kulminieren

Die Sonne kulminiert am Mittag. Der Ausdruck stammt ursprünglich aus der Astrologie und meint dort – bezogen auf Gestirne – ›den höchsten Stand erreichen‹. Unmittelbar nach der Übernahme aus dem gleichbedeutenden französischen culminer beziehungsweise dem lateinischen culminare (›krönen‹) im 17. Jahrhundert wird das Wort aber auch im erweiterten, nicht astrologischen Sinne von ›gipfeln‹ verwendet. In einer 1664 gedruckten Predigt verortet der Theologe Johann Conrad Dannhauer den Höhepunkt der Weltgeschichte so: »Die Blum aller Länder in Asia / Africa und Europa hat unter dem Römischen Himmel gegrunet und gelebet / sonderlich zu Trajani Zeiten / da das Römische Reich culminiret / und im höchsten Gipffel / flor und Macht gestanden.«

In der Schweiz können ebenso Gebirgsketten kulminieren, also mit einem Gipfel ihren höchsten Stand erreichen; so jedenfalls wird das Wort in den Schriften des Schweizer Alpenvereins häufiger gebraucht. In der politischen Sprache wird kulminieren meist negativ eingesetzt, um auszudrücken, dass etwas unerträglich oder maßlos sei. Die Frauenrechtlerin Grete Meisel-Heß beispielsweise erklärt 1909 in »Die sexuelle Krise«: »Die Nötigung zur Prostitution hat vor allem in sozialen Ursachen, wie sie in unserem Heiratssystem kulminieren, ihren Grund.« Und Theodor W. Adorno bezeichnet 1966 den »gesellschaftlichen Druck« als Ursache für den Rückfall in die Barbarei: »Er treibt die Menschen zu dem Unsäglichen, das in Auschwitz nach weltgeschichtlichem Maß kulminierte.«

Um die Jahrtausendwende kulminierte der Gebrauch des Wortes und scheint seitdem im Sinken zu sein.