Im Jahr 1740 berichtet der Pädagoge Georg Sarganeck in seinem Traktat über die Folgen der Unzucht und vor allem der Onanie mit dem erbaulichen Namen »Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht«, dass »in den Jünglingsjahren, wenn der Same anfängt generirt zu werden, und sich wieder mit dem Geblüte zu vermengen, […] stupende Veränderungen im Leibe und Gemüthe vorgehen«.
Zu diesem Zeitpunkt war das Anfang des 18. Jahrhunderts aus dem gleichbedeutenden lateinischen stupendus (›erstaunlich, verblüffend‹) entlehnte Adjektiv bereits fest etabliert und weit verbreitet. Zunächst wurde es auch als Adverb in Wendungen wie stupend reich oder – wie 1797 in einem Brief von Goethes Lebensgefährtin und späterer Ehefrau Christiane Vulpius – stupend schön verwendet. Daneben existierte es als allgemeines Steigerungswort in Formulierungen wie stupend wichtig, stupendes Geld oder, bei Fontane, »stupendes nie dagewesenes Glück«.
Schon um 1800 wurde stupend bei Wieland, Haller und anderen oft auf Bildungsfülle bezogen. Heute sind die Ausdrücke stupende Gelehrsamkeit und stupendes Wissen stehende Wendungen. Doch bereits 1910 machte sich Franz Mehring in einem Beitrag für Karl Kraus’ »Fackel« über einen sinnentleerten Gebrauch lustig. In einer »Der Fürst der Gecken« überschriebenen Polemik gegen den Publizisten Maximilian Harden ätzt Mehring gegen dessen viel bewunderten Scharfsinn: »Welch ein Mann von stupender Gelehrsamkeit! sagt dann der gelehrige Professor der Historie in Leipzig […] und der naive Junker auf seiner hinterpommerschen Sandbüchse ruft nicht minder staunend: Ein verflixter Kerl, dieser Harden.« Es half nichts – in den Medien liest man diese längst zu Floskeln gewordenen Formulierungen noch stupend häufig.