par ordre du mufti

Ein Mufti ist ein islamischer Rechtsgelehrter. Das Wort gelangte um 1700 in deutsche Texte – zunächst als Exotismus; so nennt man fremdsprachige Wörter, die ausschließlich der Bezeichnung ferner Phänomene dienen. In Deutschland beschränkte sich Mufti wie das spezifizierende Groß- oder Obermufti lange auf den obersten Amtsträger des Osmanischen Reiches in allen rechtlich-religiösen Fragen. Der Islamforscher Bernard Lewis erläutert diese Position: »Es gab nicht nur Muftis eines Ortes, sondern auch eine Hierarchie von Muftis, an deren Spitze der Obermufti von Istanbul stand, den man logischerweise als den Primas des Osmanischen Reichs bezeichnen könnte.« In diesem Sinne gebraucht Heinrich Heine den Terminus 1828 in seinen »Englischen Fragmenten«: »der Obermufti, oder das Haupt des Mahomedanischen Glaubens«.

Heute kann mit Obermufti umgangssprachlich jede Art von leitender Person benannt werden, besonders wenn deren Autorität und Legitimation infrage gestellt werden soll. Von Anfang an eher bildlich und ironisch war die Redensart par ordre du mufti, die in den Wörterbüchern zwar als »scherzhaft« bezeichnet ist, aber so natürlich nur innerhalb der Bildungssprache verwendet wird. Sie bedeutet ›durch Erlass, auf Anordnung von vorgesetzter Stelle, ohne Einbeziehung der Betroffenen‹. Im Französischen existiert die Wendung seit dem frühen 18. Jahrhundert; im Deutschen ist sie merkwürdigerweise erstmals 1818 als Name eines Pfänderspiels nachweisbar. Dessen Regeln werden in Carl Fröhlichs »Euphrasia. Taschenbuch für Gesellschaftliches Spiel und Vergnügen« so erklärt:

Die Gesellschaft setzt sich in einen Kreis und ein Mitglied derselben übernimmt die Direction des Spieles dadurch, daß sie allerhand lächerliche Stellungen und Gebehrden vormacht, welche alle Mitspielende nachmachen müssen, sobald er die Worte: par ordre du Mufti dazu sagt.

Wir wissen nicht, wie populär dieses Spiel wirklich war, aber sicher ist, dass die Redensart im 19. Jahrhundert immer häufiger in deutschen Texten erscheint. Der katholische Geistliche und Historiker Johann Diefenbach erklärt 1897 die Absurditäten der konfessionellen Kämpfe des 16. Jahrhunderts beispielhaft daran, dass der Augsburger Reichstag 1555 den Landesherren das Recht gewährt habe, »die Unterthanen zur Annahme ihrer Religion zwingen zu dürfen, so daß z. B. die Pfalz par ordre du Mufti in kurzer Zeit jene fünfmal wechseln mußte«.

Schwindende Französischkenntnisse führten im 20. und 21. Jahrhundert dazu, dass man heute wesentlich häufiger die doppelt falsche Formulierung per ordre de mufti liest. Wer sich bildungssprachlich exponieren möchte, sollte darauf achten, die korrekte französische Originalwendung zu nutzen.