Das Anfang des 18. Jahrhunderts aus dem Französischen entlehnte Wort kann man zwar getrost mit ›Thema‹ übersetzen, aber man bezieht es nur auf den Inhalt künstlerischer Werke – bei einer Magisterarbeit oder einer Parlamentsdebatte vom Sujet zu sprechen, wäre ein stilistischer Missgriff.
Vom ältesten Beleg, den ich finden konnte, bis in die Gegenwart hat das neutrale Substantiv immer die Bedeutung ›Gegenstand oder Motiv einer künstlerischen Gestaltung‹. Dies umfasst nicht nur erzählerische Formen wie Literatur und Film, sondern genauso Theater, Tanz, Musik, Malerei. So erläutert Julius Bernhard von Rohr 1729 in seiner »Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren«, alle Ballette begännen mit der »Ouverture, welches die Erklährung des Sujets oder der Haupt-Abhandlung giebt, so man praesentiren will«. Und knapp 250 Jahre später schreibt Peter Rühmkorf über seine Parodien klassischer Poesie: »Ein Sujet, ein Motiv, ein Besingungsgegenstand mögen noch so verjuxt, veralbert und ins Komische gewendet worden sein – […] in dem großen Regenerator der Poesie kann es trotzdem noch einmal unerwartete Tiefen aufreißen und tragischen Ernst gewinnen.«
Die Wortbedeutung hält sich also; doch der Gebrauch in den Intelligenzblättern steigt so an, dass man sich fragen muss: Ist das noch Bildungssprache? Wer wirklich gebildet wirken will, muss schon mal ein übles Subjekt als mauvais sujet titulieren, wie man bei E. T. A. Hoffmann, Theodor Fontane, Paul Heyse und Wilhelm Raabe nachlesen kann. Zugleich zeigt man damit, dass man die weitere Verwendung des Wortes im Französischen kennt, wo sujet auch ›Subjekt, Person‹ bedeutet.
Im 20. Jahrhundert war Gershom Scholem einer der Letzten, der von einem mauvais sujet sprach. Es ist schon beeindruckend, mit welch vernichtender Wucht er die Wendung nutzt, um sein Urteil über Arthur Koestler zu fällen, und regt dazu an, den eigenen Wortschatz entsprechend zu erweitern. Im August 1945 berichtet Scholem aus Paris:
Ich habe hier inzwischen Arthur Koestler gesprochen, der vielleicht ein sehr begabter Autor, aber als Person ein solches mauvais sujet und so widerlich ist, daß ich sogar die Absicht, ihn einmal in mein Haus einzuladen, nach der ersten erneuten Begegnung fallen ließ.