Apologet

Die Apologeten des frühen Christentums nannten sich noch nicht so. Für sie war ein Apologet ein juristischer Magistratsbeamter in einer griechischen Stadt, der die apologia, die Verteidigung eines Angeklagten, vortrug. Erst Jahrhunderte später prägte der französische Gräzist Frédéric Morel durch seine Textausgabe »Corpus Apologetarum« von 1615 den Ausdruck Apologeten für eine Gruppe frühchristlicher Autoren, die im Römischen Reich ihre Religion als vernünftig und gesetzestreu darstellten. Zu Zeiten Morels hatte sich das zugrunde liegende lateinische Nomen apologeticus im weiteren Sinne von ›Verteidiger, Rechtfertiger‹ längst im Spätlateinischen etabliert. In der Theologie wird der Ausdruck bis heute als fachwissenschaftliche Bezeichnung verwendet.

Bereits im 17. Jahrhundert gelangte das Wort ins Deutsche, zunächst auch in der Form Apologist. So steht er bei Abraham a Sancta Clara, Wieland und noch bei Heine. Bald wird das Wort im Sinne von ›Verteidiger einer Lehre‹ auf außerchristliche Phänomene übertragen. Der Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine Nikolaus Ludwig von Zinzendorf etwa bezeichnet 1732 Sokrates als »Apologeten der wahren Religion«; Karl Rosenkranz nennt in seiner »Ästhetik des Hässlichen« Goethe einen »Apologet der nach Regeln producirenden Kunst«, und Karl Marx spricht im ersten Band des Kapitals von den »begeisterten Apologeten des Fabriksystems«.

Im 20. Jahrhundert schließlich wurde Apologet zu einem allgegenwärtigen Terminus der Ideologiekritik, wobei man als Apologeten stets diejenigen abqualifizierte, die etwas loben, das dem Sprecher nicht gefiel. Theodor W. Adorno etwa konnte 1951 nicht fassen, dass Menschen in den Hollywoodfilmen, die er verachtete, etwas Positives sahen, und höhnte: »Als stärkstes Argument haben die Apologeten des Films das gröbste, seine massenweise Konsumtion für sich.« Das Adjektiv apologetisch (›rechtfertigend‹) ist schon seit dem 17. Jahrhundert nachweisbar. Goethe wiederum bildete zu Apologet und Apologie das Verb apologisieren, das aber selbst er mit all seiner dichterischen Macht nicht dauerhaft in die deutsche Sprache einpflanzen konnte.