3. Doppelbesteuerungsabkommen vernetzen die Welt

Ein dichtes Netz von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist Teil des gesetzlichen Rahmens für internationalen Handel und internationale Kapitalanlagen. Mittlerweile gibt es über 3000 bilaterale Abkommen, die die grenzüberschreitenden Geschäftsmöglichkeiten multinationaler Unternehmen beeinflussen. Inzwischen haben auch Steueroasen derartige Verträge mit Industrieländern geschlossen. Einige gibt es aber schon länger, sie gründen sich auf historische Verbindungen. Beispielsweise die Verträge zwischen den Niederlanden und den Niederländischen Antillen sowie Aruba oder zwischen Großbritannien und den Channel Islands sowie der Isle of Man.

Sowohl die niederländische als auch die britische Regierung haben diese „Abhängigkeitsverträge“ so modifiziert, dass niederländische und britische Ortsansässige diese nicht zum Zwecke der Steuervermeidung nutzen können. Die Akzeptanz des OECD-Muster-Abkommens über Einkommen und Kapital führte dazu, dass die Abkommen bei der Definition der Begünstigten exakter wurden. So schloss beispielsweise der neu verhandelte Vertrag zwischen Brasilien und Portugal ausdrücklich Anspruchsteller aus, die von Madeiras besonderem Steuersystem in Portugal oder den Steuererleichterungen in der Freihandelszone im brasilianischen Manaus profitieren.

Während Entwicklungs- und Schwellenländer am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessiert sind, um dadurch bei ausländischen Investoren Vertrauen hervorzurufen, gilt das Interesse von Hochsteuerländern dem Abschluss von DBA, weil diese auch als Mittel dienen, um gegen Steuervermeidung und -hinterziehung vorzugehen. Denn Artikel 26 des OECD-Muster-Abkommens regelt den Austausch von steuerbezogenen Informationen zwischen Vertragsländern. So haben etwa steuerbegünstigte Unternehmensformen wie die Internationalen Gesellschaften (IBC = International Business Company) in der Regel keinen Zugang zu den Vorteilen der Doppelbesteuerungsabkommen.

Im Bereich der DBA kämpfen die USA an vorderster Front gegen Umgehungsmodelle. Bis in die 1960er-Jahre wurden ihre Abkommen erfolgreich genutzt, um die US-Quellensteuer auf Patent-, Warenzeichen-, Urheberrechts- und Know-how-Gebühren zu umgehen. Gewöhnlich griffen die Berater dazu auf die Schweiz oder die Niederlande zurück. Dabei ging es darum, Gebühren und als solche getarnte Gewinne aus den USA abzuschöpfen, ohne die normale US-Quellensteuer von – je nach US-Bundesstaat – bis zu 30 Prozent zahlen zu müssen, um sie dann in einem Land mit geringen Steuern anzusammeln.

Dazu gibt es beispielsweise für deutsche Patentinhaber, die Lizenzen an US-Unternehmen vergeben haben, aber weder in den USA noch in Deutschland Steuern zahlen wollen, folgende Steuersparvariante:

Industriestaaten sind über derartige Vorgehensweisen verständlicherweise wenig erfreut. Viele DBA wurden daher in den letzten Jahren so abgeändert, dass neue Abkommen Klauseln beinhalten, die einen Missbrauch vorbeugen sollen. Diese Klauseln verhindern die Nutzung bilateraler Verträge durch Ansässige in anderen Staaten. So erlauben es beispielsweise die niederländischen Steuerbehörden Ansässigen in Drittstaaten nicht, eine niederländische Holding zu verwenden. Es sei denn, diese wird der jeweiligen nationalen Steuerbehörde gemeldet. Die Vorteile von Doppelbesteuerungsabkommen sollen somit nur tatsächlich Berechtigten zugutekommen.

Neben zahlreichen neuen Abkommen zum Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten haben einige Hochsteuerländer Systeme zur Steuervermeidung gekippt, indem sie Transaktionen schlicht ignorieren, die nur dazu dienen, Steuerforderungen zu vermeiden. Vorschriften gegen Gesetzesmissbrauch durch Steuerumgeher gibt es unter anderem in Australien, Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, der Schweiz und den USA.

Um ihren Verpflichtungen aus den bilateralen Informationsaustauschabkommen nachkommen zu können, haben die USA aktuell den Banken im Land verordnet, von 2013 an Zinseinkünfte ausländischer Kunden zu melden. Befürchtet wird nun eine Flucht von Auslandskapital aus den Vereinigten Staaten. Vor allem aus Florida, wo rund 30 Prozent der Bankeinlagen vor allem aus Lateinamerika stammen.

Eingeschränkt wurde in vielen Ländern auch der Missbrauch von Verrechnungspreisen. Die meisten Regelungen über unternehmensinterne Verrechnungspreise folgen den OECD-Prinzipien „Transfer Pricing“ und „Multinational Enterprises“. Danach haben die nationalen Steuerbehörden das Recht, konzerninterne Preise zu berichtigen, wenn sie wirtschaftlich abwegig erscheinen. Geprüft wird dabei, ob die Geschäfte zwischen verbundenen Unternehmen wie „unter fremden Dritten“ abgewickelt wurden (Prinzip der wirtschaftlichen Selbstständigkeit).

Dazu vergleichen die Finanzbehörden entweder die Preise ähnlicher Waren und Dienstleistungen bei Unternehmen, die nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Selbstständigkeit handeln (unkontrollierte Vergleichsmethode), oder sie nehmen den faktischen Verkaufspreis und ziehen davon einen angemessenen Gewinn ab. Oder aber sie errechnen einen intern angemessenen Preis, indem sie von den Produktionskosten ausgehen und dann den branchenüblichen Gewinn aufschlagen (sogenannte Kosten-plus- oder Zuschlag-Methode).