Placet

Matin Luther prägte unsere Sprache durch seine Übersetzung der Bibel in ein volkstümliches Deutsch, nicht durch die Verwendung von Fremdwörtern. Gelehrte Ausdrücke gebrauchte er in seinen Tischreden zwar viele, aber was daran noch Lateinisch und was Deutsch war, ist nicht immer genau zu unterscheiden. Umso erfreulicher ist es, Luther in diesem Buch zitieren zu können als den Ersten, der ein bestimmtes Lehnwort in einem eindeutig deutschen Text verwendete. 1520 beschreibt der Reformator in der gegen seinen Widersacher Johannes Eck gerichteten Flugschrift »Von den nüwen Eckische Bullen und lügen«, wie man den böhmischen Theologen Jan Hus hingerichtet hatte, ohne seine Thesen zu widerlegen. Dies alles sei durch den Beschluss von »Junckern« geschehen, die zu allem »placet, placet« riefen: »Also ist er durchs placet der ungelehrte tyranne hingericht.«

Auf lateinisch heißt placet ›es gefällt, es ist angeordnet‹, und in diesem Sinne gehörte der Ausdruck zur Kanzleisprache, zur Sprache des Kirchenrechts und der Juristerei. Ein Placet konnte die Genehmigung zum Druck einer Schrift sein ebenso wie die Zustimmung weltlicher Behörden zu einer kirchlichen Verordnung. Max Weber beschreibt 1916/17 in seiner »Wirtschaftsethik der Weltreligionen«, wie solche Befugnisse der Obrigkeit in geistlichen Belangen schon im alten Japan üblich waren: »Am Kult des taoistischen Stadtgottes nahm der Stadtmandarin offiziell teil und die Kanonisierungen durch den taoistischen Patriarchen bedurften des kaiserlichen Plazet.«

Besonders gern wird Plazet – die Schreibweise mit z setzte sich im 19. Jahrhundert durch – seit Martin Luther bis heute gebraucht, um hochpolitische Vorgänge zu beschreiben. Im Jahr 2000 etwa meldet die »Zeit«, die diplomatischen Verhandlungen über den neuen Chef des Internationalen Währungsfonds seien vorangekommen: »Frankreich hat dem Deutschen Caio Koch-Weser nun offenbar endlich sein Plazet gegeben.« Vergebens, wie sich zeigte, denn die USA verweigerten dem Kandidaten ihr Plazet.

Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert existierte zudem die schöne scherzhafte Bildung Placetiner (›Jasager‹). Der lutherische Theologe Christoph Irenäus zum Beispiel verurteilt 1566 die falschen Kirchenbrüder, die helfen, »rechte prediger« zu unterdrücken, als »Polstermacher / Placetiner / Leisentretter / Ohrentrauer quorum deus venter est [›Schmeichler, deren Gott der Bauch ist‹, mh]«. Der Ausdruck Placetiner sollte unbedingt wieder eingeführt werden.