35. KAPITEL

Montag, 31.10.

Darren verabschiedet sich früh, da er morgens bei einem Meeting erwartet wird und vorher noch etwas fürs Studium erledigen muss, das er gestern nicht mehr geschafft hat.

Nach einer schnellen Dusche gehe ich ins Wohnzimmer hinüber, wo Taro bereits am gedeckten Esstisch sitzt. Also hole ich mir einen Becher mit Kaffee, gebe einen Schuss Hafermilch hinzu und leiste ihm Gesellschaft.

Er widmet sich gerade der Tageszeitung, deren digitale Ausgabe er aufgrund der Papierknappheit auf seinem iPad liest, obwohl er sich ständig darüber beschwert, dass es einfach nicht dasselbe ist wie ein physisches Exemplar. »Ich lese hier übrigens gerade einen Artikel, in dem von Cadens Geburtstag und dem Wohltätigkeitsprojekt berichtet wird, das er neuerdings unterstützt.«

»Wie gesagt, sobald irgendjemand herausfindet, dass für Less Homeless Menschen ermordet werden, wirft das ein sehr schlechtes Bild auf ihn«, wende ich ein.

»Sie schreiben noch was. Dass die Unterstützung des Projekts allein nicht bemerkenswert wäre, weil Caden in dieser Stadt schon immer beliebt war und als engagiert galt, aber … Oh. Anscheinend hat er vor zwei Jahren seine Frau verloren. Seitdem glänzt er immer häufiger mit Abwesenheit, weswegen sie ihm eine Affäre unterstellen. Sie halten sein neuerdings gestiegenes Engagement für eine Art Ablenkung von seinem Privatleben.«

Eine Affäre. Ob jemand wie Caden wirklich der Typ dafür ist? Ich kenne ihn zu schlecht, um das einschätzen zu können. Es wird Zeit, dass Darren und ich ihn privat treffen und mehr über ihn herausfinden.

Als hätte er meine Gedanken gehört, schickt Darren mir just in dem Moment eine Nachricht.

Darren: Der Bürgermeister hat eingewilligt, mit uns essen zu gehen. Er sagte, es wäre ihm eine Freude. Passt es dir zufällig nächsten Samstagmittag?

Wenn man seine private Handynummer besitzt und der Sohn eines Geschäftspartners ist, ist es offensichtlich absurd einfach, den Bürgermeister zu einem Treffen einzuladen.

Gemma: Wenn Beryl bis dahin das Wahrheitsserum fertig hat, kann ich es sicher einrichten.

Darren: Ich kümmere mich darum. 

Sehen wir uns eigentlich heute Abend?

Gemma: Tut mir leid, aber ich bin anderweitig verabredet. Unser Zirkel feiert Halloween schon seit Jahren zusammen – wenn auch rein virtuell. Steht unsere Vollmond-Verabredung noch?

Darren: Wenn du noch immer dazu bereit bist, mich zum Haus meiner Eltern zu begleiten – dann gern.

Ich bin mir noch nicht sicher, was ich in Bezug auf Darrens Mom fühlen soll. Sie hat Darren in meinem Beisein darum gebeten, die Machenschaften seines Dads zu beenden. Bedeutet das, dass sie nur ein wehrloses Opfer im Gesamtgefüge ist? Jemand, den man mit Zaubern dazu zwingt, gegen seinen Willen Medizin zu nehmen? Es sah fast danach aus. Wie viel weiß sie wohl über die Herkunft der Arznei? Oder die Beschaffenheit der Schatten? Aber all diese Fragen ändern nichts an meiner Antwort.

Gemma: Sehr gern sogar.

Nach dem Schock von gestern Abend brauchte ich die Nacht, um mich halbwegs zu sortieren. Aber Fakt ist: Obwohl Darren nicht vollkommen ehrlich zu mir war, will ich ihn nicht verlieren.