier ist Josh … äh, Joshua Harris.“

Ich war mir ganz sicher, dass man meiner Stimme meine Nervosität deutlich anhörte. Ich hatte sie noch nie angerufen und ich hatte auch keinen Vorwand, warum ich es jetzt tat. „Ähm … vielleicht kannst du mich ja mal zurückrufen, wenn es dir passt? Danke! Ciao!“ Ich legte auf und fühlte mich wie ein Vollidiot.

Anschließend musste ich 64 qualvolle Minuten lang analysieren, ob meine Nachricht wohl cool und locker geklungen hatte oder nicht. Dann klingelte das Telefon. Ich atmete tief durch und ging dran.

Es war Shannon.

„Hey, schön, dass du zurückrufst. Wie läuft’s?“

Wir plauderten ein paar Minuten lang über ihren Tag und gaben uns die größte Mühe, eine ganz natürliche kleine Unterhaltung zu führen, obwohl uns beiden sonnenklar war, dass es völlig unnatürlich war, dass ich sie angerufen hatte. Endlich kam ich zum Punkt und fragte sie, ob sie mich am nächsten Tag im „Einstein’s“ treffen wollte, einem angesagten Café in der Nähe. Sie stimmte zu.

Bevor wir auflegten, gab ich noch eine lahme Erklärung für dieses Treffen ab: „Ich muss mit dir über … über einen Typen reden, der an dir interessiert ist.“

Gute Fragen

Mein Anruf bei Shannon mag für die meisten Leute nicht wie eine große Sache ausgesehen haben, aber für mich war er monumental.

Warum? Weil ich fünf Jahre zuvor das Beziehungsspielchen aufgegeben hatte. Das klingt komisch? Dann lass es mich erklären. Ich bin damals zu der Überzeugung gelangt, dass unser Lebensstil mit wechselnden Beziehungen eine Sackgasse ist, wenn man als Single ein gottgefälliges Leben führen will. Während ich also mein soziales Leben weiterführte, auch weibliche Freunde hatte und mich danach sehnte, eines Tages zu heiraten, hatte ich die Dating-Szene total verlassen.

Diese neue Perspektive war alles andere als charakteristisch für mich. Ich hatte schon immer gern geflirtet und das tolle Gefühl genossen, verknallt zu sein. Deshalb war es für mich eine Art Erdbeben von der Stärke 8 auf der Richterskala, als ich das alles aufgab.

Es kam zu diesem Wandel meiner Sichtweise, nachdem ich mich von meiner Freundin getrennt hatte, mit der ich zwei Jahre lang zusammen gewesen war. Unsere Beziehung war ein Bereich meines Lebens, den ich Gott nicht wirklich hatte anvertrauen wollen. Als diese Beziehung dann zu Ende war, zeigte mir Gott, wie selbstsüchtig ich mich verhalten hatte. Ich hatte das Mädchen benutzt, um meine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Obwohl wir sexuell nicht bis zum Letzten gegangen waren, hatte ich sie zu einigen Dingen verführt, die nicht richtig gewesen waren. Ich hatte sie verletzt und eine Menge Versprechen gebrochen.

Zum ersten Mal begann ich wirklich in Frage zu stellen, inwieweit mein Glaube mein Liebesleben tangieren durfte. Es musste doch mehr dazu gehören als „keinen Sex vor der Ehe“ und „nur mit einer Christin befreundet zu sein“. Was bedeutete es, eine Frau wirklich zu lieben? Wie fühlte es sich an, wirklich rein zu sein – in Körper und Seele? Und wie sollte ich nach Gottes Willen meine Single-Jahre verbringen? War das einfach eine Zeit, in der man eben einige Mädchen in romantischer Hinsicht „durchmachte“?

Langsam und gegen meinen inneren Widerstand pellte Gott Schicht um Schicht an falschem Denken, verkehrten Sichtweisen und unguten Wünschen von mir ab. Er veränderte mein Herz und während das geschah, merkte ich, dass sich auch mein Lebensstil verändern musste.

Als ich 21 war, schrieb ich dann ein Buch über meine Erfahrungen und Gedanken mit dem Titel „Ungeküsst und doch kein Frosch“. Ich wollte andere Singles herausfordern, ihre Sichtweise von Beziehungen noch einmal ganz neu zu überdenken. „Wenn wir nicht reif für die Verantwortung sind, was denken wir uns dann dabei, einfach nur so eine enge und intime Beziehung anzufangen?“, fragte ich. „Warum nicht lieber nur platonische Freundschaften zum anderen Geschlecht aufbauen, aber unsere ganze Energie in die Beziehung zu Gott stecken?“

Zu meinem Erstaunen schickte mir Gott einen Verleger über den Weg, der bereit war, mein Buch mitsamt dem seltsamen Titel herauszubringen. Zu jedermanns Erstaunen verkaufte es sich auch noch richtig gut! Es stellte sich heraus, dass neben mir viele Menschen ebenfalls das ganze Thema Romantik, Singlesein und Beziehungen neu überdachten. Ich habe Tausende von E-Mails, Karten und Briefen von Singles aller Altersklassen und aus der ganzen Welt bekommen, die mir ihre Geschichten erzählten, Fragen stellten oder um Rat baten.

Ich stellte fest, dass Gott offenbar mein Buch dazu benutzt hatte, einige Leute aufzurütteln und ein paar gute Fragen aufzuwerfen.

Zum Beispiel: Wenn man nicht mehr flirtet und keine Verabredungen mehr hat, wie schafft man es dann, irgendwann zu heiraten? Ein Mädchen schrieb: „Ich möchte die Fallgruben unserer üblichen Form der ,Beziehungsanbahnung‘ vermeiden … aber wie soll ich dann jemals einen Jungen nah genug kennen lernen, um entscheiden zu können, ob er der Richtige für mich ist? Was passiert zwischen den Phasen platonische Freundschaft und Ehe? Da muss es doch noch einen Zwischenschritt geben!“

Gute Frage! Der Hauptpunkt von „Ungeküsst und doch kein Frosch“ war die Aussage: „Wenn du für eine Ehe noch nicht bereit bist, dann stürz dich auch nicht in eine Beziehung, nur weil es so romantisch ist.“ Aber jetzt fragten mich meine Mit-Singles: „Woher weißt du denn, wann du für eine Ehe bereit bist? Und wenn du so weit bist, was machst du dann?“

Um ehrlich zu sein, hatte ich mir das noch nicht überlegt. Ich hatte ja auch nicht vorgehabt, Experte in Beziehungsfragen zu werden. Die Fragen, die meine Leser stellten, waren dieselben, die auch mich umtrieben.

Und deshalb war mein Anruf bei Shannon so eine große Sache. Ich hatte einen Punkt erreicht, an dem ich mich bereit fühlte, eine Ehe einzugehen, und ich fühlte mich extrem zu ihr hingezogen. Was nun? Fünf Jahre lang hatte ich Gottes Treue erlebt, während ich auf den richtigen Moment gewartet hatte; jetzt betrat ich unbekanntes Gebiet und vertraute darauf, dass er mir weiterhin helfen würde, wenn ich mich in die romantische „Wildnis“ stürzte.

Der Typ, der sich vom Flirten verabschiedet hatte, war jetzt dabei, zum Umwerben einer Frau Hallo zu sagen.

Der Ecktisch

Am nächsten Abend kam ich früh zu meiner Verabredung mit Shannon. Das „Einstein’s“ ist nachmittags sehr beliebt, aber abends ist es meist ziemlich leer. Ich suchte mir einen abgelegenen Tisch in der hintersten Ecke aus. Er war etwas schmutzig, daher bat ich die Bedienung, ihn abzuwischen. Alles sollte perfekt sein. Dann eilte ich ins Bad, um meine Frisur zu überprüfen.

„Ach, was soll’s“, seufzte ich schließlich entnervt.

Zurück am Tisch rutschte ich unruhig auf meinem Stuhl hin und her. Ich fragte mich, ob ich meine Füße nicht ganz cool auf einen Stuhl legen sollte. Sah ich dann relaxter aus? Nein, das war wohl etwas zu lässig. Wie wär’s mit einem Fuß? Nein, dann wirke ich, als hätte ich einen verstauchten Knöchel. Ich beschloss also schließlich, beide Füße schön auf dem Boden zu lassen.

Jede Menge Adrenalin kreiste durch meine Adern, während ich mir im Geiste das Gespräch vorstellte, das gleich beginnen würde. Ich konnte gar nicht glauben, dass ich das wirklich tat und dass sie in wenigen Minuten mir gegenübersitzen würde.

Shannon Hendrickson und ich kannten uns seit etwa einem Jahr. Sie arbeitete in demselben Bürogebäude wie ich; sie war Sekretärin und ich Pastoralassistent. Das Erste, was mir an Shannon aufgefallen war, waren ihre Augen – sie waren bläulich grünlich grau und sprühten Funken, wenn sie lächelte. Das zweite Auffällige an ihr war ihre Größe beziehungsweise ihre Kleinheit! Sie ist nur knapp 1,55 m groß und sozusagen der Inbegriff des Wortes „zierlich“. Das gefiel mir. Da ich selbst mit 1,65 m nicht gerade ein Riese bin, war es ein gutes Gefühl, einem Mädchen gegenüberzustehen, das zu mir aufschauen musste!

Meinen ersten Blick auf sie erhaschte ich an einem Sonntag, als sie im Gottesdienst nach vorn ging und erzählte, wie sie Christ geworden war. Zweieinhalb Jahre zuvor hatte sie noch nicht das geringste Interesse an Gott gehabt. Sie war gerade vom College zurück nach Hause gekommen und hatte dort das typische Studentenleben mit jeder Menge Partys geführt. Doch irgendwie war es leer und hohl gewesen. Zurück in Maryland konzentrierte sie sich mit aller Energie auf ihren Traum, als Sängerin den Durchbruch zu schaffen. Ein Umzug nach Nashville, der Hochburg der Plattenindustrie, erschien ihr deshalb ein sinnvoller Schritt zu sein. Ihre Eltern hatten sich scheiden lassen, als Shannon erst neun Jahre alt gewesen war, und ihr Vater hatte sie zu einer selbstständigen, zielstrebigen und unabhängigen jungen Dame erzogen. Sie fasste eine Sache ins Auge und tat dann alles, was nötig war, um diese zu erreichen.

Bevor sie nach Nashville ging, wollte sie jedoch erst noch ein bisschen Gitarrenunterricht nehmen. Also erkundigte sie sich nach einem Lehrer und ein Freund empfahl ihr einen gewissen Brian Chesemore. Was Shannon nicht wissen konnte, war, dass Brian ein überzeugter Christ war und jede Gelegenheit nutzte, um anderen von seinem Glauben zu erzählen. Die Gitarrenstunden erwiesen sich für Shannon also bald als „heilsentscheidend“.

Nach einigen Wochen erzählte Brian Shannon, wie Jesus sein Leben verändert hatte. Sie hörte höflich zu, konnte sich aber überhaupt nicht vorstellen, auch so zu leben. „Ich respektiere deine Entscheidung, aber für mich ist das nichts.“

„Meinst du, dass du nach deinem Tod in den Himmel kommen wirst?“, fragte Brian daraufhin ganz sanft.

„Ich denke, dass ich eigentlich als Person ganz okay bin“, gab sie zurück.

Aber diese coole Reaktion war nur geschauspielert. In Wirklichkeit gingen Brians Fragen Shannon ganz schön nach. Was, wenn es wirklich einen Gott gab? Wenn er existierte, wollte sie dann etwas mit ihm zu tun haben?

Heimlich begann sie, sich mit dem Christentum zu beschäftigen. Sie las den Römerbrief, der ihr klarmachte, dass sie als Person gar nicht so okay war, wie sie immer gedacht hatte, sondern dass sie eine Sünderin war, die einen Erlöser brauchte. In einer christlichen Buchhandlung fragte sie deshalb nach einem Buch „für einen Freund, der mehr über den Glauben wissen wollte“. Dort riet man ihr zu dem bekannten Buch „More than a carpenter“ (Mehr als ein Zimmermann) von Josh McDowell, in dem das Leben, der Tod und die Auferstehung Jesu historisch belegt werden.

Gott arbeitete an Shannon. Er rüttelte an ihrem Stolz und ihrer Unabhängigkeit und weckte in ihr eine Sehnsucht nach mehr. Eines Abends wandte sie sich allein in ihrem Zimmer von ihrem bisherigen Leben ab und vertraute Jesus als ihrem Retter ihre Zukunft an.

Etwas Besseres

Früher hatte ich immer gehofft, dass es Liebe auf den ersten Blick sein würde, wenn mir das Mädchen begegnete, das ich heiraten würde. Wie es sich herausstellte, verpasste ich aber ganz einfach die Chance für diesen großen Augenblick.

An dem Sonntag, als Shannon im Gottesdienst ihre Geschichte erzählte, war ich nämlich unpraktischerweise gerade an einem Mädchen namens Rachel interessiert. Tatsächlich saß ich sogar just an diesem Morgen neben Rachels Mutter. Als Shannon fertig war, beugte sich Rachels Mutter zu mir herüber und stellte fest, was Shannon doch für ein nettes Mädchen sei … eine Bemerkung, die ich im Nachhinein höchst ironisch finde!

Als ich da also so neben der Mutter von meinem Plan für die Zukunft saß, war Gott schon dabei, direkt vor meinen Augen seinen Plan zu entfalten! Er hatte eine wunderbare Route für mich ausgearbeitet und in diesem Moment stellte er klar, dass ich nie in Frage stellen würde, dass dieser Plan seinen Gedanken entsprungen war und nicht meinen.

Drei Monate später fingen Shannon und ich an, im Gemeindebüro zu arbeiten. Wir verstanden uns auf Anhieb super, aber ich dachte ehrlich nicht an etwas anderes als eine gute Freundschaft. Wenn mich irgendwer fragte, ob Shannon nicht jemand für mich wäre, fand ich den Gedanken total absurd. Shannon war ein tolles Mädchen, aber nicht die Art von Mensch, den ich mir als Ehefrau vorstellte. Unsere Hintergründe waren total verschieden: Sie war erst seit kurzem Christ und kam aus einer zerrütteten Familie. Ich würde vermutlich ein Mädchen heiraten, das wie ich aus einer christlichen Familie stammte und praktisch in der Gemeinde aufgewachsen war – wie Rachel.

Doch in den nächsten sechs Monaten ribbelten sich meine Pläne mit Rachel auf wie ein billiger Pullover. Ich erinnere mich noch gut an den Nachmittag, an dem ich herausfand, dass sie einen anderen Jungen mochte. Rachel und ich waren bisher nur Freunde gewesen und sie hatte mich ganz sicher nicht hingehalten, aber es tat trotzdem weh. Ich musste dringend mit Gott reden. Also schloss ich die Tür von meinem Büro; das schien mir aber nicht intim genug. Deshalb verkroch ich mich außerdem noch in den Wandschrank und zog von innen die Tür zu.

Dort im Dunkeln begann ich zu weinen. Ich war nicht sauer auf Rachel und fühlte auch keine Bitterkeit. Mir war nur zum Heulen, weil ich wusste, dass Gott hinter all dem steckte. Er war derjenige, der die Tür zu dieser Beziehung geschlossen hatte und er hatte es zu meinem eigenen Besten getan. Der Gedanke überwältigte mich, dass der Schöpfer des Universums bereit war, sich in die Details meines Lebens einzumischen.

Also begann ich ihm trotz meiner Traurigkeit zu danken. „Ich verstehe das nicht, aber ich danke dir! Du hast bestimmt etwas Besseres in petto!“

Dieser Tag war ein Wendepunkt in meinem Leben. Endlich hörte ich auf, meine eigenen sorgfältig ausgearbeiteten Pläne zu verfolgen, und bat Gott, mir seine zu zeigen!

Veränderung des Herzens

Um diese Zeit begann ich Shannon in einem neuen Licht zu sehen. Ihre Freundlichkeit beeindruckte mich. Sie hatte eine tiefe Leidenschaft für Gott und eine Reife, die ihre kurze Glaubenserfahrung Lügen strafte. Wie soll ich es erklären … sie begann einfach, immer häufiger in meinen Gedanken und Gebeten aufzutauchen. Ich freute mich auf jede Gelegenheit, mit ihr zu sprechen. Was ich durch die Gespräche mit ihr erfuhr und das, was ich von anderen über sie hörte, klang sehr, sehr gut. Ich kapierte, dass meine Begründungen, warum sie angeblich „nichts für mich sei“, alle ziemlich flach waren. Gott veränderte mein Herz.

All dies hatte die Monate vor meinem denkwürdigen Anruf ziemlich qualvoll gemacht. Ich hatte die „Ich sollte mich nicht dadurch ablenken lassen“-Phase hinter mir, dann die „Ich werde dagegen ankämpfen“-Periode. In dieser Zeit überlegte ich mir sogar einen neuen Weg durchs Büro, damit ich ihr nicht mehr so oft begegnete.

Zu dieser Zeit wohnte ich bei meinem Pastor, C. J. Mahaney. Meine Eltern lebten weit weg in Oregon und C. J. und seine Frau Carolyn waren so eine Art Zweiteltern für mich geworden. Ich erzählte ihnen von meinem Interesse für Shannon. Und ihre Beratung half mir, auf Kurs zu bleiben: „Lass dich nicht von Ungeduld hinreißen. Sei ihr Freund, aber sag nichts von deinen Gefühlen, bis du dich in der Lage fühlst, eine klar auf die Ehe ausgerichtete Beziehung zu beginnen. Spiel nicht mit ihrem Herzen!“

Es war nicht leicht. Ich sah ein, dass ich den Wunsch unterdrücken musste, ihr eindeutige Signale zu senden, nur um rauszufinden, ob da bei ihr auch etwas war. Es würde mir leichter fallen, Gott zu vertrauen, wenn sie mich zumindest mochte! Doch tief innen wusste ich, dass das eine faule Ausrede war. Ich musste mich zurückhalten. Einfach mal die Lage auszutesten, wäre ihr gegenüber nicht fair gewesen.

Ich suchte Rat bei den Menschen, denen ich am meisten vertraute: meinem Pastor, meinen Eltern und einigen Leuten aus der Gemeinde, die sowohl Shannon als auch mich gut kannten. War ich geistlich und emotional reif für eine Ehe? Konnte ich für eine Familie sorgen? War dies Gottes Zeitpunkt, um an eine Beziehung zu denken? Meine Gebete liefen auf Hochtouren.

Statt sich zu legen, blühten meine Gefühle für Shannon regelrecht auf und mein Beraterkreis ermutigte mich immer wieder dazu, eine Beziehung mit ihr einzugehen. Ich wusste nicht, ob Shannon und ich wirklich füreinander bestimmt waren, aber ich merkte ganz deutlich, dass Gott mich dazu anleitete, den nächsten Schritt zu tun.

Der Ecktisch im „Einstein’s“ war es dann. Endlose Gebete hatten mich und sie hierher geführt. Nach Monaten der Zurückhaltung war ich jetzt bereit, Shannon meine Gefühle offenzulegen.

Shannon kam genau pünktlich durch die Tür und wirkte ganz relaxt. Wir vertieften uns erst mal in die Karte. Allerdings lag gerade kaum etwas meinen Gedanken ferner als Essen!

„Hast du Hunger?“, fragte ich sie.

„Ach, nicht so richtig.“

„Ich auch nicht. Willst du was trinken?“

„Gerne.“

Wir bestellten uns beide eine Sprite.

Jetzt gab es keinen Aufschub mehr. Ich musste sagen, was ich mir vorgenommen hatte.

„Du … du hast es dir wahrscheinlich schon gedacht“, fing ich an, „aber der Typ, über den ich mit dir reden wollte … also der, der an dir interessiert ist … das bin ich!“

Eine neue Ära

Eine Kneipe ist nicht unbedingt der romantischste Ort, um einem Mädchen zu sagen, dass man sie mag. Aber Romantik war auch an diesem Abend nicht die erste Priorität. Es sollte nicht lauschig werden und ich machte ihr auch keinen Heiratsantrag. Und ich denke, sie stand auch nicht in der Gefahr, in Ohnmacht zu fallen.

Ich erzählte ihr, dass ich sie mochte und respektierte. Außerdem wusste ich nicht, ob wir „die Richtigen“ füreinander waren, aber ich wollte es gern herausfinden. Deshalb bat ich sie, sich zu überlegen, ob sie den nächsten Schritt gehen und eine engere Beziehung mit mir eingehen wollte. Das Ziel dieser Zeit sollte sein, unsere Freundschaft zu vertiefen und festzustellen, ob wir uns eine Ehe miteinander vorstellen konnten.

Natürlich brachte ich das alles nicht so eloquent rüber. Ich stammelte, brach immer wieder in nervöses Lachen aus und machte insgesamt keinen sehr coolen Eindruck.

Aber zum Glück war es nicht das, was wichtig war. Es ging darum, dass unsere Freundschaft ein klar definiertes Ziel haben sollte. Ich wollte nicht mit ihr spielen und obwohl ich natürlich auch mit ihr ausgehen wollte, ging es nicht eigentlich darum. Ich wollte Gott gehorchen und herausfinden, ob eine Ehe mit Shannon sein Plan für uns war. Und ich wollte, dass dieser Prozess eine Zeit würde, auf die wir später ohne Reue zurückblicken konnten, und zwar ganz egal, wie es letztlich ausging.

„Du musst mir nicht gleich antworten“, sagte ich dann. „Nimm dir so viel Zeit, wie du willst.“

Shannon sagte einen Moment lang gar nichts. Schließlich meinte sie: „Na ja, ich könnte dich jetzt quälen und eine Weile zappeln lassen. Dann würde ich bestimmt auch geheimnisvoller wirken. Aber weißt du was? Ich bin mir jetzt schon sicher, dass ich es mit dir versuchen will. Denk nicht, dass ich das mal eben schnell so sage; ich habe schon lange darüber nachgedacht und viel gebetet.“

Sie hatte über mich nachgedacht und gebetet? Am liebsten wäre ich aufgesprungen und durch das Lokal getanzt. Aber ich nickte nur und sagte: „Das ist gut.“

Hinein ins Abenteuer

In diesem Buch geht es um viel mehr als um das, was ich in meiner Zeit des Werbens um Shannon Hendrickson über Liebe, Romantik und Gott gelernt habe. Es ist für Leute geschrieben, die das Gefühl haben, dass etwas mit der Art nicht stimmt, wie man in unserer Kultur mit Beziehungen umgeht, die aber auch nicht so recht wissen, was sie stattdessen tun sollen. Das Buch ist voll von Geschichten ganz normaler Leute, die Gott in ihrem Leben an die erste Stelle setzen wollen. Und es geht um biblische Prinzipien, die Leben verändern können.

Ich habe das Buch in drei Teile gegliedert.

Im ersten Teil soll es darum gehen, was in Beziehungen zwischen Christen das Wichtigste ist: dass wir zu Gottes Ehre leben! Wir werden sehen, was passiert, wenn wir der Weisheit erlauben, unsere Gefühle zu leiten. Die Geschichten von anderen Paaren werden uns helfen zu sehen, ob wir für eine Beziehung bereit sind und mit wem. Und wir werden merken, dass Gott dieses Geschehen genau wie alles andere dazu benutzt, uns wieder ihm selbst ein Stückchen ähnlicher zu machen.

Teil 2 dreht sich um die ganz praktischen Fragen dessen, was ich als „Werben“ oder „Prüfungszeit“ bezeichne. Wie können wir uns näherkommen in wichtigen Bereichen wie Freundschaft, Kommunikation, geistlicher Gemeinschaft und Romantik … und trotzdem noch unsere Herzen bewahren? Wir werden gemeinsam unsere Rollen als Männer und Frauen neu überdenken. Und wir werden ehrlich über Sexualität sprechen. Was bedeutet eigentlich Reinheit und was ist wichtig für ein geniales Sexleben in der Ehe?

Teil 3 hilft besonders den Paaren weiter, die langsam ernsthaft auf eine Ehe zusteuern. Wir werden sehen, wie Gottes Gnade uns dabei helfen kann, uns unserer Vergangenheit zu stellen. Wir werden uns vor der Verlobung ein paar unbequeme Fragen stellen, einschließlich der alles entscheidenden: „Sollen wir miteinander den Bund der Ehe schließen oder unsere Beziehung hier beenden?“ Und schließlich werden wir daran erinnert, dass Gottes Gnade die größte Sicherheit ist, wenn wir uns gegenseitig das Jawort geben.

Wie du siehst, ist das Hauptziel dieses Buches, dass du Gott mitten in dein Liebesleben hineinlässt und so die ganze Reise von „Wer bist denn du?“ bis „Ja, ich will“ als eine große Gelegenheit betrachten kannst, sowohl die Liebe selbst als auch ihren Schöpfer viel tiefer kennenzulernen.

Ich war fünf Jahre jünger und solo, als ich „Ungeküsst und doch kein Frosch“ geschrieben habe. Heute bin ich jung verheiratet und dieses Buch soll Gottes Idee von der Romantik feiern. Ich habe erlebt, wie schön das ist, und ich möchte dich ermutigen, deine Träume von der wahren Liebe in seine Hände zu legen.