5. Atlantik

Vor dem amerikanischen Kontinent locken einige wenige, teils unwirtliche Inseln mit Steuerfreiheiten. Bis auf die Bermudas lohnen sich für Europäer Investments und Vermögensverlagerungen dorthin nicht.

Bermuda

  • Fläche: 53,3 qkm, rund 360 Inseln, über 20 bewohnt

  • Hauptstadt: Hamilton

  • Währung: Bermuda-Dollar (BD-$)

  • Inflation: 2,4 Prozent

  • Abkommen: DBA Amtshilfe und Auskunftsaustausch

  • Einwohner: 69 900

  • Sprache: Englisch

  • BIP je Einwohner: 96 800 USD

  • Arbeitslosigkeit: 2,1 Prozent

  • Britisches Überseegebiet

In der Grauzone zwischen Wahrheit und Fiktion kann einem einiges abhanden kommen. Firmengelder, manchmal sogar komplette Schiffe, Flugzeuge und so mancher Piratenschatz. „Verschollen im Bermuda-Dreieck“ – dabei sind die Bermudas bei näherer Betrachtung eine völlig harmlos wirkende Welt, die man ausschließlich in rosaroten Farben sehen kann – auch ohne Brille. Die Häuserfassaden leuchten im Sonnenlicht vorzugsweise in Rosa. Der Strand erscheint durch Reste winziger Meereslebewesen in unwirklichem Pink. Die öffentlichen Busse sind rosarot und die Modemutigsten unter den Einheimischen tragen rosafarbene Bermuda-Shorts. Eine idealisierte Welt, gebaut wie für eine Filmkulisse. Man wird den Eindruck nicht los, die Inseln seien ein riesiges Urlaubsresort, eine heile Welt ohne Armut und Kriminalität.

Dass dies der Realität ziemlich nahekommt, bestätigt ein Blick auf die Wirtschaftsstatistik: Das Pro-Kopf-Einkommen der Bermudianer ist mit über 95 000 US-Dollar eines der höchsten weltweit. Über 80 Prozent des Regierungsbudgets werden für Sozialleistungen und Bildung ausgegeben. Rekordverdächtig sind auch die Immobilienpreise. Ein durchschnittliches Drei-Zimmer-Cottage kostet zwei bis drei Millionen US-Dollar. Die größte Golfplatzdichte weltweit beschert den Inseln obendrein sündhaft teure Rasen als einzig verbleibende Grünflächen.

Die Bermudas, eine Inselgruppe mit 15 durch Brücken verbundenen Hauptinseln und weit über 300 kleineren Inseln und Riffs, gehört nicht, wie oft fälschlich vermutet, zur Karibik. Mehr als 300 Jahre waren die Bermudas eine britische Kolonie. Heute wird der kühle Einfluss der Briten durch die unbekümmerte Wesensart der Amerikaner ausgeglichen, die mit einem kurzen Flug auf die Inselgruppe im Atlantik jetten. Doch viel weiter entfernt vom amerikanischen Festland als die Karibikinseln, wurde Bermuda für den Tourismus erst interessant, als 1946 die ersten Linienmaschinen aus New York landeten. Heute ist der Tourismus mit 40 Prozent des BIP der wichtigste Wirtschaftszweig. 90 Prozent der Touristen kommen aus den USA, zunehmend auch aus Westeuropa.

Doch Bermuda wollte mehr als nur Touristendollars. Deshalb erklärte man sich zur Steueroase. Sehr zum Wohl der Insel hat sich anschließend eine merkwürdige Ökonomie entwickelt. Obwohl nur etwa über 68 000 Menschen auf der Insel wohnen, haben mehr als 20 000 Firmen hier ihren Sitz. Die Inselgruppe gilt vor allem bei Rückversicherungsgesellschaften als Steueroase. Heute sind die Bermudas das drittgrößte Rückversicherungszentrum weltweit. Für ausländisches Kapital haben sich die Bermudas mit Stiftungen, Trusts und Treuhandgesellschaften fest als Zufluchtsort etabliert.

Klassische Steueroase für Gesellschaften

Das kleine Land, formal immer noch eine britische Kronkolonie, hat – vor allen anderen Steueroasen – ein Abkommen zum fallweisen Informationsaustausch bei mutmaßlicher Steuerhinterziehung mit den USA abgeschlossen und setzt die OECD-Vorschriften über Auskünfte bei Steuerhinterziehung und -betrug seit 2010 um. Dazu kommen Steuer- und Informationsaustausch mit den USA und Deutschland. Mit anderen Worten: Die Bermudas sind heute keine Steueroase für Privatleute mehr, sondern eine für Firmen.

So sind es denn auch nicht die Banken, die das Bild der Hauptstadt Hamilton prägen. Moderne Verwaltungsgebäude am Rand der 2000-Einwohner-Stadt und die Büros der Anwaltskanzleien mit hunderten von Messingplatten von über 20 000 Briefkastenfirmen dominieren das Bild. Rund 3500 Unternehmen sind tatsächlich auf der Insel tätig. Hinter den Fenstern solcher Kanzleien spielt sich, unsichtbar für Touristen, ein großer Teil des Wirtschaftslebens in Hamilton ab. Einen Hauch davon bekommen Außenstehende allenfalls beim Registrar of Companies, das heißt dem Büro des Handelsregisters, mit. Selbst Freitag nachmittag herrscht dort mehr Leben als an den Stränden ein paar Kilometer weiter.

Die verbreitetsten Unternehmensformen auf den Bermudas sind Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Personengesellschaften und Trusts. Einheimische Gesellschaften mit beschränkter Haftung müssen zu mindestens 60 Prozent im Besitz von Bürgern der Bermudas sein. Zudem gibt es „Permit Companies“, die im Ausland registriert sind, aber von den Bermudas aus ihre Geschäfte betreiben. Diese Gesellschaftsform wird vor allem von Schiffseignern gewählt, rund 500 Reedereien sind registriert. Das Minimumkapital beträgt 12 000 BM-$ und muss voll einbezahlt sein. Trusts sind für 100 Jahre steuerfrei gestellt. Ein Bermuda-Trust kann jede Art von weltweitem Vermögen für jeden Begünstigten halten und beugt Erbauseinandersetzungen vor.

Rund 18 000 bis 28 000 US-Dollar beträgt die jährliche Registergebühr für ausländische Firmen, je nach Kapital. Im Gegenzug gibt es auf den Bermudas keine Einkommen- oder Körperschaftsteuer auf einbehaltene Firmengewinne, ebenso keine Mehrwertsteuer. Das macht den wirklichen Reiz der Insel für ausländische Unternehmen aus. Es sind nicht mehr die Touristen, sondern die internationalen Finanzdienstleistungen, speziell die Versicherungen, die heute den Wohlstand bringen.

Die Bermudas selbst bezeichnen sich als „den größten Offshore-Versicherungsplatz der Welt“. Dabei geht es um gewaltige Summen: An die 1700 Versicherungsgesellschaften sind in Hamilton registriert. Zusammen kommt die Branche auf ein jährliches Brutto-Prämienvolumen von umgerechnet rund 30 Milliarden Euro und Vermögenswerten von über 120 Milliarden Euro. Tatsächlich ist von diesen Summen natürlich in keinem Tresor der Insel etwas zu sehen. Vielmehr wird das Geld nur auf den Bermudas verbucht und liegt damit steuerrechtlich auf der Insel. Die Inselgruppe ist verfassungsmäßig an Großbritannien gebunden, jedoch westwärts orientiert. So bestehen enge soziale und wirtschaftliche Beziehungen zu den rund 1000 Kilometer entfernten USA.

Devisenkontrollen: Ja, Steueroasengesellschaften und Vermögenstrusts sind jedoch befreit.

Fiskalische Auslieferungsabkommen: keine

Politische Risiken: Solange die Bermudas eine britische Kolonie sind, bestehen keine politischen Risiken für Offshore-Gesellschaften.

Rechtssystem: Englisches Common Law. Das Gesellschaftsrecht basiert mit einigen Ergänzungen – The Companies Act von 1971, Bermuda Trustee Act von 1876, Trustee Investment Act von 1961.

Patentrecht: Es gelten die britischen Vorschriften.

Wohnsitznahme: Es gibt praktisch keine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung für Ausländer. Der Erwerb einer Immobilie für Nichtansässige ist praktisch unmöglich. Nicht ansässige Privatpersonen und Firmen (restricted persons) müssen eine Genehmigung der Regierung beantragen, wenn sie Land oder eine Immobilie kaufen oder länger als fünf Jahre leasen wollen. „Restricted Persons“ müssen mindestens zehn Jahre auf den Bermudas gelebt haben, ehe sie als „ortsansässig“ gelten.

Steuern: Die Bermudas kennen weder Einkommen-, Körperschaft- noch Steuern auf Veräußerungsgewinne oder Quellensteuern, erheben aber Verwaltungsabgaben, Gebühren, Lohnsteuer und Touristikabgaben. Daneben gibt es hohe Zölle. Privat eingeführte Waren werden mit 20 Prozent besteuert.

Doppelbesteuerungsabkommen: in begrenztem Umfang mit den USA

Lebenshaltungskosten: aufgrund der hohen Importzölle extrem hoch

Gesellschaften: Das Firmengesetz von 1981 regelt Gründung, Verwaltung und Auflösung steuerbefreiter Offshore-Unternehmen.

Wichtigste Gesellschaftsform: Exempted Company

Weitere Informationen und Ansprechpartner:

Botschaft des Vereinigten Königreichs
Großbritannien und Nordirland
Wilhelmstraße 70, D-10117 Berlin
Tel.: 030-2 04 57-0, Fax: 030-2 04 57-5 71
Bank of Bermuda
Tel.: 001-4 41-2 95 40 00
Fax: 001-4 41-2 99 65 38

Flughafen: Hamilton, Flug über London beziehungsweise von Städten an der US-Ostküste

Hotels:

Falkland Islands

  • Fläche: 12 173 qkm

  • Hauptstadt: Stanley

  • Währung: Falkland-Pfund

  • Arbeitslosigkeit: 6 Prozent

  • Inflation: 3,6 Prozent

  • Einwohner: 3000

  • Sprache: Englisch

  • BIP je Einwohner: 27 040 USD

  • Britisches Überseegebiet

Die zu Großbritannien gehörende Inselgruppe mit rund 700 Inseln an der Spitze Südamerikas nahe dem Kap Horn und den Eisbergen der Antarktis hat nach der Schlacht mit Argentinien um ihre Zugehörigkeit die Steuersätze drastisch auf das Niveau der britischen Channel Islands gesenkt: 20 Prozent für die ersten 20 000 Pfund des persönlichen Einkommens und 25 Prozent für den übersteigenden Anteil. Die Körperschaftsteuer beträgt 20 Prozent, mit einem Zuschlag von 10 Prozent für Nichtansässige. Wirtschaftlich sind die Inseln völlig unbedeutend – es sei denn, die laufenden Ölbohrungen vor den Inseln sind erfolgreich.

Argentinien besteht darauf, die Inseln (Malvinas) mit den rund 800 000 Pinguinen, 3000 Einwohnern und den Tiefseeölreserven zurückzubekommen. Experten schätzen die Lager in der von Großbritannien beanspruchten 200-Meilenzone rund um die Inseln auf bis zu 60 Milliarden Barrel (1 Barrel = 159 Liter). Damit wäre es eines der größten Vorkommen weltweit. Hinzu kommen vermutete Gasreserven.

Die Hoffnung auf eine Öl-Bonanza im Südatlantik hat vor allem kleine, britische Explorationsunternehmen angelockt. Während die großen Konzerne BP, Shell und ExxonMobil abwarten, lassen sich Firmen wie Rockhopper Exploration, Borders & Southern, Falklands Oil & Gas oder Argos Resources nicht abschrecken. Analysten warnen allerdings vor schnellen kommerziellen Erfolgen. Die Kosten sind enorm. Die Öl-Bohrinseln müssen aus den USA oder aus Europa herangeschleppt, Bohrungen Tausende Meter tief in den Untergrund getrieben werden. Immerhin lockt die Inselverwaltung mit einer vergleichsweise niedrigen Unternehmensteuer von 26 Prozent und einer Förderabgabe von nur 9 Prozent auf jedes Fass Öl.

Die „Rückeroberung“ der Falklandinseln hat für Argentinien vor allem wegen der vermuteten Ölreserven erste Priorität. Unterstützung erhält Argentinien derzeit von Brasilien, Paraguay und Uruguay. Diese verweigern Schiffen die Einfahrt in ihre Häfen, die die Flagge der Falklandinseln gehisst haben. Ein von Großbritannien vorgeschlagenes Referendum lehnt Argentinien ab: Denn die Falkländer wollen Umfragen zufolge ihren britischen Pass behalten. Die UNO soll den Streit lösen.

Statt die Tage fern der Zivilisation bei Schafherden zu verbringen, lässt es sich auf den verkehrsmäßig gut angebundenen Channel Islands bei gleichem Steuerniveau in angenehmer britischer Atmosphäre besser leben.

Weitere Informationen und Ansprechpartner:

Botschaft des Vereinigten Königreichs
Großbritannien und Nordirland
Wilhelmstraße 70, 10117 Berlin
Tel.: 030-2 04 57-0, Fax: 030-2 04 57-5 71

Flughafen: Stanley, Flug über London